Protokoll der Sitzung vom 27.01.2005

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Sie kennen meine Position dazu!)

Wir werden nun sehen, was auf Landesebene im verfahrensrechtlichen Bereich möglich ist. Soviel zu der Problematik von Koalitionen anderswo.

(Zuruf von der FDP)

- Ich bin jetzt dran. - Aber wie gesagt, ich werde dem Antrag auf Aufnahme des Tierschutzes zustimmen. Anders verhält es sich aber mit der Trennung von Amt und Mandat.

(Zuruf von der FDP)

- Ja, genau, da steht es nämlich auch drin, und deswegen hat meine Partei mich überzeugt.

Der Vorschlag, den die FDP-Fraktion hier vorträgt, ist aus unserer Sicht inkonsequent. Ich stehe zu dem Modell, das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Schleswig-Holstein tatsächlich umsetzen: Wenn ein Abgeordneter oder eine Abgeordnete in das Kabinett berufen wird, gibt er oder sie das Landtagsmandat komplett ab. Damit sind die Nachrückenden dann keinen Unsicherheiten unterworfen.

Ich verkürze meine Rede. Die CDU, die mit plebiszitären Elementen, Unterschriftenaktionen, InternetUmfragen und so weiter versucht, die Wähler und

Wählerinnen zu gewinnen, verhindert leider wieder einmal, dass unsere Wünsche Wirklichkeit werden können. Sozialverband und AWO haben gestern angekündigt, in diesem Fall einen Volksentscheid herbeiführen zu wollen. Wir werden also in der nächsten Legislaturperiode das „Vergnügen“ - das wird aber kein Vergnügen sein - erleben, dass es einen Volksentscheid gegen die CDU gibt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Das Wort für den SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag erteile ich jetzt seiner Sprecherin, der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als wir uns im November mit der Initiative von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN befassten, machte ich meiner Unzufriedenheit darüber Luft, dass die Änderung der Landesverfassung damals praktisch unter ferner liefen eingebracht worden war. Darüber heute nicht mehr. Das kann man alles im Protokoll nachlesen.

Heute geht es in erster Linie um die vorliegenden Anträge. Mir ist natürlich bewusst, dass im Innen- und Rechtsausschuss die Beschlussempfehlung so vorliegt, wie sie vorliegt. Von den Ursprungsanträgen ausgehend haben wir es mit dem Antrag der Regierungsfraktionen und mit dem Antrag der FDP zu tun. Der Unterschied zwischen diesen beiden Anträgen geht aus zwei Punkten hervor. Die FDP will zusätzlich den Tierschutz als Staatsziel bestimmen, und sie will das ruhende Mandat. Das wichtigste Signal des FDP-Antrages ist aber unserer Meinung nach, dass man wie auch 2003 zur Aufnahme der Sinti und Roma in die Landesverfassung steht. Da wird es künftig kein Umfallen mehr geben und das ist die wirklich gute Nachricht.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das hatten wir noch nie, du Pappnase! - Heiterkeit)

- Lieber Herr Kollege, das gebe ich als Kompliment zurück. Ich habe noch die Rede des Kollegen Klug im Ohr bei dem Minderheitenbericht in der vorigen Legislaturperiode. Als wir 1998 die Verfassungsreform hatten, seid ihr umgefallen. Also kein Umfallen der FDP mehr.

Herr Kollege Kubicki, ich hoffe, wir sind uns einig, dass der Begriff Pappnase selbst als selbstkritische Äußerung dem Hause nicht zuträglich ist.

Ich habe das schon richtig aufgefasst.

Aus Sicht des SSW gilt weiterhin, dass Staatsziele niemals den politischen Willen zur Gestaltung ersetzen können. Daher noch einmal zur Klarstellung: Die Aufnahme der Sinti und Roma in den Minderheitenartikel der Landesverfassung ist eben kein Symbolakt. Sie ist vor dem Hintergrund der Minderheitenpolitik in Europa - ich sage noch einmal Stichwort Rahmenkonvention und Sprachencharta - längst überfällig. Auch vor dem Hintergrund der Minderheitenpolitik der Bundesregierung ist das längst überfällig. Von daher noch einmal meine Freude darüber, dass die FDP das jetzt auch so sieht.

