Meine Geduld ist am Ende. Wir treiben in SchleswigHolstein die Regionalisierung voran, wir haben einen Landesnahverkehrsplan verabschiedet, der den Ausbau des Schienenverkehrs in 15 Jahren beschreibt, wir haben begonnen, alle Strecken nach und nach auszuschreiben und bis 2008 sollen alle Strecken in Schleswig-Holstein in den Wettbewerb gehen.
In den kommenden Jahren stehen Hunderte von Millionen an Geldern für Investitionen zur Verfügung und trotz alledem schäme ich mich zunehmend, verkehrspolitischer Sprecher zu sein. Der Ausbau der Strecke Pinneberg - Elmshorn verzögert sich seit Jahren, die beschlossene Wiederinbetriebnahme der Strecke Neumünster - Bad Segeberg wurde inzwischen auf das Jahr 2002 verschoben. Nicht einmal die notwendigen Reparaturen werden durchgeführt. Mittlerweile gibt es eine Reihe Langsamfahrstrecken, die ein Einhalten der Fahrpläne nach Auskunft der DB ZugBus „verunmöglichen“.
Die DB-Netz kassiert auf den Strecken in SchleswigHolstein insgesamt 215 Millionen DM an Trassengebühren pro Jahr; davon bezahlt das Land 160 Millionen DM für die Regionalzüge, 35 Millionen DM bekommt die DB für den Fernverkehr und 20 Millionen DM für den Güterverkehr.
Der Unterhalt dieser Strecken kostet nach internen Schätzungen, die unbestritten sind, aber nur ein Drittel dieses Geldes, nämlich 70 Millionen DM. Der Rest fließt in die superteuren Neubauvorhaben nach Berlin und ins Rheinland.
Dazu kommt, dass die Investitionen für den Schienenverkehr seit Jahren an Schleswig-Holstein vorbeigehen.
Alle unsere Bemühungen sind nutzlos, wenn nicht in die Strecken in Schleswig-Holstein investiert wird. Fahrplanverbesserungen, Integrierter Taktfahrplan scheitern, weil wir nicht mehr Züge fahren lassen können und weil die notwendigen Beschleunigungen nicht realisiert werden können.
Wir erleben zurzeit eine Grundsatzdiskussion über die Zukunft der Bahn, die leider nicht mit der Bahnre
Hätten wir die Strecken in eigener Regie, dann könnten allein mit den Trassengebühren, die nicht für den Unterhalt verwendet werden, alle wichtigen Vorhaben in Schleswig-Holstein, einschließlich des Tunnels in Rendsburg als Ersatz für die Hochbrücke, innerhalb von zehn Jahren abgeschlossen werden.
Aus diesen Gründen trete ich dafür ein, dass wir die Bundesregierung auffordern, das Schienennetz aus der DB AG herauszulösen. Meine Fraktion präferiert dabei eine Lösung, die ähnlich der des Straßennetzes ist, dass das Netz also wieder in staatliche Hand geht und dass es gleichmäßig allen Verkehrsteilnehmern zur Verfügung gestellt wird - so wie wir es beim Straßennetz auch haben.
Die Pällmann-Kommission auf Bundesebene hat vorgeschlagen, eine Gesellschaft zu gründen, die Trägergesellschaft ist und die sozusagen privatwirtschaftlich, aber unter staatlicher Obhut das Gleiche betreibt. Das kommt aber letztlich auf das Gleiche heraus.
Ich halte das nicht für die entscheidende Frage. Die entscheidende Frage, über die wir heute reden, ist das Gebot, ein deutliches Signal an die Bundesregierung zu geben, dass das Land Schleswig-Holstein eine zweite Bahnreform für erforderlich hält, dass eine Änderung in den jetzigen Strukturen erforderlich ist und dass die Strecken aus der DB AG herausgelöst werden müssen, um gleiche Konkurrenzbedingungen zu erhalten.
Ich halte es für sinnvoll - dass wie beim Straßennetz auch die Hauptstrecken vom Bund verwaltet werden, die regionalen Strecken von den Ländern. Das macht Sinn, weil sich der Bund nicht um jede kleine Nebenstrecke kümmern muss; das kann man vor Ort besser erledigen.
Deshalb halte ich eine solche Trennung in Hauptstrecken und Nebenstrecken für sinnvoll, sachgemäß und finde, dass sie richtig ist, sodass wir dementsprechend vorgehen sollten.
Wir brauchen ein offenes Netz, damit das Land zielgerichtet den Regionalverkehr ausbauen kann, damit private Bahngesellschaften im Fernverkehr schnelle und moderne Züge anbieten können, um dem Flugzeug endlich mit günstigen Preisen und gutem Service Konkurrenz zu machen. Wir brauchen ein offenes Netz, damit Speditionen frei und günstig Güterwagen fahren lassen können und so endlich massenhaft Güter auf die Schiene verlagern. Ich hoffe deshalb auf die Unterstützung aller Fraktionen.
Auch angesichts der aktuellen Diskussion, die wir jetzt über die Interregio-Züge im Land führen, halte ich es für nötig, dass deutliche Signale nach Berlin gehen und dass diese deutlichen Signale schnell gegeben werden, weil die Verhandlungen ständig laufen. Deswegen bin ich auch dafür, dass wir heute in der Sache abstimmen und die Vorlage nicht erst an den Ausschuss überweisen.
(Vereinzelter Beifall bei der SPD sowie Bei- fall der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Lars Harms [SSW])
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist ein schwerer Fehler im System, dass ein Marktteilnehmer, die Deutsche Bahn, auch quasi den Markt besitzt, auf dem alles stattfindet, und so den Zugang zum Markt kontrollieren kann. Dies geht zulasten aller anderen Mitbewerber und auch zulasten des Landes Schleswig-Holstein, das relativ hohe Preise für Verkehrsleistungen zahlen muss. Dies hat mit Marktwirtschaft wirklich nichts zu tun.
