Protokoll der Sitzung vom 15.11.2000

und das, obwohl die Drucksachen beide das Datum vom 7. November tragen, sodass die Regierungsfraktionen eigentlich von diesem Bericht offiziell noch gar nichts wissen konnten.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Das ist die Vor- zugsbehandlung!)

Landesregierung und Mehrheitsfraktionen denken und handeln in geradezu fernöstlich anmutender vollkommener Harmonie - wie schön!

(Heiterkeit und Beifall bei der F.D.P.)

(Günther Hildebrand)

Schade nur, dass Sie diese Einigkeit immer nur beim Griff in die Taschen von anderen an den Tag legen.

(Beifall bei der F.D.P. und vereinzelt bei der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen, die F.D.P. hat es zwischenzeitlich aufgegeben, nach dem tieferen Sinn Ihres Vorgehens zu forschen. Mit der Einrichtung des Sonderausschusses „Kommunales“ fing alles an. Dieser sollte holterdiepolter irgendeinen Grund für das Notopfer der Kommunen finden. Als das nicht gelang, gab es keinen Grund mehr, den Ausschuss weiterarbeiten zu lassen. Er wurde ohne großes Aufheben aufgelöst, allerdings nicht, ohne eine Beschlussempfehlung abzugeben, die nicht im Geringsten die Ergebnisse - oder besser: Nicht-Ergebnisse! - der Arbeit des Ausschusses wiedergibt. Der Ausschuss hat sich nicht etwa mit der Frage einer differenzierten Kreisumlage oder einer Sonderausschüttung des KIF beschäftigt, noch nicht einmal am Rande haben wir diese Themen im Sonderausschuss auch nur ansatzweise berührt, sondern sie wurden von den Mehrheitsfraktionen einfach ohne Beratung in die Beschlussempfehlung eingebracht ohne jede Aussprache und Diskussion. Um jeglicher Legendenbildung vorzubeugen: Der Ausschuss hat diese Beschlussempfehlung gegen die Stimmen der F.D.P. beschlossen. Wir Liberalen haben mit diesem Unsinn nichts zu tun.

(Beifall bei der F.D.P. und vereinzelt bei der CDU - Zuruf des Abgeordneten Holger Astrup [SPD])

Auf diese Feststellung müssen wir Wert legen. Darauf ist Rot-Grün ganz allein gekommen.

Sie haben augenscheinlich nur eine Gelegenheit gesucht, Dinge, die Sie sowieso machen wollten, unter dem Deckmantel des Sonderausschusses auf den Weg zu bringen. Heute führen wir eine Debatte, damit Sie sagen können, wir haben doch die Ergebnisse des Berichts der Landesregierung eingehend beraten. Dass Sie zeitgleich schon die Ergebnisse der Debatte durch die Einbringung eines eigenen Gesetzentwurfs vorweggenommen haben, ist dabei offenbar nur ein kleiner Schönheitsfehler.

Bevor Sie vollendete Tatsachen schaffen, hätte der Landtag und insbesondere die zuständige Enquetekommission die Chance auf eine ergebnisoffene Debatte dieses Berichts verdient gehabt. Das ist jetzt nicht mehr möglich.

Zu den Punkten Sonderopfer FAG, KIF, interkommunaler Finanzausgleich der Kreise, differenzierte Kreisumlage und Jugendhilfekosten hat sich damit jede weitere Diskussion erledigt - auch in der Enquete

kommission. Der Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen schafft vollendete Tatsachen, ohne die Enquetekommission zu fragen und ohne eine Bewertung des Berichts abzuwarten. Warum tragen wir die Enquetekommission nicht gleich heute zu Grabe,

(Beifall bei der F.D.P.)

wenn sie von den Regierungsfraktionen ohnehin nicht ernst genommen wird? Für das Ableben tragen Sie von der Koalition allerdings die alleinige Verantwortung.

Und der Herr Ausschussvorsitzende der Enquetekommission hat es ja auch bisher mit einer großen Akribie und Gründlichkeit immer wieder geschafft, dass es in dieser Enquetekommission nicht zu Ergebnissen kommt, sondern dass diese ihre Sitzungen immer nach einer oder anderthalb Stunden ohne jedes Ergebnis beenden musste.

(Dr. Ekkehard Klug [F.D.P.]: Lauter Puls- Referate!)

