Protokoll der Sitzung vom 23.09.2004

Wir sind am Schluss der Beratung. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es ist beantragt worden, den Tagesordnungspunkt „Agenda-21- und Klimaschutzbericht Schleswig-Holstein 2004“, Bericht der Landesregierung, Drucksache 15/3551, zur abschließenden Beratung an den Umweltausschuss zu überweisen. Werden weitere mitberatende Ausschüsse gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Wer also den Bericht der Landesregierung, Drucksache 15/3551, zur abschließenden Beratung an den Umweltausschuss überweisen möchte, den darf ich um sein Handzeichen bitten. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit ist das vom Hause einstimmig so beschlossen und Tagesordnungspunkt 32 erledigt.

(Vizepräsident Thomas Stritzl)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 16 auf:

KFZ-Steuer vereinfachen

Antrag der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 15/3637

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Ich möchte darauf hinweisen, dass mit diesem Antrag ein mündlicher Bericht der Landesregierung in dieser Tagung erbeten wird. Wird seitens des Hauses Abstimmung über den Berichtswunsch gewünscht? - Dann lasse ich darüber abstimmen. Wer dem zustimmen möchte, dass die Landesregierung in dieser Tagung einen mündlichen Bericht gibt, den darf ich jetzt um sein Handzeichen bitten. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Dann ist dies einstimmig so entschieden.

Gehe ich zu Recht davon aus, dass die Landesregierung diese Bitte vorhergesehen hat und zur mündlichen Berichterstattung in der Lage ist? - Das ist so. Der Finanzminister ist zuständig. Herr Dr. Stegner, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ein Großteil der Debatten, die wir hier miteinander führen, geht um die Frage, ob wir das Geld, das wir von den Bürgerinnen und Bürgern erhalten, sinnvoll und sparsam verwenden. Klar ist: Ohne eine stetige Verbesserung unserer Verwaltung und unserer großen Systeme ist eine Konsolidierung der öffentlichen Kassen nicht möglich.

Bei der KFZ-Steuer in der jetzigen Form ist das Verhältnis zwischen Kosten und Ertrag besonders kritisch. Wir haben deshalb in unserem Steuerkonzept vorgeschlagen, die Steuer auf die Mineralölsteuer umzulegen und befinden uns da meines Wissens zwar nicht auf einer Linie mit dem CDU-Finanzschattenmann, wohl aber mit Herrn Wiegard.

Wie so oft liegt es aber nicht allein in unserer Hand, die Dinge zum Guten zu verändern, wir brauchen dazu die Bundesregierung und auch die Zustimmung der Länder im Bundesrat. Deswegen wurden wir vom Finanzausschuss des Bundesrates zusammen mit Baden-Württemberg gebeten, Lösungsvorschläge zu erarbeiten.

Weil ein Verweis auf laufende Diskussionen auf Bundesebene häufig als Ausrede dafür dient, dass nichts geschieht, lieber Herr Wiegard, werden wir trotz dieser Diskussion im Zuge der Reform der Finanzämter, die Sie leider bekämpfen, auch die Orga

nisation der KFZ-Steuererhebung verbessern. Um die Abläufe zu straffen, fassen wir die Menschen zusammen, die hier im Land mit der KFZ-Steuer zu tun haben. Wir benötigen sie in jedem Fall für eine zügige Abwicklung bis 2006.

Nun wird über die KFZ-Steuer schon seit Jahren diskutiert, aber trotz verbreiteter Skepsis scheint sich in Berlin etwas zu bewegen.

Zu unseren theoretischen Planspielen - ich darf Sie, Herr Wiegard, einmal zitieren - und den Überlegungen der Finanzministerinnen und -minister gesellte sich die Überlegung der Kommission zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung, die KFZ-Steuer dem Bund zu überlassen und eventuell den Ländern dafür die Zuständigkeit und den Ertrag der Versicherungsteuer zu übertragen. Diese Überlegungen werden inzwischen nicht zuletzt auf Anregung der Ministerpräsidentin Simonis auch von anderen Ministerpräsidenten - beispielsweise von Herrn Stoiber und Herrn Koch - unterstützt.

Die Vorteile liegen auf der Hand: Erstens. Der Bund hätte die Zuständigkeit für LKW-Maut, Mineralölsteuer, Ökosteuer und KFZ-Steuer in einer Hand und könnte diesen Bereich dann sinnvoll reorganisieren und auch europaweit koordinieren. Konsequente Folge wäre dann die Umlegung auf die Mineralölsteuer. Das vereinfacht unser Steuersystem und es ist auch ökologisch sinnvoller. Denn nicht das stehende, sondern das fahrende Auto würde besteuert.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Allerdings müssen die Probleme des Tanktourismus und der EU-rechtlichen Zulässigkeit für LKWs gelöst werden.

Zweitens. Da statt 2.500 Beschäftigte für die KFZSteuer nur 50 Beschäftigte für die Erhebung der Versicherungsteuer benötigt werden würden, könnten wir die Bekämpfung des Umsatzsteuerbetruges oder die Steuerfahndung personell verstärken.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Allein der Umsatzsteuerbetrug wird in Europa auf 100 Milliarden € geschätzt.

