Protokoll der Sitzung vom 24.09.2004

Ein Pflege-TÜV wird gefordert und wirft bei mir zunächst einmal mehr Fragen auf, als dass ich mir

vorstellen könnte, was die Antwort ist. Ich mutmaße einmal. Fordern Sie neben den bestehenden bundesrechtlich verankerten Kontrollen den Pflege-TÜV als eine zusätzliche Kontrollinstanz? Wo angesiedelt und auf welcher rechtlichen Basis? Oder wollen Sie eine Zentralisierung der Heimaufsicht? Offensichtlich sprechen Sie aber von einem Zertifizierungsverfahren, das auf freiwilliger Basis verabredet ist. In den Publikationen der privaten Anbieter im Pflegebereich können Sie den Begriff Pflege-TÜV als Oberbegriff für Zertifizierungsverfahren finden.

Zertifizierung tut Not und ist inzwischen in vielen Einrichtungen schon gang und gäbe. Die Frage eines einheitlichen Zertifizierungsverfahrens mögen Sie gern im Ausschuss debattieren. Ich sehe dem mit Interesse entgegen und wir haben auch einiges zur Diskussion beizutragen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Das Thema Kontrolle und Beratung - zum x-ten Mal! Vielleicht können wir uns ja doch einig werden. Mehr Kontrolle bedeutet nicht - wie Sie gesagt haben, Frau Kolb - weniger Auffälligkeiten und Mängel. Im Gegenteil, mehr Kontrolle wird bedeuten, dass noch mehr Mängel aufgedeckt werden, weil es immer Mängel geben wird. Deswegen brauchen wir immer Kontrolle, damit immer Mängel aufgedeckt werden. Die Beseitigung der Mängel, die garantieren wir nur durch Beratung und Qualifizierung. Das ist der richtige Weg.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zum Thema Bürokratieabbau laufen Sie offene Türen ein. Das Angebot der Landesregierung liegt auf dem Tisch. Die Hälfte der bisherigen Zeit für die Dokumentation reicht aus. Jeder kann dieses Angebot annehmen, wenn er will. Wenn er das nicht möchte, möge er ein anderes Verfahren wählen. Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass die extra dafür eingerichteten Schulungen bereits ausgebucht sind. Die ersten Schulungen sind bereits erfolgreich durchgeführt worden und die Nachfrage ist groß. Ich hoffe, irgendwann sind wir mit dem Thema Bürokratieabbau dann auch einmal durch, denn ein solides Maß an Dokumentation brauchen wir alle - das wissen wir - für eine gute Qualität.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der Abgeordneten Anke Spooren- donk [SSW])

Zum Thema PLAISIR: Das ist in der Tat ein sehr trauriges Kapitel. Damit konnte niemand rechnen und damit hat niemand gerechnet. Die Signale standen

(Ministerin Dr. Brigitte Trauernicht-Jordan)

anders. Sie können davon ausgehen, dass ich mich bereits auf Bundesebene dafür eingesetzt habe, dass die Verhandlungen fortgeführt werden. Die Diskussionen laufen noch. Heute treffen sich die Staatssekretäre der Länder und ich habe meinen Staatssekretär gebeten, das Thema PLAISIR noch einmal zum Thema zu machen, damit wir Klarheit haben, ob es noch eine Chance gibt oder was die Bundesregierung oder die anderen Länder vorhaben, um Alternativen zu PLAISIR auf den Weg zu bringen. Wir sind uns jedenfalls einig: Es muss ein Verfahren sein, das schnell zu einem Ergebnis führt, und das Ergebnis bedeutet eben auch ein rationales Personalbemessungsverfahren mit letztlich auch mehr Personal.

(Vereinzelter Beifall bei SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

So weit, so gut zu diesem Antrag. Aber letztlich ist meine Verblüffung groß, denn ausgerechnet die FDP, die eine Reprivatisierung des Pflegerisikos durch die Abschaffung des solidarischen Pflegeversicherungsgesetzes anstrebt, wartet mit diesem Antrag auf. Sie entziehen damit Ihren eigenen Forderungen den gesetzlichen Boden.

(Vereinzelter Beifall bei SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich hoffe also, dass die Beratungen zu diesem Antrag Sie wieder auf den Boden der Realität bringen.

Dann, Frau Kleiner, noch eine Überraschung: Im Unterschied zur Bundes-CDU fordern Sie mehr Geld für die Pflege auf der Basis einer weiterentwickelten Pflegeversicherung. - Willkommen im Klub! Das ist auch meine Zielvorstellung.

(Vereinzelter Beifall bei SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Man kann also feststellen, die Opposition im Schleswig-Holsteinischen Landtag ist immer für eine Überraschung gut. Na, das kann ja heiter werden. Ich freue mich darauf.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit schließe ich die Beratung. Wir treten in die Abstimmung ein. Es ist Ausschussüberweisung an den zuständigen Sozialausschuss beantragt worden?

(Holger Astrup [SPD]: Ja!)

- Wer so beschließen will, das heißt den Antrag der Fraktion der FDP, Drucksache 15/3632, an den zu

ständigen Sozialausschuss zu überweisen, den darf ich um sein Handzeichen bitten. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Wir treten jetzt in die Mittagspause ein und werden um 15 Uhr mit dem Tagesordnungspunkt 19 fortfahren.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Unterbrechung: 13:05 bis 15:01 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich eröffne die Nachmittagssitzung und begrüße die qualifizierte Minderheit der hier Anwesenden.

