Protokoll der Sitzung vom 26.08.2004

(Beifall bei der CDU)

Dann verweise ich auf § 58 der Geschäftsordnung und erteile unter diesem Aspekt dem Herrn Innenminister das Wort. - Das nutzt ja nichts, wir eröffnen die Debatte neu. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe hier fünf Minuten Redezeit. Nach meiner Mitschrift habe ich noch eine Restzeit, die ich gern ausnutzen möchte.

Herr Wadephul, irgendetwas haben Sie nicht richtig verstanden. Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz kann als Einzelperson überhaupt nichts machen. Das habe ich auch nie gesagt. Ich habe immer gesagt, dass ich der Innenministerkonferenz bestimmte Dinge zur Prüfung vorlegen werde. Das ist auch geschehen.

Für die Frage der DNA-Problematik - Sie müssen sich schon ein bisschen mit der Rechtsmaterie beschäftigen! - ist die StPO zu ändern. Das ist zu Recht hier in der Debatte auch gesagt worden. Dafür ist die Justizministerkonferenz zuständig. Deshalb arbeiten wir in dieser Form zusammen, so, wie es auch von der IMK beschlossen worden ist. Das ist nicht auf meinem Gusto gewachsen, sondern das ist gemeinschaftlich so erörtert worden und so wird es durchgezogen. Und es wird zu einer gemeinsamen Lösung zwischen der IMK und der Justizministerkonferenz kommen, die übrigens einen hoch interessanten und sehr weitgehenden Beschluss gefasst hat. Wenn man beides zusammen tut, meine ich, dass wir zu einer guten Lösung kommen werden. So läuft das und nicht anders.

Herr Dr. Wadephul, vielleicht würde ich gern das eine oder andere allein machen, aber leider geht das in der deutschen Politik nicht.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe mich belehren lassen. Das war die Ausschöpfung der normalen Redezeit, wir haben § 58 der Geschäftsordnung nicht anzuwenden. Ich habe keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, damit ist die Beratung geschlossen.

Es ist beantragt worden, den Bericht der Landesregierung dem Innen- und Rechtsausschuss - ich füge hinzu - zur abschließenden Beratung zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 15 auf, der vorhin in der Ecke dort schon einmal verhandelt worden ist.

(Heiterkeit)

Tagesordnungspunkt 15:

EU-Agrarreform bietet Chancen für die Landwirte in Schleswig-Holstein Antrag der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 15/3595

Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Dann eröffne ich die Aussprache und erteile Herrn Abgeordneten Wodarz das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist zwar richtig, dass wir schon in der Vergangenheit öfter über das Thema EU-Agrarpolitik diskutiert haben, aber über diesen konkreten Antrag noch nicht, Herr Präsident. Der ist ganz neu.

Die Gefechtslage bei der Diskussion war stets klar. CDU und FDP lehnten jede Reform der Agrarpolitik ab. Man glaubte sich in Übereinstimmung mit dem Bauernverband, aber manchmal kam man mit der Schrittfolge etwas durcheinander. SPD und Grüne waren allerdings immer klar auf Kurs, wir haben die Reform immer begrüßt. Unsere Freunde des SSW haben sich immer noch ein kleines Hintertürchen offen gelassen, aber ansonsten waren wir uns ziemlich einig.

(Lars Harms [SSW]: Das war clever!)

- Ob das immer so clever ist, lieber Herr Harms, weiß ich nicht.

Nun haben sich die deutschen Agrarminister geeinigt, und zwar parteiübergreifend. Das sollte vielleicht

(Friedrich-Carl Wodarz)

auch dem Kollegen Ehlers nicht entgangen sein. Das ist ein gutes und erfreuliches Zeichen. Es zeigt, dass Demokratie funktioniert. Nur die Neinsagerfraktion aus Schleswig-Holstein steht doch etwas blamiert da.

Meine Damen und Herren von der CDU und FDP, Sie hatten und haben keine agrarpolitischen Konzepte. Und wer keine Konzepte hat, der kann auch ganz beliebig das Fachressort mit einem Kandidaten besetzen, der nicht stört, denn er hat auch keine agrarpolitischen Konzepte.

(Beifall bei CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und des Abgeordneten Lars Harms [SSW] - Zuruf der Abgeordneten Herlich Marie Todsen-Reese [CDU])

- Von Umweltpolitik hat er auch keine Ahnung, Herlich Marie Todsen-Reese!

Sie beschränken sich auf den Bauernverband als Vordenker, doch im Gegensatz zu den Herren von der hinteren Bank kann der Herr Steensen sehr flexibel sein. Er spricht in diesem Zusammenhang, also im Zusammenhang mit dem gefundenen Kompromiss, von Chancen für die schleswig-holsteinischen Bauern und er will nach vorn sehen. Vielleicht solltet ihr eure Schützengrabenmentalität langsam überprüfen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Durch die Entkoppelung werden die Landwirte nicht mehr zu einer mengen- und produktbezogenen Produktion angehalten. Sie werden sich mehr am Marktgeschehen orientieren und als Unternehmer agieren können.

