Protokoll der Sitzung vom 26.01.2005

men der neuen „ziel“-Förderung bei Projekten zwischen zwei Staaten bestehen bleibt, aber neuerdings mindestens drei Regionen beteiligt sein müssen. Wenn die EU die deutschen Bundesländer als regionale Einheiten betrachtet, haben wir ein Problem, weil wir dann immer einen dritten Partner brauchen werden, was bisher nicht nötig war.

Die bisherigen INTERREG-III-Programme sind äußerst erfolgreich und müssen deshalb in angemessenem Rahmen nach 2006 weitergeführt werden, um die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im deutsch-dänischen Grenzgebiet weiter zu intensivieren. Sowohl das Drei-Regionen-Modell als auch die Haltung der Bundesregierung zu unserer Grenzregion als Förderregion sind hierbei kontraproduktiv. Daher muss die Landesregierung, bevor die zuständigen Gremien in der EU in diesem Jahr eine endgültige Entscheidung hierüber treffen, die Bundesregierung deutlich auffordern, ihre Position in der Frage der zukünftigen EU-Förderung für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zu ändern. Im Bericht ist über eine solche Initiative vonseiten der Landesregierung aber nichts zu lesen.

Auch in der Umsetzung des Regionalprogramms wird es erhebliche Veränderungen geben. Positiv wird sein, dass in Zukunft bei allen Förderungen der Fördersatz auf 75 % erhöht werden kann. So werden die Kommunen in die Lage versetzt, mit geringeren Eigenmitteln trotzdem zukunftweisende Projekte anzugehen. Allerdings haben wir das Problem, dass die Gesamtfördersumme für uns durch den Beitritt der neuen EU-Staaten erheblich verkleinert wird und auch die Ausrichtung des Programms anders sein wird. Es wird nicht mehr auf den Ausgleich von Strukturschwächen ausgerichtet sein, sondern sich auf die Zukunftsfähigkeit der Projekte beziehen. Das heißt, Innovation und Wirtschaftlichkeit werden eine viel größere Rolle spielen. Damit sind durchaus auch Chancen verbunden. Doch wie diese Chancen genutzt werden sollen, darüber schweigt sich der Bericht aus, obwohl der Landesregierung diese Änderungen durchaus gut bekannt sind.

Zu guter Letzt möchte ich Ihr Augenmerk auf Seite 3 des Berichts lenken. Dort steht, dass nach bisherigen Erkenntnissen der Hochwasser- und Küstenschutz und der Schutz der Umwelt im Zusammenhang mit der Land- und Forstwirtschaft in Zukunft nicht mehr gefördert werden sollen. Dann wird angefügt, es sei darauf hinzuwirken, dass diese Bereiche auch zukünftig förderfähig bleiben. Aber was hat die Landesregierung hierfür getan? Das war die Frage unseres Berichtsantrags. Anscheinend ist nichts geschehen. Sonst hätte man es sich vonseiten der Landesregie

(Lars Harms)

rung sicherlich nicht nehmen lassen, hier eine ausführliche Antwort zu geben.

Im Rahmen der Landesplanung diskutieren wir den zukünftigen Hochwasserschutz und Hochwasserschutzgebiete und ihre Auswirkungen auf die Finanzierung der Maßnahmen. Für das Land ist der Küstenschutz eine herausragende Aufgabe. Den Schutz von Umwelt und Natur im Zusammenhang mit Land- und Forstwirtschaft hat sich gerade auch die Landesregierung mit Recht auf ihre Fahnen geschrieben. Aber was haben Sie getan, um hier die Finanzmittel im Vorwege zu sichern? Was hat die Bundesregierung getan, um sich hier für unsere Interessen einzusetzen?

Auf diese Fragen hätten wir gern eine ausführliche schriftliche Antwort erhalten. Oder ist da wirklich nichts geschehen? Ich hoffe doch.

