Denn die CDU fordert auf Landesebene, was sie auf Bundesebene vereitelt. Dieses Spielchen haben wir jetzt zum wiederholten Male hier aufgeführt gesehen. Ich möchte es Ihnen noch einmal deutlich machen.
Sie fordern, Herr Kalinka, von der Landesregierung allgemein, dass Sie sich auf Landes- und Bundesebene für eine transparente und gerechte Umsetzung der Gesundheitsreform einsetzt, soziale Härten vermeidet, Aufklärung der Patienten und Prävention fördert sowie das medizinische Personal fortbildet. Wer möchte das nicht? Wer kann etwas gegen solche Ziele sagen?
Ich antworte in dieser allgemeinen Art und Weise: Die CDU. - Denn Sie waren es, die im Vermittlungsausschuss bekanntlich eine Reihe von bürokratisch aufwendigen und in ihrer Wirkung unsozialen Maßnahmen - allen voran die Praxisgebühr - durchgedrückt haben. Dies ging ja sogar den Krankenkassen zu weit.
Die Krankenkassen haben nun endlich das aufgenommen, was die rot-grüne Bundesregierung ursprünglich im Gesetz formuliert hatte, nämlich das Hausarztmodell. Wer zuerst zum Hausarzt beziehungsweise zur Hausärztin geht, braucht keine Praxisgebühr zu bezahlen; das bieten die Krankenkassen an.
(Veronika Kolb [FDP]: Studienplätze für Medizin sollen doch in Schleswig-Holstein reduziert werden!)
Ich habe beispielsweise die psychotherapeutische Versorgung gemeinsam mit den anderen interessierten Kollegen in der letzten Sitzung des Gesundheitsausschusses thematisiert. Dabei ist deutlich geworden, dass die Kassenärztliche Vereinigung offensichtlich eine sehr eigenwillige Auffassung davon hat, was Gesundheitsvollversorgung bedeutet. Lassen Sie uns in dieser Frage streiten, aber es nützt doch nichts, der Landesregierung zu sagen, sie solle wie ein Zauber über die zuständigen Gremien hinweg tätig werden.
Sehr geehrte Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage der ebenfalls sehr geehrten Frau Abgeordneten Kolb?
Alle Ehre, wem Ehre gebührt, aber ich möchte an dieser Stelle gerne meinen Redebeitrag zu Ende führen. Sie haben selber auf die Zeit hingewiesen, Frau Dr. Kolb. Lassen sie uns das im Ausschuss vertiefen.
Wir unterstützen allgemein das Anliegen, dass wir an dieser Frage zu arbeiten haben. Deswegen haben wir auch gesagt, dass wir das Thema in den Ausschuss überweisen wollen.
Sie müssen allerdings anerkennen, dass in den meisten von Ihnen angesprochenen Bereichen die Landesregierung eine nur moderierende Funktion übernehmen kann. Auch ich wünsche mir manchmal, dass der Gesetzgeber auf Landesebene mehr Einfluss hätte. Die Frage ist von uns aber nicht ad hoc zu entscheiden, sondern wir können uns nur langfristig in Berlin dafür einsetzen, dass die bundesgesetzlichen Rahmenbedingungen so sind, dass tatsächlich politischer Einfluss vom Parlament und von Regierungen im Gesundheitswesen möglich ist. Im Augenblick stellen wir fest, dass andere Gremien der Selbstverwaltung und damit leider auch die Lobbyeinflüsse dominieren.
Sie haben auch in diesem Punkt als CDU im Bundesrat den rot-grünen Versuchen, der Selbstverwaltung Ziele und Grenzen zu setzen, eine Absage erteilt: Ich erinnere nur an die Positivliste, um Medikamentenausgaben zu beschränken. Wir haben zwar jetzt eine Beschränkung, aber diese Beschränkung - das muss ich gerade auch als Grüne deutlich sagen - hat vor allem die Medikamente von der Rezeptierung ausgenommen, an denen große Chemiekonzerne nicht viel verdienen. So hatten wir uns eine Positivliste nicht vorgestellt; das möchte ich ganz deutlich sagen.
Ich teile auch die Sorgen derjenigen, die uns anschreiben und sagen: Jugendliche ab 12 Jahre bekommen viele Dinge nicht mehr auf Rezept, die notwendig wären. Das hat zur Konsequenz - das sagen uns beispielsweise die Allergiefachärzte und -ärztinnen oder auch Kinderärzte -, dass viele Leute - gerade junge Leute - gar nicht mehr zum Arzt gehen. Leute mit Kindern gehen nicht mehr zum Arzt, weil sie zum Teil nicht wissen, dass Kindern unter 12 Jahre vieles noch auf Rezept verschrieben werden kann, was Erwachsene so nicht mehr bekommen.
Es sind eine ganze Reihe von Dingen, die in der Auswirkung sozial schwierig sind und von uns kritisch gesehen werden. Allerdings werden wir mit Ihrem allgemeinen Antrag nach dem Moto „Landesregierung, richte es“ nicht weiterkommen. Wir sollten uns über die Fragen, die in Ihrem Antrag stecken, durchaus im Ausschuss unterhalten und dann sollten wir überlegen, in welcher geeigneten Form wir dieses Thema abarbeiten können.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der CDU ist nicht frei von einer gewissen Heuchelei, bedenkt man, dass es gerade die Bundes-CDU war, die im letzten Jahr eine bessere Gesundheitsreform verhindert hat.
Es ist schade, dass den meisten Bürgerinnen und Bürgern, mit denen man über das neue GMG diskutiert, überhaupt nicht klar ist, dass beispielsweise die Praxisgebühr eine Forderung der CDU war.
