Wir wollen mit unserem Beschluss heute die Auffassung des Bundesrates unterstützen, weil man ja der Meinung sein könnte, das sei alles gelaufen, es war ja im Bundesrat. Nein, wir wollen das unterstützen und können nur hoffen und wünschen, dass in der nächsten Legislaturperiode die offenen Fragen noch einmal aus der Sicht des Landes Schleswig-Holstein konkreter beleuchtet werden und bis zur Behandlung in diesem Hause eingefordert worden sind.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit ihrem Bericht aus dem Jahr 2002 „Der Stand des Binnenmarktes für Dienstleistungen" hat die EUKommission die fortbestehenden Schranken und Hindernisse aufgelistet und die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen ausgewertet. Die Kommission
gibt zu Protokoll, dass „zehn Jahre, nachdem der Binnenmarkt hätte vollendet sein sollen, festzustellen ist, dass die Vision von einer Europäischen Union mit integrierter Wirtschaft und die Wirklichkeit, die europäische Bürger und Dienstleister tagtäglich erleben, weit auseinander klaffen“.
Die Hindernisse treffen die im Dienstleistungsgewerbe vorherrschenden kleinen und mittleren Unternehmen besonders hart. In der Folgenabschätzung wird deutlich, dass diese Hindernisse die europäische Wirtschaft insgesamt bremsen und ihr Wachstumspotenzial, ihre Wettbewerbsfähigkeit und die Schaffung neuer Arbeitsplätze beeinträchtigen.
Im November 2002 hat der Rat in seinen Schlussfolgerungen eingeräumt, „dass zehn Jahre nach der geplanten Verwirklichung des Binnenmarktes noch viel getan werden muss, damit der Binnenmarkt für Dienstleister Wirklichkeit wird". Dieses Ziel unterstützen wir mit Nachdruck.
Meine Damen und Herren, der EU-Richtlinienvorschlag ist daher Teil des Wirtschaftsreformprozesses, den der Europäische Rat in Lissabon mit dem Ziel eingeleitet hat, „die EU bis zum Jahr 2010 zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten Wirtschaftsraum der Welt zu machen“. Dazu soll ein Rechtsrahmen geschaffen werden, der die vorhandenen Hindernisse für die Niederlassungsfreiheit von Dienstleistungserbringern beseitigt und den Vertragspartnern, also Dienstleistungserbringern und -empfängern, die notwendige Rechtssicherheit bietet - so der Anspruch; mit dem vorliegenden Richtlinienentwurf wird dieser Anspruch allerdings nicht erreicht.
Der Bundesrat hat hierzu bereits im April 2004 - Herr Kollege Benker, hier möchte ich Ihnen widersprechen - eine dezidierte, 23-seitige Stellungnahme beschlossen.
- Sie haben gesagt, das seien nur ein paar Überlegungen gewesen. Der Bundesrat hat dezidiert beschlossen. Unter der Federführung des Europaausschusses haben sich die Ausschüsse für Arbeit und Soziales, Finanzen, für Innere Angelegenheiten, für Recht und für Wirtschaft mit der Richtlinie befasst und in 61 Punkten ihre Bedenken und Stellungnahmen formuliert.
Die CDU-Landtagsfraktion teilt die Auffassung des Bundesrates, dass das Herkunftslandprinzip in Artikel 16 in dieser Form nicht Rechtssicherheit schafft, sondern im Gegenteil, wie in Nummer 51 formuliert, „das rechtsstaatliche Prinzip beeinträchtigt“ und „das
Herkunftslandprinzip in dieser Form abzulehnen ist“ (Nummer 46).“Folge hiervon wäre, dass im jeweiligen Mitgliedstaat kein einheitliches Recht gelten würde“, so Nummer 50. Wesentliche Aussagen werden auch zu Artikel 15, zur Verhältnismäßigkeit und insbesondere zum Bürokratieaufwand, getroffen. - Bei fünf Minuten Redezeit ist es nicht möglich, alle Aspekte der Richtlinie anzusprechen; sie kann jederzeit von jedermann und jeder Frau nachgelesen werden.
Meine Damen und Herren, im Dezember 2004 kommt der SSW mit einem Schmalspurantrag zur EUDienstleistungsrichtlinie, mit dem erstens nichts, aber auch gar nichts bewegt wird
und der zweitens in sich widersprüchlich ist. Wie inzwischen festzustellen ist - leider -, konnten auch SPD und Grüne nicht widerstehen, da mitzumachen, nach dem Motto: „Herr Lehrer, ich weiß auch etwas."
Meine Damen und Herren, was wollen Sie denn nun eigentlich? Wollen Sie die komplette Ablehnung der Richtlinie? Wollen Sie sich den Beschlüssen des Bundesrates anschließen? Oder wollen Sie neue Hindernisse gegen die Verwirklichung des EU-Binnenmarktes aufbauen? - Die Rede des Kollegen Harms und Punkt 2 Ihres Antrages lassen gar keinen anderen Schluss zu.