(Beifall bei SSW)

Das Wort für die Fraktion der SPD erteile ich der Frau Abgeordneten Maren Kruse.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Lars Harms, wir haben gehört, was alles nicht passiert ist. Du weißt offensichtlich sehr gut, was passiert ist. Das hättest du uns auch einmal in Form eines Berichts zukommen lassen können.

Meine Damen und Herren, die ländlichen Räume in Schleswig-Holstein sind nicht die armen Geschwister der großen Städte oder deren Schlafräume, sie sind eigenständige Räume mit Wachstumspotenzialen, die gezielt und spezifisch gefördert werden müssen. Wir werden sie mit den Programmen „ZAL“ und LEADER+ bis Ende 2006 mit über 250 Millionen € gefördert haben. Konkrete Zahlen zu den zukünftigen EUFördermitteln - das haben wir schon gehört - sind erst nach der Grundsatzentscheidung über die Finanzausstattung im Frühsommer zu erwarten.

Es ist jedoch absehbar, dass in der zukünftigen gemeinsamen Finanzquelle, dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums, ab 2007 weniger Mittel als bisher zur Verfügung stehen werden. Daher müssen wir in Zukunft noch sorgsamer prüfen, wofür wir das knapper werdende Geld einsetzen können und wollen.

Schwerpunkte sollten aus unserer Sicht in den Bereichen Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Landmanagement sowie Verbesserung der Lebensqualität und

Diversifizierung in den ländlichen Räumen gesetzt werden.

Die Landwirtschaft in den ländlichen Räumen muss als Kernfaktor für die wirtschaftliche Entwicklung erhalten bleiben. Dabei müssen allerdings weitere Bereiche wie erneuerbare Energien und Tourismus ausgebaut und in eine intakte Natur und Umwelt eingebettet werden.

Angesichts der demographischen Entwicklung besteht in den ländlichen Räumen die Gefahr, dass Grundfunktionen vor Ort wie Kindergarten, Grundschule, Post, Sparkasse, Lebensmittelladen und das Vereinsleben bedroht werden. In regionalen Konzepten müssen wir noch mehr als bisher helfen, diese Grundfunktionen zu erhalten und dauerhaft zu sichern.

Um hier erfolgreich zu sein, brauchen wir die Kreativität der Menschen vor Ort, die in einem Bottom-upProzess, wie im LSE-Prozess angedacht, ihre eigenen Vorstellungen einbringen und gemeinsam mit Beratern und der Landesregierung umsetzen. Wir dürfen dabei aber nicht die Ziele Schaffung von Arbeitsplätzen und Sicherung von Investitionen aus den Augen verlieren und müssen auch den Mut haben, Maßnahmen abzulehnen, wenn sie auf unsicheren Grundlagen basieren.

Ich möchte an dieser Stelle das in Schleswig-Holstein entwickelte, bundesweit beachtete Projekt der MarktTreffs zur Sicherung der Grundversorgung in kleinen Gemeinden erwähnen. Ich war vor kurzem in Witzworth im Kreis Nordfriesland und habe mir dort selber ein Bild von den drei tragenden Säulen gemacht. An einem Lebensmittelladen als Kerngeschäft werden Zusatzleistungen wie Lotto und Toto angeboten. Angegliedert ist ein Veranstaltungsraum als Treffpunkt, in dem sich Vereine und Verbände und - in Witzworth als Sahnehäubchen - der sh:z-Verlag mit einem funktionsfähigen Redaktionsarbeitsplatz präsentieren können.

Die Idee der MarktTreffs hat Zukunft. Große Handelsketten haben ihr Interesse als Projektpartner bewiesen. Die Verknüpfung unternehmerischen Handelns, kommunaler Mitverantwortung und bürgerlichen Engagements bestätigt die MarktTreffs mit ihrer Dienstleistungs- und Treffpunktfunktion. Ich würde mir allerdings wünschen, dass sich insbesondere Post und Sparkassen hier sehr viel stärker engagieren können.

