Protokoll der Sitzung vom 15.11.2000

Ich meine, dass dieser interdisziplinäre Ansatz ungeheuer zukunftweisend und wichtig ist und Beachtung verdient.

(Beifall bei F.D.P. und CDU)

Auf Seite 44 wird in der Antwort des Umweltministeriums gesagt:

(Dr. Ekkehard Klug)

„Es gibt in Schleswig-Holstein keine Untersuchung zu der Frage der Integration von Absolventen umweltbezogener Studiengänge in den Arbeitsmarkt.“

Herr Minister Müller, zumindest für einen Teilbereich darf ich Sie darauf hinweisen, dass Sie auf der Website des Geographischen Instituts der Universität Kiel eine Studie - im vergangenen Jahr veröffentlicht, mit finanzieller Unterstützung des Kultusministeriums durchgeführt - zum Thema „Verbleibsanalyse der Absolventinnen und Absolventen des Kieler Diplomstudiengangs Geographie“ finden können. Inwieweit diese umweltrelevant ist, können Sie im Übrigen aus den Lehrveranstaltungen und den Diplomarbeiten, deren Themen man sich auch im Internet ansehen kann, ablesen.

(Beifall bei F.D.P. und CDU - Wolfgang Ku- bicki [F.D.P.]: Sehr gut!)

Von besonderer Bedeutung für die Umweltbildung ist die Entwicklung neuer fachdidaktischer Konzepte für die Praxis im Schulunterricht. Auch hier hat unser Land deutlich mehr zu bieten, als die Antworten des Umweltministeriums erkennen lassen.

Erwähnenswert finde ich die Beteiligung der Geographen der Kieler Universität, hier speziell von Professor Wolfgang Hassenpflug und seinen Mitarbeitern von der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät, an dem von der EU-Kommission in Brüssel finanzierten und vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Köln koordinierten internationalen Projekt - jetzt kommt ein englischer Bandwurmausdruck „Computer Aided System for Teleinteractive Learning in Environmental Monitoring“, abgekürzt CASTLE. Die Abteilung Geographie der EWF an der Universität Kiel hat dabei unter anderem - um einmal die Praxisanwendung deutlich zu machen - einen Lehrgang zur Anwendung von Satellitenbildern für Umweltfragestellungen im Schulunterricht entwickelt.

Ich habe mir das dort an der Universität einmal selbst vorführen lassen. Ich fand es sehr eindrucksvoll, wie man einen interessanten Erdkundeunterricht mit umweltrelevanten Fragestellungen unter Einsatz moderner Technologie, modernster Informations- und Kommunikationstechnologien in den Schulen durchführen kann. Das ist ungeheuer interessant, wird im Übrigen auf der Website des Landesbildungsservers des IPTS eingehend vorgestellt. Dass die Kieler Universität an europäischen Projekten mitwirkt, an denen Universitäten aus Großbritannien, aus Spanien, aus den Niederlanden und andere Forschungseinrichtungen, auch aus Deutschland, beteiligt sind und wir aus Kiel einen wichtigen Beitrag dazu beisteuern, halte ich schon für erwähnenswert.

Wenn es in der Antwort auf die Große Anfrage auf Seite 21 oben heißt, „An den Hochschulen gibt es keine speziellen, nur die Umweltbildung betreffenden Projekte“, ist das zumindest unter dem Aspekt, den ich eben vorgetragen habe, zu relativieren. Das ist insoweit eine Information, die in Ihrem Ministerium vielleicht noch fehlt.

(Beifall bei F.D.P. und CDU)

Ich komme zum außerschulischen und außeruniversitären Bereich. Die finanzielle Ausstattung der Akademie für Umwelt und Natur ist von Jahr zu Jahr gestiegen. Dies wird von der F.D.P. auch als notwendig erachtet, um ein speziell an den natürlichen Gegebenheiten des Landes orientiertes Bildungsangebot zur Verfügung zu stellen.

Auf den von der Akademie organisierten Naturschutztagen haben in diesem Jahr die verschiedensten in unserem Land im Naturschutzbereich tätigen Gruppen aus ihrer Arbeit berichtet und ihr großes Wissen eindrucksvoll dokumentiert. Die sehr unterschiedlichen Kooperationspartner der Akademie zeigen, dass die Einrichtung breit akzeptiert wird. Es ist allerdings auffällig, dass in der Liste der Veranstaltungen, die vom IPTS als Lehrerfortbildungsveranstaltungen anerkannt wurden, gerade ein Viertel von der Akademie veranstaltet werden. Hier ist zu überlegen, ob dieser Anteil nicht noch erhöht werden kann.

In der Darstellung der finanziellen Ausstattung der Umweltbildung werden die Mittel der Projektförderung im Natur- und Umweltschutz, die durch das LANU bewilligt werden, ebenfalls aufgelistet. Sie kommen jedoch - wie wir meinen - nur zu einem sehr kleinen Teil der Umweltbildung zugute und sind wohl nur aufgeführt worden, um die Bilanz etwas aufzubessern.

