- lieber Kollege Nabel -, die die Ministerpräsidenten Stoiber, Koch und Teufel auf Bundesebene zum Bundesfinanzausgleich erheben. Obwohl die Kreise rund um Hamburg über die absolut höchste Wirtschaftskraft und die niedrigsten Arbeitslosenzahlen verfügen und auch im Vergleich zu den übrigen Kreisen finanziell sehr gut dastehen, wollen sie weniger zur Solidarität mit den finanzschwachen Kreisen und kreisfreien Städten beitragen.
Das mag aus Sicht der Betroffenen legitim und berechtigt sein. Was uns aber verwundert, ist, dass die Mehrheitsfraktionen des Landtages bereit sind, diesem Anliegen zu folgen. In diesem Zusammenhang möchte ich auf den Bericht der Landesregierung zur Situation der kommunalen Finanzen vom Frühjahr hinweisen, in dem sehr deutlich wird, dass beispielsweise die Landkreise Nordfriesland, Ostholstein und SchleswigFlensburg mit erheblichen finanziellen Problemen zu kämpfen haben. Für die kreisfreie Stadt Flensburg gilt Ähnliches.
Jetzt will man den Finanzausgleich in umgekehrter Robin-Hood-Art ändern: Die Reichen sollen noch reicher werden. Gleichzeitig versucht man die strukturschwachen Regionen des Nordens beispielsweise mit den Mitteln aus dem Regionalprogramm 2000 zu unterstützen. Man gibt also mit der einen Hand und nimmt mit der anderen.
Das kann kein ernst gemeinter Vorschlag der Mehrheitsfraktionen sein. Dadurch würde die Anpassung der Lebensverhältnisse zwischen dem Norden Schleswig-Holsteins und dem Hamburger Randgebiet noch weiter auseinander klaffen.
Dies wiederspricht der klaren Zielsetzung der Landesregierung, die Entwicklung des nördlichen Landesteils zu unterstützen und voranzubringen.
Nach unseren Informationen könnten die Probleme der Kreise im Hamburger Randgebiet auch dadurch gelöst werden, dass sie eine Erhöhung der Kreisumlage vornehmen.
(Günther Hildebrand [F.D.P.]: Dass kann doch wohl nicht wahr sein! Wie ist das denn mit Stormann und Pinneberg? Das gibt es wohl nicht!)
Zu diesem Mittel haben die nördlichen Kreise, lieber Kollege Hildebrand, leider schon lange greifen müssen, um ihre Haushalte zu finanzieren. Es ist nicht einzusehen, warum dies nicht auch von anderen Kreisen vorgenommen werden kann.
Durch die vorgeschlagene Möglichkeit einer differenzierten Kreisumlage werden darüber hinaus Streitigkeiten über die Finanzen auf die kommunale Familie abgewälzt. Auch hier hat der SSW Bedenken. Die kommunalen Landesverbände lehnen die Vorschläge des Gesetzentwurfs zur differenzierten Kreisumlage ab.
- Lieber Kollege Hildebrand, wir werden noch genug Zeit haben, dies alles miteinander zu diskutieren. Ich möchte mit meiner Rede gern fortfahren.
Man kann sich die Schlammschlacht, die womöglich innerhalb der Kreise ausbrechen wird, vorstellen. Dies kann nicht das Ziel der Landesregierung sein.
So richtig es ist, steuerstarke Gemeinden stärker finanziell am Gemeinwesen zu beteiligen, so schwierig wird der vorgeschlagene Weg sein. Wir meinen, dass die Kreise lieber verstärkt das Instrument der Förderrichtlinien nutzen sollten, um finanzschwache Gemeinden zu stärken, und zwar dadurch, dass finanzstarke Gemeinden bei der Förderung weniger berücksichtigt werden.
Vielleicht sollte man sich in Anlehnung an das vom Kollegen Astrup vorhin genannte Beispiel überlegen, ob man vielmehr mit Verträgen innerhalb des interkommunalen Finanzwesens arbeiten könnte.
Der SSW lehnt - wie gesagt - nicht alle Vorschläge dieses Gesetzentwurfs ab. Beispielsweise können wir die vorgeschlagene Änderung bei den Jugendhilfekosten unterstützen. Es erscheint sinnvoll, dass die Ausgaben für die Jugendhilfe in Zukunft über den kommunalen Finanzausgleich geregelt werden und nicht mehr über den Haushalt des Jugendministeriums. So würden die Aufgaben- und die Finanzierungsverantwortung im Bereich der Jugendhilfeausgaben zusammengeführt werden.
Wichtig ist, dass das bisherige Verteilungsverfahren innerhalb der Kreise und kreisfreien Städte gemäß der Jugendhilfefinanzierungsbeteiligungsverordnung - so heißt sie wirklich - beibehalten wird,
sodass bei der Verteilung der Mittel die Bevölkerungsstruktur, die Sozialstruktur und die Höhe der Aufwendungen in der Jugendhilfe weiterhin zu berücksichtigen sind. Auch muss ein Mitwachsen des FAG-Ansatzes mindestens im Umfang der bisherigen Dynamisierungsregelung im Jugendförderungsgesetz gewährleistet werden.
Den vorgeschlagenen Änderungen des Kommunalen Investitionsfonds - KIF - steht der SSW positiv gegenüber. Da der Vorschlag, vier Jahre lang jeweils 50 Millionen DM aus dem KIF zu entnehmen und für investive Maßnahmen der Kommunen zu nutzen, aus sicherlich verständlichen Gründen keine Unterstützung der kommunalen Landesverbände gefunden hat, erscheint das jetzt gefundene Finanzierungsmodell zum Abbau des Sanierungsstaus bei den Schulen viel versprechender.
