Protokoll der Sitzung vom 12.11.2004

(Beifall)

Das Wort erteile ich jetzt dem Herrn Abgeordneten Schlie.

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die CDU-Landtagsfraktion stand und steht

dem angeschobenen Reformprozess hinsichtlich der Neuorganisation der Landespolizei grundsätzlich positiv gegenüber. Wir haben den bisherigen parlamentarischen Beratungsablauf konstruktiv, kritisch, aber immer sach- und zielorientiert begleitet. Das in der ersten Phase der Reformkommission III erarbeitete Grundlagenmaterial ist eine hervorragende Basis für das richtig beschriebene Projektziel, nämlich die Verbesserung der Effizienz der Polizeiarbeit durch Umsteuerung von Personal aus den Stabs- und Führungsebenen in die operative Arbeit, die Minimierung des Führungs- und Verwaltungsaufwandes, die Vermeidung von Doppelarbeit und die Verkürzung von Informations- und Kommunikationswegen.

Die CDU trägt auch viele der in der zweiten Phase vorgeschlagenen Maßnahmen ausdrücklich mit. Der Wegfall einer Führungsebene ist richtig. Die Aufgabenbündelung und Kompetenzzuweisung der polizeilichen Führung im neuen Landespolizeiamt ist richtig. Auch die Integration der Wasserschutzpolizeidirektion in dieses Amt und die direkte Anbindung der Wasserschutzpolizeireviere dort ist sinnvoll.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Krähen Sie doch jetzt nicht schon herum! - Schon an dieser Stelle sei angemerkt, dass es nicht nachvollziehbar ist, warum dieses Modell nicht auch für die Auflösung der Verkehrspolizeidirektion gelten kann.

Ebenfalls für richtig halten wir die Selbstständigkeit des Landeskriminalamtes und seine Stellung innerhalb der Aufbauorganisation, was sich ja auch schon aus dem Bundeskriminalamtsgesetz ergibt. Wir teilen ebenfalls viele der dargestellten Regelungen, die sich aus der umfassenden Aufgabenkritik ergeben.

Der Innenminister hat mehrmals betont, dass das so genannte erwirtschaftete Umsteuerungspotenzial, wie es heißt, der Verstärkung der Polizeiarbeit zugute kommen würde. Was denn auch sonst? Ich meine, dass ist doch wohl selbstverständlich. Ich meine nicht, dass man das an dieser Stelle betonen muss.

(Zuruf)

- Hören Sie doch erst einmal zu! - Die Personalstellen in der Landespolizei sind trotz der stetig steigenden Aufgaben und der immer ermittlungsintensiveren Arbeit in schweren Deliktsfeldern um 800 Stellen innerhalb der letzten acht Jahre von dieser rot-grünen Landesregierung abgebaut worden. Diese Rotstrichpolitik bei der Polizei führte einerseits zum Anstieg der Kriminalitätshäufigkeitszahl in Schleswig

(Klaus Schlie)

Holstein über den Bundesdurchschnitt und andererseits zu einer Aufklärungsquote, die weit unter dem Bundesdurchschnitt liegt. Deswegen, Herr Kollege Rother, wird das Ergebnis am 20. Februar 2005 auch in diesem Punkt ein anderes sein, als Sie es erwarten.

(Beifall bei CDU und FDP)

Herr Innenminister, lassen Sie mich an dieser Stelle sehr deutlich sagen, dass die rechnerisch geplante Umsteuerung in den operativen Dienst von bis zu 160 Polizeibeamtinnen und -beamten im Zuge der Umsetzung der Reko III aus unserer Sicht außerordentlich fragwürdig ist. Aufgrund der prekären Situation des Polizeihaushalts und weiterer Einsparverpflichtungen unter anderem auch durch die globalen Minderausgaben im Jahre 2005 ist der Polizeihaushalt gravierend unterfinanziert.

Oder anders ausgedrückt: Alle Maßnahmen, die im Polizeibereich zusätzlich Kosten verursachen, muss die Polizei selbst finanzieren, was natürlich zu Einschränkungen bei den ausgewiesenen Haushaltsansätzen führt. Das ist genau der Punkt, auf den der Kollege Kubicki immer hingewiesen hat. Daran kommen auch Sie nicht vorbei. Das gilt auch für die gerade dargestellte Beförderungsaktion. Verschonen Sie uns also, Herr Minister Buß, mit der Ankündigung von zusätzlichem Personal im Polizeibereich, wie es gesagt worden ist. Die im so genannten Schwarzpapier dargelegte Personalbedarfssituation im Bereich der Landespolizei ist und bleibt die Verwaltung des Mangels.

