Für die Landesregierung heißt dies ferner, dass die Sparkassen als öffentlich-rechtliche Institute - gegebenenfalls auch mit EU-Rückenwind - erhalten bleiben sollen.
In diesem Zusammenhang wundere ich mich schon über die Naivität der FDP, die bis zu 49 % der Sparkassenanteile auf Private übertragen will. Sie können drum herumreden, so viel Sie wollen, aber natürlich ist dies der Einstieg in die Privatisierung; das sagen Ihnen alle Fachleute und das haben wir bei anderen Branchen längst erlebt. Bis zu 49 % Anteile bedeutet de facto Privatisierung. Und von daher sollten Sie es auch so benennen.
Die CDU kann sich wieder einmal nicht richtig entscheiden. Erst will sie die Privatisierung. Dann rudert sie halbherzig zurück und will die Kapitalanteile für Mitarbeiter, Kunden und Mitglieder öffnen. Auch das - um es klar zu sagen - ist de facto ein Einstieg in die Privatisierung der Sparkassen, die weitere Auswirkungen haben wird. Und das ist EU-rechtlich höchst bedenklich.
Ich habe mich darüber gewundert - ich glaube, so ähnlich hat es Herr Carstensen formuliert -: Man habe ein Programm und keinen Gesetzentwurf diskutiert; so stand es in einer Zeitung. Ich hoffe, Herr Kayenburg, Sie werden später die Suppe Ihres Parteifreundes auslöffeln, die er Ihnen eingebrockt hat.
Denn wir diskutieren hier, um zu umsetzbaren Ergebnissen, aber nicht zu allgemeinen und später nicht umsetzbaren Floskeln zu kommen.
Entweder besteht Ihre Taktik darin, vor der Wahl alles zu versprechen und dies nachher nicht mehr umzusetzen, oder Sie glauben nach den jüngsten Umfragen selbst nicht mehr daran.
Herr Kayenburg, erzählen Sie Herrn Carstensen vom Leitantrag Ihres Vorsitzenden des CDU-Bundesvorstandes zu diesem Thema, den Sie am 6./7. Dezember verabschieden wollen, falls er nicht noch vorher kurzfristig redaktionell verändert wird, was natürlich möglich ist. Darin heißt es nämlich auf Seite 53, dass die Sparkassen für den Mittelstand besonders wichtig seien und damit auch die besondere Struktur des Sparkassensektors zu rechtfertigen sei. Dem sollten Sie auch in Schleswig-Holstein Rechnung tragen.
Wenn man den Vorschlägen der Landes-CDU und der FDP folgen würde, wäre dieses jedenfalls de facto das Ende der Sparkassen und damit der Mittelstandsfinanzierung in der Fläche.
- Vielleicht reden Sie gelegentlich auch mit dem Handwerk in Schleswig-Holstein. Dieses hat es übrigens auch erkannt. Wenn Sie sich die Wahlprüfsteine des Handwerks anschauen, werden Sie feststellen, dass genau dies ein entscheidender Punkt ist.
Mit dem Erwerb durch private Dritte würden die Sparkassen den Bürgern entzogen und den Renditeinteressen weniger Personen geöffnet. Wir wollen aber nicht Entwicklungen, wie sie in England und in den USA bereits gelaufen sind. Einige von Ihnen wissen vielleicht, was dort passiert ist.
Dort hat das Shareholder-value-Denken dazu geführt, dass wir jedenfalls für die Kleinunternehmen dort eine funktionierende Kreditversorgung nicht mehr haben. Sie wissen, dass das britische Finanzministerium ein Gutachten in Auftrag gegeben hat, der so genannte Cruickshank-Bericht aus dem Jahre 2000, der zeigt, dass es in einem rein privatwirtschaftlich organisierten Finanzmarkt leicht zu Marktversagen kommen kann. Vielleicht sollte die FDP sich dieses Gutachten auch einmal anschauen. Der britische Bankenmarkt weise ein für den mittelständischen Unternehmer nachteiligen Konzentrationsgrad auf, nämlich zwischen 68 und 86 %. Dies führe natürlich in der Folge zu entsprechend höheren Produkt- und Dienstleistungspreisen für die Wirtschaft.
Wir brauchen kein Shareholder-value-Denken, wir brauchen Stakeholder-Orientierung, das heißt, wir brauchen - -
- Ja, da lachen Sie, meine Damen und Herren. Das ist Ihr Problem, dass Sie nur noch einem verengten Shareholder-Prinzip anhängen.
Sie müssen bitte auch einmal an die Beschäftigten, an die regionale Verankerung der Wirtschaft denken.
Diskutieren Sie dieses einmal mit den kleinen und mittleren Unternehmen in Schleswig-Holstein, mit den Handwerkern. Mir erzählen sie ja, was sie von diesen Vorstellungen halten, Ihnen vielleicht nicht. Ich weiß es nicht. Sie müssten dringend einmal mit denen sprechen. Darum wird es jedenfalls mit dieser Landesregierung einen Ausverkauf der Sparkassen an die privaten Geschäftsbanken nicht geben.