Ich hätte mir gewünscht, wenn man von vornherein aufeinander zugegangen wäre, wenn es einen gemeinsamen Antrag gegeben hätte.

(Beifall bei der FDP)

Das sollte nicht so sein. Ich hätte mir auch gewünscht, dass wir uns noch einmal über die Trennung von Amt und Mandat unterhalten hätten. Da gab es 1998 auch eine gute Debatte, und das ist ein Thema, das es verdient, noch einmal aufgegriffen zu werden.

Für den SSW steht fest, dass wir das Modell des ruhenden Mandates begrüßen, denn durch dieses ruhende Mandat würde man einerseits die Parlamentsarbeit stärken, andererseits weiterhin verdeutlichen, dass Regierungshandeln eben nicht im luftleeren Raum stattfindet. Ich persönlich finde, dass es richtig ist, dass sich eine Regierung den Wählerinnen und Wählern zu stellen hat. Von daher stehen wir zu dem Modell des ruhenden Mandats mehr als zu der absoluten Trennung von Amt und Mandat.

Da der aktuelle Vorstoß zur Änderung der Landesverfassung aus unserer Sicht doch wohl eher dazu dienen soll, noch einmal ein Zeichen zu setzen, will ich deutlich machen, wir hätten von vornherein beiden Anträgen zustimmen können, weil beide unsere Kernforderungen enthalten, nämlich Aufnahme der Sinti und Roma in die Landesverfassung. Das ist für uns wirklich der ganz wichtige Punkt. Wir werden also der Beschlussempfehlung des Innen- und Rechtsausschusses zustimmen.

(Beifall beim SSW)

Das Wort zu einem Kurzbeitrag erteile ich dem Herrn Abgeordneten Beran.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Schlie, ich möchte Ihren Wortbeitrag noch einmal aufnehmen und möchte mich insbesondere für das Anliegen der Menschen mit Behinderung und Pflegebedürftigkeit ins Zeug legen, gerade im Hinblick auf Ihre Argumentation. Sie sagten, man könne nicht nur Zeichen setzen, man müsse auch handeln. Ich glaube, gerade im Bereich der Pflege, wo wir 2000 bis 2004 10 Millionen € in die Hand genommen haben, um etwas voranzubringen, wo wir die Pflegeoffensive umgesetzt haben und viel erreicht haben, gerade weil wir das Gleichstellungsgesetz verabschiedet und viel in der Pflegeausbildung getan haben, wird deutlich, dass man sehr wohl in diesem Bereich gehandelt hat. Ich wünsche mir, dass dieses Handeln in der Verfassung festgeschrieben wird, damit es weitergeht, damit wir weiterhin so an der Spitze stehen wie beim Thema Pflege. Deswegen noch einmal mein Appell an die Kolleginnen und Kollegen der CDU: Wir haben viel in diesem Bereich gemeinsam gemacht. Vielleicht kann man sich überlegen, ob man sich durchringen kann, beim Thema Pflege zuzustimmen.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Buß.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die erste Lesung des Gesetzentwurfes zur Änderung der Landesverfassung sowie der heutige Beitrag der CDU-Fraktion haben deutlich gemacht, dass die erforderliche Mehrheit des Parlaments für das Gesetzesvorhaben nur sehr schwer zu erreichen sein wird. Ich will mich heute nicht in die politische Diskussion um das Für und Wider der vorgeschlagenen Änderungen einmischen, will nur einige Bemerkungen vortragen. Die vorgeschlagene Verfassungsänderung ist vom Inhalt her sinnvoll und vom Ausmaß her absolut verantwortbar. Die gleiche Auffassung wird in der überwiegenden Mehrheit der Stellungnahmen im Rahmen der schriftlichen Anhörung vertreten. Die Aufnahme der vorgeschlagenen zusätzlichen Staatsziele könnte dazu beitragen, allen Betroffenen deutlich zu machen, dass ihre Belange erkannt

(Minister Klaus Buß)

und von uns ernst genommen werden. Die staatlichen Organe werden in die Pflicht genommen, die Zielvorgaben bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu beachten und zu realisieren.

