Protokoll der Sitzung vom 19.10.2000

(Beifall bei der F.D.P.)

Gleichzeitig darf ich darauf hinweisen, dass der Bericht der Landesregierung den Eindruck vermittelt, als sei die Zusammenarbeit zwischen den Regierungsfraktionen und der Landesregierung nicht eben gut. Der Regierungsbericht beschäftigt sich auf über 50 Seiten damit, welche Formen der Zusammenarbeit bereits bestehen. Das eigentliche Anliegen der Regierungsfraktionen, in welchen Bereichen kann durch Verstärkung der Zusammenarbeit - wie zum Beispiel durch Zusammenlegung von Behörden - eine bessere Aufgabenwahrnehmung und mehr Effizienz erreicht werden, behandelt der Bericht nachrangig.

Bei der Darstellung der bestehenden Zusammenarbeit fehlt eine kritische Würdigung. Trotz der bereits seit 1969 jährlich durchgeführten Konferenz Norddeutschland sind wichtige verkehrspolitische Fragen nicht vorangekommen. Hamburg ist nach wie vor ein Nadelöhr. Seit dem Bau des Elbtunnels gibt es keine zusätzliche Elbquerung - ob Ost oder West -, es gibt keine schnelle spurgeführte Anbindung des Hamburger Flughafens, der doch schon seit 50 Jahren besteht. Die Transrapidverbindung zwischen Hamburg und Berlin als zusätzliche Trasse zwischen den beiden norddeutschen Metropolen - wurde von Schleswig-Holstein entgegen den Interessen ganz Norddeutschlands - torpediert.

(Lars Harms [SSW]: Gott sei Dank!)

Das ist doch keine erfolgreiche Zusammenarbeit!

Ein weiterer Schwachpunkt ist die Abfallpolitik. Das Problem Baggergut wird ausgeklammert, die Andienungspflicht zur SAVA bedeutet für Betriebe im Osten Hamburgs eine deutliche Kostensteigerung. Auch das ist nicht gerade eine Erfolgsstory.

(Beifall des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU])

Es ist an der Zeit, dass nicht die Atmosphäre bei Verhandlungen oder der Umfang von Regierungsvereinbarungen als Maßstab für den Erfolg länderübergreifender Zusammenarbeit gewertet werden, sondern die tatsächlichen Ergebnisse.

(Glocke des Präsidenten)

Frau Abgeordnete, kommen Sie bitte zum Schluss!

Ich komme zum Schluss. - Wir sind der Auffassung, dass eine genaue Würdigung der einzelnen Darstellungen nur in den zuständigen Fachausschüssen erfolgen kann. Deswegen überweisen wir den Bericht an alle Fachausschüsse.

Insgesamt aber müssen wir uns alle fragen, ob es wirklich auf Dauer der richtige Weg ist, dass von den Politikern das Thema Nordstaat ausgeklammert wird, gleichzeitig aber komplizierte länderübergreifende Verwaltungsverfahren inszeniert werden.

(Beifall des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU])

Könnte es nicht sein, dass die Bürgerinnen und Bürger bedeutend mündiger sind, als manch einer hier im Hause es ihnen zutraut?

(Beifall bei F.D.P. und CDU)

Ich erteile Frau Abgeordneter Heinold das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe von der Opposition nichts anderes erwartet. Die CDU macht wieder einen auf „Mäkelfritze“. Die F.D.P., die den Antrag abgelehnt hat, weil sie Angst hatte, dass vielleicht in der Berufsschulausbildung enger zusammengearbeitet würde, sagt jetzt: Warum wird denn nicht der Verkehrsbereich mit beleuchtet? Fragen Sie Herrn Klug! Hätten Sie sich doch damals konstruktiv an der Debatte beteiligt und dieses vielleicht als Ergänzung zum Antrag gefordert! Im Antrag taucht der Verkehrsbereich überhaupt nicht auf.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD - Martin Kayenburg [CDU]: Sie be- nehmen sich jetzt schon wie eine Oppositi- onspolitikerin!)

An den Anfang möchte ich ein dickes Lob an die Landesregierung und an die Verwaltung stellen. Dieser Bericht ist sehr umfassend. Er schaut zurück, bilanziert das Tagesgeschäft und entwickelt Perspektiven für die Zukunft.

(Martin Kayenburg [CDU]: Welche denn?)

- Herr Kayenburg, Sie haben ihn vielleicht nicht gelesen. Das macht auch nichts. Am erfreulichsten ist der letzte Teil des Berichts: „Weiteres Vorgehen der Lan

(Monika Heinold)

desregierung“. Hier wird deutlich, dass die Landesregierung den Wunsch des Parlaments ernst genommen hat und sofort aktiv geworden ist. Herr Kayenburg, wenn Sie jetzt sagen, das war alles Strategie, dann trauen Sie uns viel zu. In der Sache ist es aber so, dass wir uns als Parlament vorgenommen haben, das Ganze zu puschen. Das haben Sie auch dem Beitrag von Herrn Hay entnommen. Ich bin Frau Happach-Kasan sehr dankbar dafür, dass Sie sagte, wir müssten diese Debatte öfter und mit mehr Zeit führen.

(Zuruf des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU] - Beifall der Abgeordneten Karl- Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN] und Dr. Christel Happach-Kasan [F.D.P.])

Die Landesregierung nimmt den Berichtsantrag zum Anlass, die Thematik im Februar 2001 erneut in die Konferenz der norddeutschen Länder einzubringen. Weiter hat sie Arbeitsaufträge für die einzelnen Ministerin beschlossen, um Möglichkeiten und Lösungsvorschläge für die weitere Zusammenarbeit im norddeutschen Raum zu erarbeiten. Zu Recht stellt die Regierung dar, dass diese Zusammenarbeit einem ständigen Entwicklungsprozess unterliegt.

