Wir kommen jetzt zu Dreiminutenbeiträgen. Nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich Herrn Abgeordneten Reinhard Sager das Wort.
Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Die Kollegin Heinold hat den Kolleginnen und Kollegen von der F.D.P. vorgeworfen, sie wollten mit ihrem Gesetz über die Standardfreigabe Gesetze außer Kraft setzen. Frau Heinold, ich glaube, Sie haben das nicht begriffen.
Standards resultieren im Wesentlichen aus landesgesetzlichen Vorgaben, die wir für eine Zeit lang in die Verantwortung der Kommunen bringen wollen. Davor haben Sie Angst. Sie sind der Blockadeteil dieser Landesregierung; Sie sind die größte Bremse. Das, was Sie an vermeintlichen Kompromissen erarbeitet haben, ist in Wirklichkeit nichts anderes als Ihre Angst vor sich selbst.
Sie haben Angst, den Kommunen wieder eine größere Eigenverantwortung zu geben. Das ist bei dem Streit deutlich geworden.
Lassen Sie mich etwas zu dem Thema Vorwegabzüge sagen. Es ist grotesk, der Kollege Schlie hat es erwähnt. Wir sitzen in der Enquetekommission und beraten darüber, wie wir das System der Vorwegabzüge auf den Prüfstand stellen können, wie wir von der Politik des goldenen Zügels, von den strikten Vorgaben der Landespolitik hin zu mehr Eigenverantwortung der Kommunen kommen können. Sie aber präsentieren uns heute einen Gesetzentwurf, durch den das Gegenteil dessen eingeleitet werden soll, was wir über die Enquetekommission eigentlich bewirken wollten.
Das ist der Kern des Streits. Ich bin Ihnen dankbar dafür, dass Sie schonungslos darauf hingewiesen haben.
Ich komme nun zum Eingriff in den Finanzausgleich selbst. Frau Simonis, Herr Möller und Herr Buß haben geglaubt, man könne diesen 100-Millionen-DM-Deal ohne weiteres durchziehen. Vor allen Dingen haben sie geglaubt, sie könnten dies losgelöst von ihrer wirklich desolaten Finanzpolitik und der Finanzmisere in diesem Land, die sie selbst zu verantworten haben, tun.
Das ist gründlich danebengegangen. Im Laufe der Haushaltsberatungen, die Mitte Dezember zum Abschluss gebracht werden sollen, ist offenkundig geworden, dass Sie zum heutigen Zeitpunkt noch nicht einmal über einen ausgeglichenen Haushaltsentwurf für 2001 verfügen.
Sie betreiben die Dinge wieder einmal ein Stück weit am Parlament vorbei. Es ist verabredet, in der Sitzung des Finanzausschusses in der nächsten Woche über die Nachschiebeliste zu beraten. Sie haben diese Liste gestern öffentlich verkauft. Diese Liste wird durch die Mehrheitsfraktionen parlamentarisch eingebracht werden; wir kennen das Spiel. Sie können heute jedoch noch nicht einmal einen ausgeglichenen Haushaltsentwurf für 2001 vorlegen. Das ist traurig. Herr Astrup hat offen und fast verräterisch von Zumutungen für die Kommunen gesprochen.
Herr Kollege Astrup, es ist wahr: Es ist eine einzige Zumutung, was Sie mit den Kommunen machen! Die Dreistigkeit, einen windelweichen Kompromiss aus Neumünster als Entlastung für die Kommunen zu bezeichnen, ist wirklich nicht mehr zu überbieten.
Um das wirklich nachzuvollziehen, muss man wohl die Mengenlehre beherrschen. Herr Astrup sagte, das seien nur 5 % der gesamten Finanzausgleichsmasse. Sie entnehmen 5 % und erlassen 25 %. Von den verbleibenden 20 % sollen unsere Gemeinden leben. Das ist Mengenlehre à la SPD. Das wird Ihnen draußen im Lande keiner abnehmen. Sie greifen den Gemeinden erneut ohne jeden sachlichen Grund in die Tasche.
Eine solche Politik lehnen wir ab. Wir werden uns im Laufe der weiteren Beratung entschieden dagegen wehren, dass Sie die Eigenverantwortung in der schleswig-holsteinischen Kommunalpolitik zurückdrängen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Astrup hat in bekannt charmanter Weise drei wesentliche Punkte dieses Gesetzentwurfes genannt. Erstens: Kürzung der Mittel, die den Gemeinden zustehen. Zweitens: Mittelentnahme aus dem KIF. Drittens: Öffnung von Standards und Vorschriften für die Gemeinden. - Das ist Politikchinesisch, das draußen kein Mensch versteht!