Um so mehr ärgert es mich, dass sich die CDULandtagsfraktion jetzt hier hinstellt und so tut, als ob ihre eigene Partei mit der Fehlentwicklung in diesem Bereich überhaupt nichts zu tun hätte. Das finden wir nicht in Ordnung; Kollegin Kolb hat es vorhin auch schon gesagt.
Denn es ist doch paradox, dass die CDU die Landesregierung jetzt aufgefordert, einige wichtige Punkte des Gesundheitskompromisses zwischen SPD/Grüne und CDU auf Bundesebene wieder infrage zu stellen. Da wäre es logischer, wenn sich die CDU SchleswigHolstein für eine Änderung des Gesundheitskompromisses bei Frau Merkel stark machen würde.
Zutreffend ist allerdings, dass die bisherigen Erfahrungen mit der Gesundheitsreform aus Sicht des SSW jedenfalls nur in Einzelbereichen positiv sind. Zum Beispiel ist es positiv, dass die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen für Arzneimittel erheblich zurückgegangen sind. Hier kann die Ursache aber auch darin liegen - wie es Kollegin Kolb schon sagte -, dass sich die Leute noch Ende letzten Jahres die Sachen geholt haben.
Das kann allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Gesundheitsreform von vielen älteren und sozial schwachen Bürgerinnen und Bürgern oder von chronisch kranken Menschen als eine Zumutung empfunden wird. Das gilt nicht nur für die bürokratische Ausgestaltung der Praxisgebühr, sondern natürlich insbesondere für die ungleiche Kostenverteilung der Reform, die zum Beispiel die Industrie kaum belastet hat. Auch dafür ist hauptsächlich die Bundes-CDU verantwortlich gewesen.
Wir haben die Probleme der Gesundheitsreform bereits im Detail im Februar hier im Landtag diskutiert. Seitdem hat es seitens der Krankenkassen einige Vorschläge gegeben, die aus Sicht des SSW in die richtige Richtung weisen. Das gilt insbesondere für das vorgeschlagene Hausarztmodell, das zur Abschaffung der Praxisgebühr führen soll.
Die Einführung des Hausarztmodells ist ja bereits heute im Rahmen des GMG möglich. Das Modell sieht vor, dass man keine Praxisgebühr zahlen muss, wenn man sich im Krankheitsfall dazu verpflichtet, immer zuerst den Hausarzt aufzusuchen; Ausnahmen sind nur bei Notfällen möglich.
Erfahrungen aus der Schweiz oder aus Dänemark zeigen, dass ein solches Modell eine hohe Effizienz hat und somit zur Kostensenkung im Gesundheitswesen beiträgt. Denn indem der Hausarzt die gesamte Behandlung begleitet, werden Doppelbehandlungen vermieden und Abläufe optimiert. Das hat vor allem einen enormen Effekt auf die Kosten und deren Kontrolle.
Bisher haben die Krankenkassen allerdings nur Ankündigungen gemacht und keine konkreten Vorschläge vorgelegt. Wir hoffen, dass dies bald geschieht, damit so viele Bürgerinnen und Bürger wie möglich die Möglichkeit bekommen, der unsäglichen Praxisgebühr zu entgehen. Die flächendeckende Einführung des Hausarztmodells bei gleichzeitiger Abschaffung der Praxisgebühr wäre ein großer Schritt nach vorn. Leider ist dieses Ansinnen nicht leicht umzusetzen, da es große Widerstände gerade aus der Ärzteschaft gegen die Einführung des Modells gibt.
Langfristig gesehen kommen wir deshalb um eine grundlegende Reform des Gesundheitswesens nicht herum. Aus Sicht des SSW: In Zukunft sichert nur eine Bürgerversicherung eine gerechte und bezahlbare Gesundheitsversorgung.
Ich höre immer aufmerksam zu, auch, wenn andere Fachthemen dran sind. - Wissen Sie, warum er so typisch ist? Man merkt sofort die Absicht und ist verstimmt.
Ich frage mich wirklich: Warum machen Sie das eigentlich? Wenn Sie das in Volksreden oder auf Parteitagen oder dergleichen so vortragen, kann ich das noch verstehen. Dann kriegen Sie dafür auch noch Beifall. Aber hier? Hier sitzen diejenigen, die das sofort durchschauen, was Sie da aufgeschrieben haben.
Das Publikum ist gar nicht mehr da. Deswegen frage ich mich ganz ernsthaft, was Sie damit eigentlich bezwecken.
Ich kann mich kurz fassen. Herr Kalinka, das ist hier alles schon kritisch angemerkt worden. Im Grunde kritisieren Sie indirekt zwei zentrale Anliegen der Gesundheitsreform von SPD und CDU. Die Bewahrung eines hohen Versorgungsstandards für alle ist das eine Ziel. Das zweite Ziel ist die Verbesserung der Qualität der Leistungen für die Patientinnen und Patienten. Nach dem, was Sie hier vorgetragen haben, muss man sich schon fragen, ob das noch gemeinsame Ziele sind.
Inhaltlich beschreiben Sie in Ihrem Antrag entweder Selbstverständlichkeiten oder Sie kehren indirekt von den verabredeten Zielen ab.
Ich darf noch einmal daran erinnern, was die gemeinsam mit der Union formulierten Ziele sind: effizienter Mitteleinsatz gerade im Bereich der großen Volkskrankheiten, Qualitätssteigerung der medizinischen Versorgung, Schließen der Finanzierungslücken zwischen Ausgabeanstieg und Einnahmeentwicklung. Das ist nicht einfach nur ein Schalter, auf den man drückt, und ab morgen ist alles gesund, die Patienten und das Gesundheitssystem sowieso.