Protokoll der Sitzung vom 12.11.2004

Unser neues Waldgesetz greift weit voraus. Die Forderung der CDU, mit der Novellierung auf die Überarbeitung des Bundeswaldgesetzes zu warten, greift hingegen nicht. Herr Hopp, schauen Sie sich doch einmal die Eckpunkte an, die das Ministerium von Renate Künast formuliert hat! In weiten Teilen finden sich die Forderungen des Bundes in unserem neuen Waldgesetz in Schleswig-Holstein bereits heute wieder. Wir haben also unsere legislativen Hausaufgaben bestens gemacht und sind in der Klasse weit voran.

Die Bürgerinnen und Bürger werden mehr Freiheiten und weniger Schilder erleben. Als letztes Bundesland ermöglichen wir für die Bürger das Betreten des Waldes. Zugleich fallen zahlreiche Verordnungen weg. Möge diese Lockerung auch dazu beitragen, dass die Bindung der Menschen an den Wald wächst.

Meine Damen und Herren, die Definition der guten fachlichen Praxis gehört zu den Teilen des neuen Gesetzes, die am stärksten aus der Sicht der Waldwirtschaft Beachtung verdienen.

Vernetztes Denken ist Grundlage dafür, dass Wälder von nun an unter stärkerer Berücksichtigung von Wasser, Boden und Lebewesen bewirtschaftet werden. Das ist angesichts der dramatischen Situation der Wälder in Deutschland notwendiger denn je.

Gleichzeitig wird im Gesetz auf zu große Regelungstiefe verzichtet und über die Ermächtigung zu einer Verordnung eine Anpassung an den jeweiligen Kenntnisstand und die politische Schwerpunktsetzung der Verantwortungsträger vorgenommen. Dass wir die Nachhaltigkeit im Wald in den Mittelpunkt rücken, hat gute Gründe. Rot-Grün hat den Mut, die Schritte zur Umsetzung dieses aus der Forstwirtschaft stammenden Begriffs konkret zu benennen: Nur aufgrund der Bestockung mit standortheimischen Arten erhalten wir standortangepasste und somit stabile Bestände.

(Beifall des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die CDU hat ein anderes Leitbild von Wald, das immer noch ein wirtschaftliches Denken pflegt und gerade die wirtschaftliche Gefährdung durch Kalamitäten wie Windwurf, Borkenkäfer und Brandgefahr nicht sehen will. Wir Grünen denken an die typischen Buchengesellschaften und haben das Lied „Bunt sind schon die Wälder“ im Ohr.

(Heiterkeit)

(Detlef Matthiessen)

Wir beobachten immer noch - damit komme ich zu einem sehr ernsten Abschnitt meiner Rede - eine dramatische Zunahme von Waldschäden. Nach zwei Hitzemonaten im Sommer sind 31 % der Bestände schwer geschädigt. Die Schäden stellen sich im Norden etwas milder als im Süden dar. Trotzdem - sollten die nicht veröffentlichten Zahlen zutreffen - fallen nach dem neuesten Waldzustandsbericht 30 % des Gesamtbestandes in die höchste Schadstufe.

Wir betten das neue Waldgesetz in eine Waldresolution ein, mit der das Parlament nochmals bekräftigt: Wir stehen zu unserem Wald in Schleswig-Holstein. Wir wollen die Wohlfahrtsfunktion stärken, die Waldpädagogik, die Neuwaldbildung, den Wasserhaushalt, wir wollen den Landeswald mittelfristig auch als Stiftung stärken. Das ist ein zukunftsfähiger Weg für den Wald in Schleswig-Holstein.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Ich erteile dem Herrn Abgeordneten Harms das Wort.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schon in der ersten Lesung des Gesetzes wies ich darauf hin, dass wir zwei grundsätzliche Bedenken hatten, die sich auf die Betretung des Waldes und die Nutzung durch Reiter bezogen. Beide Bedenken bestehen fort. Wir sind der Meinung, dass ein generelles Betretungsrecht für Waldflächen aus Naturschutzsicht sehr kritisch zu sehen ist.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Wir haben eine Waldfläche von etwas mehr als 9 % und sind damit das waldärmste Flächenland der Bundesrepublik Deutschland. Wir haben eigentlich nur noch etwas mehr Wald, als auf der Mönkebergstraße in Hamburg zu finden ist. Ansonsten stehen wir ziemlich schlecht da.