Aus dem Bericht geht hervor, dass eine Vorfinanzierung durch den KIF einen Investitionsschub bei den kommunalen Schulträgern ermöglichen würde, der den akuten Stau bei Sanierungen und Neubauten im Schulbau abbauen könnte, und zwar ohne eine Änderung des FAG. Nur die Richtlinien des KIF müssten geändert werden.
Die beiden konkreten Vorschläge zum KIF finden die Zustimmung des SSW. So erscheint es sinnvoll, zur Verbesserung der Einsatzmöglichkeiten der KIFMittel auch künftig Zuschüsse bis zur Höhe des jährlichen Überschusses für besondere Förderungsschwerpunkte gewähren zu können.
Dass die von Gemeinden gegründeten Wasser- und Bodenverbände in Zukunft Darlehen und Zuschüsse aus dem Kommunalen Investitionsfonds erhalten können, erscheint uns auch unproblematisch.
Ich fasse also zusammen: Es gibt eine Reihe von Vorschlägen, die durchaus unsere Unterstützung finden. Dennoch werden wir natürlich darauf drängen, dass in der Ausschussberatung Detailfragen diskutiert werden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass wir als Landesparlament verfassungsrechtlich verpflichtet sind, für eine funktionierende kommunale Selbstverwaltung zu sorgen und im Rahmen unser Möglichkeiten eine aufgabengerechte und aufgabenangemessene Finanzausstattung der Kreise, Städte und Gemeinden zu gewährleisten.
Für den Finanzausgleich zwischen Land und Kommunen und für die gerechte Aufteilung der verfügbaren kommunalen Finanzausgleichsmasse zwischen den Kommunen gibt es landesgesetzliche Regelungen, die mit Rücksicht auf die prekäre Haushaltssituation des Landes durch den Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN geändert werden sollen. Herr Astrup hat den Gesetzentwurf eingebracht.
Der Gesetzentwurf ist von einem parlamentarischen Sonderausschuss vorbereitet worden. Nach Abschluss der Arbeiten des Sonderausschusses hat der Landtag eine Enquetekommission eingesetzt, deren Aufgabe es ist, losgelöst von fiskalischen Kurzatmigkeiten, die durch den Zeitdruck der jährlichen Haushaltsberatung bedingt sind, ein Konzept zur nachhaltigen Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen vorzulegen. Die Enquetekommission ist auch beauftragt, zu den Themenbereichen Kommunalverfassung und Funktionalreform Konzepte vorzulegen.
Der uns heute vorgelegte Bericht der Landesregierung enthält ebenfalls Vorschläge zu Veränderungen im kommunalen Finanzausgleich und zu weiteren Möglichkeiten einer Umverteilung der Aufgaben zwischen Land und Gemeinden - hier sei das Stichwort Funktionalreform genannt - sowie einer möglichst weitgehenden Entlastung der kommunalen Selbstverwaltung von landesrechtlichen Vorgaben bei der Daseinsvorsorge vor Ort. Hier seien die Stichworte Deregulierung und Standardöffnung genannt.
Für die SPD-Landtagsfraktion beantrage ich die Überweisung des Gesetzentwurfs und des Berichts der Landesregierung federführend an den Innen- und
Rechtsausschuss und zur Mitberatung an die Enquetekommission. Für die Beratung des Gesetzentwurfs beantragen wir, im Innen- und Rechtsausschuss in der Sitzung am 29. November 2000 eine mündliche Anhörung durchzuführen.
Ich möchte noch ein paar Sätze zu Sinn und Zweck der Arbeit der Enquetekommission sagen. Sowohl der heute vorgelegte Gesetzentwurf als auch die Berichte der Landesregierung enthalten Vorschläge für strukturelle Änderungen. Das ist richtig. Aber, Herr Hildebrand, das sind für uns in der Enquetekommission doch keine vollendeten Tatsachen. Das berührt die Arbeit der Enquetekommission. Wir sollten uns bei unserer Arbeit dadurch allerdings nicht behindern lassen. Wenn wir zu dem Ergebnis kommen, dass die aktuelle Rechtslage des Landes in irgendeinem Punkt nicht in die von uns angestrebte systematische Neuordnung der Landes- und Kommunalfinanzen passt, dann sind wir doch frei und geradezu gehalten zu empfehlen, die Rechtslage dem von uns für angemessen, sachgerecht und richtig gehaltenen System anzupassen und entsprechende konkrete Gesetzesänderungen vorzuschlagen. Das ist doch gerade die Aufgabe der Enquetekommission. Ich füge hinzu: Kein Mitglied der 13-köpfigen Kommission ist daran gehindert, an der Erfüllung dieser Aufgabe durch konkrete Sachund Verfahrensanträge mitzuwirken.
Der Vorsitzende hat formal nur die Funktion der Sitzungsleitung. Ich finde es ein wenig unfair, wenn dem Vorsitzenden hier sozusagen die sachliche Gesamtverantwortung für die Arbeit der Enquetekommission in die Schuhe geschoben werden soll. Bisher haben wir in der Enquetekommission nahezu alles einvernehmlich beraten und beschlossen. Herr Hildebrand, ich gehe davon aus, dass dies mit Ihrer Mitwirkung auch künftig so sein wird und dass wir hier im Parlament gemeinsam auf der Grundlage des zu erarbeitenden Berichts der Enquetekommission zu der angestrebten grundlegenden Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen kommen werden.
Wir kommen jetzt zu Dreiminutenbeiträgen. Nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich Herrn Abgeordneten Reinhard Sager das Wort.