Protokoll der Sitzung vom 27.01.2005

- Ich darf um Aufmerksamkeit bitten, es geht um unsere Verfassung, das ist etwas Ernstes!

Wir sind bei der Drucksache 15/3921, Gesetz zur Änderung der Verfassung des Landes SchleswigHolstein. Linksspaltig sehen Sie den Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Die linke Spalte ist der gewünschte Änderungstext für unsere Landesverfassung. Rechtsspaltig sehen Sie die Beschlussempfehlung des zuständigen Ausschusses dazu. Wenn dort also unverändert steht, dann soll der Text - so wie von BÜNDNIS 90/DIE

(Vizepräsident Thomas Stritzl)

GRÜNEN und der SPD eingebracht - als Abstimmungsgrundlage gelten. Der Text ist somit unverändert zur Annahme zu empfehlen. Ist das soweit verstanden? - Gut.

Wir haben zunächst den Einleitungstext. Ich glaube, das ist nur eine redaktionelle Geschichte:

„Die Verfassung des Landes SchleswigHolstein in der Fassung vom 13. Juni 1990 (GVOBl Schl.-H. S. 391) , zuletzt geändert durch Gesetz vom 14. Februar 2004 (GVOBl. Schl.-H. S. 54) , wird wie folgt geändert:“

Das ist der notwendige Vorspann. Auch hierüber müssten wir Einigung erzielen, weil nach der jetzigen Systematik unserer Verfassung dieser Artikel 1 vorangeht.

„1. Artikel 5 Abs. 2 Satz 2 enthält folgende Fassung:

‚Die nationale dänische Minderheit, die Minderheit der Sinti und Roma deutscher Staatsangehörigkeit und die friesische Volksgruppe haben Anspruch auf Schutz und Förderung.’“

Wer die Nummer 1 so wie von mir vorgelesen in die Verfassung aufnehmen will und damit unsere Verfassung im entsprechenden Sinn ändern will, den darf ich zunächst um sein Handzeichen bitten. - Gegenprobe? - Stimmenthaltungen? - Damit ist diese Änderung der Nummer 1 nach Beschlussvorlage des Ausschusses zur Annahme empfohlen, und zwar durch die Stimmen von SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW gegen die Stimmen der CDU.

Ich rufe Nummer 2 auf:

„‚Artikel 5 a

Schutz und Förderung sozialer Minderheiten

(1) Das Land trägt Sorge dafür, dass niemand wegen seiner Herkunft, seiner Abstammung, seiner ethnischen Zugehörigkeit, seiner sozialen Stellung, seiner Sprache, seiner politischen, weltanschaulichen oder religiösen Überzeugung, seines Geschlechts oder seiner sexuellen Identität bevorzugt oder benachteiligt wird. (2) Menschen mit Behinderungen stehen unter dem besonderen Schutz des Landes. Das Land fördert ihre gleichwertige Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft.

(3) Das Land schützt die Rechte und Interessen pflegebedürftiger Menschen und fördert eine Versorgung, die allen Pflegebedürftigen ein menschenwürdiges Leben ermöglicht.’“ Das ist das Ende der Textfassung der Nummer 2. Zu dieser Nummer 2 hat jetzt die Fraktion der SPD durch ihren Fraktionsgeschäftsführer namentliche Abstimmung beantragt. Hiergegen hat sich kein Widerspruch erhoben. Wir führen eine namentliche Abstimmung durch. (Namentliche Abstimmung1)

Das Ergebnis der namentlichen Abstimmung ergibt: Für eine entsprechende Änderung unserer Landesverfassung haben in namentlicher Abstimmung 55 Abgeordnete gestimmt, dagegen 29. Insofern wäre die entsprechende Passage zur Aufnahme in die Landesverfassung empfohlen.

Jetzt kommen wir zur Abstimmung über Nummer 3, wonach folgender Artikel 6 a, Schutz und Förderung von Kindern und Jugendlichen, in die Landesverfassung eingefügt werden soll:

„Kinder und Jugendliche stehen unter dem besonderen Schutz des Landes der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie der anderen Träger der öffentlichen Verwaltung.“

Wer dem seine Zustimmung geben will, den darf ich um sein Handzeichen bitten. - Gegenprobe? - Stimmenthaltungen? - Dieser Artikel wird mit den Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und FDP gegen die Stimmen der CDU zur Aufnahme in die Landesverfassung empfohlen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über Nummer 4, wonach Artikel 7 unserer Landesverfassung wie folgt geändert werden soll: Hinter dem Wort „Lebens“ werden die Wörter „sowie die Tiere“ angefügt.

Wer so entscheiden möchte, den darf ich um sein Handzeichen bitten. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und FDP sind für diese Änderung, die CDU stimmt dagegen.

Nun haben wir - wie vorgeschlagen - die Abstimmung über die Nummern 5, 6 und 7 zu bewältigen. Dabei geht es um die Errichtung eines eigenen Landesverfassungsgerichts. Das brauche ich wohl nicht

1 Das Ergebnis der namentlichen Abstimmung liegt als Anlage bei

(Vizepräsident Thomas Stritzl)

im Detail vorzulesen. Wenn das aber gewünscht wird, mache ich das selbstverständlich gern.