Ich kann etwas unterstreichen, was auch schon von anderen Rednern gesagt worden ist. Zu den wirklich sehr erfreulichen Entwicklungen im Bereich der Umweltbildung gehört das Multimar Wattforum in Tönning. Es ist eine großartige Einrichtung.

(Beifall bei F.D.P. und CDU)

Sie hat sich seit ihrer Einweihung im Jahre 1999 als Besuchermagnet erwiesen. Mit 170.000 Besuchern liegt hier eine wirklich sehr eindrucksvolle Bilanz vor. Das ist vor allem einem gut durchdachten, didaktisch und methodisch überzeugenden, sehr modernen Konzept zu danken.

Ich komme zu einem anderen Thema. Das Kapitel Umweltbildung und Agenda 21 dokumentiert demgegenüber das weitgehende Unvermögen der Landesregierung, die Umsetzung der Beschlüsse von Rio zu befördern. Die Richtigkeit dieser Beschlüsse zur

(Dr. Ekkehard Klug)

Nachhaltigkeit in der Umweltpolitik ist unbestritten, die Notwendigkeit ihrer Umsetzung auf kommunaler Ebene ebenfalls. Dennoch haben wir keinen Bedarf an neuen organisatorischen Strukturen, Arbeitskreisen, Gutachten und Leitlinien. Diese Instrumente einer bürokratischen grünen Symbolpolitik sind überflüssig. Sie dienen der Befriedigung der eigenen Klientel, aber nicht der Gestaltung konkreter Politik und schon gar nicht der Bildungsarbeit.

(Beifall bei F.D.P. und vereinzelt bei der CDU)

Ich kann es Ihnen nicht ersparen. Zum Stichwort „Klientelpflege“ zählt auch die in der Antwort des Ministeriums auf Seite 18, wo es um BingoLotto geht, unerwähnt gebliebene Inanspruchnahme von Mitteln des BingoLottos durch die Kommunalpolitische Vereinigung, Kopov. Diese Organisation wird auf der Website der Bundespartei der Grünen ganz offen in einer „Liste Grüner Links“ aufgeführt und als „bündnisgrüne Adresse“ gekennzeichnet. Ich meine, die Finanzierung von Parteiarbeit - dazu gehören auch die Aktivitäten kommunalpolitischer Vereinigungen von Parteien - kann nicht Sinn und Zweck solcher Fördertöpfe wie BingoLotto sein.

(Beifall bei F.D.P. und CDU)

So wichtig und legitim sonst Parteiarbeit und die Arbeit parteinaher Einrichtungen und Stiftungen ist - das ist klar; die haben eine öffentliche Förderung und das alles hat seinen Platz -, so wenig darf das aus solchen Fördertöpfen finanziert werden, wie es das BingoLotto darstellt. Das bleibt unsere Auffassung.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das hat mit der grünen Partei nichts zu tun!)

Ich freue mich darüber, dass der Kollege Günter Neugebauer hierzu kritische Worte gefunden hat. Ich danke Ihnen - ich habe meine Redezeit etwas überschritten - für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei F.D.P. und CDU)

Alles Weitere zu diesem Themenkomplex wird meine Kollegin Christel Happach-Kasan im Ausschuss bei der weiteren Beratung dieser Antwort auf die Große Anfrage nachtragen.

(Beifall bei F.D.P. und CDU)

Das Wort hat jetzt Frau Abgeordnete Fröhlich.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mir - ähnlich wie das andere Kollegen hier auch schon gemacht haben - erlaubt, an diesen Bericht schwerpunktmäßig heranzugehen, ihn also nicht in Gänze vorzustellen. Das hat der Umweltminister ausreichend getan. Ich habe mir einen besonderen Aspekt herausgesucht, über den ich als Politikerin von der Westküste wahrscheinlich am ehesten kompetent Auskunft geben kann.

Trotzdem möchte ich vorweg bemerken, dass die vorgetragenen Aspekte zu der Großen Anfrage mit dazu beitragen, Klarheit und vielleicht auch Einigkeit darüber zu schaffen, welches die Prioritäten der Umweltbildung für uns sind. Das ist wohl auch notwendig, zumal wir nicht alles beliebig ausweiten können, auch wenn wir es gern möchten.

Herr Dr. Klug, als Sie hier ans Pult gingen und als erstes den Lehrermangel beklagten, habe ich gedacht: Ach ja, das ist immer dieselbe Musik, die der Dr. Klug macht. - Während Ihrer Ausführungen habe ich aber dann doch Respekt vor dem bekommen, was Sie uns beziehungsweise dem Ministerium ins Stammbuch schreiben. Das kann tatsächlich keiner so gut wie Sie, weil Sie auch selber in der Uni sind

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

und das als Politiker gut herausstellen können. Das will ich gern zugestehen. Es macht mir auch gar nichts, wenn es da vielleicht ein bisschen zwielichtigen Beifall gibt.