Das würde allen Ländern ermöglichen, ihre Einnahmesituation zu verbessern; schaden würde das nur den Ganoven, nützen dem Schuldenabbau und unseren Zukunftsinvestitionen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Ein Stellenabbau - das möchte ich in Richtung der Beschäftigten deutlich sagen - ist von uns - im Ge

(Minister Dr. Ralf Stegner)

gensatz zu Ihnen, Herr Wiegard - in den Finanzämtern wirklich nicht geplant.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Übrigen haben wir bereits heute die effizienteste und schlankeste Finanzverwaltung in der Bundesrepublik Deutschland; unsere Finanzverwaltung weist nämlich die wenigsten Finanzbeamten pro Kopf auf.

Die Finanzstaatsekretäre der Länder haben getagt, um dem Bund einen finanziellen Ausgleich vorzuschlagen, der die Länder weder untereinander noch gegenüber dem Bund benachteiligt. Die Versicherungsteuer könnte nach dem Verhältnis der KFZ-Zulassung, nach der Feuerschutzsteuer, nach dem Königsteiner Schlüssel oder wie auch immer verteilt werden; daran wird gearbeitet.

Auch die Länder, die starke Versicherungsstandorte darstellen - wie beispielsweise Nordrhein-Westfalen und Bayern -, sehen ein, dass das örtliche Aufkommen nicht der allein ausschlaggebende Maßstab sein kann; das wäre auch unfair gegenüber den neuen Bundesländern.

Zusammen mit Baden-Württemberg ist SchleswigHolstein beauftragt, diesen Prozess federführend zu koordinieren, aber auch die anderen Länder arbeiten konstruktiv mit. Sie sehen also, meine sehr verehrten Damen und Herren:

Erstens. Wenn tatsächlich über eine Sache fair verhandelt wird, ist eine parteiübergreifende Zusammenarbeit möglich.

Zweitens. Schleswig-Holstein spielt dabei eine entscheidende Rolle.

Drittens. Wir benutzen die bundespolitischen Prozesse nicht als Entschuldigung für Nichtstun im eigenen Lande, sondern bringen die Dinge voran. Wir entlasten die Bürgerinnen und Bürger und je mehr wir einnehmen, desto weniger Kredite werden wir aufnehmen müssen.

Auch Sie, lieber Herr Wiegard, werden von der Debatte profitieren. Ich hege die Hoffnung, dass sich Herr Austermann und Herr Wiegard auf eine gemeinsame Position zur KFZ-Steuer geeinigt haben, die Sie, Herr Wiegard, vielleicht demnächst hier vorstellen. Schließlich - das muss ich Ihnen ehrlich sagen - wünschen wir uns ein bisschen mehr inhaltlichen Wettbewerb mit der Opposition. Ganz so einfach wie gestern müssen Sie es uns nicht immer machen. Herausforderungen halten schließlich Körper und Geist wach oder - wie der Lateiner sagt -: Potius sero quam numquam. - Besser spät als nie.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich eröffne die Aussprache und erteile für die Fraktion der CDU dem Herrn Abgeordneten Rainer Wiegard das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Anschließend an die Debatte von gestern hätte ich eigentlich erwartet, dass der Herr Finanzminister auch aufgerufen worden wäre, zur Sache zu sprechen. Das kann doch nicht ernsthaft Ihr Bericht gewesen sein, Herr Finanzminister. Sie und Baden-Württemberg haben von der Finanzministerkonferenz seit zwei Jahren den Auftrag - ich zitiere Ihren Vorgänger Herrn Möller aus der Finanzausschusssitzung vom Jahreswechsel 2002/2003 -, federführend - federführend! - die Überleitung der Kraftfahrzeugsteuer zur Mineralölsteuer vorzubereiten. Das war heute der Bericht über zwei Jahre Arbeit? Das war Ihr Bericht? - Sie sollten sich schämen,

(Beifall bei CDU und FDP)

dass das das Arbeitsergebnis von zwei Jahren sein soll. Sie haben kein Wort zu dem gesagt, was in dieser Zeit nun eigentlich vorbereitet worden ist. Ich bin im Übrigen aus allen Wolken gefallen, als ich Ihren Antrag gesehen habe.

(Heiterkeit des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Da verkündet der Herr Finanzminister vor vier Wochen groß: Stegner will jetzt die Kraftfahrzeugsteuer abschaffen! - Boah! Mein Gott!

(Zurufe: Boah, boah!)

Jetzt kommt hier so ein Berichtsantrag: Kraftfahrzeugsteuer vereinfachen.

Wenn ich von Genossen „vereinfachen“ höre, gehen bei mir alle Alarmglocken an, denn das heißt neue Behörden.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das heißt bei Ihnen immer neue Behörden. Sie haben nicht einen Ton zu dem gesagt, was in dieser Frage eigentlich ansteht.

Ich kann dazu ein paar Stichworte nennen. Damit ich das nicht vergesse, will ich aber gleich sagen: Ich fordere Sie auf, in den nächsten vier Wochen einen

(Rainer Wiegard)

umfassenden Bericht im Finanzausschuss über das, was tatsächlich ansteht, vorzulegen,

(Beifall bei CDU und FDP)