Ich habe dieses Thema wiederholt im Standing Committee, aber auch im Ostseerat zur Sprache gebracht. Es gibt zahlreiche Initiativen - in jüngster Zeit auch aus unserem Landtag - in Richtung des Deutschen Bundestages. Wir müssen auf jeden Fall an diesem Thema dranbleiben. Wer hier nachlässt und nicht zu seinen eigenen Entscheidungen steht, der provoziert die Frage nach der Glaubwürdigkeit der Ostseeparlamentarierkonferenz.
Wir müssen aber auch deutlich sehen: Die Ostseeparlamentarierkonferenz bewegt sich, was die Repräsentativität ihrer Zusammensetzung angeht und die Verbindlichkeit ihrer Beschlüsse betrifft, in einer Grauzone. Umso notwendiger ist es, dass eine Rückkopplung in die Parlamente stattfindet und dass sich die an
der Ostseeparlamentarierkonferenz teilnehmenden Delegierten von einem Mandat des eigenen Parlaments getragen sehen. Die Wirkung dieser Rückkopplung ließe sich noch verstärken, wenn wir die Delegation zur Ostseeparlamentarierkonferenz künftig für die Dauer einer Legislaturperiode bestimmen könnten.
Die Ostseeparlamentarierkonferenz muss über ihr Selbstverständnis, ihre interne Organisation und die inhaltliche Ausrichtung ihrer Arbeit nachdenken. Die Zusammenarbeit im Ostseeraum hat eine parlamentarische Dimension, die in enger Abstimmung mit dem Ostseerat und mit den jeweiligen Regierungen zu entwickeln ist. Ein entsprechender Vorschlag hat Eingang in die Konferenzresolution von Bergen gefunden. Das Standing Committee hat den Auftrag, Vorschläge zur parlamentarischen Dimension weiterzuentwickeln und sie der 14. Ostseeparlamentarierkonferenz im August nächsten Jahres in Vilnius, Litauen, zur Beratung und Beschlussfassung vorzulegen.
Für uns, für den Schleswig-Holsteinischen Landtag, bedeutet das im Rahmen der Koordinierungsfunktion, die wir für alle deutschen an der Ostseeparlamentarierkonferenz teilnehmenden Parlamente wahrnehmen, eine neue und eine wichtige Aufgabe. Wir müssen einen gemeinsamen Standpunkt finden, den wir noch in diesem Jahr in eine vom Standing Committee geplante Anhörung einbringen wollen. Wir werden diese Positionen in einem Workshop erarbeiten, zu dem ich die Vertreter der Hamburgischen und der Bremischen Bürgerschaft sowie die Vertreter des Landtages Mecklenburg-Vorpommern, des Deutschen Bundestags und natürlich auch des SchleswigHolsteinischen Landtages Ende November hierher eingeladen habe.
Die Einbeziehung des Sekretariats des Ostseerats, die Beteiligung der Brüsseler Büros der deutschen Küstenländer und die Einladung unserer Staatskanzlei unterstreichen, dass wir dabei weniger eine Nabelschau in eigener Sache halten wollen. Es kommt uns vielmehr darauf an, in enger Abstimmung mit dem Ostseerat und den Regierungen der Ostseeanrainerstaaten die parlamentarische Dimension in der Ostseekooperation weiterzuentwickeln. Das geht nur miteinander, im Meinungsaustausch der Parlamente untereinander und im Dialog der Parlamente mit den Landesregierungen. So schließt sich der Kreis. Es ist eine gute Sache, wenn bei Wahrung der jeweiligen Zuständigkeiten und Verantwortungen Parlamente
und Regierungen die Zusammenarbeit im Ostseeraum als gemeinsame Herausforderung und Verantwortung verstehen. Das ist eine große und eine schöne Aufgabe.
Ich möchte unsere ehemaligen Landtagskollegen Uwe Gunnesson und Gert Roßberg begrüßen, die auf der Tribüne Platz genommen haben. - Herzlich willkommen!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute, am 24. September 2004, beginnt in Kaunas in Litauen ein Kardiologenkongress, auf dem sich die Segeberger Kliniken mit ihrer Kernkompetenz in der Telemedizin vorstellen werden. Außerdem hat die Stadt Riga in Lettland mit dem Telemedizinischen Gesundheitszentrum in Bad Segeberg gerade einen Kooperationsvertrag geschlossen. Ziel ist es, die Zusammenarbeit zwischen Lettland und Schleswig-Holstein in der Gesundheitsversorgung zu verstärken.
Ich freue mich für die Segeberger, die im Juni an unserer Delegationsreise zur Gesundheitswirtschaft nach Tallinn, Riga und Vilnius teilgenommen haben. Wieder zeigt sich: Unsere Markteinführungshilfe lohnt sich. Es lohnt sich, für mitfahrende Unternehmen politisch die Türen zu öffnen und damit die Möglichkeit zu geben, Kontakte zu knüpfen und die Unternehmen kennen zu lernen, mit denen sie weiter arbeiten können. Das hat sich als gutes Konzept herausgestellt.
