Protokoll der Sitzung vom 17.06.2004

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Sagen Sie doch nicht, die CDU sei dazu nicht in der Lage gewesen!)

Die CDU - vielleicht waren es auch andere; ich weiß es nicht mehr so genau - sah sich im April nicht im Stande, die Staatsverträge in erster Lesung zu behandeln und deswegen wurde dieser Tagesordnungspunkt auf die Mai-Tagung des Landtages verschoben.

Wir hätten uns aber im Rahmen unseres Selbstbefassungsrechts im Finanzausschuss mit den Staatsverträgen beschäftigen können und vielleicht auch müssen. Dass dies nicht geschehen ist, fällt auf uns alle zurück.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Wer hat denn die beantragte Anhörung abgelehnt?)

Insofern ist es bedauerlich, dass sich der Landtag zwar immer wieder in Unmengen von Anträgen mit der Bundespolitik beschäftigt, auf die wir kaum Einfluss haben, sich aber bei wichtigen Landesanliegen mit einem parlamentarischen Schnellverfahren begnügen muss.

Das müssen wir gemeinsam ändern. Allerdings ändert diese wichtige Diskussion nichts daran, dass der SSW den vorliegenden Staatsverträgen zustimmen wird. Wenn man den Föderalismus befürwortet, muss man auch zu solchen Kompromissen bereit sein.

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort zu einem Kurzbeitrag erteile ich Herrn Abgeordneten Stritzl.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Heinold, Sie haben uns vorgeworfen, die Haltung der CDU sei Populismus. Gehen Sie davon aus, dass sie von Sorge für das Land getragen ist.

(Zurufe von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Erlauben Sie mir ein paar Nachfragen, denn einiges hat mich hier in der Diskussion überrascht. Es hat ja nicht nur der Finanz- sowie der Innen- und Rechtsausschuss zu dem Thema getagt, sondern mitberatend war auch der Sozialausschuss. Es war interessant, dass der mitberatende Ausschuss sein Votum erst fassen konnte, als der federführende Ausschuss seine Entscheidung bereits gefällt hatte. Das ist nicht mein Verständnis von Mitberatung von Ausschüssen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wir haben uns im Sozialausschuss intensiv mit der Frage befasst. Nachdem im Sozialausschuss die anwesenden Regierungsmitglieder aus dem Sozialministerium die Fragen nicht klären konnten, hatten wir die Gelegenheit - wofür ich Herrn Staatssekretär Döring ausdrücklich danke -, dass das Finanzministerium kurzfristig kam. Daran schließen sich für mich allerdings einige Fragen an.

Eben wurde gesagt, per annum 6 Millionen €. Kollege Beran, wenn ich das richtig in Erinnerung habe, ist auf meine Nachfrage, ob es um 6 Millionen € im Jahr oder mehr geht, vom Finanzministerium gesagt worden: 15 Millionen.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das steht doch alles hier drin!)

- Genau. Sehr geehrte Frau Kollegin, wenn es denn 15 Millionen sind, stellt sich die nächste Frage. Wir hatten ja schon einmal eine Diskussion über die Frage, ob man bei 30 Millionen DM einen Nachtragshaushalt beschließen muss oder nicht. Wie etatisieren Sie das für das Jahr 2005?

Uns wurde gesagt, das sei unabweisbar und außerplanmäßig. Das kann es aber nur sein, wenn es unvorsehbar gewesen ist. Frau Kollegin, Sie haben uns gerade dargestellt, dass bereits im Dezember 2003 der Entwurf des Regionalisierungsstaatsvertrages vorgelegen hat. Was ist dann an dieser Mindereinnahme oder Mehrausgabe nicht vorhersehbar gewesen für die Regierung beziehungsweise für die Mehrheitsfraktionen?

(Beifall bei CDU und FDP)

Dann hätten Sie das in den Doppelhaushalt 2005 einstellen müssen, um ehrlich mit den Bürgerinnen und Bürgern umzugehen, wenn Sie bereit sind, auf diesen Betrag zu verzichten.

Sie haben gesagt, Sie stimmen - so sinngemäß - in der Erwartung zu, alle gewerblichen Spieleeinnahmen sollten mit einbezogen werden. Heißt das, dass Sie eine bedingte Zustimmung geben? Was passiert eigentlich mit der Zustimmung durch die Regierungsfraktionen, falls diese Erwartung enttäuscht werden sollte? Gibt es überhaupt eine bedingte Zustimmung zu Staatsverträgen?

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, der Rat des Kollegen Arp war richtig: im Interesse des Landes nein zu diesen Staatsverträgen!