Wir haben deshalb eine besondere Verantwortung für den Wald und können uns nicht mit waldreichen Ländern wie Bayern oder Hessen vergleichen; das wurde schon angesprochen.

Bisher gab es, was das Betretungsrecht angeht, klare Regelungen. Das Betreten war nur auf dafür vorgesehenen Wegen zulässig beziehungsweise großflächig auch in den Erholungswäldern. Jetzt drehen wir das Ganze um, erlauben das Betreten des Waldes grundsätzlich überall und müssen dort, wo wir es im Einzelfall ausschließen wollen, komplizierte Einzelrege

lungen schaffen. Hier wird Bürokratie aufgebaut, anstatt Bürokratie abzubauen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wir hegen die Befürchtung, dass der Wald infolge des neuen Betretungsrechts nach und nach Schaden nehmen wird. Man wird dies nicht sofort sehen und manchmal werden auch nur Kenner des jeweiligen Geländes diese Schäden wahrnehmen können. Jedoch wird es leider Schäden geben, was wir doch vermeiden sollten.

Offensichtlicher werden die Schäden durch die erweiterten Möglichkeiten des Reitens im Wald zutage treten. Wir sind gegen diese Öffnung, die auf einer Idee des Innenministers beruht. Das heißt nicht, dass wir Reiter oder auch andere Gruppen außen vor lassen wollen, sondern meinen, dass für Reiter gesonderte Reitwege ausgewiesen werden müssen und wir hierfür in den jeweiligen Regionen Reitwegekonzepte benötigen. Ich weiß, dass die Waldbesitzer dem aufgeschlossen gegenüberstehen. Dass Reitmöglichkeiten nun jedoch so ausgeweitet werden sollen, wie im Gesetz vorgeschlagen, geht uns einfach zu weit, da wir befürchten, dass der Wald Schaden nehmen und auch die Unterhaltung der betreffenden Wege für die Waldbesitzenden teurer werden würde.

(Beifall des Abgeordneten Günther Hilde- brand [FDP])

Vor diesem Hintergrund sind wir auch gegen den Vorschlag der CDU, die Wege grundsätzlich auch für Gespanne zu öffnen. Dagegen haben wir mit Blick auf den Naturschutz erhebliche Bedenken.

Der Gesetzentwurf hat aber auch seine guten Seiten, wie ich schon in der ersten Lesung sagte. Deshalb tun wir uns mit der Entscheidung über den Gesetzentwurf sehr schwer. Die Regelungen zur guten fachlichen Praxis oder auch zur Anpflanzung von standortheimischen Arten entsprechen unserer Sicht der Dinge.

Dass der Staatswald und der Körperschaftswald - über die gute fachliche Praxis hinaus - weitere Anforderungen erfüllen sollten, deckt sich unserer Meinung nach mit der Verantwortung des Staates für den Wald. Dadurch, dass hier eine Soll-Bestimmung geschaffen wurde, besteht genügend Flexibilität in diesem Bereich, die mit Sicherheit der natürlichen Entwicklung unserer Wälder zugute kommen wird.

Leider konnten trotz dieser guten Ansätze unsere grundlegenden Naturschutzbedenken hinsichtlich Betretung und Reiterei nicht ausgeräumt werden. Nun kommt hinzu, dass im Rahmen der Beratungen zum Waldgesetz ein Sondervermögen Wald gebildet werden soll. Es mag ja sein, dass die Vorgehensweise

(Lars Harms)

im Ausschuss rechtlich nicht zu beanstanden ist, aber vom Ablauf her ist sie nicht in Ordnung. Eine so wichtige Änderung für den Wald und für unsere Beschäftigten hätte im Rahmen einer Anhörung und weiterer Gespräche mit den Betroffenen behandelt werden müssen. Das Ganze jetzt hier einfach mit Mehrheit durchziehen zu wollen, ist nicht in Ordnung.

Es werden hierbei mehr Fragen aufgeworfen, als es Antworten gibt: Werden Leistungen für den Wald durch die Bildung des Sondervermögens oder durch die zukünftige Stiftung ausschreibungspflichtig? Wird die Tendenz zur Wirtschaftlichkeit ohnehin dazu führen, dass man mehr und mehr ausschreibt, um den Zuschussbedarf der neuen Organisationsform zu senken? Können Zuschüsse des Landes, die bisher finanztechnisch als Investitionen des Landes gelten, dann noch als solche angesehen werden? Besteht die Gefahr, dass die Zuschüsse aus dem Landeshaushalt sinken, weil man anstrebt, dass sich die zukünftige Stiftung selbst trägt, obwohl sie dies nach heutigem Stand der Dinge bei gleichen Leistungen für die Allgemeinheit nicht kann?