Kollege Astrup, ich schlage vor, dass wir das gemeinsam ins normale Leben übersetzen: Wir kürzen Ihre Diäten in dem Umfang, wie Sie den Gemeinden Kürzungen zumuten. Anschließend genehmigen wir Ihnen dann als Ausgleich dafür, von Ihrem eigenen Sparkonto einen gewissen Betrag abheben zu dürfen. Den dürfen Sie allerdings nur zweckgebunden verwenden.
Drittens erlauben wir Ihnen als Ausgleich für den Rest des Fehlbetrages, Ihren Lebensstandard zu reduzieren, weniger für die Betreuung Ihrer Kinder auszugeben, die Maßnahmen für Ihre Weiterbildung - die wir Ihnen ansonsten gönnen - einzustellen und den Unterhalt Ihres Hauses mit weniger Mitteln zu bestreiten.
(Klaus Schlie [CDU]: Schon beim Lebens- standard klappt das bei ihm nicht! - Holger Astrup [SPD]: Das letzte Bier hast du nicht abgelehnt!)
Bei aller Notwendigkeit, über die Frage zu diskutieren, welche Aufgaben von den Gemeinden oder von der kommunalen Familie insgesamt zu erledigen sind, halte ich die als Kompensation angebotene Vorschriftenöffnung für einen ganz besonders dreisten Anschlag auf die kommunale Selbstverwaltung.
Die Gemeinden werden damit erneut gezwungen, die Belastungen aus der Landespolitik an die Bürger weiterzugeben und damit das schmutzige Geschäft der sozialdemokratischen Misswirtschaft hier zu leisten. Das ist genau der Punkt.
(Holger Astrup [SPD]: Können Sie Ihre Worte ein bisschen überlegen? Sie senken das Niveau dramatisch! Ich hoffe, Sie haben das gehört, Herr Präsident! Können Sie das mit dem schmutzigen Geschäft noch einmal überlegen? Ist das möglich?)
Die Reduzierung der öffentlichen Leistungen und die Erhöhung von Steuern und Abgaben ist die zwangsläufige Folge davon.
Das Schlimme daran ist: Nicht das Land, sondern die Gemeinden sind gegenüber dem Bürger die Überbringer dieser schlechten Nachrichten. Das ist so ähnlich wie Marathon.
Die Kommunen erwarten keine vorgeschriebenen Standardabsenkungen im Zusammenhang mit diesem Kassendiebstahl, sondern sie erwarten, dass die Gesetzgeber beachten, dass die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft von den Gemeinden in eigener Verantwortung zu regeln sind - so, wie es die Verfassung vorschreibt. Das ist die Aufgabe.
Dann hat sich die Kollegin Heinold, ungetrübt von jedem kommunalpolitischen Sachverstand, auch noch zu der Finanzlage, unter anderem von Stormarn, geäußert. Ich will dazu nur einen Satz sagen.
Das, was im Bericht zum Finanzausgleichsgesetz schließlich an Vorschlägen vom Innenminister gemacht wird, ist ein ganzer Warenhauskatalog von Angeboten und Möglichkeiten, mit verschiedenen Varianten dargestellt, ohne jede Perspektive, ohne jedes Konzept, ohne jeden Maßstab. Das ist nicht das, was wir in Stormarn wollen. Wir wollen, dass wir endlich nach sauberen, geordneten, gerechten Maßstäben zu einem vernünftigen Finanzausgleich kommen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Mittelpunkt des Gesetzentwurfs - ich mache es auch kurz - steht die mehrjährige Kürzung der Finanzausgleichsmasse. Schon im Frühjahr wurde deutlich: Die Aufstellung eines verfassungsgemäßen Haushalts 2001 würde nur gelingen, wenn die Kommunen helfen.
Die kontroverse Diskussion, die jedem hier im Haus bekannt ist und von der wir eben noch einmal einen Geschmack bekommen haben, will ich nicht erneut aufwärmen. Ich denke, es sind alle Argumente ausgetauscht. Neue gibt es nicht.
Die neue Faktenlage und viele Gespräche mit der kommunalen Ebene haben zu dem Kompromiss geführt, wie er im Gesetzentwurf dargelegt ist.
(Günther Hildebrand [F.D.P.]: Das glaube ich nicht! - Heinz Maurus [CDU]: Die neue Faktenlage ergibt sich aus der Steuerschät- zung!)
Ich will einen Punkt aufgreifen, den Sie, Herr Schlie, vorhin nannten. - Ich spreche gerade mit Herrn Schlie, Herr Maurus!
- Das ist meine Auslegung. - Das kostet das Land immerhin 1 Million DM Zinsen. Ich bitte, das zu berücksichtigen. Das ist bei der Finanzproblematik durchaus eine Leistung, die wir uns zugunsten der Kommunen ans Bein binden.