(Beifall bei CDU und FDP)

Ebenfalls zu einem Kurzbeitrag erteile ich der Frau Abgeordneten Heinold das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da die meisten von Ihnen die Unterlagen nicht gelesen haben und auch nicht diejenigen, die sich hier zu Wort melden, möchte ich einen Absatz aus der Unterlage vorlesen, damit dann auch die Zahlen klar und die Unsicherheiten beseitigt sind:

„Nach den bisher vorliegenden Informationen und groben Schätzungen betrugen die Auswirkungen für das Land SchleswigHolstein - unter Berücksichtigung der sich dadurch ergebenden Auswirkungen im Länderfinanzausgleich - rund 6 Millionen €. Ein großer Unsicherheitsfaktor und daher nur mit Schätzwerten verbunden war und ist die Höhe der Gesamtumsätze gewerblicher Spielvermittler im Bundesgebiet. Es liegen zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Daten über tatsächliche Umsätze gewerblicher Spielvermittler in den anderen Ländern vor. Zudem ist in letzter Zeit eine Zunahme gewerblicher Spielvermittler in anderen Bundesländern zu beobachten. Aufgrund dieser dynamischen Entwicklung betragen nach aktuellen Hochrechnungen, wobei auch hier die o.g. Unsicherheitsfaktoren bestehen, die Auswirkungen für Schleswig-Holstein für das Jahr 2004 rund 15 Millionen € (Anla- ge 6). Dieser Betrag wird dem Land Schleswig-Holstein gegenüber dem Status quo ‚verloren’ gehen. Die Berechnung geht von

(Monika Heinold)

ungünstigen Bedingungen aus, das heißt, je höher die Gesamterträge, desto höher könnten die Verluste in Zukunft sein. Abhängig ist dies jedoch von den oben beschriebenen nicht abschätzbaren Entwicklungen. Bei steigenden Umsätzen steigen allerdings auch die absoluten Einnahmen.“

Das heißt, die Grundlage für das, worüber wir hier entscheiden, ist klar.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Ich erteile jetzt Herrn Abgeordneten Dr. Wadephul das Wort zu einem Kurzbeitrag.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Heinold, ich glaube, dass diese etwas leichtfertige Formulierung, die Sie gerade gewählt haben, wir würden einen Popanz aufbauen, wir würden die Unterlagen nicht lesen, der Gesamtproblematik überhaupt nicht angemessen ist. Es ist auch mitnichten alles klar, es ist vielmehr vieles unklar.

Ich möchte noch einmal auf die Postwettannahmestelle in Bayern zu sprechen kommen - ein Sachverhalt, der der Regierung offenbar bei Aushandlung des Staatsvertrages überhaupt nicht bekannt war und erst in den parlamentarischen Beratungen ins Gespräch kam.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wie viele Postwettannahmestellen gibt es überhaupt in Bayern? Gibt es eine oder gibt es mehrere? Es gibt Hinweise, dass es mehrere gibt, sogar drei gibt.

In dem Schreiben von Staatssekretär Meyer vom bayerischen Staatsministerium der Finanzen ist von einer die Rede. Klären Sie das bitte einmal auf, bevor wir hier so weitreichende Verträge unterzeichnen!

Es ist völlig unklar, ob am Schluss die Einnahmen, die dort erzielt werden, wirklich der Regionalisierung unterworfen werden. Es gibt ein ganz dürftiges Schreiben des Staatssekretärs Meyer, das ich gerade eben erwähnt habe, Umdruck 15/4613, vom 8. Juni 2004.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dürftig? Und das von der baye- rischen Staatsregierung?)

- Ja, das ist nun einmal in der Sache dürftig. Wir wollen an der Stelle doch keine Parteipolitik betreiben,

sondern wir wollen die Interessen der Bürgerinnen und Bürger wahrnehmen.

(Beifall bei CDU und FDP - Lachen bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

- Sie können das gern verhöhnen und abtun, meine Damen und Herren. Sie haben die Verantwortung zu tragen, wenn anderswo Einnahmen erzielt werden, die der Regionalisierung nicht unterworfen werden, während unsere Einnahmen unterworfen werden und es deswegen einen finanziellen Schaden zulasten unseres Landes Schleswig-Holsteins gibt. Das ist dann Ihre Verantwortung!

(Beifall bei CDU und FDP)

Staatssekretär Meyer räumt ein, dass es seit 20 Jahren einen Rechtsstreit über diese Frage gibt. Da hat man sich irgendwann vergleichen müssen, wie er formuliert. Herr Innenminister, haben Sie den Vergleich eigentlich einmal eingesehen? Wissen Sie eigentlich, welche Rechtsposition die Postannahmestelle hat, ob es wirklich ein gewerblicher Vermittler im Sinne des Vertrages ist? Können Sie das mit Sicherheit sagen? - Nein, das können Sie aller Voraussicht nach nicht sagen. Das kann noch nicht einmal die bayerische Staatsregierung mit Sicherheit sagen, weil das - das hat der Kollege Arp schon gesagt - natürlich nicht die Staatsregierung in Bayern entscheidet, sondern das entscheiden in Deutschland immer noch Gerichte.

Es ist also völlig unverantwortlich, in dieser Situation, in der wir keine rechtliche Klarheit haben, so weitgehende Staatsverträge zu ratifizieren. Deswegen werden wir an der Stelle nicht zustimmen. Wir können Sie nur auffordern: Halten Sie inne und stoppen Sie die Ratifizierung an dieser Stelle!

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich erteile dem Herrn Innenminister das Wort.

(Zurufe)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei aller Aufregung sollten wir vielleicht wieder zu einer gewissen Sachlichkeit zurückkehren. Das würde ich sehr begrüßen.

Ich darf vorweg etwas zum Zeitablauf sagen. Darauf lege ich allergrößten Wert. Der Entwurf des Lotteriestaatsvertrages ist dem Landtag am 10. Januar 2003 - ich betone: 2003 - übersandt worden. Der

(Minister Klaus Buß)

Entwurf des Regionalisierungsstaatsvertrages ist dem Landtag am 16. Dezember 2003 übersandt worden.