- Sozusagen, sehr schön! Da bleiben aus dem Bericht als traurige Restposten nur noch die Übertragung der Schulträgerschaft auf die Kommunen und die Förderung von Gewerbegebieten übrig. Die Landesregierung erteilt beiden Vorhaben eine Absage, die an Deutlichkeit nicht zu überbieten ist, und es stellt sich auch bei diesen so genannten Arbeitsaufträgen des Sonderausschusses erneut die Frage, welchen Zweck diese Beschäftigungstherapie für die Landesverwaltung denn haben soll. So stellt die Landesregierung zur Frage, wie die Schulträgerschaft zukünftig lastenfrei von Kreisen auf die Kommunen verlagert werden kann, lapidar fest:

„Von einer Änderung des Schulgesetzes in diesem Punkt sollte daher abgesehen werden, weil die offenbar gewünschten Regelungen bereits jetzt möglich sind.“

Das hätte möglicherweise auch die SPD vorher wissen können. Ich kann nur sagen: Treffer - versenkt!

Gleiches gilt für die Neuordnung der Förderung von Gewerbegebieten. Abgesehen davon, dass man zur Klärung dieser Frage auch einfach den Wirtschaftsminister in einer regulären Ausschusssitzung hätte fragen können

(Glocke des Präsidenten)

- ich komme zum Schluss, ich bin gleich fertig, Herr Präsident! -, ist das Ergebnis der Prüfung äußerst dürftig, sodass sich eine weitere Diskussion über ein Problem, das anscheinend keines ist und auch nie eines war, an dieser Stelle erübrigt.

Das Plenum kann den Bericht heute abschließend beraten, dem Innen- und Rechtsausschuss oder der

(Günther Hildebrand)

Enquetekommission überweisen. Einen Unterschied macht es nicht, da durch den Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen bereits vollendete Tatsachen geschaffen wurden. Der Gesetzentwurf kann entweder nur abgelehnt oder grundlegend überarbeitet werden. Große Erwartungen in die Lernfähigkeit der Mehrheitsfraktionen dieses Hauses haben wir aber schon lange nicht mehr. Wir werden trotzdem im Interesse der Kommunen alles daran setzen, dass dieser Gesetzentwurf in der vorliegenden Form nicht verabschiedet wird.

(Beifall bei F.D.P. und CDU)

Ich erteile Frau Abgeordneter Heinold das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Beschluss des Sonderausschusses hatte vor allem zwei Ergebnisse: erstens die Feststellung, dass unter Berücksichtigung der Haushaltssituation des Landes den kommunalen Gebietskörperschaften ein Beitrag zur Konsolidierung des Landeshaushalts zugemutet werden muss und dass dazu auch die Förderprogramme des Landes generell überprüft werden müssen, und zweitens einen Auftrag an die Landesregierung, dem Landtag zu verschiedenen Sachbereichen im Zusammenhang mit dem Finanzausgleichsgesetz Änderungsvorschläge zu unterbreiten.

Ich möchte kurz auf die einzelnen Punkte eingehen.

Erstens. Förderprogramme: Die Förderprogramme sind von der Landesregierung überprüft worden. Detaillierte Listen der Regierung bieten nun eine gute Grundlage für die fraktionsinternen Haushaltsberatungen.

Zweitens. Entnahme aus dem kommunalen Finanzausgleich: Nach ausführlichen und schwierigen Beratungen bringen SPD und Grüne heute mit der Änderung des Finanzausgleichsgesetzes den Vorschlag in das Parlament ein, die Finanzausgleichsmasse nicht, wie von der Regierung geplant, um jährlich 100 Millionen DM, sondern um viermal 75 Millionen DM zu kürzen. Hinzu kommt, dass der politische Beschluss gefasst wurde, die Kommunen nicht, wie ursprünglich geplant, mit einem Drittel der Kosten des Unterhaltskostenvorschussgesetzes zu belasten, das wären 15 Millionen DM gewesen.

Ich möchte an dieser Stelle sehr deutlich sagen, dass der heutige Entwurf dennoch eine Belastung für die Kommunen ist. Diese Belastung fällt uns schwer. Das ist kein Schritt, den wir leichten Herzens tun. Wir kennen die schwierige Situation vieler Kommunen in

unserem Land, aber wir haben uns - Herr Schlie hat das vorhin ja auch noch einmal erwähnt - politisch entschieden, aufgrund der Finanzsituation des Landes, aufgrund der politischen Schwerpunktsetzung des Landes, dies so zu machen.