(Beifall bei SPD und SSW)

Zurzeit bestehen 15 MarktTreffs. Weitere Standorte sind in Planung. Ich bin zuversichtlich, dass bis Ende 2006 der 50. MarktTreff eingeweiht werden kann.

(Maren Kruse)

Die ländlichen Räume in Schleswig-Holstein haben Zukunft. Aber ländliche Entwicklung ist auch ein Lernprozess. Fortschritte in der ländlichen Entwicklungspolitik brauchen eine ständige Rückkopplung. Nur so lassen sich Ziele erreichen und Entwicklungsfortschritte erkennen und als Grundlage für Verbesserungen nutzbar machen.

Die ländlichen Räume müssen auch weiterhin mit staatlichen Mitteln angemessen gefördert werden. Wir, die SPD-Fraktion, werden uns dafür einsetzen, dass dies auch nach dem Jahr 2006 in SchleswigHolstein möglich sein wird.

(Beifall bei SPD und SSW)

Für die Fraktion der CDU erteile ich dem Abgeordneten Jürgen Feddersen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Überschrift des Berichts der Landesregierung zu den Perspektiven der Förderung des ländlichen Raums nach 2006 - das war hier die Frage, Herr Kollege Lars Harms - müsste eigentlich lauten: Nichts Genaues weiß man nicht; oder: Eigentlich wissen wir gar nichts. Auf dieser Grundlage soll unser Land die Zukunft planen?

„Schleswig-Holstein hat einen überproportional hohen Schuldenstand, eine unterdurchschnittliche Finanzkraft, rückläufige Investitionen, eine fast vollständige Versteinerung der Ausgaben. Die Möglichkeit, Vermögensgegenstände zu veräußern, ist weitgehend erschöpft.“

Dies sind nicht meine Hirngespinste, sondern ist Zitat des Finanzministers Stegner vom 14. Dezember 2004, nachzulesen in den „Lübecker Nachrichten“.

Wenn ich richtig informiert bin, werden wir künftig nur noch etwa die Hälfte der EU-Mittel zur Verfügung haben. Davon sind erhebliche Mittel vertraglich gebunden. Für die vielen wünschenswerten Projekte bleibt nicht viel, möglicherweise gar nichts übrig. Vor allen Dingen denke ich daran: Durch die schreckliche Finanzpolitik des Bundes und des Landes sind viele unserer Gemeinden Bedarfsgemeinden geworden. Wie sollen diese Gemeinden noch ihre Eigenmittelanteile aufbringen? Hinzu kommt, dass sie keine Kredite aufnehmen können. Das ist die Wahrheit.

(Beifall bei der CDU)

Der vorliegende Bericht ist so knapp ausgefallen - Kollege Harms hat es gesagt; es sind übrigens nicht vier, sondern nur drei Seiten, weil die erste Seite das Deckblatt ist -, weil derzeit keine tief schürfenden Erkenntnisse vorliegen. Es stellt sich allerdings die Frage, wie es in Schleswig-Holstein für den Fall weitergehen soll, dass wir künftig erheblich weniger Mittel zur Verfügung haben.

Auf diese Frage gibt der Bericht keine Antwort. Wo werden bei deutlich weniger EU-Mitteln die Schwerpunkte liegen? Fehlanzeige. Wie sieht gegebenenfalls die Vorsorge aus? Ebenfalls Fehlanzeige. Der Bericht enthält keine Hinweise auf Fördermaßnahmen, die bei eingeschränktem Mittelvolumen fortgeführt werden sollen. Eine vorausschauende Politik ist nicht erkennbar. Insofern ist der Bericht durchaus aussagekräftig, allerdings negativ.

