Protokoll der Sitzung vom 17.06.2004

(Werner Kalinka [CDU]: Warum denn nicht?)

- Nein. Über Ergänzungspersonal - das wissen auch Sie, Herr Dr. Klug - entscheidet der Schulträger. Lesen Sie im Schulgesetz nach! Ergänzungspersonal und seine Finanzierung ist Angelegenheit des Schulträgers.

Als Schlusssatz möchte ich die kommunalen Schulträger auffordern, die Finanzierung ihrer Betreuungsangebote nicht zu kürzen. Wir als Land haben das auch nicht getan. Ich darf daran erinnern, dass wir im Zusammenhang mit der Einführung der verlässlichen Grundschule mit einer deutlichen Entwicklung der Betreuungsangebote einhergegangen sind. Es gibt 24 neue Betreuungsangebote in den Schulen. Wir haben die Zuwendungen des Landes hier um 50 % erhöht. Auch das muss man positiv berücksichtigen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Aus gegebenem Anlass darf ich darauf hinweisen, dass die Annahme, dass die Kantine schon geschlossen haben sollte, falsch ist.

Für die Fraktion der CDU darf ich Frau Abgeordneter Sylvia Eisenberg das Wort erteilen.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Landtag hat im Februar letzten Jahres, also bereits 2003, an diesem Ort anlässlich der Anträge von CDU und FDP ausführlich über die Einführung der verlässlichen Grundschule und Grundschulzeiten debattiert. Bereits damals hat die CDU darauf hingewiesen, dass das Ziel einer verlässlichen Halbtagsgrundschule grundsätzlich richtig ist, dass die Forderung nach einem verlässlichen Zeitrahmen aber nicht zulasten der Qualität des Unterrichts und nicht zulasten der Förder-, Integrations- und AG-Stunden gehen darf,

(Beifall bei CDU und FDP)

genauso wenig wie die Unterrichtsversorgung an Hauptschulen in kombinierten Systemen darunter leiden darf. - Das alles ist in der Landtagsdebatte vom 19. Februar 2003 nachzulesen.

Gut ein Jahr nach Einführung der verlässlichen Grundschule haben sich unsere Befürchtungen bestätigt. Zwar sind verlässliche Anfangs- und Endzeiten im Regierungsmodell im Wesentlichen hergestellt worden, doch reichen die zur Verfügung gestellten Lehrerstunden nicht aus, um die vorgesehenen Stunden und auch die bisherigen Fördermaßnahmen verlässlich zu garantieren. Damit, meine Damen und Herren, findet ein Qualitätsabbau statt. Das habe ich bereits in der Landtagssitzung am 11. März 2004 herausgestellt,

(Zuruf der Ministerin Ute Erdsiek-Rave)

ein Jahr danach, Frau Erdsiek-Rave, und mich dabei auf die Umfrageergebnisse des Landeselternbeirates für Grund-, Haupt- und Sonderschulen zur verlässlichen Grundschule vom 13. Februar 2004 bezogen.

(Ministerin Ute Erdsiek-Rave: Nicht noch einmal!)

Mit diesen Äußerungen zog ich mir den Ärger unserer Bildungsministerin, Frau Erdsiek-Rave, zu.

(Ministerin Ute Erdsiek-Rave: Zu Recht!)

Aber ich habe einen starken Rücken. Das macht mir nichts aus. Die Ministerin bezeichnete damals die Umfrage des Landeselternbeirates als nicht objektiv, sozusagen fast parteiisch.

Leider kommt die Umfrage der GEW - ich gehe davon aus, dass sich Herr Klug darauf bezogen hat - zu ähnlichen Ergebnissen wie der Landeselternbeirat für Grund -, Haupt- und Sonderschulen. Die GEW kann man sicherlich nicht als CDU-verdächtig bezeichnen. Das muss man so hinnehmen.

Ich will auf die Ergebnisse im Einzelnen jetzt nicht eingehen. Sie können sie selbst in der April-Ausgabe der GEW-Zeitung „Erziehung und Wissenschaft“ nachlesen. Ein Kommentar hierzu ist in der gleichen Zeitung vom Juli erschienen.

(Werner Kalinka [CDU]: Die haben auch die Nase voll!)

Insgesamt ist nach dieser Umfrage von den beteiligten Schulen keine Qualitätsverbesserung durch die Einführung der verlässlichen Grundschule festgestellt worden. Im Gegenteil! Wir haben es mit einem Qualitätsverlust zu tun. - So die GEW.

Meine Damen und Herren, neben FDP und CDU weist nun nicht mehr nur der Landeselternbeirat für Grund-, Haupt- und Sonderschulen, sondern weisen auch Lehrerverbände wie die GEW oder der Schulleiterverband - ich darf an die Zeitung „verlässliche Grundschule“ erinnern - auf die im Antrag der FDP genannten Probleme hin, einmal ganz abgesehen davon, Herr Dr. Klug, dass wir diese Probleme schon lange vorher gesehen haben.

Auch auf zahlreichen Veranstaltungen zur verlässlichen Grundschule vor Ort werden immer wieder genau diese Schwachstellen genannt.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Dorthin traut sich Höppner nicht mehr!)

Der Bericht des Landesrechnungshofs zum Lehrerbedarf für die verlässliche Grundschule, der noch für diesen Monat angekündigt ist - leider erst nach dieser Landtagsdebatte; ich hätte ihn gern vorher gehabt -, wird uns endgültig Aufschluss darüber geben, ob die notwendige Anzahl der Lehrerstunden für eine verlässliche Grundschule ohne Qualitätsabbau zur Verfügung gestellt werden kann und wie hoch diese sein wird.