(Beifall bei CDU und FDP)

Unbefriedigend und weder für uns noch für einen großen Teil der Landespolizei nachvollziehbar sind mehrere Problembereiche. Das Problem der Verkehrspolizeidirektion habe ich bereits kurz angesprochen. Eine Lösung hätte ähnlich der Organisationsstruktur der Wasserschutzpolizeidirektion gefunden werden können. Eine derartige Eingliederung in das Landespolizeiamt wäre richtig und sinnvoll gewesen.

Die Integration der Autobahnreviere in die zukünftige Flächendirektion halten wir für falsch, weil dadurch die Qualität der Verkehrssicherheitsarbeit in den Hintergrund gedrückt wird. Der Autobahn als einem besonderen Sicherheits- und Kriminalitätsraum und den damit verbundenen besonderen, auch qualitativen, Herausforderungen an das Personal wird aus unserer Sicht nicht Rechnung getragen. Die Integration der Autobahnreviere hat natürlich eine wechselseitige personelle Verwendung zur Folge, was ja auch durchaus in den Beratungen deutlich geworden ist. Wir sehen schon bei der jetzigen Arbeit beispielswei

se der Polizeibezirksreviere, die ja auch in ihrer Tätigkeit einen Schwerpunkt auf die Verkehrssicherheitsarbeit setzen sollen, dass oft gerade dieser wichtige Aufgabenbereich der Verkehrssicherheitsarbeit von anderen Aufgabenbereichen verdrängt wird. Ähnliches befürchten wir bei der Integration der Autobahnpolizeireviere eben auch. Diese Bedenken sind auch nicht ausgeräumt worden. Auf der Strecke blieben also die Spezialisierung und die hohe Qualität der Verkehrssicherheitsarbeit, die sich gerade in Schleswig-Holstein ausgezeichnet hat.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die nicht gelöste Schnittstellenproblematik bei den Dienststellen der Bezirkskriminalinspektionen auch aufgrund der fehlenden Deckungsgleichheit mit den Landgerichtsbezirken. Ich habe die Ergebnisse der Arbeitsgruppe natürlich auch zur Kenntnis genommen, aber ich erkenne da eher einen zusätzlichen Bürokratieaufwand als eine Lösung des Problems.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das Führungsproblem einer Bezirkskriminalinspektion, die mehrere Regionalbehörden umfasst, ist nicht gelöst. Die jetzige Konstruktion erfordert einen erheblich größeren Koordinierungsaufwand. Der Hinweis, Herr Minister, dass eine Veränderung der kriminalpolizeilichen Struktur auf BKI-Ebene wegen fehlender Daten und Fakten nicht erfolgen kann - Sie haben uns das im Umdruck 15/5018 mitgeteilt -, ist ein Stück zu billig. Gerade dieser Hinweis lässt vermuten, dass der Reko III aus Sicht der jetzigen Landesregierung eine Reko IV folgen wird, die sich auch mit der Ebene unterhalb der jetzigen Inspektionen befassen und dann auch die operative Ebene der Kriminalpolizei neu organisieren wird. Die Sorge, wirklich die Sorge vieler Polizeibeamter, Kommunalpolitiker und Bürger, dass Sie planen, gerade im ländlichen Bereich viele kleine Polizeistationen zusammenzulegen, ist somit begründet, nicht nur durch Ihre Aussage, die Sie damals auf der GdP-Veranstaltung in Pinneberg gemacht haben. Die bedauern Sie ja zwischenzeitlich.

Dies würde dann eben auch die Zusammenlegung von Polizeibezirksrevieren und KP-Dienststellen bedeuten, aber vor allem die Präsenz der Schutzpolizei in der Fläche betreffen.

Völlig unbefriedigend ist die Regelung in Bezug auf die neuen Flächendirektionen. Das vorgeschlagene Modell mit acht Flächendirektionen mag wohl auf den ersten Blick dem Projektauftrag nach einer „maximal möglichen Zentralisierung“, wie es genannt wird, genügen. Nicht geklärt ist aber nach wie vor die Auswirkung in der Fläche.

