Protokoll der Sitzung vom 16.11.2000

Ich erteile das Wort Herrn Abgeordneten JensenNissen.

(Martin Kayenburg [CDU]: Nicht so drauf- hauen! Das war eine Jungfernrede!)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen! Frau Kollegin Kruse, ich freue mich ausdrücklich, dass Sie mich hier zitiert haben.

(Lothar Hay [SPD]: Das kommt auch nicht so oft vor!)

Aber ich will Ihnen auch deutlich sagen, dass dies vor dem Hintergrund dessen, was heute über den Ticker gelaufen ist, einen bitteren Beigeschmack hat. Dort wird gesagt, dass die Mittel der Selbstverwaltung der Landwirtschaftskammer auf unter 10 Millionen DM, auf 7 Millionen DM zurückgeführt werden sollen. Damit verlassen Sie die gemeinsame Linie, die wir in diesem Haus im Sinne einer starken und leistungsfähigen Selbstverwaltung immer beschritten haben.

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

Das macht den Zeitpunkt sehr brisant. Wenn Sie dann Gemeinsamkeit verlangen, sage ich sehr deutlich:

Diese Gemeinsamkeiten müssen in einem gültigen Finanzplan für die Landwirtschaftskammer dargelegt werden, wie Sie ihn bis zum Jahr 2004 aufgestellt haben.

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

Der F.D.P.-Antrag beschreibt den Zustand einer Landwirtschaftskammer, wie er in diesem Parlament in unzähligen Reden eingefordert worden ist. Die Landesregierung hat in Ihrer Verantwortung - bitte nehmen Sie das zur Kenntnis - zwei wesentliche Gesetzesänderungen durchgesetzt, 1992 und 1997, die beide nie die verfolgten Ziele Planungssicherheit, Aufgabenbeschreibung und Zukunftsfähigkeit der Landwirtschaftskammer erreicht haben.

Frau Franzen, Sie haben in diesem Parlament jeweils mitgewirkt, den jeweiligen Novellierungen des geltenden Kammergesetzes zugestimmt. Es nützt weder den Landwirten in diesem Land noch den Bediensteten der Landwirtschaftskammer, wenn Sie erklären, dass Ihnen Ihr Vorgänger, Klaus Buß, dringend geraten hat, das Landwirtschaftskammergesetz wieder zu ändern. Das zeigt, dass unter SPD-Verantwortung in diesem Land nie eine zukunftsorientierte Agrarpolitik oder Kammerpolitik gemacht worden ist.

(Beifall der Abgeordneten Hans-Jörn Arp [CDU] und Werner Kalinka [CDU])

Wer sich in der jetzigen Situation noch einmal mit den Protokollen der damals durchgeführten Anhörung zur Novellierung des Landwirtschaftskammergesetzes beschäftigt, erkennt, dass weder die finanziellen Grundlagen noch die inhaltlichen Aufgaben der Landwirtschaftskammer damals auf einen vernünftigen und somit zukunftsfähigen Weg gebracht worden sind. Das haben Sie soeben bestätigt, Frau Kruse. Ich danke Ihnen ausdrücklich für diesen Hinweis. Jedes Jahr wieder, trotz des 1997 verabschiedeten Kammergesetzes, haben Sie durch das Haushaltsbegleitgesetz an dem Budget der Kammer herummanipuliert. Jedes Jahr haben Sie in dem Bereich der Mittel für das Gütezeichen herummanipuliert. Unendlich lange hat es gedauert, bevor Sie überhaupt die Richtlinien zur Beratung erlassen haben.

Was in diesem Land in der Landwirtschaft zusammengehört - zukunftsträchtige Maßnahmen wären Pflanzenschutz, Pflanzenproduktion gewesen -, haben Sie bewusst nicht zusammengeführt, weil Sie das nicht wollten. Sie haben eben nicht die Grundlagen für eine zukunftsfähige Ausbildung und Weiterbildung in der Landwirtschaft gelegt. Sie haben eben auch nicht die Grundlagen für ein zukunftsfähiges Transformationssystem von wissenschaftlichen Erkenntnissen in der Landwirtschaft zur Landbewirtschaftung gelegt, also

(Peter Jensen-Nissen)

um diese in der Landwirtschaft umzusetzen. Dies ist originäre Aufgabe der Landwirtschaftskammer. Das werden Sie mit den Beschlüssen, die Sie gefasst haben, die heute über den Ticker gehen, im höchsten Maß gefährden.

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

Diese Dinge haben Sie versäumt. Das ist deutlich gemacht worden, auch in der Anhörung zum damaligen Landwirtschaftskammergesetz 1997. Der Präsident des Landesrechnungshofs hat dazu sehr bemerkenswerte Einlassungen gemacht. Ich bitte Sie, diese zur Kenntnis zu nehmen.