In der letzten Woche ging der europaweit größte Fachkongress der Geisteswissenschaften, der Deutsche Historikertag, zu Ende. Dabei standen Polen und das Baltikum im Mittelpunkt. Es ist, so finde ich, ein schönes Zeichen, dass der Kongress mit mehr als 3.000 Gästen wie selbstverständlich die Landeshauptstadt Kiel als Tagungsort wählte. Der Vorsitzende, Professor Hildermeier, sagte - ich darf zitieren -, der Austragungsort habe das Motto des Historikertages „Kommunikation und Raum“ inspiriert. Das heißt - so
Das sind schöne Beispiele aus der jüngsten Zeit, die mehr als viele Worte beweisen. Unsere Chancen, den Wettbewerb der Regionen in einem größeren Europa zu bestehen, liegen in einer engen Zusammenarbeit rund um die Ostsee. Hier sind unsere Nachbarn, hier verbindet uns bei aller Vielfalt eine gemeinsame Identität. Hier liegen die Märkte unmittelbar vor unserer Haustür.
Wer vor 15 Jahren prophezeit hätte, dass osteuropäische Staaten Vollmitglieder von NATO und EU werden würden, wäre für verrückt erklärt worden. Als wir 1988 mit unserer Annäherung an die Ostseeanrainerstaaten begannen, mussten wir noch versuchen, den Eisernen Vorhang sehr vorsichtig zu durchlöchern. Nicht jeder hat sich dazumal darüber gefreut.
Wenn ich den jungen Besucher dort oben auf der Tribüne sehe, denke ich: Wenn er beginnt, sich politisch zu interessieren, wird er sich darüber wundern, was wir in der Zwischenzeit alles schon geschafft haben. Dann gibt es keine Unterschiede mehr. Junger Mann, schau einmal in 20 Jahren in diesem Protokoll nach! Du bist sozusagen Zeitzeuge.
Seit dem 1. Mai 2004 sieht die Welt ganz anders aus. Die Ostsee ist das eigentliche Mittelmeer in der EU. Vieles kann jetzt noch besser angegangen werden als zuvor. In Brüssel können jetzt acht Ostseestaaten gemeinsam anklopfen und dem Nordosten Europas Gewicht und Stimme verleihen.
Wir werden schon in der nächsten Woche das erste Treffen mit dem neuen maltesischen Kommissar für maritime Angelegenheiten, Joe Borg, nutzen, um unsere Ideen zum Thema vorzutragen. Wir wollen dazu beitragen, dass die Ostseeregion zu einer Modellregion in einem sich wandelnden Europa wird.
In einer zweiten Phase der Ostseekooperation wollen wir die Voraussetzungen für ein starkes SchleswigHolstein weiterentwickeln. Dabei müssen wir uns auf strategische Handlungsfelder konzentrieren. Wir haben uns dabei folgende Ziele gesetzt:
Wir wollen die Hochschulkooperation zur Wissensregion Ostsee ausbauen. Ich war stolz auf die Leistungen unserer Hochschulen, als ich Anfang des Monats in Lund das Startsignal für den Praxisbetrieb des ersten virtuellen Studiengangs des Baltic Sea Virtual
Campus geben konnte. Der Hochschulstandort Lübeck gehört mit seiner Fachhochschule zu den Vätern und Müttern dieses Projekts. Riga ist angeschlossen und seit längerer Zeit arbeitet Lübeck mit einer Fachhochschule in New Jersey zusammen. Das heißt, die an der jeweiligen Einrichtung erworbenen Abschlüsse werden in Amerika, Schweden, Lettland und bei uns akzeptiert.
Wir wollen die Ostseeregion - zweitens - zu einer Region ziviler Sicherheit machen. Unsere Sicherheitspartnerschaften sind führend im Ostseeraum. Wir wollen die Ostsee zu einem der weltweit sichersten Seeverkehrswege machen. Die Schiffssicherheitskonferenz in Kiel kam genau zum richtigen Zeitpunkt. Die Ergebnisse habe ich den Regierungschefs der Ostseestaaten übermittelt. Ich höre aus den Hauptstädten rund um die Ostsee - zuletzt auch aus Stockholm, vom schwedischen König und von Ministerpräsident Persson - viel Zustimmung.
Wir haben vereinbart, dass wir unsere Kieler Vorschläge und die schwedische Initiative für mehr Schiffssicherheit stärker aufeinander abstimmen, damit nicht der Eindruck entsteht, es kämen unterschiedliche Konzepte. Es kommt ein abgestimmtes gemeinsames Wunschkonzept für mehr Sicherheit in der Ostsee.