Meine Damen und Herren, wir werden den FDPAntrag daher unterstützen, erwarten aber von der FDP, dass sie nicht nur Forderungen aufstellt, sondern auch bereit ist, Konsequenzen zu ziehen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Was heißt das?)

- Überlegen Sie einmal, Herr Kubicki! Das ist doch eindeutig. - Von der Landesregierung erwarten wir keine weitere Augenwischerei.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU und Bei- fall des Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug [FDP])

Will man ohne Bereitstellung der als notwendig erkannten Lehrerstunden Verlässlichkeit garantieren, so kommt unter dem Strich nur ein Mehr an Betreuung,

(Sylvia Eisenberg)

aber kein Mehr an Bildung heraus. Das, meine Damen und Herren, ist mit der CDU nicht zu machen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich jetzt der Frau Abgeordneten Angelika Birk das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich gebe Ihnen in der Forderung Recht: Verlässlichkeit und Qualität, beides muss stimmen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

- Die anderen sind offensichtlich schon in den Tiefschlaf übergegangen.

(Beifall)

Die Landesregierung hat eine deutliche Verbesserung der Unterrichtsversorgung erreicht. Der Etat für Vertretungsstunden und die Bündnisse zur Bekämpfung des Unterrichtsausfalls haben zur Senkung des Unterrichtsausfalls beigetragen, und endlich kommt die verlässliche Grundschule auch in Schleswig-Holstein voran.

Mit insgesamt zusätzlich 250 Lehrerstellen soll sie bis in zwei Jahren landesweit funktionieren. Die Schulen haben mit dem Instrument „Geld statt Stellen“ mehr organisatorische Freiheiten zur Unterrichtsgestaltung, mehr Autonomie, erhalten.

Für all dies haben wir uns vehement eingesetzt und wir überzeugen uns durch Besuche vor Ort, dass es durchaus Schulen gibt, die dies gut nutzen. Schülerinnen und Schüler sind nicht nur länger an der Schule; was dort passiert, hat auch mehr Qualität, zum Beispiel durch mehr Teamarbeit in den Lehrerkollegien. Es ist in deutschen Schulen tatsächlich etwas Neues, dass endlich die Angst, auch einmal die Klasse der Kollegin zu betreten, abgebaut wird.

Aber auch wir wissen - nun, Herr Dr. Klug, wende ich mich an Sie -: Es kommt auf das Kleingedruckte an. Wie werden bestehende organisatorische Probleme wie die Verzahnung von kommunalen Betreuungsangeboten und Unterricht gelöst? Weil wir merken, dass die Kommunen in ihren Angeboten nachzulassen drohen, appellieren wir in unserem Antrag an die Kommunen, sich nicht auf Kosten des Landes aus ihrer Verantwortung zu ziehen. Dies gilt auch für die noch ungelösten Probleme der Busfahrzeiten im ländlichen Raum, auf die verschiedene Organisationen schon hingewiesen haben. Es kann nicht

sein, dass wir die Schule nach den Busfahrzeiten organisieren sollen. Die Busse sind für die Beförderung der Menschen da und nicht umgekehrt.

(Werner Kalinka [CDU]: Das ist ja wohl nicht zu glauben!)

- Das ist nicht zu glauben, sagen Sie. Das kennen Sie doch auch: Ein großes Unternehmen setzt sich sehr wohl mit Autokraft oder anderen Busunternehmen zusammen und überlegt, wie der Transport so organisiert werden kann, dass zum Beispiel Schichtarbeit bedient wird.

(Werner Kalinka [CDU]: Das gibt es doch bei uns alles!)

Warum ist das nicht im Bereich der Schulen möglich? Im Grunde genommen ist es jetzt, da die Verlässlichkeit größer ist, einfacher geworden.

(Werner Kalinka [CDU]: Das tun wir doch ständig!)

- Es wird nur darauf hingewiesen, dass es nicht überall funktioniert, Herr Kalinka. Ich zitiere nur verschiedene Organisationen.

Es gibt aber auch noch schulinterne Probleme, wie sie bei einer großen Umstellung alltäglich sind. Nun komme ich auf den Förderunterricht, auf Arbeitsgemeinschaften, auf Deutsch als Zweitsprache und so weiter zu sprechen. Natürlich muss gerade dieses Angebot integriert am Vormittag vorhanden sein. Es kann nicht einfach für Vertretungsunterricht gestrichen werden. In diesem einen Punkt kann ich der Opposition Recht geben. Hier gilt es einerseits, BestPractice-Lösungen, die es bereits gibt, Schule machen zu lassen, sodass Schulen lernen, wie sie ihre Organisation optimieren, und es gilt auch, kritisch vor Ort zu untersuchen, ob die Versorgung mit Lehrerstellen im Einzelfall, in den einzelnen Kreisen und kreisfreien Städten, tatsächlich gerecht ist und wie die Verzahnung mit Hort- und Jugendhilfeangeboten verbessert werden kann. Denn auch dies ist eines unserer Anliegen. Dies wird deutlich, wenn Sie sich an die Debatten zum Thema Jugendhilfe und Schulen erinnern.

(Werner Kalinka [CDU]: Nicht nur von Ih- nen!)

- Von uns im Landtag gemeinsam. Es ist sehr schön, dass Sie mir zustimmen. - Das heißt: Ich leugne nicht, dass es immer noch Probleme gibt.