Ich bedanke mich ausdrücklich für den mutigen und engagierten Beitrag, den meine Kollegin Caroline Schwarz hier gehalten hat.
Ich gehe auf diese parteipolitischen Entwicklungen deswegen ein, weil ich glaube, dass sich darin sehr viel von der gesellschaftlichen Entwicklung in diesem Lande widerspiegelt. Ich weiß auch, dass die Auseinandersetzung über Frauenpolitik in den letzten 20 Jahren in der CDU eine wichtige Rolle gespielt hat und zu wichtigen Entwicklungen geführt hat. Deswegen unterscheidet sich das CDU-Programm 2000 übrigens ganz erheblich von dem der F.D.P.
Da steht nämlich zum Beispiel dieser zentrale Satz: „Die Verwirklichung der Gleichberechtigung von Frau und Mann bleibt in allen Lebensbereichen eine besondere Herausforderung für die CDU.“
„Viele Lebens- und Alltagssituationen sind für Frauen noch immer ungleich schwerer zu meistern als für Männer.“
Ich weiß aus dem, was ich gelesen habe - ich habe mich damit beschäftigt -, dass es sehr viele Jahre harter Kämpfe gefordert hat, um zu diesem Satz in dem CDU-Programm zu kommen; deswegen gratuliere ich den Frauen, die das durchgefochten haben.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Mein Gott! Ihr Redebeitrag ist ja an Peinlichkeit kaum zu überbieten, Herr Hentschel!)
Die Europäische Union hat sich im Amsterdamer Vertrag auf das Prinzip Gender Mainstreaming verpflichtet. Es geht darum, dass im Gegensatz zur alleinigen Förderungspolitik über bestimmte Instrumentarien jetzt generell der Weg der Verwaltung, wie sie nun einmal arbeitet, genutzt wird, um dieses Thema in den Griff zu kriegen und Fortschritte zu machen.
Das heißt, die Verwaltung bekommt den Auftrag, in allen Bereichen zu gewährleisten, dass Ziele der Gleichstellung erreicht werden, und die Verwaltung muss dann überprüfen, woran es liegt, dass ein Ziel nicht erreicht worden ist, und dementsprechend Vorschläge machen, wie es korrigiert wird.
Herr Kubicki, diese Vorschläge können durchaus zu besonderen Maßnahmen der Förderung von Frauen führen. Das werden sie sogar in der Regel. Es geht nicht darum, dass eine Gender Mainstreaming-Politik sagt, dass es keine Frauenförderung mehr gibt, sondern es geht darum, dass sich alle Bereiche mit diesem Thema beschäftigen und Vorschläge machen müssen, wie sie umgesetzt wird.
Das ist der Paradigmenwechsel. Dazu braucht es die Sensibilisierung und Vermittlung von entsprechendem Fach- und Methodenwissen für alle Führungskräfte und die Umsetzenden. Es bedarf ebenso entsprechender Controlling-Mechanismen.
Ich glaube, dass Schleswig-Holstein ein ganzes Stück dieses Weges beschritten hat, dass aber noch ganz viel vor uns liegt. Schleswig-Holstein ist sicher auf gutem Weg, wenn es als erstes Land eine Ministerpräsidentin hat und die Mehrzahl der Minister im Kabinett Frauen sind - nicht nur, weil deswegen besonders Frauenthemen beachtet werden, sondern vor allem auch deswegen, weil das ein Signal für alle Frauen und alle Menschen in diesem Lande ist, dass so etwas möglich ist. Das ist ein erheblicher Schritt voran.
(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Christel Aschmoneit-Lücke [F.D.P.] - Wolfgang Ku- bicki [F.D.P.]: Das ist die Debatte von ge- stern, Herr Hentschel!)
Schleswig-Holstein hat in einer ganzen Reihe von klassischen Politikfeldern - ich nenne zum Beispiel die Themen Existenzgründung, Wohnungsbauförderung, Auftragsvergabe des Staates - frauenpolitische Elemente eingebracht.
Genau das ist im Sinne des Gender Mainstreaming, dass eben nicht nur Frauenbeauftragte geschaffen werden, sondern dass wir in der ganz normalen Tätigkeit der Landesverwaltung, zum Beispiel bei der Auftragsvergabe, der Wohnungsbaupolitik, überprüfen, ob das, was wir tun, auch im Interesse von Frauen ist.
In der Wohnungsbaupolitik hat das zum Beispiel dazu geführt, dass die Grundrisse von Wohnungen im sozialen Wohnungsbau daraufhin überprüft worden sind, ob sie den unterschiedlichen Lebenssituationen angemessen oder nur bestimmten Lebenssituationen angemessen sind, und das hat zu einer Überarbeitung der Grundrisse geführt,
unter erheblicher Beteiligung der Kommission „Frauen planen Wohnen“, die genau dieses Thema in den normalen Verwaltungsvorgang eingebracht hat. Das ist ein typisches Beispiel für Gender Mainstreaming, das sich von der klassischen Frauenpolitik unterscheidet.
Ich komme zum Schluss. - Noch ein Beispiel! An der Fachhochschule Kiel wurde im Fachbereich Elektronik ein neuer Studiengang „Elektronikmanagement“ eingeführt, wo es zum ersten Mal in einem technischen Studiengang gelungen ist, dass 61 % der Neuanmeldungen Frauen waren, insbesondere weil in der Ausbildung bestimmte technische Ausbildungsgänge in gesonderten Vorlesungen für Frauen durchgeführt werden. Auch ein Novum, wo man zunächst denkt: So etwas geht nicht. Aber es hat Erfolg und das ist das, was zählt.
Ich glaube, dass wir noch einen weiten Weg vor uns haben, und freue mich über alle Frauen und Männer, die uns auf diesem Weg begleiten.
(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Frau Kollegin Hinrichsen, wir freuen uns auch über alle Frauen und Männer! Ich freue mich mehr über Frauen!)
Es wäre schön, wenn wir lernten, uns in Zukunft besser gegenseitig zuzuhören. Ich finde den Antrag auf Ausschussüberweisung auch deshalb sehr gut, weil sich im Laufe der Debatte zeigt, dass es noch einige Missverständnisse gibt.
Ich weiß nicht, wie viele von uns sich an die 4. UNOWeltfrauenkonferenz 1995 in Peking erinnern; vermutlich wenige.
Es war eine der vielen Veranstaltungen auf internationaler Ebene, von der viele denken: Schade, dass nicht mehr dabei herausgekommen ist.
Bei eben dieser Konferenz ist aber das Konzept des Gender Mainstreaming entwickelt worden. Heute erhalten alle Kolleginnen und Kollegen die Chance, dafür zu sorgen, dass die UNO-Konferenz in China doch etwas gebracht hat.
Über die rechtliche Gleichstellung hinaus geht es darum, für Frauen und Männer faktisch eine gleiche Teilhabe an politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Prozessen zu erreichen. Dabei sollen sich die Geschlechter neu positionieren, mit neuen Möglichkeiten und neuen Verantwortlichkeiten. Frauen sollen zum Beispiel familiäre Macht abgeben und sich mehr öffentliche Macht aneignen; Männer sollen mehr öffentliche Macht abgeben und mehr auf der familiären Ebene erscheinen.
Es soll eine neue gesellschaftliche Aufbruchstimmung geschaffen werden, in der sich nicht mehr allein die Frauen, sondern auch die Männer bewegen.
Sie müssen vor allem akzeptieren, dass sich Frauen nicht immer der üblicherweise männlich geprägten Lebensplanung anschließen.