Außerdem hat sich Frau Abgeordnete Sassen ausgerechnet den heutigen Tag als Geburtstag ausgesucht. - Herzlichen Glückwunsch und alles Gute!
Ich will nun noch Gelegenheit nehmen, Besucherinnen und Besucher zu begrüßen. Auf der Tribüne haben Schülerinnen und Schüler der Beruflichen Schulen des Kreises Segeberg, Bad Segeberg, mit ihren Lehrkräften Platz genommen, ebenfalls Schülerinnen und Schüler des Berufsfortbildungswerkes Kiel, und zwar eine Gruppe aus dem Bereich der Trainingsmaßnahmen für Frauen, ebenfalls mit ihren Lehrkräften. - Herzlich willkommen!
Das Thema dieser Aktuellen Stunde ist von der SPDFraktion beantragt worden. Ich erteile Herrn Abgeordneten Baasch das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Pflegerinnen und Pfleger kümmern sich in der überwiegenden Zahl aller stationären Einrichtungen hingebungsvoll und mit großem Engagement um ihre Patienten. Aber in dieser Branche der stationären Pflegeheime gibt es leider auch Heimbetreiber, die immer wieder als schwarze Schafe auffallen.
Waren es in der Vergangenheit eher private Betreiber, denen man eine größere Nachlässigkeit in der Pflegequalität nachsagte, so ist es diesmal ein großer Wohlfahrtsverband, das Deutsche Rote Kreuz, Landesverband Schleswig-Holstein. Erneut ist es das Deutsche Rote Kreuz, war es doch schon im Jahre 2001 das Heim des Deutschen Roten Kreuzes, das Haus am Blocksberg in Kiel, in dem erste Pflegemissstände aufgefallen waren. Dass das Deutsche Rote Kreuz Schleswig-Holstein aus diesen Fehlern und Missständen nicht gelernt hat, zeigt der aktuelle Pflegeskandal beim DRK-Landesverband sehr deutlich.
Um es auf den Punkt zu bringen: Das Deutsche Rote Kreuz Schleswig-Holstein hat bei der Pflegequalität eigene, aber auch objektive Kriterien deutlich ver
fehlt. Das Deutsche Rote Kreuz hat bei der Bewältigung des Pflegeskandals klare Managementfehler gezeigt. Das Vertrauen in die Fähigkeiten des Deutschen Roten Kreuzes Schleswig-Holstein ist mehr als angeknackst. Da ist es gut, dass die Sozialministerin rasch reagiert hat und das DRK, wie in der Presse veröffentlicht und beschrieben, an der kurzen Leine führt.
Beim DRK sind neue Strukturen notwendig. Um diese Strukturen zu schaffen, braucht dieser Wohlfahrtsverband für diese Aufgaben Hilfe und Unterstützung. Vor allem bleibt festzuhalten: Im Mittelpunkt der Pflege muss der Mensch stehen.
Pflegebedürftige haben ein Recht auf menschenwürdige Pflege und Angehörige haben ein Anrecht darauf, sich darauf verlassen zu können, dass ihre pflegebedürftigen Angehörigen die bestmögliche Pflege erhalten.
Diese Ansprüche haben immer im Mittelpunkt von Pflege zu stehen. Diesem Ziel dient auch die Pflegequalitätsoffensive der Landesregierung. Förderung der Ausbildung, Fort- und Weiterbildung für Pflegekräfte, Förderung und Beratung von Pflegeeinrichtungen, trägerunabhängige Beratungsstellen - über die erfolgreiche Tätigkeit dieser Beratungsstellen sprechen wir heute noch -, das Pflegenottelefon: Dies sind nur einige Stichworte der Pflegequalitätsoffensive, für die die Landesregierung in den Jahren 2000 bis 2004 fast 10 Millionen € aufwendet.
Aber auch die am 10. Juni durchgeführte Fachtagung „Geplante Pflege - gepflegte Planung“ macht deutlich, dass Planung und Dokumentation keine lästigen Pflichten sind, sondern eine Unterstützung der täglichen Pflegearbeit. Effiziente Planung und Dokumentation lassen mehr Raum und Zeit für individuelle Pflege. Dies sind die Ergebnisse und Überschriften einer Tagung vom 10. Juni in Rendsburg mit über 400 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Aber auch die Imagekampagne zur Förderung der Pflegeberufe ist dringend notwendig. Der Pflegeskandal wie jetzt beim DRK Schleswig-Holstein führt eher zu einem Negativimage. Dies gilt es zu korrigieren. Eine Werbung für die Berufe in der Pflege ist notwendig. Denn wir brauchen engagierte und motivierte Pflegekräfte.
Eigentlich könnte man an dieser Stelle sagen: Das ist Aufforderung genug zur Diskussion in der Aktuellen
Stunde. Aber es bleibt noch darauf einzugehen, was die Opposition in diesem Hause zu dem aktuellen Pflegeskandal sagt. Denn das kann nicht unkommentiert bleiben. Was leistet die Opposition in diesem Haus? Herr Kalinka versucht abzulenken. Er misstraut den kommunalen Heimaufsichten. Er misstraut dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen. Er misstraut denen, die die Pflegemängel festgestellt haben. Er fragt überhaupt nicht nach der Verantwortung des Deutschen Roten Kreuzes.
Ob dies damit zusammenhängen kann, dass bei den Präsidiumsmitgliedern des Deutschen Roten Kreuzes, Landesverband Schleswig-Holstein, eine bestimmte Parteizugehörigkeit vorherrscht, soll hier gar nicht vertieft werden. Es ist nur wieder einmal deutlich geworden, dass die CDU versucht, von Verantwortung abzulenken und aus der Krise des DRKLandesverbandes zulasten der betroffenen Heimbewohnerinnen und Heimbewohner politisches Kapital zu schlagen und für Parteipolitik zu instrumentalisieren.