Sie betreiben ein Totsparen. Ich hatte dieses Wort in meinem Konzept ausdrücklich gestrichen,

(Friedrich-Carl Wodarz [SPD]: Das wäre besser!)

weil wir vor dem Hintergrund der öffentlichen Finanzen gemeinsam Sparmaßnahmen einleiten müssen. Es wird - das ist ein entscheidender Punkt - keine Präsenz der Landwirtschaftskammer in der Fläche geben können, weil Sie der Kammer die finanzielle Grundlage entziehen.

Wir fordern Sie auf, in einer intensiven Beratung ein zukunftsfähiges Landwirtschaftskammergesetz, eine sichere, kalkulierbare Finanzierung auf die Füße zu stellen.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: So ist es!)

Denn die Menschen in der Landwirtschaft, im Gartenbau, in den Baumschulen, in der Fischerei und die Landfrauen haben einen Anspruch darauf zu wissen, wie es mit ihrer Selbstverwaltung weitergehen soll.

(Beifall bei CDU, F.D.P. und SSW)

Das können sie nur, wenn ihnen signalisiert und deutlich gemacht wird: Ja, wir wollen eine starke Selbstverwaltung, wir wollen eine starke Landwirtschaftskammer, und dies im positiven Sinne einer gemeinsamen politischen Verantwortung.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nur nicht bezahlen!)

Die EU-Agrarpolitik und das, was mit den Berliner Beschlüssen dazu von Ihrer Bundesregierung mitverantwortet wird, haben vieles verkompliziert. Wenn wir im Sinne des Verbraucherschutzes eine verantwortungsvolle Nahrungsmittelerzeugung

(Glocke des Präsidenten)

Herr Abgeordneter, kommen Sie bitte zum Schluss.

ich komme gleich zum Schluss - und Agrarpolitik in diesem Land betreiben wollen, brauchen wir eine starke Landwirtschaftskammer, eine bäuerliche Selbstverwaltung.

Die Beratung dieses Antrags im Ausschuss ist notwendig und zielführend,

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Jawohl!)

weil wir dort das Gesamtbild der Agrarverwaltung betrachten müssen, um es zukunftsfähig zu machen.

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Steenblock das Wort.

(Martin Kayenburg [CDU]: Doch an den Umweltausschuss überweisen!)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag, den uns die F.D.P. heute vorgelegt hat, ist zumindest zu diesem Zeitpunkt ausgesprochen überflüssig.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Friedrich-Carl Wodarz [SPD] - Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Zu wel- chem Zeitpunkt wäre er angesagt?)

Er ist darüber hinaus in der Sache alles andere als sinnvoll. „Überflüssig“ ist schon gesagt worden. Das haben einige Kolleginnen und Kollegen gesagt. Frau Kruse hat es auch schon angesprochen.

Wir befinden uns in der Vordiskussion über ein Landwirtschaftskammergesetz. Die Gremien, die damit zu befassen sind, sind in diese Diskussion eingebunden. Der Landtag wird, nachdem die Landesregierung den Gesetzentwurf vorgelegt hat, damit befasst sein. Zu diesem Zeitpunkt können Sie Ihre Anregungen in die Debatte einbringen.

Ich möchte nicht nur zum Verfahren, sondern auch zur Sache etwas sagen. Es war ein besonderes Erlebnis, Herr Kubicki, heute Sie zu diesem Thema sprechen zu hören.

(Klaus Schlie [CDU]: Das unterschreibe ich auch! - Günther Hildebrand [F.D.P.]: Er hat es gut gemacht!)

- Er hat das gut gemacht. Er hat nämlich das gemacht, was die F.D.P. immer macht, sich auf der einen Seite mit großen Sprüchen von Reformfähigkeit zu schmükken und sich auf der andere Seite dann, wenn es ans

(Rainder Steenblock)

Eingemachte geht, als eine stinknormale Lobbypartei zu entpuppen. Das hat er hier heute noch einmal dargestellt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten Renate Gröpel [SPD] und Friedrich-Carl Wodarz [SPD] - Zurufe von der CDU)

Herr Kubicki, Sie als selbst ernannter Obermodernisierer und Deregulierer des Landes - ich jedenfalls habe kein einziges Wort in Ihrer ganzen Rede zur Landwirtschaftskammer über Verwaltungsmodernisierung, über Aufgabenkritik, über Deregulierung, über Privatisierung, über Ausgliederung gehört, all das, was Sie sonst sagen.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [F.D.P.])

Dann sagen Sie an dieser Stelle, die Landesregierung komme ihren gesetzlichen Verpflichtungen zur Finanzierung nicht nach

(Dr. Heiner Garg [F.D.P.]: Tut sie auch nicht!)