Ein Blick zurück in die jüngere Geschichte zeigt frühe Beispiele für norddeutsche Kooperationen. Seit 1969 gibt es die Konferenz Norddeutschland. Seit 1989 finden regelmäßig gemeinsame Kabinettssitzungen von Hamburg und Schleswig-Holstein statt. Tradition hat auch die Zusammenarbeit im Ausbildungssektor in verschiedenen Bereichen. Seit 1995 gibt es gemeinsame Messestände, zum Beispiel auf der CeBIT. Der Slogan „Technologie aus Norddeutschland“ schafft zum Beispiel Identifikation für den ganzen norddeutschen Raum. Es entsteht so etwas wie Corparate identity zwischen den Nordlichtern.

Die jetzt neu formulierten Arbeitsaufträge machen deutlich, wo es - auch aus Sicht von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - einer weiteren Kooperation im norddeutschen Raum bedarf. Es sind dies die Bereiche Hochschulen, Lehreraus- und Fortbildung, Weiterbildungsinfrastruktur, Zusammenarbeit von Laboren und Landwirtschaftsverwaltung, Statistische Landesämter, Landesvermessungsämter, Datenzentralen, Katastrophenschutz und Eichverwaltung. Ziel der Landesregierung muss es sein, noch im Laufe des Jahres 2001 auf einzelnen Gebieten zu konkreten Verabredungen im Sinne des Berichtsantrags zu kommen. Herr Hay hat zu Recht darauf hingewiesen, dass wir dazu Partner brauchen. Ohne Partner gibt es keine Zusammenarbeit.

Wir können uns überflüssige Doppelstrukturen nicht leisten. Nur so werden wir bezahlbare Verwal

tungsstrukturen haben, auch wenn die Bundesergänzungszuweisung für die politische Arbeit kleiner Länder auslaufen sollte. Die Landesregierung hat die Unterstützung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den Weg der weiteren Kooperation mit den anderen norddeutschen Ländern mutig und andere motivierend zu gehen. Wir alle müssen auf unsere Fraktionen der anderen Bundesländer einwirken, damit diese Kooperation von dort auch unterstützt wird.

Dabei teilen wir die drei Grundsätze, von denen sich die Landesregierung bei der Zusammenarbeit im norddeutschen Raum leiten lässt. Frau Simonis hat ja darauf hingewiesen: Die Zusammenarbeit und kooperative Lösungen müssen für die Bürgerinnen und Bürger insgesamt vorteilhafter sein. Entgegengesetzte Interessen müssen deutlich ausgesprochen werden und ein funktionierender Föderalismus muss immer auf einem fairen Interessenausgleich basieren.

(Unruhe)

Meine Fraktion geht davon aus -

(Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, es ist etwas zu unruhig im Haus und auch auf der Regierungsbank.

Vielleicht hört die Regierung eher zu, wenn ich sie kritisiere, aber eigentlich bin ich noch beim Lob.

(Heiterkeit bei der CDU)

Meine Fraktion geht davon aus, dass unter Beachtung dieser Grundsätze eine stärkere Zusammenarbeit der norddeutschen Länder nicht nur aus finanzieller Sicht notwendig ist, sondern dass diese Zusammenarbeit auch inhaltlich für alle Beteiligten von Vorteil ist, zumal wir im Rahmen der Ostseekooperation als Nordländer zusammenarbeiten müssen, um den neuen Herausforderungen gerecht zu werden.

(Beifall des Abgeordneten Rolf Fischer [SPD])

Spätestens wenn das Land ernst macht und eigene Strukturen auflöst, wird es hier im Parlament zum Schwur kommen,

(Glocke des Präsidenten)

Frau Abgeordnete, kommen Sie bitte zum Schluss.

- ich komme zum Schluss - ob wir tatsächlich alle dazu stehen, dass Verwaltung schlanker werden soll. Die Eckdaten der künftigen Haushalte - Sie kennen die mittelfristige Finanzplanung - lassen jedoch keine Alternative zu.

Angesichts der Notwendigkeit, sich in Zukunft in einem vereinten Europa als Region zu präsentieren, würden wir eine große Chance vertun, wenn die norddeutschen Länder in den nächsten Jahren nicht verstärkt zusammenarbeiten.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD sowie des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Ich erteile Frau Abgeordneter Spoorendonk das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Hauptanliegen des Berichtsantrages aus der JuniLandtagstagung war eigentlich, dass der Landtag einen Bericht über die weiteren Pläne zur Zusammenarbeit zwischen den norddeutschen Ländern bekommt.

(Beifall der Abgeordneten Roswitha Strauß [CDU])

Die Landesregierung hat aber gleich die Gelegenheit genutzt, um über die gesamte Bandbreite der Zusammenarbeit und über die bisher gemachten Erfahrungen zu berichten. Das ist sinnvoll, da wir somit einen Überblick über die bisherige Entwicklung erhalten. Erst im letzten Abschnitt des Berichts wird auf die geplante Zusammenarbeit in den einzelnen Bereichen eingegangen.

(Martin Kayenburg [CDU]: So ist es! Ge- nau!)

In der Einleitung des Berichts stellt die Landesregierung klar, dass die Diskussion über einen möglichen Nordstaat - liebe Kollegin Happach-Kasan - ad acta gelegt werden kann. Die Debatte über den Nordstaat war immer eine Art Phantomdiskussion. Man kann nur allen raten, diese Gedanken endlich beiseite zu legen ich könnte hinzufügen: Brandenburg lässt grüßen.

(Beifall beim SSW)