Mit der Initiative „Zukunft Meer“ wollen wir die maritime Wirtschaft und Forschung beflügeln. Unsere Initiative ist zukunftsträchtig. Sie stößt auf sehr viel Resonanz, wie man gestern Abend leicht feststellen konnte. Wer auf dieser Veranstaltung alles dabei war und sich auf einmal zugehörig fühlte, hätte man früher nicht gedacht. Sie waren offensichtlich alle gern da; denn sie sind lange geblieben und haben sich eifrig miteinander unterhalten.
Kommissionspräsident Barroso hat das Thema mit dem Auftrag an Kommissar Borg auf die europäische Tagesordnung gesetzt, ein Grünbuch zur maritimen Politik der EU zu erarbeiten. Verbuchen wir einen wichtigen ersten Erfolg auch auf dem Weg hin zu einem Weißbuch!
Wir wollen die Gesundheitswirtschaft im Ostseeraum stärken und entwickeln aus der erfolgreichen Gesundheitsinitiative Schleswig-Holstein neue Märkte für unser Land. Das Segeberger Beispiel bebildert, was ich meine. Aber auch die Gesundheitskarte ist einer der heißen Renner in den Ländern, die sich für solche Themen interessieren.
Uns ist die kulturelle Begegnung und Zusammenarbeit im Ostseeraum wichtig. Deswegen haben wir auch die „Baltica“ neu ausgerichtet und eine Marketingoffensive für Kulturtourismus gestartet. Mit den hier angesiedelten Ostseejugendbüros und der Arbeit des Landesjugendrings haben wir eine führende Stellung im Ostseeraum.
Wir wollen die Ostseeregion als Modell für nachhaltige Entwicklung profilieren. Handlungsfähige Strukturen sind aufzubauen oder bereits aufgebaut. Nun kommt es darauf an, dass diese mit Projekten aus der Region mit Leben erfüllt werden. Wir werden die wirtschaftlichen Chancen des Ostseeraums nutzen. Mit gezielten Außenhandelsaktivitäten wollen wir auch weiterhin als Türöffner für Unternehmen aus Schleswig-Holstein wirken.
Wir setzen auf Schleswig-Holstein als starke Transportdrehscheibe. Die Prognosen für die Transportvolumina sind beachtlich. Das sind Chancen, aber auch Belastungen. Die Chancen wollen wir nutzen, die Belastungen wollen wir zu reduzieren versuchen. Dazu ist der Ausbau der überregionalen Verkehrsinfrastrukturen unerlässlich. Die A 20, die Elbquerung westlich Hamburgs, die feste Fehmarnbelt-Querung, die Beschleunigung der überregional bedeutenden Eisenbahnstrecken sind Aufgaben, die auch europäische Dimension haben, bereits in den europäischen Transnetzen mit verankert sind und die wir nun stückweise abarbeiten müssen.
Die Ostseezusammenarbeit im erweiterten Europa fügte sich für unser Land zu einer schlüssigen Strategie. Ich bin froh darüber, dass wir dabei auf große Unterstützung bauen können, Unterstützung durch die Unternehmen und Verbände, durch die Regierungen in den Hauptstädten rund um die Ostsee, durch deren Wertschätzung für das, was wir hier im Land tun, sei es auf parlamentarischer Ebene, sei es auf Regierungsebene. Ich bin sehr froh, dass Landtag und Landesregierung an einem Strang in die gleiche Richtung und mit gleich großer Kraft ziehen.
Wir wollen zusammen mit Hamburg strategische Allianzen im Norden aufbauen. Zusammen mit Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg arbeiten wir an einem Brückenschlag nach Nordwestrussland. Mit Hamburg - das habe ich bereits vorgetragen - haben wir fest verabredet, uns jeweils zu begleiten, wenn entweder die Ministerpräsidentin oder der Erste Bürgermeister in die Region reisen. Es geht in der Zwischenzeit sogar schon so weit, dass die Einladungen auch für andere Regionen, also nicht nur die Ostsee, gelten.
Wir brauchen in Zukunft Förderinstrumente der EU für transnationale Projekte im Ostseeraum. STRING und INTERREG zeigen, dass wir nicht nur Erfolgsgeschichten schreiben, sondern Erfolgsfortsetzungsgeschichten.
Der Historikertag in Kiel hat deutlich gemacht, dass das Denken in Räumen aktuell ist. Der Raum trägt und gliedert Wirtschaftsverbindungen ebenso wie politische, soziale und kulturelle Kontakte. Deswegen schlagen wir eine stärkere Zusammenarbeit mit benachbarten Regionen, dem Nordseeraum oder der Barentsseeregion, vor. Es gilt, nicht nur die Ostseekooperation zu stärken, sondern die Position des Nordens im erweiterten Europa zu stärken und unsere Stimme gemeinsam mit einzubringen.