(Klaus Schlie)

Außer in Nordfriesland - dort bleibt ja alles so, wie es ist; das hat auch die Bewunderung meines Kollegen Maurus hervorgerufen - werden neue problematische Führungsstrukturen entstehen. Es entstehen Personalkörper mit bis zu 800 Personen, die von einer Direktion geführt werden müssen. Dies erfordert unzweifelhaft einen erheblichen Koordinierungsaufwand; das bestreitet wohl niemand. Die berechtigte Frage von Fachleuten nach der Führungsfähigkeit bleibt unbeantwortet.

Es soll aber nach der Projektzielsetzung nicht nur zu einer maximalen Zentralisierung der Behörden kommen, sondern auch zu einer Qualitätsverbesserung des polizeilichen Aufgabenvollzugs und einer Verbesserung der Führung. Bei der eben genannten Führungstiefe beispielsweise in der neuen Behörde Segeberg/Pinneberg ist das Erreichen dieser Zielsetzungen mehr als zweifelhaft.

Was passiert übrigens, Herr Minister, mit der von Ihnen beabsichtigten Polizeiorganisation, wenn Neumünster tatsächlich als große kreisangehörige Stadt in den Kreis Segeberg integriert wird? Vielleicht können Sie uns dies sagen.

Ebenfalls völlig ungeklärt ist, wie sich das geplante 8 + 1-Modell gerade auch in Bezug auf die Führung mit dem geplanten Modell von vier Einsatzleitstellen nach Einführung des Digitalfunks vereinbaren lässt. Auf die Problematik haben Sie, Herr Kollege Rother, ja hingewiesen; Sie haben es nur ein wenig weggedrückt. Nun kann man angesichts der Finanzlage zwar nicht erkennen, wann der Digitalfunk kommt, aber er wird kommen, und die Planung mit den vier Leitstellen liegt vor. - Viele Fragen, keine Antworten!

Angeblich ist nach genauen Berechnungen das auch in der Diskussion befindliche 13 + 1-Modell personalintensiver als das 8 + 1-Modell. Angeblich werden beim 8 + 1-Modell 50 Stellen mehr für die operative Arbeit freigesetzt. Allerdings gibt es auch Berechnungen aus dem Bereich der Landespolizei, die zu dem Ergebnis kommen, dass das 13 + 1-Modell selbst bei großzügiger Personalunterlegung für die zu leistenden Aufgaben nicht mehr Personal erfordert, als für das 8 + 1-Modell vorgesehen ist.

Ich habe sehr wohl nachvollzogen, Herr Minister, was Sie uns mit dem neuen Umdruck zugeschickt haben. Allerdings ist das - da stimmen wir wohl überein - eine allgemeine Bewertung der Dinge und keine Antwort auf das uns vorliegende Papier zur genaueren Berechnung des 13 + 1-Modells. Sie haben uns mitgeteilt - das konnten Sie auch nicht detaillierter tun -, das würde zu umfangreich. Ich nehme das zur Kenntnis. Sie müssen uns dann allerdings gestatten,

dass wir unsere Bewertung nur auf dieser Grundlage abgeben können. Die vom Innenminister vorlegte Argumentation im Umdruck 15/5121 überzeugt uns nicht.

Die im Bericht enthaltene Aussage, dass das 8 + 1Modell auch im Sinne einer prozesshaften Organisationsentwicklung, wie es heißt, richtig sei, ist aus unserer Sicht ein Hinweis darauf, dass gepaart mit der Planung, vier zentrale Einsatzleitstellen zu installieren, auch diese acht Flächenbehörden nur eine Zwischenstufe zu dann möglicherweise doch vier sind.

(Glocke der Präsidentin)

Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. - Lassen Sie mich abschließend darauf hinweisen, dass auch die Vielzahl von Verordnungsermächtigungen im POG an wichtigen Punkten keine Basis für eine - dies betone ich - vorbehaltlose Zustimmung zu diesem Gesetz ist. Die CDU lehnt in Abwägung aller Argumente das Gesetz in der vorliegenden Fassung ab.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zunächst eine Berichtigung vornehmen. Es handelt sich bei unserer Besuchergruppe nicht um eine „reife“ Klasse des Max-Planck-Gymnasiums, sondern um den vor der Zeit erschienenen SSW-Ortsverein Harrislee. - Herzlich willkommen!