Während die CDU in Schleswig-Holstein hier knallhart planwirtschaftliche Ziele verfolgt, war die Position der FDP völlig konfus. Der Kollege Hildebrand in Kiel hielt treu zur CDU, in Berlin kritisierte man, dass die CDU sich nicht für marktwirtschaftliche Anreize und unternehmerische Freiheit einsetze, um dann aber allerdings im gleichen Atemzug für einen großen steuerfinanzierten Ausgleich von Einkommenseinbußen zu plädieren. Das passt zwar nicht so richtig zusammen, aber es passt zur Konfusion und Konzeptionslosigkeit.

Es ist wirklich schwer, in diesem Wirrwarr den Standpunkt der Parteien erkennen zu können.

(Zurufe der Abgeordneten Claus Ehlers [CDU] und Dr. Heiner Garg [FDP])

Die SPD begrüßt die Einigung. Wir begrüßen die Einigung und das ist auch der Grund unseres Antrages. Wir erwarten von der Reform, dass Landwirte sich unternehmerischer verhalten können und es auch

aus ökonomischen Gründen zu einer umweltverträglicheren Landwirtschaft kommt.

(Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Die Umweltverträglichkeit wird durch die Bindung von Direktzahlungen an die Betriebe bei Einhaltung bestimmter Vorschriften - bezogen auf Umwelt-, Tier- und Verbraucherschutz - unterstützt. Es gibt da so einige Unworte, dazu zählt auch das Wort Cross Compliance. Das kann man auch nicht so richtig übersetzen.

Wir waren uns im Agrarausschuss einig, dass diese Vorschriften nicht noch einmal national verschärft werden sollten. Und so ist es beschlossen worden und das ist auch gut so. Wir hätten uns gewünscht - das sage ich auch ganz offen -, dass die Reform schneller umgesetzt wird. Durch den Kompromiss werden die Grünlandbetriebe gegenüber den Ackerbaubetrieben länger diskriminiert, doch 2013 wird der Ausgleich erfolgen und es gibt die Möglichkeit, diese Benachteiligungen durch die Länderermächtigung zu mindern, das Werteverhältnis zwischen Ackerbau und Grünland zugunsten des Grünlandes zu verändern. Wir wollen das ausschöpfen und Minister Müller hat sich auch entsprechend geäußert, wenn ich das richtig mitbekommen habe.

(Zuruf des Abgeordneten Claus Ehlers [CDU])

- Ihr könnt ja wieder dagegen sein.

Seit den Reformen im Rahmen der Agenda 2000 konnten die EU-Direktbeihilfen moduliert werden - auch wieder so ein schönes Wort -, das heißt, die Mittel konnten um einen bestimmten Prozentsatz gekürzt und für Maßnahmen zur Stärkung des ländlichen Raumes umgeschichtet werden. Wir haben das in Schleswig-Holstein praktiziert und können trotz der Blockadehaltung von CDU und Bauernverband von einer Erfolgsstory sprechen. Diese Erfolgsstory wollen wir auch fortsetzen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD - Zuruf des Abgeordneten Claus Ehlers [CDU])

Schleswig-Holstein ist das Bundesland, in dem die erfolgreichsten Landwirte der Republik leben, die das höchste und größte Prämienvolumen haben. Dieses Volumen galt es auf nationaler Ebene zu verteidigen - gegen CDU-geführte Länder. Das ist Minister Müller gelungen. Ich denke, ihn zu prügeln, wäre das Falsche. Es wäre richtig, ihn zu loben, dass wir statt

(Friedrich-Carl Wodarz)

50 Millionen € nur 18 Millionen € abschreiben müssen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Meine Damen und Herren, die Zeiterfassung blinkt, deshalb komme ich zum Ende.

Dieser gefundene Kompromiss gibt den Landwirten in Schleswig-Holstein Planungssicherheit, gibt ihnen mehr Freiheit für ihre unternehmerische Zukunft. Aber Marktgeschehen ist immer mit Risiko verbunden und erfordert Kompetenz und das Erkennen von Chancen. Der Staat hat sich hier ein Stück zurückgezogen. Der landwirtschaftliche Unternehmer wird diese Reform begrüßen.

(Beifall bei der SPD)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Ehlers das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der Überschrift „EU-Agrarreform bietet Chancen für die Landwirte in Schleswig-Holstein“ kann ich mich durchaus identifizieren. Es muss jedoch die Gegenfrage gestellt werden, ob nicht vielleicht die Nachteile in dem Fall überwiegen. Grundsätzlich müssen wir mit den Vorgaben der Europäischen Union leben. Im Rahmen der Umsetzung bestanden und bestehen jedoch geringe Spielräume, die darüber entscheiden, ob die Betriebe besser oder schlechter damit zurechtkommen. Es ist schon bemerkenswert, was Rot-Grün gleichsam wie ein GrußAugust so alles begrüßt.

Erstens. Ich dagegen begrüße nicht, dass unsere Landwirtschaft durch den Vorwegabzug rund 18,5 Millionen € in Schleswig-Holstein verliert.

Zweitens. Ich begrüße nicht, dass durch die Bildung der Prämienregion weitere 1 Million € verloren gehen.

Drittens. Ich begrüße nicht, dass der durchschnittliche Bullenmastbetrieb nahezu 60 % seiner jährlichen Prämie verliert.