Protokoll der Sitzung vom 12.11.2004

Darüber hinaus spricht vieles dafür, dass der Verkauf des Kieler Schlosses an die B & B-Gruppe zielgerichtet betrieben wurde.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist schon erstaunlich, wie eindrucksvoll die SPD-Fraktion in ihren Schlussfolgerungen zum Untersuchungsausschuss einräumen muss, dass eine einzige Person in der Lage gewesen sei, die jeweiligen Dienstvorgesetzten und Leitungsspitzen an der Nase herumzuführen. Das ist per se schon ein Armutszeugnis.

Wir glauben aber, dass dies nur so funktionieren konnte, weil sich innerhalb der sozialdemokratisch geführten Landesregierung ein Du-und-Du- und Küsschen-links- und Küsschen-rechts-Klima entwickelt hat, das ein wirksames Controlling der eigenen Mitarbeiter praktisch unmöglich gemacht hat und erst den Boden bereitet hat, auf dem sich die Herren Pröhl und Brückner ausbreiten konnten.

(Beifall bei FDP und CDU)

Wir sind uns sicher, dass Herr Dr. Pröhl im festen Glauben gehandelt hat, Protektion aus höchster Ebene bei seiner Vorgehensweise hinsichtlich seines Vorstandspostens in der B & B-Gruppe und dem Verkauf des Kieler Schlosses zu erhalten. Ob er diese Protek

(Wolfgang Kubicki)

tion aber tatsächlich erhalten oder sich nur eingebildet hat, konnte der Ausschuss nicht herausfinden. Meine persönliche Einschätzung spricht eher für Letzteres.

Wir müssen daher davon ausgehen, dass dies nicht der Fall war. Vor der dem Hintergrund der Entwicklung seit 1999 ist es schon bemerkenswert, wie sich Dr. Pröhl entfalten konnte, wie viele Stellen damit direkt konfrontiert wurden und wie wenig daraufhin geschah.

Bereits 1999 beschäftigte sich Dr. Pröhl, wie andere Landesbedienstete auch, mit seiner Weiterverwendung nach der EXPO 2000 in Hannover. Schon 1999 war Dr. Pröhl - übrigens schon mit Herrn Brückner - im Auftrag der Landesregierung in Katar unterwegs. Dort sollte er gemeinsame Gesundheitsprojekte der Länder verhandeln. Dass er seine Vollmacht überschritt und einen „Letter of Understanding“ unterzeichnete, war so nicht gewollt. Konsequenz: Er erhielt einen verbal erhobenen Zeigefinger und durfte sich im Übrigen weiter um das Projekt kümmern.

Ich kann dazu nur sagen: Wenn mich in meiner Kanzlei jemand ohne mein Wissen im Außenverhältnis wie auch immer zu binden versuchen würde - unabhängig von der Frage, ob mich die daraus resultierenden Folgen etwas kosten würden oder nicht -, würde ich ihn entlassen, weil ich nicht mehr sicher sein könnte, ob ein solcher Mensch vertrauenswürdig genug wäre, meine Interessen auch zu vertreten.

(Beifall bei FDP und CDU)

Bereits im Jahr 2000 sprach Dr. Pröhl mit dem Abteilungsleiter der Staatskanzlei in Personalangelegenheiten, Herrn Sandmann, über seinen Einstieg in die B & B-Gruppe von Herrn Brückner. Bereits im Jahr 2000 wusste Dr. Pröhl aus der Vergangenheit um die Notwendigkeit einer Nebentätigkeitsgenehmigung für seinen Einstieg in die B & B-Gruppe.

Bereits im März 2001 wurde dem Leiter der Staatskanzlei eine Unternehmensdarstellung der B & B medRelations übergeben, in der Dr. Pröhl als Vorstandsmitglied ausgewiesen war. Im April 2001 wurde Dr. Pröhl dann auch noch Vorstand der B & B gerRelations AG.

Herr Kollege Neugebauer, ich stimme Ihnen zu: Hätte der Chef der Staatskanzlei intensiver gelesen, wäre manches vielleicht vermieden worden. Von daher frage ich mich: Wie werden eigentlich Schreiben beziehungsweise Projekte in der Staatskanzlei gelesen, da Sie uns jetzt sagen, es sei üblich, dass man auf die Einzelheiten und Feinheiten gar nicht achte. Gott bewahre uns davor, was noch alles passieren kann, wenn der Chef oder die Chefin der Staatskanzlei so

fortfährt und Schreiben nicht ordnungsgemäß zur Kenntnis nimmt.

Eine Unternehmensdarstellung dieser weiteren AG wurde dann dem Leiter der Staatskanzlei Ende Mai 2001 übersandt. Auch dies ist interessanterweise übersehen worden.

