Protocol of the Session on June 16, 2004

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Im Ausschuss haben wir gehört, dass das Ministerium begleitend zu dem Gesetz per Erlass die richtige Auslegung des Gesetzes regeln will. Dies ist ein Zeichen dafür, dass das Ministerium die Uneindeutigkeit selber erkannt hat.

(Beifall bei der CDU)

Das Ministerium hätte nun den Weg gehen können, die Formulierungen im Gesetzentwurf zu präzisieren. Das wäre der bessere Weg gewesen.

Denn das dem Gesetzentwurf innewohnende Prinzip der konkreten Störung bedeutet auch, dass künftig die kommunale Ordnungsbehörde über das Wesen der Sonn- und Feiertage befinden muss. Die Gefahr ist sogar sehr groß, dass es durch jeweils unterschiedliche Entscheidungen der kommunalen Ordnungsbehörden von Fall zu Fall und von Ort zu Ort zu sehr unterschiedlichen Graden von Sonn- und Feiertagsschutz im Land kommt. Dies ist für die Allgemeingültigkeit des Sonn- und Feiertagsschutzes im Lande problematisch.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich etwas zum Abstimmungsverhalten der CDU sagen. Wir bringen unseren Änderungsantrag noch einmal ein und wollen darüber abstimmen lassen. In der Schlussabstimmung geben wir die Abstimmung in der Fraktion frei.

In einer christdemokratischen Fraktion gehört der Sonn- und Feiertagsschutz zu den Themen, wo die Grundüberzeugungen der Kollegen erheblich zum Tragen kommen. Dabei gibt es unterschiedliche Auffassungen darüber, inwieweit ein Gesetz gesellschaftliche Veränderungen aufnehmen soll oder dabei auch gleichzeitig noch eingreifen kann. Im Wesentlichen geht es dabei um die Würdigung der Frage, ob es zu einer Umkehr der Beweislast durch dieses Gesetz kommt oder nicht kommt. Für einen Teil der Fraktion ist die Zusicherung der Ausführungsbestimmungen ausreichend, weil sie die Zielsetzung des Gesetzentwurfes insgesamt teilt. Ein anderer Teil macht das grundsätzliche Festhalten an einem konsequenten

(Jost de Jager)

Schutz der Sonn- und Feiertage an der Frage der Beweislast fest. Diese Kollegen werden den Gesetzentwurf in der Schlussabstimmung ablehnen.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Abgeordneter, kommen Sie bitte zum Schluss.

Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren, die Diskussion um den Sonn- und Feiertagsschutz wird mit diesem Gesetz nicht enden. Lassen Sie mich deshalb zum Schluss ein Zitat aus dem Herderschen Staatslexikon anführen, in dem es heißt: „Ohne Feiertage gäbe es keinen Kalender, sondern bloßes Weiterfließen der Zeit.“

Egal, wie wir heute abstimmen, und egal, welches Feiertagsgesetz am Ende dabei herauskommt - lassen Sie uns dafür Sorge tragen, dass Sonn- und Feiertage in unserer Gesellschaft weiter eine Zäsur sind!

(Beifall im ganzen Haus)

Ich erteile der Frau Abgeordneten Aschmoneit-Lücke das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Endlich ist es so weit. Die FDP-Fraktion begrüßt ausdrücklich, dass dieser Gesetzentwurf endlich den Weg zur zweiten Lesung ins Parlament gefunden hat. Wir haben lange die Sachverhalte des Gesetzes ausdiskutiert, wir haben intensive Anhörungen durchgeführt, und wer sich heute hinstellt und der Auffassung ist, es sei noch Beratungsbedarf, will eigentlich nur verzögern. Die Bürgerinnen und Bürger im Lande aber warten darauf, dass sie endlich die Vorteile dieses Gesetzes nutzen können. Wir erreichen durch die Öffnung des Sonn- und Feiertagsgesetzes mehr Möglichkeiten für wirtschaftliche Tätigkeiten an Sonn- und Feiertagen, wir schaffen mehr Freiräume für Gewerbetreibende, ohne dass der Sinn und Zweck der Sonn- und Feiertage ausgehöhlt wird.

