Protokoll der Sitzung vom 28.05.2004

Ich frage mich allerdings, was Sie zu einem solchen Vorgehen treibt. Kompetenz vermitteln Sie damit nicht.

Meine Damen und Herren, ich hatte eigentlich vor, mich noch inhaltlich mit den Ergebnissen der Ausschussberatung zu beschäftigen. Das können Sie aber alles nachlesen.

(Zuruf von der CDU: Du bist wohl nicht im Thema!)

- Ich bin im Thema, mein lieber Freund! Wir haben ja auch - da solltest du ein bisschen freundlicher sein - einige Punkte der CDU übernommen. Da sind wir uns ja einig gewesen. Ich möchte es Ihnen aber angesichts der bevorstehenden Mittagspause ersparen, das Ganze hier noch einmal herunterzubeten. Lesen Sie das nach; da steht alles drin. Ich überschlage das jetzt einfach alles.

Ich möchte Ihnen aber dennoch ein Zitat vorhalten.

(Rainer Wiegard [CDU]: Beten würde dir nicht schaden!)

- Was soll ich machen? - Beten? Rainer, ich bete jeden Abend für dich!

Lassen Sie mich zum Schluss aus einer Sitzung des Bundestags-Agrarausschusses zitieren. Hören Sie gut zu, das ist interessant. Die FDP kritisiert aus ihrer Sicht die unklare Haltung der Union bei der Frage, ob sie den mit der EU-Agrarreform verbundenen Paradigmenwechsel in der Landwirtschaft grundsätzlich unterstütze oder nicht. Die CDU/CSU möchte sich erklären, ob sie für mehr marktwirtschaftliche Ansätze und mehr unternehmerische Freiheit für die Landwirte eintrete. Ich vermute, diese Aussage kommt von der Kollegin Happach-Kasan.

(Günther Hildebrand [FDP]: Du hast nicht zugehört!)

Wenn sie wüsste, was Sie hier im Landtag verbreiten, insbesondere gestern zu der Frage der Marktwirtschaft im Zuge der Milchpolitik, ich glaube, ihr würden die Haare zu Berge stehen.

(Günther Hildebrand [FDP]: Du hast nicht zugehört!)

Meine Damen und Herren, ich möchte Sie bitten, über den FDP-Antrag in der Sache abzustimmen. Wir haben im Ausschuss eine gute Diskussion geführt, muss ich sagen. Sie war kontrovers, aber fair. Den FDPAntrag lehnen wir ab. Wir haben der Ausschussberatung nichts weiter hinzuzufügen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ich erteile dem Herrn Abgeordneten Ehlers das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn die FDP etwas schneller gewesen wäre, hätte ihr Antrag „Gemeinsame Agrarpolitik der EU sinnvoll umsetzen“ zusammen mit den Anträgen

(Claus Ehlers)

der CDU und des SSW zur Entkoppelung der Prämien behandelt werden können.

(Zuruf des Abgeordneten Friedrich-Carl Wodarz [SPD])

- Hör mal zu, das ist für dich Nachhilfeunterricht. - Inhaltlich sind CDU und FDP auf einer Linie und der SSW ist nahe dran, Herr Harms. Es wäre besser gewesen, alle drei Anträge zusammenzuführen. Es ist aber nicht so.

Die Agenda 2000 war bisher die einschneidendste Agrarreform der Europäischen Union. Sie wurde der Landwirtschaft mit der Behauptung verkauft, damit erhielten die Betriebe langfristige Planungssicherheit. Jetzt, nach nur vier Jahren, ist die Planungssicherheit beendet. Die neue Agrarreform der Europäischen Union war ursprünglich nur als Halbzeitbilanz gedacht. Daraus ist erneut eine umfassende Reform entstanden.

Jetzt geht es darum, Strukturbrüche zu vermeiden, keine neuen Ungerechtigkeiten zuzulassen und Übergangsregelungen zu schaffen, die Existenznöte - Herr Wodarz - vermeiden. Es ist völlig verfehlt, diese Reform mit einem ideologischen Unterbau versehen zu wollen. Die jetzige Agrarreform hat so wenig Bestand wie alle vorhergehenden. Die EU-Kommission hat die nächste Halbzeitbilanz fest im Auge, und damit ist sichergestellt, dass für den nächsten Scherbenhaufen bereits Maß genommen wird.

Aus Presseerklärungen entnehme ich, dass bei einigen Damen und Herren in den Regierungsfraktionen die wichtigste Agrarbotschaft der CDU immer noch nicht angekommen ist. Wir wollen, dass die Landwirte Einkommen durch ihre Arbeit und ausreichende Produktpreise erzielen, also Preis und Markt.

(Beifall bei CDU und FDP)

Die Abhängigkeit von öffentlichen Kassen muss ein Ende finden, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei CDU und FDP - Zuruf von Mi- nister Klaus Müller)

- Das kommt auch von uns Bauern, Herr Minister! Deshalb ist auch das neue Prämiensystem kein Weg in eine planbare Zukunft, sondern es führt in eine Sackgasse.

Unsere Landwirtschaft leistet für die Allgemeinheit vielfältige Aufgaben, die unverzichtbar sind. Diese Leistungen sind dann auch zu honorieren. Denjenigen, für die das alles neu ist, empfehle ich, einen Blick in unsere Wahlkampfprogramme zu werfen.