Auch der Gütertransport wird durch diese Strukturen mit Sicherheit nicht billiger. Solche Strukturen sind ein Standortnachteil für Deutschland, der schnellstmöglich behoben werden muss.
Wenn man bedenkt, wie viele Regionalstrecken entweder stillgelegt oder doch zumindest nicht im besten Zustand sind, so ergibt sich, dass dies mit wirtschaftlichem Pioniergeist bei der Bahn ebenfalls nichts zu tun hat - jedenfalls nichts mit dem, was den Regionalverkehr angeht.
Die Deutsche Bahn konzentriert sich immer mehr auf den Fernverkehr und versucht, ihre Strukturen zu verschlanken. Die Finanzspritze in Höhe von 2 Milliarden DM jährlich durch Verkehrsminister Klimmt, die jetzt in Aussicht gestellt wurde, wird die Bahn höchstwahrscheinlich fast ausschließlich für
überregionale Strecken außerhalb Schleswig-Holsteins nutzen; denn wie wir heute der Zeitung entnehmen können, sollen Verkehre in Schleswig-Holstein eher abgebaut als ausgebaut werden.
So sind nicht zuletzt die Interregio-Strecke nach Flensburg und die ICs an der Westküste in Gefahr. Es besteht die Gefahr, dass von den geplanten MilliardenInvestitionen der Bahn in Schleswig-Holstein nicht viel hängen bleiben wird, sondern wir im Gegenteil weiter abgekoppelt werden. Mit dem politischen Ziel, mehr Fahrgäste und mehr Güter auf die Schiene zu bringen, ist diese Entwicklung in keinster Weise zu vereinbaren. Die Bahn scheint für Schleswig-Holstein nichts übrig zu haben.
Die Trassenpreise müssen sinken, um dadurch mehr Konkurrenz zu ermöglichen und so eine bessere Verkehrsinfrastruktur im Bahnbereich zu erhalten.
Eine mögliche Übernahme des Streckennetzes der DB AG durch den Bund und durch das Land kann dazu beitragen, dass der Bahnverkehr bessere Bedingungen bekommt. Daher muss es das Ziel sein, die Strecken von der DB AG abzulösen und in die Regie von Bund und Land zu geben - genauso wie es bei den Straßen der Fall ist.
Durch die Übernahme des Streckennetzes durch Bund und Land hätten im Übrigen auch kleine regionale Bahnbetreiber eine bessere Chance, sich am Markt behaupten zu können, ohne automatisch gezwungen zu sein, ständig über Fusionen und Zusammenschlüsse, die oft eher Aufkäufe sind, nachdenken zu müssen. Jetzt kann man nur mit der großen DB in Zusammenschlüssen konkurrieren, was für kleine Unternehmen nicht leicht ist. Das kennen wir vor allen Dingen an der Westküste.
Der Ausbau und die Unterhaltung der Strecken muss nach Landesinteressen erfolgen. Selbstverständlich müssen ökonomische Anforderungen gewahrt bleiben. Aber das ist auch kein Problem. Das Land würde nur die Infrastruktur für die konkurrierenden Unternehmen zur Verfügung stellen und erhält dann von allen den gleichen Preis. Die Gewinne könnte das Land in den Ausbau und die Unterhaltung unserer Strecken reinvestieren.
Die Übernahme des Streckennetzes liegt im Landesinteresse, weil das Land selbst die Gewinne für Strekkenprojekte dort einsetzen kann, wo es am sinnvollsten ist,
im Interesse der Wirtschaft, weil Gütertransporte durch die Konkurrenzsituation preiswerter werden, im Interesse der kleinen regionalen Bahngesellschaften, weil sie bei gleichen Zugangsmöglichkeiten zum Markt auch die gleichen Chancen haben wie die großen, und im Interesse der Fahrgäste, weil auch die Fahrpreise dann endlich sinken und sich die Bahnverbindungen verbessern können.
(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Es gibt tatsächlich Sozialdemokra- ten, die da klatschen!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielleicht zunächst das Positive. Der Schienenverkehr in Schleswig-Holstein ist in den letzten Jahren attraktiver geworden. Wir haben die Zugangebote in Schleswig-Holstein im Nahverkehr seit 1995 um 13,5 % erhöht und die Zahl der Fahrgäste um 15 % gesteigert. Das zeigt: Die Länder haben nach der Regionalisierung ihre Chance genutzt. Wo Wettbewerb eingeführt worden ist, wo Regionalisierung stattgefunden hat, hat eine Ausweitung der Fahrgastzahlen, der Streckennutzungen stattgefunden. Wo das nicht der Fall war, hat das nicht stattgefunden, nämlich im Fernverkehr. Die Geschichte des Fernverkehrs der letzten Jahre zeigt, dass mangelnder Wettbewerb, mangelnde Steuerung und auch mangelnde Trennung von Netz und Betrieb ich komme gleich darauf - Probleme verursacht haben.
Natürlich muss auch der Fernverkehr wirtschaftlicher arbeiten, keine Frage. Aber Wirtschaftlichkeit kann nicht bedeuten, dass nur kurzfristig versucht wird, so schnell wie möglich schwarze Zahlen zu erreichen, sondern Wirtschaftlichkeit bedeutet, ein Konzept dafür zu haben, dass Bahnfahren im Fernverkehr attraktiver wird.
Warum sind denn die Belegungszahlen von manchen Intercitys und Interregios in Schleswig-Holstein so ungünstig? - Doch nicht deswegen, weil die Zugangebote falsch sind, sondern deswegen, weil sie teilweise zu falschen Zeiten fahren, weil sie keine Anschlüsse