Das Nächste, Kommunaler Investitionsfonds: Hier hat die Landesregierung gemeinsam mit dem Beirat des Kommunalen Investitionsfonds ein Modell zum Abbau des Sanierungsstaus an den Schulen entwickelt, welches nur in sehr geringem Maß zu einer Reduzierung der KIF-Masse führt. Dadurch bleibt der Kommunale Investitionsfonds als Förderinstrument erhalten und dennoch können dringend nötige Sanierungs- und Schulbaumaßnahmen durchgeführt werden. Gemeinsam mit dem Finanzausgleich und den Schulbaumitteln des KIF wird so ein 550-Millionen-DM-Programm aufgelegt. Maßnahmen können vorgezogen werden. Das ist genauso erfreulich wie notwendig, denn in vielen Schulen des Landes gibt es unstrittig dringenden Handlungsbedarf.

(Thorsten Geißler [CDU]: Das stimmt!)

Ich gehe davon aus, dass die Sanierungsmaßnahmen auch zum Ziel des Erreichens der Energieeinsparung und der CO2-Reduzierung - die wir uns alle vorgenommen haben und die notwendig sind - beitragen werden.

Die grüne Fraktion begrüßt dieses Modell ausdrücklich. Es macht deutlich, dass wir mit vereinfachten Kräften trotz knapper Kassen wichtige Maßnahmen umsetzen können.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten Lothar Hay [SPD] und Andreas Beran [SPD])

Auch die weiteren Vorschläge zur Änderung des kommunalen Finanzausgleichs werden aus unserer Sicht überwiegend positive Effekte haben. Allerdings ist die neue Möglichkeit, dass es zukünftig neben Darlehen auch Zuschüsse geben kann, von der Höhe der Mittel im KIF insgesamt abhängig.

Wir haben auf Wunsch unseres Koalitionspartners aufgenommen, dass aus dem Kapitalstock jährlich 15 Millionen DM in den allgemeinen Finanzausgleich fließen. In der Ausschussberatung müssen wir gemeinsam mit den Kommunen diskutieren, ob das tatsächlich sinnvoll ist.

(Beifall der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Sinnvoll ist hingegen, dass der Förderkatalog des KIF zukünftig nur noch eine Negativabgrenzung nicht förderfähiger Investitionsmaßnahmen enthält. Damit kann beispielsweise auch der Bau einer Kindertages

(Monika Heinold)

stätte gefördert werden. Ein Problem, wie wir es zum Beispiel gerade in Dithmarschen haben, könnte so gelöst werden.

Sinnvoll ist auch die vorgeschlagene Richtlinienänderung des KIF zur Förderung von Gewerbegebieten ich weiß nicht, Herr Kollege Hildebrand, ob Sie das gelesen haben; aber es steht sehr deutlich drin -, welche bei der Förderung von Grunderwerb und Erschließung sowohl von Gewerbe- als auch von Wohnbauflächen eine maximale Darlehenslaufzeit von wahlweise drei bis fünf Jahren festschreibt und damit Mitnahmeeffekte, vor allem bei der Finanzierung von Gewerbegebieten, weitestgehend ausschließt. Das ist notwendig.

Für die Forderung des Sonderausschusses nach einer Vereinfachung des Bewilligungsverfahrens kann die Landesregierung keine Vorschläge machen. Sie sagt in Übereinstimmung mit den kommunalen Landesverbänden, dass das Verfahren so verwaltungsökonomisch wie möglich abläuft. Wenn das so ist, ist das aus unserer Sicht in Ordnung und dann bedarf es keiner Änderung.

Auf die übrigen Änderungen des Finanzausgleichsgesetzes mit Auswirkung auf die Verteilung der Gelder innerhalb der kommunalen Familie ist mein Kollege Astrup ausführlich eingegangen. Ich will das nicht wiederholen. Ich möchte aber für meine Fraktion deutlich herausstellen, dass wir uns freuen, dass es nach jahrelanger Diskussion jetzt Änderungsvorschläge gibt. Sie liegen Ihnen auf dem Tisch, Herr Schlie! Sie drücken sich davor.

(Holger Astrup [SPD]: So ist es! - Klaus Schlie [CDU]: Ach Gott, Frau Heinold!)

Sie sprechen, wie immer, mit gespaltener Zunge. In Stormarn beispielsweise sind es Ihre Kollegen, die uns den Vorwurf machen, wir würden nicht handeln. Und hier im Landtag stellen Sie sich hin und sprechen von einem Schnellschuss.