(Heiterkeit und Beifall)

Ich erteile dem Herrn Abgeordneten Kubicki das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich meinte schon immer, dass die Schulzeit verkürzt werden müsste. Nun weiß ich, dass es sich in diesem Falle um eine vorzeitige Ankunft handelt.

Wir hätten heute gern mit dem Innenminister gemeinsam den vorliegenden Gesetzentwurf über die Organisation der Polizei verabschiedet. Das ist leider nicht möglich. Niemand bedauert das mehr als wir, obwohl wir denken, dass noch nicht alle Fragen geklärt bzw. Antworten gegeben worden sind, um diesen Gesetzentwurf einvernehmlich verabschieden zu können.

Der Innenminister persönlich hat im Innen- und Rechtsausschuss die Reformkommission III, an deren Ende dieser Gesetzentwurf stand, als umfassendste Organisationsreform der Landespolizei in der Geschichte des Landes dargestellt. Das verpflichtet den Minister aus unserer Sicht aber auch, alle Fragen, die

(Wolfgang Kubicki)

sich im Verlauf des Verfahrens gestellt haben, erschöpfend zu beantworten beziehungsweise alle Zweifel auszuräumen. Dies ist aber nicht geschehen. Ich komme darauf noch einmal zurück.

Wir werden uns wie im Ausschuss hier enthalten, weil wir glauben, dass der Feldversuch, der damit für die nächsten zwei Jahre beginnt, unsere Zweifel und Anregungen, die ich jetzt noch geben werde, eher bestätigen wird als Ihre bisherigen Erklärungen. - Schauen wir einmal, dann werden wir es sehen.

Wir verstehen im Übrigen auch die Eile nicht, dieses Gesetz hier und heute zu beschließen, es sei denn, der fiskalische Druck zwingt den Innenminister, in dieser Tagung zu handeln. Dann sollte dies aber auch bekundet werden. Der Minister tut das aber nicht, denn das wäre das Eingeständnis, dass finanzielle Interessen vorrangig und polizeiliche Interessen nachrangig für diese Polizeireform gewesen sind.

Dafür, dass diese Vermutung nicht ganz abwegig ist, sprechen entsprechende Aussagen aus Polizeikreisen in den Stellungnahmen zum Polizeiorganisationsgesetz. So schreibt die Gewerkschaft der Polizei - ich zitiere -, „dass der Personal- und Zeitaufwand gelegentlich unter einen starken Druck gestellt wurde, um politisch benötigte Ergebnisse zu früheren als zu den geplanten Zeitpunkten vorzulegen.“ Ein solcher Zeitdruck lässt natürlich auch an der Solidität des Ergebnisses zweifeln.

Ich sage es deutlich, Herr Innenminister, wir haben Zweifel, dass nach Umsetzung des POG die versprochenen 120 zusätzlichen Polizistinnen und Polizisten netto für den operativen Dienst tatsächlich zur Verfügung stehen werden. Wir haben selbst dann an dieser Aussage Zweifel, wenn sich durch das POG tatsächlich ein rechnerischer personeller Überhang von 120 Stellen ergäbe.

Um eine ehrliche Antwort geben zu können, müssen wir - Kollege Rother, da widerspreche ich Ihnen nachdrücklich - den Personalhaushalt der Polizei insgesamt mit heranziehen. Es nützt den Beamtinnen und Beamten der Polizei nämlich herzlich wenig, wenn praktisch buchhalterisch 120 Stellen für den operativen Dienst auf der einen Seite freigeschaufelt werden und dafür in einem anderen Bereich Stellen wegfallen.

Ich habe es Ihnen schon persönlich geschrieben, wiederhole es aber gern: Der Minister hat uns und den Polizeibeamtinnen und -beamten vor Ort nicht erklären können - darauf warte ich heute hier im Plenum -, ob und wie er die Einsparvorgaben des Finanzministers und die Tariferhöhungen sowohl für das Jahr 2004 als auch für 2005 im gedeckelten Personalhaus