Fast gleichzeitig - Anfang Juni 2001 - nahm Dr. Pröhl den ersten Kontakt zum Finanzministerium bezüglich des Verkaufs des Kieler Schlosses auf. Ende Juni und am 2. Juli 2001 machten die Herren Pröhl und Brückner für die B & B-Gruppe eine Ortsbesichtigung des Kieler Schlosses mit der GMSH und dann kommt das ominöse Abendessen des 4. Juli 2001 im Restaurant „Feld“ mit der Ministerpräsidentin, dem Chef der Staatskanzlei und Dr. Pröhl.

Die Ministerpräsidentin erklärt, dass bei diesem Abendessen nicht über die Zukunft von Dr. Pröhl bei B & B und das Schlossprojekt gesprochen worden sei. Wir haben - das sage ich ausdrücklich - an dieser Darstellung erhebliche Zweifel. Es fällt uns schwer, zu glauben, dass Herr Dr. Pröhl nach seinem Einstieg in die B & B-Gruppe, nach seiner Übersendung der Unterlagen, nach den konkreten Einleitungen der Verhandlungen zum Verkauf Kieler Schloss wirklich die Gelegenheit ausgelassen haben soll, seine Pläne bei einem gemeinsamen Abendessen mit der Ministerpräsidentin anzusprechen.

Allein die Tatsache, dass bereits einen Tag nach diesem Abendessen - also am 5. Juli 2001 - ein Gespräch von Dr. Pröhl mit dem Mitarbeiter der Staatskanzlei, Herrn Büchmann, über eine Nebentätigkeitsgenehmigung vereinbart worden war, allein die Tatsache, dass bereits einen Tag nach diesem Abendessen - also am 5. Juli 2001 - der Mitarbeiter der GMSH in einem Vermerk an den Finanzstaatssekretär auf B & B als hochkarätige Investorengruppe hinweist und im Vorfeld des möglichen Angebotes ein „Einschalten auf politischer Ebene“ empfiehlt, spricht nach unserer Auffassung dafür, dass Dr. Pröhl die Gelegenheit beim Abendessen am 4. Juli 2001 geradezu beim Schopfe ergreifen musste, um mit der Ministerpräsidentin als höchster politischer Instanz über das Kieler Schloss und B & B zu sprechen.

Auch die Sozialdemokraten beschreiben Herrn Dr. Pröhl doch im Übrigen als so strategisch denkend und zielbewusst handelnd. Da wäre es geradezu stümperhaft gewesen, dieses Thema bei dieser Gelegenheit nicht anzusprechen.

Die Aussage der Ministerpräsidentin macht also auch aus Sicht der SPD eigentlich wenig Sinn. Widerlegbar war sie deshalb aber nicht.

(Wolfgang Kubicki)

Es kamen aber auch weitere Hinweise zutage, dass die Ministerpräsidentin über das Schlossprojekt und die B & B-Gruppe im Bilde war. Ich zitiere den fast schon legendären Vermerk des Zeugen Jessen von der GMSH, adressiert an den Staatssekretär der Finanzen, Herrn Döring, über eine Veranstaltung im „Kieler Kaufmann“ am 15. Februar 2002: Dort steht - ich zitiere wörtlich -:

„Herr Basten ist im ‚Kieler Kaufmann’ am 14.02. von Heide und von Landtagsabgeordneten auf das Marschall-Angebot angesprochen worden. Alle haben ihre Begeisterung zum Ausdruck gebracht. Darüber möchte Herr Basten telefonisch berichten. Ich habe mich heute mit Marschall in Verbindung gesetzt. Er ist sauer. Er hat das Angebot nur gemacht, weil er davon ausgegangen war, dass sein Angebot Brückner stützen würde.“

Herr Basten mochte nicht bestätigen, dies gegenüber Herrn Jessen so geäußert zu haben. Aber es erscheint schon ziemlich weit hergeholt, dass sich jemand so einen Vermerk einfach ausdenkt.

Allerdings spricht eine Begeisterung der Ministerpräsidentin für ein Angebot „Marschall“ nicht unbedingt dafür, dass das Schlossprojekt für Dr. Pröhl und Brückner schon in trockenen Tüchern war.

Es bleiben viele Zweifel. Der Untersuchungsausschuss hat nur die Gewissheit erbracht, dass der wirklich wahre Sachverhalt nicht mehr ermittelt werden kann.

Bestätigt wurde durch die Untersuchungen aber, dass die Organisation dieser Landesregierung stümperhaft ist und insbesondere einige Mitarbeiter der Staatskanzlei unfähig sind, im richtigen Moment zu handeln.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug [FDP])

Das allerdings ist keine wirklich neue Erkenntnis; da gebe ich der SPD Recht. Das wussten wir schon vorher. Nun ist sie aber in gebundener Form dokumentiert.

(Anhaltender Beifall bei FDP und CDU)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Matthiessen das Wort.

Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Mein Dank gilt den Vorsitzenden, Herrn

Stritzl und Herrn Fischer, für die gute Zusammenarbeit im Untersuchungsausschuss. Ich bedanke mich auch im Namen meiner Fraktion bei den Mitarbeitern und insbesondere bei Herrn Gerhard.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und CDU)

Ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss, meine Damen und Herren, ist das schärfste Schwert der Opposition. Die Beschlüsse zu seiner Einsetzung ebenso wie einzelne Beschlüsse in der Arbeit des Untersuchungsausschusses bedürfen nur einer qualifizierten Minderheit.