(Lachen bei der SPD)

Dort können Sie das genau nachlesen, meine Damen und Herren.

Wir klammern uns nicht an Prämienzahlungen, die noch nie eine langfristige Perspektive geboten haben. Daran wird auch das neue System nichts ändern. Ich hoffe sehr, dass alle Beteiligten die Kraft aufbringen, sich irgendwann in naher Zukunft davon zu lösen.

(Beifall bei der CDU)

Umso wichtiger ist es, einen fließenden Übergang - darauf kommt es an - zu gestalten. Unter diesem Gesichtspunkt bietet die EU-Agrarreform eine Chance. Es ist daher verfehlt, neue Prämienbesitzansprüche zu schaffen, die nur sehr schwer wieder einzusammeln sind. Dies ist ein wichtiger Grund dafür, die Prämienumverteilung abzulehnen.

Tausende Menschen sind damit beschäftigt, Prämien zu berechnen, zu verteilen oder zu kontrollieren. Ich glaube, es hat noch kein Mensch in Europa ausgerechnet, wie viele Mitarbeiter sich in der Verwaltung mit unseren Problemen befassen. Es wäre besser, sie würden sich mit der Zukunft Europas befassen als mit der Festschreibung vorhandener Strukturen, zumal das sowieso nicht gelingt. Die Prämien haben auch den Strukturwandel nicht aufgehalten, sondern beschleunigt. Dies wird uns in den kommenden Jahren in aller Deutlichkeit vor Augen geführt.

Dem Antrag der FDP stimmen wir zu, da er sich, wie ich eingangs bereits erläutert habe, mit unseren Vorstellungen weitgehend deckt.

(Beifall bei der FDP)

Inhaltlich haben wir die Diskussion im Zusammenhang mit unserem Ergänzungsanstrag zur Prämienentkoppelung bereits im Agrarausschuss geführt.

(Friedrich-Carl Wodarz [SPD]: Das haben wir nicht mitgekriegt!)

Insofern beantrage ich, dass wir heute über den von der FDP gestellten Antrag abstimmen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich erteile dem Herrn Abgeordneten Matthiessen das Wort.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die FDP schreibt: Bei der geplanten Umverteilung von Prämienvolumen zwischen den Regionen - Sie meinen wahrscheinlich zwischen den Bundesländern, Herr Hildebrand - soll sich die Landesregierung

(Detlef Matthiessen)

dafür einsetzen, dass die auf das Land entfallenden Beihilfen in voller Höhe erhalten bleiben. Das ist ein frommer Wunsch. Politik heißt aber nicht wünschen und träumen, sondern in der Wirklichkeit möglichst viel erreichen.

Die FDP hat außerdem beim Schleswig-Holsteinischen Bauernverband abgeschrieben. Bauernverbandspräsident Steensen warf der Landesregierung „Verrat“ an den schleswig-holsteinischen Bauern vor. Das hat er bereits Anfang Februar diesen Jahres gemacht. Warum kommen Sie erst jetzt im Mai mit diesem Thema, nachdem das lange durch ist?

„18 Millionen Prämienvolumen verschenkt“ - das ist eine völlig verdrehte Sichtweise. Schleswig-Holstein nimmt mit dem überdurchschnittlichen Betrag von 378 € pro Hektar bei der Höhe der Agrarprämien eine Spitzenstellung ein. Das sind 15,8 % über dem Durchschnitt der Bundesländer.

(Claus Ehlers [CDU]: Das ist auch in Ord- nung! - Günther Hildebrand [FDP]: Warum wohl?)

- Ich wollte mich kurz fassen. Aber: Warum wohl? - Das liegt natürlich daran, dass es ehemals als ein Preisausgleichssystem gestartet ist und da standen wir mit unseren hervorragenden landwirtschaftlichen Bedingungen auch hervorragend da. Es ist natürlich richtig, von dem Prämienvorteil, den SchleswigHolstein hat, möglichst viel für Schleswig-Holstein zu bewahren. Aber die Kampflage im Bundesrat, Herr Kollege - das haben wir im Agrarausschuss nun hinlänglich diskutiert - ist nun einmal so, dass solche Länder wie Saarland, die 29 % unter dem Bundesdurchschnitt liegen, natürlich die Hand aufhalten und sagen, unter dem Lichte der Entkoppelungspolitik, jetzt, wo es sich nicht mehr um Ausgleichszahlungen handelt, wollen wir alle Bundesländer gleich behandelt haben. So, in dieser Situation - wenn der vorliegende Gesetzentwurf also durchkommt - wird Schleswig-Holstein von den bisherigen 50 Millionen € Prämienvorteilen immerhin noch über 32 Millionen € weiter verfügen können. Es sind also nicht 18 Millionen € verschenkt worden, Herr Hildebrand, sondern 32 Millionen € mal sechs Jahre für Schleswig-Holstein gerettet worden, so, wie es zurzeit aussieht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist ein großer Erfolg im Verteilungskampf auf Bundesebene und beweist das Verhandlungsgeschick unseres Landwirtschaftsministers.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

In den anstehenden Bundesratsverhandlungen haben wir somit eine gute Ausgangsposition geschaffen.