Hierzu ein paar Beispiele aus dem Gesetzentwurf: In Zukunft wird es möglich sein, das Auto am Sonntag zu waschen, in Zukunft wird es möglich sein, Münz- und Selbstbedienungswaschsalons am Sonntag zu betreiben, in Zukunft wird es möglich sein, Einrichtungen, die der Erholung im Rahmen der Freizeitgestaltung dienen wie, Saunen oder Fitnessstudios zu öffnen. Meine Damen und Herren, ob man dies alles

am Sonntag oder Feiertag dann wirklich machen will, habe ich letztes Mal jedenfalls für meine Person schon in Frage gestellt. Aber wer es denn machen will, soll es doch bitte schön auch können.

(Beifall bei der FDP)

Wir sind uns sicher einig darüber, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass dieses alles keine revolutionären Veränderungen sind. Dies sind alles Anpassungen der Gesetzeslage an die Lebenswirklichkeit. Wir waren deshalb ein wenig enttäuscht darüber, dass die Christdemokraten sich nicht in der Lage sahen, diese moderaten Lockerungen der Sonn- und Feiertagsruhe mitzutragen. Meine Damen und Herren, der Kollege de Jager hat eben sehr deutlich gemacht, wie die CDU heute abstimmen wird. Ich finde es außerordentlich gut, honorig, es ist natürlich eine Gewissensentscheidung, ob man das eine oder das andere machen will. Ich finde es wirklich bemerkenswert, dass Sie sich dazu durchgerungen haben, heute diese Abstimmung so freizugeben.

(Beifall bei der FDP)

Der Gesetzentwurf der Landesregierung, den sie letzten Sommer nach jahrelangem Drängen unserer Fraktion vorgelegt hat, war bereits ein erheblicher Schritt in die richtige Richtung. Durch die Änderungen in den Ausschussberatungen wurden weitere Flexibilisierungen erreicht, wurde überflüssiger Gesetzesballast abgeworfen. So sind wir beispielsweise froh darüber, dass § 3 Satz 2 des Ursprungsentwurfes komplett gestrichen wurde. Dort stand Folgendes zu Ihrer Erinnerung: „Sie (die Sonn- und Feiertage) dienen der Erholung, der Festigung zwischenmenschlicher Beziehungen und der Besinnung auf die Grundwerte einer humanen und demokratischen Gesellschaft.“ Dass dies ein Satz voller unbestimmter Rechtsbegriffe ist, der zu mehr Verwirrung als zu Normenklarheit geführt hätte, liegt auf der Hand. Wir haben schon in der ersten Lesung die Streichung dieses Satzes angemahnt. Das ist geschehen. Auch die Tatsache, dass der Innenminister persönlich, dass Sie, Herr Minister persönlich diesen Satz in das Gesetz hineinformuliert hatten, sicherlich mit viel Mühe, konnte für uns kein Grund sein, diesen unsinnigen Passus im Gesetz beizubehalten. Das tut mir für Sie persönlich, Herr Minister, sehr Leid.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Eine weitere sinnvolle Änderung des ursprünglichen Gesetzentwurfes ist die grundsätzliche Freigabe des Betriebes von Autowaschanlagen beziehungsweise der Öffnung von Videotheken und Münzwaschsalons an Sonn- und Feiertagen sowie die Erweiterung des

(Christel Aschmoneit-Lücke)

Tatbestandes auf Erholungsbetriebe. Zunächst waren die Erholungsbetriebe im Gesetzentwurf überhaupt nicht vorgesehen. Nun sind sie mit dabei, was dem Tourismusstandort Schleswig-Holstein zugute kommen kann.

Die anderen genannten Gewerbe standen ursprünglich unter dem Vorbehalt, dass ihre Öffnung nur dann möglich sei, soweit damit keine unzumutbare Beeinträchtigung der Feiertagsruhe in der Nachbarschaft verbunden ist. Dieser Vorbehalt wurde aus dem Sonn- und Feiertagsgesetz gestrichen. Dem stimmen wir zu. Über die Beweislastumkehr ist hier von beiden Seiten argumentiert worden. Sicherlich kann man beide Seiten auch vertreten. Auch da gibt es für mich keinen Zweifel, dass beide Seiten ihre berechtigten Argumente haben. Dennoch frage ich mich natürlich, wie im konkreten Fall dann wirklich die Beweislage unterschiedlich ist. Das kann ich mir zum Beispiel bei Autowaschanlagen noch nicht so richtig vorstellen.