Mit den Befürwortern der Schaffung eines eigenen Landesverfassungsgerichts ist die Landesregierung auch weiterhin aus den Ihnen bekannten Gründen davon überzeugt, dass es dadurch zu einer Verbesserung der gerichtlichen Kontrollmöglichkeiten sowie und vor allem einer angemessenen Betonung der Eigenständigkeit der Landesverfassung und damit auch der Eigenstaatlichkeit des Landes kommen könnte. Deshalb bringt die Landesregierung an dieser Stelle sehr deutlich zum Ausdruck, dass sie das mögliche Scheitern des Gesetzentwurfes außerordentlich bedauert.

(Beifall bei SPD und SSW)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Wir treten in den Abstimmungsvorgang ein.

(Wortmeldung des Abgeordneten Holger Astrup [SPD])

- Bitte, Herr Kollege!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich beantrage für die Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die Abstimmung so durchzuführen, dass wir abstimmen über die rechte Spalte der Drucksache 15/3921, und zwar nummernweise. Das würde bedeuten, die Nummern 1, 2, dann die Nummern 3, 4, anschließend die Nummern 5 bis 7 in einem Block, weil es das Verfassungsgericht betrifft. Ich beantrage gleichzeitig gemäß § 63 Abs. 2 der Geschäftsordnung für die beiden genannten Fraktionen zu Nummer 2 namentliche Abstimmung.

Gibt es zu diesem Abstimmungswunsch der Fraktion der SPD zur Geschäftsordnung weitere Abstimmungswünsche? - Das ist nicht der Fall. Dann möchte ich kurz darauf verweisen, dass für die Schlussabstimmung - hier geht es um die Änderung der Landesverfassung - Artikel 40 Landesverfassung maßgebend ist. Darin steht:

„Diese Verfassung kann nur durch ein Gesetz geändert werden, das ihren Wortlaut ausdrücklich ändert oder ergänzt.

Ein solches Gesetz bedarf der Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Landtages …“

In diesem Fall brauchten wir bei 89 gewählten Abgeordneten des Schleswig-Holsteinischen Landtages 60 Abgeordnete, die in der Schlussabstimmung der Verfassungsänderung zustimmen. Diese Mehrheit ist für die nummernweise Abstimmung nicht erforderlich, da diese als solche noch keine verfassungsändernde Wirkung hat. Die verfassungsändernde Wirkung träte erst im Rahmen der Schlussabstimmung in Kraft. Ist das soweit verstanden? - Ich sehe keinen Widerspruch.

Ich rufe die Abstimmung über das Gesetz zur Änderung der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein auf:

(Wortmeldung des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

- Herr Kubicki, bitte!

Herr Präsident, ich bitte darum, dass der Abgeordnete Behm, der bei der Besuchergruppe weilt, seine Abstimmung nachholen kann. Er wird jetzt geholt.

(Lothar Hay [SPD]: Das gilt auch für die an- deren dort anwesenden Abgeordneten!)

Ich schlage dann vor, dass wir so lange warten, bis der Kollege Behm hier ist.

(Zurufe)

Sie meinen, wir sollten ihn bei der namentlichen Abstimmung zum Schluss aufrufen? - Gut. Wir haben dann nur ein Problem, falls es bei den nicht namentlichen Abstimmungen zu Schwierigkeiten kommen sollte. Jetzt kommen noch zwei Kolleginnen und die anderen kommen hoffentlich demnächst auch noch.

(Unruhe)

- Ich darf um Aufmerksamkeit bitten, es geht um unsere Verfassung, das ist etwas Ernstes!