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 31 auf:

Kooperation im Ostseeraum

a) Bericht des Landtagspräsidenten über die 13. Ostseeparlamentarierkonferenz in Bergen

hierzu: Bekanntmachung des Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landtages Drucksache 15/3650

b) Ostseeaktivitäten der Landesregierung 2003/2004 (Ostseebericht 2004)

Bericht der Landesregierung Drucksache 15/3533

Zunächst erteile ich Herrn Landtagspräsidenten Heinz-Werner Arens das Wort.

(Beifall)

Heinz-Werner Arens, Landtagspräsident:

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist inzwischen eine gute Übung, dass der Landtag nicht nur einen Bericht der Landesregierung entgegennimmt, sondern seinerseits über parlamentarische Aktivitäten informiert, wenn es um die Kooperation im Ostseeraum geht. Diese Zusammenarbeit fällt nicht vom Himmel. Sie muss gewollt sein und sie will gepflegt sein. Sie muss zu Hause - genauer im eigenen Haus - beginnen. Wenn in Schleswig-Holstein der Landtag und die Landesregierung viele übereinstimmende Positionen in der Ostseepolitik haben, dann ist das nur zu begrüßen. Es ist eine Notwendigkeit, die Kräfte zu binden, wenn wir die Interessen unseres Landes in einer der dynamischsten Wachstumsregionen Europas einbringen wollen. Es ist eine Region, deren Teil wir sind. Es ist eine Regi

(Landtagspräsident Heinz-Werner Arens)

on, die vor unserer Haustür liegt und die offen ist. Sie ist offen für politische Mitgestaltung, wirtschaftliches Engagement und breite gesellschaftliche Mitwirkung.

Einer der inhaltlichen Schwerpunkte der 13. Ostseeparlamentarierkonferenz, die Ende August in Bergen ausgerichtet wurde, war erneut die Schiffssicherheit auf der Ostsee. Die Bergener Konferenz stimmte darin überein, dass angesichts des zunehmenden Schiffsverkehrs auf der Ostsee weitergehende Sicherheitsvorkehrungen unerlässlich sind. Das ist eine Position, die der Schleswig-Holsteinische Landtag im August in seiner Entschließung „Zukunft Meer: Mehr Schiffssicherheit in der Ostsee“ zusammengefasst und unserer Delegation zur Ostseeparlamentarierkonferenz mit auf den Weg gegeben hatte, auch wenn wir - das muss man deutlich sagen - über die Positionen von Oulu nicht hinausgekommen sind.

Der Antrag aus der August-Tagung enthält aber nicht nur die Forderung nach mehr Schiffssicherheit in der Ostsee. Ihm sind die Worte vorangestellt: Zukunft Meer. Diese doppelte Zielrichtung ist uns allen wichtig. Wir wollen und dürfen die Augen nicht vor den Gefahren verschließen, denen das empfindliche Ökosystem Ostsee durch den zunehmenden Schiffsverkehr ausgesetzt ist. Es wäre aber zu kurz gegriffen, nur die Gefahren zu beschwören. Wir müssen uns in gleicher Weise auch auf den Nutzen und auf die Chancen für die Zukunft der Wachstumsregion Ostsee konzentrieren.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der Abgeordneten Brita Schmitz- Hübsch [CDU])

Vor diesem Hintergrund begrüße ich nachdrücklich, dass die maritime Wirtschaft in Schleswig-Holstein den Dialog mit der Politik sucht. Es dürfte uns alle - Parlament und Regierung - gleichermaßen erfreuen, dass das Landeshaus in diesen Tagen Schauplatz einer der größten Branchenpräsentationen des Landes gewesen ist.

Weniger zukunftsweisend ist, dass der vom Schleswig-Holsteinischen Landtag einstimmig an die 13. Ostseeparlamentarierkonferenz adressierte Antrag zur Einsetzung eines Beauftragten für demokratische Entwicklung und Minderheitenangelegenheiten im Ostseeraum keine Aufnahme in die Schlussresolution gefunden hat. Ob die formale Begründung mit weiterem und vertieftem Beratungsbedarf der einzige Grund war, mag dahingestellt bleiben. Die Auseinandersetzung mit den Minderheiten und ihrer rechtlichen Lage ist - ebenso wie die demokratische Entwicklung - ein zutiefst parlamentarisches Thema.

Beide Themen müssen weiterhin auf der Tagesordnung der Ostseeparlamentarierkonferenz bleiben.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, SSW und des Abgeordneten Joachim Behm [FDP])

Dazu zähle ich ebenso die Leitidee der Zivilgesellschaft. Auch wenn wir in der Ostseeregion vieles gemeinsam haben, so gibt es im Bezug auf demokratische Prinzipien und die Entwicklungsmöglichkeiten der Zivilgesellschaft auch erhebliche Unterschiede. Insofern werte ich es als einen Erfolg, dass die Bergener Schlussresolution die Aufforderung enthält, die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen durch Gesetz und konkrete Rechtsanwendungen zu fördern und abzusichern.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dass es vor dem Hintergrund eines sehr unterschiedlichen Zugangs zu diesem Thema gelungen ist, sich auf eine gemeinsame Position zu verständigen, ist schon bemerkenswert. Ich hebe das hervor, weil der angeblich so unverbindliche und so wenig konkrete Charakter unserer parlamentarischen Entschließungen nicht selten Gegenstand von Kritik ist. Für den Schleswig-Holsteinischen Landtag kann ich das in dieser pauschalen Form sowieso nicht gelten lassen. Wenn ich an die vor vier Jahren in Malmø von der 9. Ostseeparlamentarierkonferenz beschlossene Einrichtung einer Ostseejungendstiftung denke, so ist der Schleswig-Holsteinische Landtag bisher das einzige Parlament, das mit der Bereitstellung von Haushaltsmitteln reagiert hat.

(Beifall)