Herr Kalinka, lassen Sie sich sagen: Das Sozialministerium und die neue Ministerin haben gemeinsam mit den Pflegekassen sehr zielgerichtet und kooperativ gehandelt. Wir haben ab und an schon aus dem Papier „Die soziale Balance wahren“ zitiert und darüber diskutiert. Es ist noch immer nicht beschlossen. Man kann nur hoffen, dass es auch nie beschlossen wird. Aber zumindest zeigt es den wahren Geist der CDU. Dort heißt es auf Seite 9: Überzogene Dokumentationspflichten in Pflegeheimen wie Krankenhäusern mindern die Zeit, die Pflegekräfte wie Ärzte für die Patienten zur Verfügung haben. Alle Vorschriften in diesem Bereich sind einer Gesamtüberprüfung zu unterziehen. Das schließt auch die Rechte des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen ein.
Ich verstehe das so, als wenn Sie das abbauen wollen, als wenn Sie die Rechte des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen verringern wollen, weil es aus Ihrer Sicht überflüssiger Tand ist.
Ich formuliere den letzten Satz, Herr Präsident. - Es soll von Ihren eigentlichen Interessen abgelenkt wer
den. Es bleibt festzustellen: Sie haben heute nicht nur nicht zeitgerecht einen falschen Antrag gestellt, sondern Sie haben auch noch die Möglichkeit, Ihren Antrag mit Ihren Intentionen in Einklang zu bringen. Das sollten Sie tun. Dann könnten wir vernünftig diskutieren.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Baasch, ich will es mir hier versagen, im Detail auf Ihre sehr persönlichen Anwürfe einzugehen. Das finde ich der Sache absolut nicht angemessen.
Die Pflegepolitik ist seit Jahren ein problematisches Politikfeld. Diese Problematik ist durch die demographische Entwicklung verursacht. Es werden immer mehr Menschen immer älter. Das hat ganz zwangsläufig zu Folge, dass die Nachfrage nach ambulanter und stationärer Pflege ständig größer wird. Die notwendigen Strukturveränderungen bei der Altenpflege werden aus finanzpolitischen Gründen, aber auch aus Rücksichtnahme auf die wirtschaftlichen Interessen von Heimbetreibern, die ihre Investitionen amortisieren müssen, nicht entschlossen genug vorangetrieben - das gilt für alle -, obwohl seit Jahren in der Fachwelt weitgehend Einigkeit darüber besteht, dass wir vom Anstaltscharakter unserer Pflegeheime weg müssen, hin zu neuen, altengerechten und gemeinschaftlichen Wohnformen. Nur mit diesen neuen Wohnformen und einer verbesserten ambulanten Pflege werden wir den kostentreibenden Zuzug in die Pflegeheime abbremsen können.
Allen sozialpolitisch interessierten Bürgerinnen und Bürgern ist inzwischen mehr oder minder klar, dass wir für eine sachgerechte Pflege in unseren stationären Einrichtungen wesentlich mehr Pflegekräfte benötigen. Der letzte Modellversuch mit dem Pflegekräftebemessungsverfahren PLAISIR im Kreis Segeberg hat dies wieder einmal deutlich belegt, und zwar von der Vorgängerin, der Sozialministerin Moser. Ich finde es außerordentlich bedauerlich, dass die Landesregierung auch nicht ansatzweise die Kraft gefunden hat, zu Einführungen zu kommen.
Ich wiederhole auch heute meine Forderung nach einer wenigstens schrittweisen Einführung von PLAISIR in allen Kreisen und kreisfreien Städten. Es ist meine feste Überzeugung, dass wir ohne einen allgemeinen geordneten und überzeugenden Nachweis des Mangels an Pflegekräften politisch nicht in der Lage sein werden, die immer leerer werdenden Kassen der Pflegeversicherung aufzufüllen. Hier geht es nicht nur um eine sozial vertretbare Mehrbelastung der Bürgerinnen und Bürger, sondern auch um Prioritäten bei der Zuweisung von Haushaltsmitteln und damit letztlich um den Rang der Sozialpolitik. Bis dahin ist aber noch ein weiter Weg. Erst nach dem dringend notwendigen Wirtschaftsaufschwung, der zu Steuermehreinnahmen führt, können wir nach meiner Überzeugung mit einer durchgreifenden dauerhaften und wesentlichen Verbesserung der Pflegesituation in unseren stationären Einrichtungen rechnen. Eines aber sollte uns allen selbstverständlich sein: In erster Linie brauchen die pflegebedürftigen Menschen unserer Aufmerksamkeit und Anteilnahme. Wer sich nicht mehr selber helfen und eventuell wehren kann, muss sicher sein können, mit seinen Nöten nicht allein gelassen zu werden.
Im Vordergrund des Interessens hat stets der hilfsbedürftige Mensch zu stehen. Dabei ist völlig einerlei, welcher Verband oder welche Kommune, ob die Kirchen oder private Betreiber in den Blickpunkt der Kritik geraten.
Jetzt ist es das Deutsche Rote Kreuz, und zwar das Präsidium und der Landesverband, das in wichtigen Organisations- und Leitungsfragen offensichtlich versagt hat.
Ich freue mich, dass in der Öffentlichkeit auch nicht ansatzweise irgendeine Kritik an der Arbeit der Altenpflegerinnen und Altenpfleger aufgekommen ist.