Wer gemäß des Vorschlages der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Beschlussempfehlung des Innen- und Rechtsausschusses für entsprechende Regelungen im Hinblick auf die Einführung eines Landesverfassungsgerichts stimmen möchte, also Artikel 44 unserer Landesverfassung ändern sowie Artikel 59 b und 59 c einfügen möchte, den darf ich um sein Handzeichen bitten. - SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und FDP sind dafür, die CDU ist dagegen.

(Unruhe - Helga Kleiner [CDU]: Ich würde gern für einen Dreiminutenbeitrag ans Mikro treten dürfen! - Zurufe)

- Wir sind jetzt in der Abstimmung. Wir haben gerade über die Aufnahme eines Landesverfassungsgerichts in die Verfassung abgestimmt, wie von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorgeschlagen und vom Ausschuss befürwortet. Das hat mit den Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und FDP gegen die Stimmen der CDU die Mehrheit des Hauses gefunden.

Als Letztes stimmen wir über Artikel 2 - Inkrafttreten - des Gesetzentwurfs zur Änderung der Landesverfassung ab: „Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft.“

Auch das schlägt der Ausschuss unverändert zur Annahme vor.

Wer so beschließen möchte, den darf ich um sein Handzeichen bitten. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW gegen die Stimmen der CDU!

Ergebnis des bisherigen Abstimmungsprozederes ist, dass das Haus in seiner Mehrheit der Beschlussvorlage des Ausschusses zu Artikel 1, Änderung von Artikel 1 der Landesverfassung, Aufnahme von Artikel 5 a, Aufnahme von Artikel 6 a, Änderung von Artikel 44, Aufnahme von Artikel 59 b und Aufnahme von Artikel 59 b - und Artikel 2, Inkrafttreten, der Beschlussvorlage des Ausschusses gefolgt ist.

Nach unserer Verfassung bedürfen Änderungen der Verfassung der Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Hauses. Wir haben zurzeit 89 Abgeordnete im Schleswig-Holsteinischen Landtag, zwei Drittel davon sind 60 Abgeordnete. Wenn ich jetzt darüber abstimmen lasse, ob die eben empfohlenen Änderungen Verfassungsrang erhalten sollen, müssten jetzt 60 Mitglieder des Hauses für die Verfassungsänderung stimmen. Die jetzige Abstimmung

entscheidet darüber, ob wir unsere Verfassung im besprochenen Sinne ändern oder nicht.

Wer der Änderung unserer Verfassung, wie in Drucksache 15/3921 empfohlen und eben in den Einzelteilen abgestimmt, zustimmen möchte, den darf ich um sein Handzeichen bitten. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Die Auszählung des Präsidiums hat ergeben, dass diejenigen mit Ja gestimmt haben, die auch bei namentlicher Abstimmung über Nummer 2 mit Ja gestimmt haben. Das waren 55 Abgeordnete des Schleswig-Holsteinischen Landtages. Damit ist die verfassungsändernde Mehrheit nicht erreicht und die Beschlussempfehlung des Innen- und Rechtsausschusses, Drucksache 15/3921, hat nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit gefunden. Damit wird die Verfassung nicht geändert und die Beschlussempfehlung des Innen- und Rechtsausschusses abgelehnt.

Gibt es dazu Wortmeldungen oder Widerspruch? Das ist nicht der Fall. Dann stelle ich das als Ergebnis der Abstimmung fest.

(Zurufe)

Der Abstimmungsprozess ist abgeschlossen. Eine Verfassungsänderung findet nicht statt. - Am Ende der Abstimmung hat Frau Kleiner das Wort zu einer persönlichen Erklärung.

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Sie haben sich möglicherweise über mein Abstimmungsverhalten gewundert. Ich kann Ihnen sagen, dass ich selbstverständlich nicht meine, dass die pflegebedürftigen Menschen, für die ich mich erwiesenermaßen während der ganzen Legislaturperiode besonders eingesetzt habe, nicht wert wären, in die Verfassung aufgenommen zu werden. Ich schließe mich der Meinung meiner Fraktion nur aus formalen Gründen an, nicht in der Sache, nur aus den von dem Abgeordneten Schlie vorgetragenen Gründen.

Ich kann Ihnen versichern, dass die Situation, wie sie sich jetzt darstellt, für mich eine Bestätigung dafür ist, dass die Entscheidung, aus dem Landtag auszuscheiden, richtig ist. Ich möchte nicht noch einmal mit meinem Gewissen so kämpfen müssen.

(Anhaltender Beifall im ganzen Haus)

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 14 ab.

Bevor wir in den nächsten Tagesordnungspunkt eintreten, möchte ich nachträglich Gäste bei uns auf der Tribüne begrüßen: Schülerinnen und Schüler sowie

(Vizepräsident Thomas Stritzl)

Lehrerinnen und Lehrer des Gymnasiums Mölln sowie die Damen und Herren des Ausbildungsverbundes aus Neumünster. - Herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall)

Jetzt rufe ich den Tagesordnungspunkt 51 auf:

Schleswig-Holsteinische Schulen als rauchfreie Zonen

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 15/3845

Bericht und Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses Drucksache 15/3906

Antrag der Fraktionen von SPD, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 15/3963