Meine Damen und Herren, Herr Kollege Eichstädt, „Kirchen verlieren Kampf um die Sonntagsruhe“ titelte heute der Schleswig-Holsteinische Zeitungsverlag. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist, wie ich glaube, sehr vordergründig. Die Kirchen haben in den letzten 50 Jahren viel mehr verloren. Der Gesetzgeber ist hier wie meistens nicht Vorreiter einer Entwicklung. Das Gesetz nimmt vielmehr eine längst geschehene gesellschaftsverändernde Entwicklung auf.

(Vereinzelter Beifall bei FDP und SPD)

Wir können den Bedeutungsverlust der Kirche für die Gesellschaft bedauern, und ich will hier auch ganz klar sagen, ich bedauere diesen Verlust persönlich sehr, aber -

Frau Abgeordnete, bitte kommen Sie zum Schluss.

- Frau Präsidentin, mein letzter Satz: Der Staat kann weder Besinnung verordnen noch den Erhalt kirchlicher Werte vorschreiben.

(Beifall bei der FDP sowie vereinzelt bei SPD und bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Fröhlich.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Tatsächlich finde ich auch diese Über

schrift heute in der Zeitung ziemlich misslich. Ich finde, man muss vorsichtig sein, dass man mit solchen Überschriften nicht der Kirche etwas anredet, was möglicherweise erst dadurch manifest wird. Ich habe das Gespräch mit den Kirchenvertretern jedenfalls ganz anders verstanden, als dass es um Sieg oder Niederlage gegangen wäre. Ich glaube auch, es ist richtig zu thematisieren, dass es in einer Gesellschaft, in der Menschen sehr unterschiedliche Feiertage haben, sie auch sehr unterschiedlich gestalten, weil sie aus unterschiedlichen Religionen, Kulturen, Ländern kommen, richtig ist, mit dem Sonn- und Feiertag auf eine Weise umzugehen, der die Art, wie man ihn nutzen möchte, mehr oder minder freigibt und nicht an diese kirchliche Nutzung bindet. Wir haben inzwischen eine ganze Reihe von Leuten, die ihren Sonntag zwar feiern und ihn auch richtig finden, natürlich aber in gar keiner Weise an die Kirchen binden. Ich finde, auch denen muss man Rechnung tragen.

Wir haben aber auch Menschen, die ganz andere Feiertage haben. Was machen wir zum Beispiel mit jüdischen Gemeinden, die eigentlich gern den Samstag freigestellt haben möchten, die eigentlich in der ganzen Gesellschaft den Shabbat feiern möchten und gar nicht den Sonntag, sondern einen anderen Feiertag? Denen muten wir das auch zu, ganz abgesehen von Muslimen in unserem Land, die ebenfalls nicht den Sonntag feiern würden, sondern einen anderen Wochentag. Insofern sind wir mit unserem Gesetz noch moderat gewesen und vorsichtig in eine andere Richtung gegangen. Wenn die CDU jetzt von ihrer Gewissensfreiheit Gebrauch macht, könnte sie das eigentlich auch machen, wenn es um die Zuwanderung von Menschen in dieses Land geht, denn genau die haben ja dazu beigetragen, dass es eine gesellschaftliche Veränderung an dieser Stelle gegeben hat.

Der Schutz der Sonn- und Feiertagsruhe ist ein Thema - ich habe das eben schon ausgeführt -, das viele gesellschaftliche Kräfte beschäftigt. Schließlich betrifft es uns quasi alle, egal in welcher Situation wir sind und aus welcher Kultur und Religion wir kommen. Sie ist allerdings eng mit unserer christlich geprägten Kultur und unserer Lebensweise verbunden. Der Innen- und Rechtsausschuss hat sich viel Mühe mit diesem Gesetz gemacht, es mehrfach beraten und eine mündliche Anhörung durchgeführt. Kaum ein Gesetz - das wissen wir alle - verlässt den Ausschuss so, wie es hineingekommen ist. Nach den umfangreichen Erörterungen des Sonn- und Feiertagsgesetzes haben sich die rot-grünen Fraktionen für zwei Änderungen gegenüber dem Regierungsentwurf entschieden.