(Beifall des Abgeordneten Konrad Nabel [SPD])

Für mich ist das Freiwillige Ökologische Jahr ein wunderbares, inzwischen auch gut bekanntes Modell von Umweltbildung, das mir vor Augen ist, das gleich in zwei Richtungen hervorragend funktionieren kann und aus meiner Sicht multifunktional als Beispiel für gelungene Umweltbildung dient.

Die Zivildienstleistenden und die Freiwilligen, die bei verschiedenen Naturschutzorganisationen entlang der Westküste ihren Dienst verrichten, sind Multiplikatorinnen und Multiplikatoren, weil neben der Schutzgebietsbetreuung der Schwerpunkt ihrer Arbeit die Umweltbildung ist. Mit ihren Wattführungen, den vogelkundlichen und botanischen Spaziergängen und dem vielfältigen Vortragsangebot erreichen sie Menschen aller Altersgruppen, wie es ja schon die Umweltbildungsdefinition der Landesregierung vorgegeben hat.

Aber während die jungen Menschen Bildung vermitteln, Menschen über die biologischen Zusammenhänge, aber auch über die Naturschönheiten der Westkü

(Irene Fröhlich)

ste informieren und ihnen vielleicht auch die Augen für das eine oder andere Besondere im Wattenmeer öffnen, das sie sonst vielleicht gar nicht gesehen hätten, während sie also Umweltlehrer, „Umweltbildner“ sind, werden sie selber weitergebildet. Das scheint mir schlechthin ein besonders gutes Modell von Bildung zu sein.

Es ist faszinierend mitzuerleben, wie sich die jungen Menschen in diesem einen Jahr, das sie an der Westküste verbringen, verändern und wie sie ihre Persönlichkeit entwickeln. Dies scheint mir in erster Linie daran zu liegen, dass ihnen, wenn sie vielleicht auch gerade zum ersten Mal ihr Elternhaus für eine längere Zeit verlassen haben, Verantwortung übertragen wird. Sie sind selbst für den Schutz des Lebensraumes mitverantwortlich, über den sie Wissen vermitteln wollen, und sie tun dies mit großer Begeisterung.

Auch hierin wird ein Prinzip von Umweltbildung deutlich, das sich aus meiner Sicht wie ein roter oder grüner Faden durch die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der CDU-Fraktion zieht. Wo immer möglich, ist Umweltbildung mit konkreten Handlungsanleitungen und Impulsen zur Verhaltensänderung verbunden. Das ist aus meiner Sicht auch ein Aspekt der geforderten Nachhaltigkeitsdiskussion. Das sollten wir an dieser Stelle auch festhalten, um es weiterzuentwickeln.

In den vergangenen Jahren hat sich gezeigt, dass die jungen Menschen nicht nur ein Jahr ihres Lebens dem Umweltschutz widmen, sondern auch in ihren späteren Ausbildungen und Berufen Natur- und Umweltschutzgedanken weitertragen und somit eine wichtige Multiplikatorfunktion ausfüllen. So ist diese Zeit eine hervorragende Möglichkeit, Persönlichkeit zu entwikkeln, sich für die Berufswahl zu orientieren, selbstständiges Arbeiten und Eigenverantwortung zu erlernen. Es sind nicht nur Ersatzdienstleistende, die Jahr für Jahr hier zum Einsatz kommen; seit 1991 sind bislang genau 73 junge Frauen und Männer im Freiwilligen Ökologischen Jahr dabei. Ich freue mich, dass im Haushaltsentwurf die Zahl der FÖJ-Stellen im Lande von 70 auf 100 erhöht worden ist.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dies ist aus unserer Sicht ein wichtiger Schritt und ein Zeichen für die Bedeutung, die auch die Landesregierung dem Freiwilligen Ökologischen Jahr beimisst.

Frau Todsen-Reese, ich möchte Ihnen an dieser Stelle gern einmal sagen: Ihnen ist es ja freigestellt, zum Haushalt auch entsprechende Anträge einzubringen,

(Beifall bei der F.D.P.)

aber gerade unter dem Aspekt, dass wir hier gleichzeitig vor der Notwendigkeit stehen, ebenfalls im Interesse der nachfolgenden Generationen möglichst einen sparsamen Haushalt vorzulegen, möglichst einen Haushalt vorzulegen, in dem die Prioritäten deutlich werden, ist auch dies ein Schritt in die richtige Richtung und kann uns beflügeln, vielleicht noch etwas stärker in die Prioritätensetzung hineinzukommen. Vielleicht gibt es da ja Gemeinsamkeiten. Ich bin gespannt darauf.

Ich plädiere dafür - das möchte ich dann an dieser Stelle ebenfalls sagen und die Gelegenheit dazu nutzen -, dass ein Großteil dieser neu geschaffenen Stellen - das mag man mir verzeihen; das ist vielleicht ein bisschen regionaler Egoismus - an der Westküste zum Einsatz kommt.