Davon hat die Opposition reichlich Gebrauch gemacht. Das ist ihr gutes Recht. Wir unterstützten es von Anfang an, dass es solche Instrumente für die Opposition gibt. So hat auch die grüne Fraktion die Aufklärung der Pröhl-Affäre genauso gefordert und unterstützt wie die des Falles Dr. Lohmann und die Aufklärung der Umstände bei der Einführung der Kosten- und Leistungsrechnung und der damit verbundenen Auftragsvergabe. Wir halten dieses Recht einer parlamentarischen Minderheit für unverzichtbar in einer funktionierenden Demokratie.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Allerdings hat die CDU die Frage zu beantworten, warum es mehr als 80 Sitzungen bedurfte, warum dieser enorme Untersuchungsaufwand betrieben werden musste, zu dem das erarbeitete Ergebnis in einem aus meiner Sicht offensichtlichen Missverhältnis steht. Ich möchte auf keinen Fall von einem Missbrauch eines parlamentarischen Instruments reden, weil es ein gutes und wichtiges Instrument ist und weil solch eine Wertung der Mehrheit nicht zusteht. Ein gutes Instrument wird durch die Art des Gebrauches nicht schlecht, sondern höchstens schmuddelig. Trotzdem glaube ich, dass in der Öffentlichkeit ein schlechter Eindruck über unsere Arbeit entstanden ist, weil der Bogen überspannt wurde.

Anlass zur Einsetzung des Untersuchungsausschusses war insbesondere in der Anfangsphase reichlich vorhanden und es sind im Verlaufe der parlamentarischen Befassung, insbesondere auch im Finanzausschuss bei der komplexen SAP-Angelegenheit, Ungeschicklichkeiten und Fehler bis hin zu Gesetzesverstößen herausgearbeitet worden. Letzteres betraf vor allem das Vergaberecht und das Fehlverhalten des betroffenen Dr. Joachim Lohmann, das letztlich nach staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen und einem Gerichtsverfahren mit einem Strafbefehl endete wegen nicht angemeldeter Nebentätigkeit nach Lohmanns Ausscheiden aus dem Landesdienst. Der Vor

(Detlef Matthiessen)

wurf der Bestechlichkeit konnte nicht verifiziert werden.

Der Finanzausschuss hat hier erheblich zur Aufklärung beigetragen. Offene Fragen konnten weitgehend geklärt werden. Die ausführliche Zweitbearbeitung durch den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss hat dies im Wesentlichen nachvollzogen und keine wesentlichen neuen oder andere Ergebnisse und Bewertungen erbringen können.

Bei der Einführung des Mittelbewirtschaftungs- und Kostenrechnungssystems in der Landesverwaltung sind Fehler gemacht worden. Es wurde kein Vergabevermerk angefertigt. Der Finanzausschuss stellt fest: Die Kabinettsvorlage, die den Vorgang teilweise darstellt, ersetzt einen Vergabevermerk nicht. Das Verfahren muss damit als formell rechtsfehlerhaft angesehen werden. Das ist besonders in einem Finanzministerium eine peinliche Sache und mit den relativ neuen und komplizierten vergaberechtlichen Bestimmungen nur begrenzt erklärbar und entschuldbar.

Die personelle Ausstattung der Projektgruppe genügte weder qualitativ noch quantitativ. Auch darauf sind Fehler und die unzureichende Dokumentation zurückzuführen. Verwaltungsmodernisierung erfordert einen adäquaten Aufwand, um ordnungsgemäß abgearbeitet werden zu können.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gleichwohl - und das ist auch ein Ergebnis der parlamentarischen Befassung - war die Entscheidung für SAP in der Sache richtig, der Vertrag rechtskräftig

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und der Vertragsnehmer hatte an einer guten Abarbeitung schließlich auch ein eigenes Interesse. Ein Schaden für das Land ist nicht entstanden, sondern es ist letztlich ein gutes Endergebnis herausgekommen.

Nach der Arbeit der Regierung, des Rechnungshofes, des Finanzausschusses und nicht zuletzt der Staatsanwaltschaft wäre eine Befassung im Zweiten Parlamentarischen Untersuchungsausschuss eigentlich nicht mehr zwingend erforderlich gewesen. Dies war dem unnachgiebigen Aufklärungseifer der CDU und ihres Chefaufklärers geschuldet. Erfolglos wurde versucht, nach oben durchzustechen und aus der Sache noch mehr herauszuholen. Die schlichte Frage jedes Untersuchers „cui bono?“, „wem nützt es?“, war von einer Mischung aus Profilierungssucht und Verschwörungstheorie überlagert.

Das gilt noch vielmehr für den Komplex der PröhlAffäre. Auch wenn Dr. Pröhl zu keinem Zeitpunkt ein