(Irene Fröhlich)

Erstens. Die allgemeine Grundbestimmung der Sonn- und Feiertage in § 3 des Entwurfes wurde gestrichen. Wir wollen in Zeiten zunehmender Individualisierung nicht vorschreiben, welches die vorrangigen Ziele für die Ruhe am Sonntag sein sollen und können. Religiöse Inhalte wollen und können wir im säkularen Staat schon gar nicht setzen, und bis auf den Aspekt der Erholung ist der übrige Katalog unvollständig, willkürlich und außerdem ein wenig schwammig. Frau Aschmoneit-Lücke hat das mit dem juristischen Begriff der unbestimmten Rechtsbegriffe bezeichnet. Lassen wir es also bei der Arbeitsruhe, und die ist ja schon viel als gemeinschaftsbildendes Element. Wenn die CDU jetzt so fest entschlossen ist, auch die Feierabendruhe sozusagen mal eben zur Disposition zu stellen, muss ich an dieser Stelle darauf hinweisen, dass die Arbeitsruhe durchaus als gemeinschaftsbildendes Element gesehen werden muss.

Zweitens. Auf Anregung der kommunalen Landesverbände wurde die Einschränkung der Ausnahmeregelung für Videotheken und Ähnliches gestrichen. Der Grund dafür ist, dass die möglichen Beeinträchtigungen für die Nachbarschaft durch den Betrieb von derartigen Geschäften bereits im baurechtlichen und gewerberechtlichen Verfahren geprüft werden sollen, diese Einschränkung somit im Feiertagsrecht entbehrlich ist.

Drittens. Sonnenstudios, Fitnessstudios, Saunen und ähnliche Freizeiteinrichtungen sollen der Übersichtlichkeit halber gleich als Ausnahmetatbestände in das Gesetz aufgenommen werden. Die Einschränkungen der Freizeitgestaltungen an Sonn- und Feiertagen werden auf das Notwendigste beschränkt, um tatsächliche Störungen der Sonn- und Feiertage zu vermeiden.

Insgesamt ist es ein rundes und doch schlankes Gesetz. Wir wünschen uns, dass es dazu beitragen möge, vielen Menschen nicht nur individuell Erholung und Entspannung zu bringen, sondern auch die Freude des gemeinschaftlichen Feierns.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Hinrichsen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der SSW hat sich schon vor Jahren grundsätzlich positiv hinsichtlich einer Lockerung der Sonn- und Feiertagsregelung ausgesprochen. Wir haben bereits öfter hier im Landtag das Freizeitverhalten der Bürgerinnen und Bürger im Zusammenhang mit der Sonn- und

Feiertagsregelung und den Öffnungszeiten von Videotheken und Autowaschanlagen debattiert. Der nun von der Landesregierung letztes Jahr vorgelegte Entwurf eines Gesetzes über Sonn- und Feiertage beinhalte unter anderem die eben genannten Punkte, mit denen wir dem neuen Freizeitverhalten der Bürgerinnen und Bürger gerecht werden können. Ob nun das Autowaschen oder Ausleihen eines Videofilms am Sonntag der seelischen Erhebung dient, lasse ich aber dahingestellt. Das muss nämlich jeder für sich selber entscheiden.

Die Mehrheit des Ausschusses war der Ansicht, dass die Lockerung der Sonn- und Feiertagsregelung auch für die Einrichtungen, die unmittelbar der Erholung im Rahmen der Freizeitgestaltung dienen, gelten soll. Damit sind Saunen, Fitness- und Bräunungsstudios gemeint. Ich glaube weniger, dass damit die Waschsalons gemeint sind. Ich kann mich noch daran erinnern, dass ich da eher meine Wäsche gewaschen als mich erholt habe.

(Beifall der Abgeordneten Christel Aschmo- neit-Lücke [FDP] und Dr. Heiner Garg [FDP])

Der SSW unterstützt aber diese Vorschläge hinsichtlich der Öffnung auch der normalen Selbstbedienungswaschanlagen - ich komme jetzt nicht auf das richtige Wort.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Waschsalons!)