Die Landesregierung hält an dem bewährten DreiSäulen-Modell fest, dem vom Internationalen Währungsfonds eine bemerkenswerte Stabilität attestiert wurde. Wir werden auch in Zukunft festhalten an dem Modell ertragsorientierter privater Geschäftsbanken, mitgliederorientierter Kreditgenossenschaften und aufgabeorientierter Sparkassen. Wir wissen aber leider auch, gerade kleine und mittlere Unternehmen brauchen eine gewisse öffentliche Unterstützung. Auch das wird aus unseren Antworten deutlich. Die Landesregierung hat ein dichtes, gut funktionierendes Netzwerk an Finanzierungsinstrumenten geknüpft, mit denen wir die verbleibenden Versorgungslücken schließen können. Die Landesförderinstitute bieten eine ganze Reihe von Kreditbeteiligungen, von Bürgschaftsprodukten, um gerade kleine und mittlere Unternehmen und auch Existenzgründerinnen und Existenzgründer zu unterstützen. An dieser Stelle an diese Institute ein herzliches Dankeschön, denn das Lob von allen Seiten trifft diese Institute. Die Unternehmen in Schleswig-Holstein sind zufrieden mit dieser Förderlandschaft. Die KfW hat zum Beispiel erklärt, dass unsere Angebote durchaus bundesweit vorbildlich sind.
Dass wir damit richtig liegen, zeigt auch der Förderboom im ersten Halbjahr. So hat die Bürgschaftsbank 31 %, die Mittelständische Beteiligungsgesellschaft sogar 78 % mehr Bewilligungen gegenüber dem Vorjahreszeitraum ausgesprochen.
Das zeigt, wir entwerfen keine abstrakten Szenarien und schaden damit den Unternehmen, sondern wir helfen der Wirtschaft mit einer handfesten nachhaltigen Wirtschaftspolitik. Der Wirtschaftsstandort Schleswig-Holstein - ich hoffe, dass wir darin übereinstimmen - wird entscheidend von leistungsfähiger Struktur der Kreditwirtschaft abhängig sein. Darum brauchen wir auch keine freundlichen oder feindlichen Übernahmeszenarien durch benachbarte Sparkassenverbände, die immer wieder heiß diskutiert werden. Wir haben auch hier eine klare Position. Die Landesregierung steht einer intensiven Zusammenarbeit oder auch einer Zusammenführung der Sparkassenverbände unterhalb der Schwelle einer Fusion aufgeschlossen gegenüber. Dies kann zu Synergien führen, die letztlich unseren Unternehmen zugute kommen. Allerdings - das haben wir immer deutlich gemacht - muss durch eine engere Kooperation der Sparkassen- und Giroverbände auch die Zusammenarbeit des Landes Schleswig-Holstein mit Hamburg gestärkt werden. Alles andere würde den langfristigen Interessen des Landes Schleswig-Holstein schaden.
Wie die Ministerpräsidentin zuletzt in ihrer Regierungserklärung am 25. August dargelegt hat, wird die schleswig-holsteinische Landesregierung alles tun, um die Sparkassen und Sparkassenorganisationen in Norddeutschland zu stärken und nicht zu schwächen. Allen Gedankenspielen der Opposition erteilen wir dazu eine klare Absage.
Auch die schleswig-holsteinische Bevölkerung weiß die Bedeutung von Gemeinwohl und Daseinsvorsorge offensichtlich besser als Sie zu schätzen. In einer Forsa-Umfrage vom September dieses Jahres haben sich drei Viertel der Bevölkerung gegen einen Verkauf von Sparkassen an private Dritte ausgesprochen. Also, meine Damen und Herren von der Opposition, denken Sie mal wieder an die Interessen der Bürger und Unternehmen in Schleswig-Holstein, stoppen Sie Ihren finanz- und wirtschaftlichen Amoklauf.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, bevor ich die Aussprache eröffne, erlauben Sie mir einen geschäftsleitenden Hinweis. Nach § 56 unserer Geschäftsordnung verlängert sich die Redezeit der Fraktionen um die Zeit, um welche die Landesregierung die von ihr angemeldete Redezeit überschritten hat. Das bedeutet ein Plus von zwei Minuten für jede Fraktion. Die kann man ausschöpfen, muss man aber nicht.
Während Sie an das Rednerpult schreiten, erlauben Sie mir, dass ich weitere Gäste auf der Tribüne begrüße. Ich begrüße die Damen und Herren des Gesprächskreises „ILEX“ aus Heidmoor, die Damen und Herren des Kreisseniorenbeirats aus Pinneberg sowie die Damen und Herren des CDU-Ortsverbandes Wakendorf 2. - Ihnen allen ein herzliches Willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!