Wenn 2005 die EU-Zahlen vorliegen, vielleicht auch erst 2006, werden wir über die Folgezeit vielleicht diskutieren können. Erst dann wissen wir, woran wir sind. Heute wissen wir nichts und die Landesregierung noch weniger. Zukunftsplanungen bestehen nicht, Vorsorge wurde nicht getroffen, Prioritäten gibt es auch nicht. Wir hätten diese Zeit besser nutzen können.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Der geforderte mündliche Bericht der Landesregierung zum selben Thema macht nur Sinn, wenn man davon ausgehen kann, dass der Bericht nicht genug hergibt und dass man noch etwas ergänzen kann. Ich habe aber aus Ihrem Bericht nichts erfahren können, Herr Minister.

Ich habe natürlich Verständnis dafür, wenn die Landesregierung kurz vor Toresschluss ihre angeblichen Verdienste bei der Förderung der ländlichen Räume herausstellt. Allerdings wissen wir alle, dass diese Mittel von der EU kommen. Angesichts der desolaten Finanzlage des Landes sind in nächster Zeit keine Änderungen zu erwarten.

Nach einer Medieninformation des Finanzministers dürfen wir zur Kenntnis nehmen, dass 25 Millionen € für Investitionen an Private nicht in Anspruch genommen wurden. Wenn Programme einen Sinn machen sollen, muss hier angesetzt werden. Es ist nicht hilfreich, wenn auf der einen Seite der Erfolg von Programmen bejubelt wird und auf der anderen Seite Investitionsmittel in Millionenhöhe überhaupt nicht ausgenutzt werden.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Insgesamt betrachtet komme ich zu dem Schluss, dass hier von der Landesregierung weitgehend Kaffeesatz

(Jürgen Feddersen)

leserei betrieben wird und Investitionsmittel in Millionenhöhe liegen bleiben. Der Zustand unseres Landes mit der Rekordarbeitslosigkeit ist kein Zufall, sondern hat auch etwas mit Unfähigkeit zu tun. Unser Land hat wahrlich eine bessere Politik verdient.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort für die FDP erteile ich dem Abgeordneten Günther Hildebrand.

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Meine Vorredner haben im Wesentlichen auf die verschiedenen Schwachstellen dieses Berichtes, so man ihn überhaupt Bericht nennen kann, hingewiesen. Wenn man diese drei DIN-A-4-Seiten zusammenfasst, kann man überhaupt nicht erkennen, ob bei der Landesregierung Vorstellungen für die Weiterentwicklung des ländlichen Raumes für die Zeit nach 2006 bestehen. Insofern könnte man sagen, hat die Landesregierung das Thema schlicht verfehlt. Es ist bedauerlich, dass diese Botschaft an die Bevölkerung, an die Bewohnerinnen und Bewohner im ländlichen Raum auf diese Art und Weise hinausgeht. Da haben die gleich den richtigen Eindruck, wie die Landesregierung in Kiel den ländlichen Raum letztlich beurteilt.

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Traurig, traurig, traurig!)

- Ja, es ist leider traurig, das muss man dazu sagen. Die Strukturen des ländlichen Raumes müssen erhalten bleiben. Wir müssen dafür sorgen, dass die Bevölkerung im ländlichen Raum die entsprechende berufliche Perspektive hat, die schulische Perspektive für die Kinder, und es müssen letztlich im ländlichen Raum auch dafür die Arbeitsplätze geschaffen werden. Die kann ich bei diesem Bericht überhaupt nicht erkennen. Das ist meines Erachtens sehr bedauerlich.

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Traurig, traurig, traurig, der ar- me ländliche Raum verhungert völlig!)

- Herr Kollege Matthiessen, bevor Sie hier solche Zwischenrufe tätigen, sollten Sie uns überhaupt erst einmal erklären - -

Ich darf darum bitten, dass der Redner seine Rede zu Ende führen kann. Falls Zwischenfragen gewünscht sind, steht dies jedem Abgeordneten nach Geschäftsordnungsrecht zur Verfügung, Herr Kollege Matthies