Das alles sind gewichtige Fragen, die aufgeworfen, jedoch nicht beantwortet wurden. Daher ist es zumindest viel zu früh, ein Sondervermögen mit dem Ziel der Bildung einer Stiftung einzurichten. Möglicherweise ist dies sogar kontraproduktiv. Wir hätten uns gefreut, wenn man die Betroffenen und ihre Arbeitnehmervertretungen offiziell beteiligt hätte. Dann hätten wir die fachliche Expertise von den Betroffenen gehabt und uns rechtzeitig gemeinsam mit unseren Beschäftigten auch arbeitsrechtlichen und strukturellen Fragen widmen können. Das ist jedoch von der Mehrheit anscheinend nicht gewollt. Das bedauern wir.

Wir werden gegen die vorliegenden Gesetzesvorschläge und auch gegen den Antrag von Rot-Grün stimmen, obwohl wir mit den ersten vier Punkten dieses Antrages - wie die FDP - übereinstimmen. Den CDU-Antrag lehnen wir ebenfalls ab, weil wir durchaus hinter den Grundlagen der Waldinitiative von 1996 stehen, die darin leider nicht erwähnt sind.

Ich kann abschließend sagen, dass das Waldgesetz, das wir jetzt haben, immer noch besser ist als das, das uns von Rot-Grün blüht.

(Beifall bei SSW, CDU und FDP)

Zu einem Kurzbeitrag erteile ich dem Herrn Abgeordneten Wodarz das Wort.

Meine Damen und Herren! Im Wald kann man schon leicht die Orientierung verlieren.

(Vereinzelter Beifall bei SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Kollege Hopp, über die Regelung zur guten fachlichen Praxis haben Sie immer geschimpft und nun fordern Sie sie hier ein. Sie ist in § 5 - zum Nachlesen! - definiert.

Was die Fachkundigkeit anbelangt, haben Sie das Gesetz offensichtlich nicht gelesen, denn in § 6 Abs. 2 steht:

„Der Landeswald ist fachkundig zu bewirtschaften.“

In der Begründung steht die Umformulierung - ich lasse etwas aus -:

„…ist fachkundig, also mit entsprechend ausgebildetem Personal, zu bewirtschaften.“

Fordern Sie nicht etwas ein, was bereits im Gesetz enthalten ist!

Kollege Hildebrand, ein Kollege fragte mich, was Sie jetzt eigentlich wollten. Einen Schlingerkurs könnte man nicht besser beschreiben als mit Ihrem heutigen Beitrag. Der reichte von „sowohl“ bis „als auch“ und ließ keine Linie erkennen.

(Zuruf des Abgeordneten Günther Hilde- brand [FDP])

Lieber Kollege Harms, Sie haben - den Vorwurf muss ich Ihnen machen - das Gesetz offensichtlich nicht gelesen.

Zunächst Folgendes: Die grundsätzliche Diskussion haben wir ja mit den Bürgerinnen und Bürgern im Wald geführt. Dass der SSW nun so misstrauisch ist, passt eigentlich nicht in seine hier vertretene populistische Grundlinie. Ich verstehe nicht, dass der Bürger gerade an der Westküste so aus dem Wald herausgehalten werden muss.

Zur Geschichte um das Reiten: Mein Gott, das ist doch Schnee von gestern! Dazu steht nichts im Gesetz. Guck mal in den Gesetzestext hinein! Das war eine Initiative, die zugegebenermaßen im Raum stand. Ich habe in meinem Beitrag eben darauf hingewiesen: Wir vertrauen nicht auf gesetzliche Regelungen, sondern wir setzen auf freiwillige Regelungen. Bitte lies das Gesetz, bevor du dich hier hinstellst.

Lieber Kollege Harms, die Fragen zur Stiftung hättest du alle schön im Ausschuss stellen können. Wir

(Friedrich-Carl Wodarz)

haben darüber beraten. Wenn du nicht da warst, dann kann ich auch nichts dafür. Ich hätte sie dir auch persönlich beantwortet, das wäre alles gegangen. Hier wurde sehr viel Nebel verbreitet. Der verfängt sich im Wald meistens etwas länger, zumindest glauben das die Autoren. Ich glaube das nicht. Durch das neue Waldgesetz kommt ein frischer Wind. Damit werden wir diesen Nebel sehr schnell lichten.