In Nummer 3 und 4 seiner Stellungnahme begrüßt der Bundesrat ausdrücklich die Bemühungen der Kommission, die vielfältigen Hindernisse in rechtlicher, administrativer und praktischer Art zu beseitigen, damit sich auch die Chancen für kleine und mittlere deutsche Unternehmen erhöhen.
Die CDU-Landtagsfraktion unterstützt diese Bemühungen, Herr Kollege Harms. Wir begrüßen es außerordentlich, wenn es in Zukunft auch für deutsche Mittelständler unter anderem in Dänemark einfacher wird, tätig zu sein.
Die Arbeitnehmerfreizügigkeit für die neuen EUBeitrittsländer gilt nach dem Verhältnis drei/zwei/zwei erst in sieben Jahren.
Meine Damen und Herren von der rot-grünen Koalition, mit diesem Antrag überschreiten Sie die Schmerzgrenze zur Peinlichkeit weit. Wenn Sie den EU-Binnenmarkt nicht wollen, dann sagen Sie es!
Meine Damen und Herren, die CDU-Landtagsfraktion teilt die Bedenken und unterstützt die Beschlüsse des Bundesrates. Die CDU erwartet von der Bundesregierung, dass sie die Beschlüsse des Bundesrates bei den weiteren Beratungen zur EU-Dienstleistungsrichtlinie umsetzt.
Meine Damen und Herren von Rot-Grün, wenn Sie daran ganz offensichtlich Zweifel haben, dann ist das Ihr Problem. Mit diesem Antrag bewirken Sie rein gar nichts. Die CDU lehnt ihn ab.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht mir jetzt wie so oft in der letzten Zeit: Wenn die Kollegin Strauß vor mir gesprochen hat, brauche ich eigentlich nichts mehr zu sagen. Aber das wollte ich wenigstens sagen: Frau Kollegin Strauß, Sie haben die Gründe dafür, dass dieser Antrag abzulehnen ist, hier so wunderschön dargelegt und haben so wunderbar argumentiert, dass ich nur sagen kann, wir schließen uns an. Natürlich teilen wir Bedenken, natürlich gehen wir auch davon aus, dass diese Bedenken und die Stellungnahme berücksichtigt werden. Wir sind auch nicht der Auffassung, dass es eines Antrags des SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag bedurft hätte, um diese Richtlinie noch weiterhin an den notwendigen Stellen zu beraten.
Wir haben - wie Sie offensichtlich auch - den Verdacht, dass dieser Antrag nicht ganz unabhängig von der bevorstehenden Landtagswahl ist. Wir haben - wie Sie sicherlich auch - von verschiedenen Interessengruppen, Verbänden, die Aufforderung bekommen, dem Antrag zuzustimmen.
20. Februars diesem Antrag aus den von Ihnen, Frau Kollegin Strauß, genannten Gründen, nicht anschließen.
Ein letztes Wort noch zum Tariftreuegesetz, das von dem Kollegen Harms, wie mich nicht überrascht hat, positiv angesprochen worden ist und das auch ein Regelwerk ist, das dem entspricht, was hier von Ihnen abgelehnt wird. Das Tariftreuegesetz - um es noch einmal ganz deutlich zu sagen, Herr Kollege Harms - hat in Schleswig-Holstein nichts Positives bewirkt.
Im Gegenteil, der Bauwirtschaft in SchleswigHolstein geht es schlechter als anderswo trotz Tariftreuegesetz!
- Ja, das ist so, Frau Kollegin Spoorendonk, bedauerlicherweise. Wenn Sie heute mit den Verbänden, mit den Kammern, mit den Menschen sprechen, die sich damals für das Tariftreuegesetz eingesetzt haben, sagen die Ihnen heute genau das Gegenteil.
- Oh ja, wir sprechen da offensichtlich mit unterschiedlichen Leuten. Sie sagen genau das Gegenteil. Das Tariftreuegesetz hat also für Schleswig-Holstein nichts gebracht. Das ändert aber nichts daran: Dieser Antrag heute ist zu spät und an der falschen Stelle.
Verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal zum Tariftreuegesetz. Frau Aschmoneit-Lücke, ich habe auch mit vielen Leuten darüber geredet. Es ist auch so, dass sich viele Leute darüber beklagen, dass das Tariftreuegesetz nicht für die Kommunen gilt. Das wird mir immer gesagt. einige Kommunen halten sich daran, viele Kommunen halten sich nicht daran, weil es ja freiwillig ist, denn sonst hätte die Konnexität gegriffen. Das ist das, was mir die Verbände und die einzelnen Unternehmer immer wieder sagen, wenn ich vor Ort bin.