Protokoll der Sitzung vom 13.12.2000

Die Universitäten müssen sich anpassen. Ich finde es ausgesprochen interessant, was der neue Rektor an der Christian-Albrechts-Universität jetzt vorschlägt: ein Kompetenzzentrum, zu dem die Wirtschaft geht und sich beraten lässt.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Da ist der Na- me Programm!)

Ich halte das für ausgesprochen gut. Ich glaube, dass es insoweit richtig war zu sagen, „Erst müssen neue Ideen kommen, dann kommt unter Umständen wieder mehr Geld“, nicht, „Erst kommt das Geld und dann vielleicht keine neuen Ideen“.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich jedenfalls glaube, dass wir angesichts der Kreativität unserer 24.000 Lehrerinnen und Lehrer, Hochschuldozentinnen und Hochschuldozenten eine ganze Menge an Überraschungen und Positivem erleben werden. Die Christian-Albrechts-Universität und die Hochschulen unseres Landes haben den richtigen Weg eingeschlagen.

Wenn ich mir manchen Workshop an unseren Schulen angucke, stellt ich fest, dass unsere Schulen sehr viel weiter sind, als Sie glauben, neue Ideen anzupacken, neue Modelle, neue Lehrmodelle, neue Lernmodelle mit ihren Schülern auszuprobieren. Wir merken mehr und mehr, dass unsere Schulen den Erfahrungsaustausch mit anderen Ländern suchen. Die Max-PlanckSchule in Kiel, die Humboldt-Schule in Kiel, die jetzt Japanisch eingeführt hat und Japan schon zwei Mal besucht hat, die Herderschule in Rendsburg, die Goethe-Schule und die Osbeckschule in Flensburg; sie alle beteiligen sich an der Ausschreibung „Schools around the world“ zusammen mit Schulen aus acht anderen Ländern. Sie knüpfen wichtige Kontakte, die für sie später im Beruf unter Umständen einmal eine große Hilfe sein können.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug [F.D.P.])

Auch wenn Herr Kubicki das nicht glaubt: SchleswigHolstein wird das Gesundheitsland Nummer eins sein.

Wir sind innerhalb der Bereiche Biologietechnik, Medizintechnik, Umwelttechnologie und trotz eines BSEFalles bei gesunder Nahrung Spitze in der Bundesrepublik. Wir stehen für mehr Lebensqualität, für gute Behandlung von Patienten, für gute Möglichkeiten, länger bei uns zu bleiben.

Die Dienstleistungsbereiche Wellness, Krankendienst, Kuren, Vorsorge, Rehabilitation und Gesundheitsberatungsdienste müssen zusammen gesehen werden und haben mit Loch Ness so viel gemeinsam wie eine Primaballerina mit einem Nilpferd.

(Heinz Maurus [CDU]: Günther Jansen 1991!)

Schleswig-Holstein verfügt über hervorragende Ausgangsbedingungen, um sich auf diesem Markt eine gute Position zu erkämpfen. Wir werden alle, die bei uns mitmachen, darin unterstützen. Allein 16 Milliarden DM erwirtschaftet der Gesundheitssektor. Ein Drittel des gesamten produzierenden Gewerbes in unserem Land ist in diesem Bereich tätig.

Und unsere weltweiten Kontakte haben uns in der Zwischenzeit Märkte eröffnet, von denen Ihre Regierung früher nicht einmal zu träumen gewagt hätte.

(Ministerpräsidentin Heide Simonis)

Unser Gesundheitsmarkt wird ein Exportschlager erster Güte. Schon heute sind die Produkte - das sagte ich Ihnen bereits - aus Schleswig-Holstein ein Hit, zum Beispiel der Firma Dräger und anderer Firmen, um sie nicht alle im Einzelnen zu nennen. Dräger steht im Grunde für alle anderen Unternehmen mit. Für die 100 Gesundheitsunternehmen, die in der Zwischenzeit in Schleswig-Holstein rund 10.000 Menschen beschäftigen, steht Dräger als ein Beispiel. Diese Produkte sind außerhalb Schleswig-Holsteins ein Hit. Bei uns, bei der SPD, sind Sie auch ein Hit; bei Ihnen weiß ich das nicht. Sie müssen wohl noch einmal prüfen, ob Sie Ihre Meinung nicht doch ein bisschen ändern wollen.

Deswegen werden wir im nächsten Jahr - Entschuldigung, nein, das ist schon in der nächsten Woche, also noch in diesem Jahr - mit Vertretern des Gesundheitsmarktes einen Workshop veranstalten, um zu sehen, wie wir unsere Möglichkeiten besser nutzen können.

Wir wollen - dieser Punkt ist mir doch sehr wichtig die Eigenverantwortung unserer Bürger stärken. Wir wollen, dass sich unsere Bürgerinnen und Bürger engagieren - freiwillig, ehrenamtlich, wie immer Sie es nennen wollen. Deswegen finde ich den Kürzungsvorschlag der F.D.P. so interessant, den Verfügungsfonds der Ministerpräsidentin um 20.000 DM genau in jenem Bereich zu kürzen, in dem man das kleine bisschen „Dankeschön“ noch zeigen kann, eine Urkunde oder eine Verdienstmedaille - 20.000 DM; mehr kostet das nicht - für unendlich viele Stunden von Arbeit; genau diese Mittel wollten Sie kürzen. Da kann ich nur sagen: Schöne Freie Demokraten seid ihr,

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW - Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Widersinnig ist das!)

wenn das freiwillige Engagement der Menschen nicht mehr belohnt werden darf. Allein die Aktion „Schüler Helfen Leben“, die an einem einzigen Tag allein 4,2 Millionen DM verdient hat, müsste doch jeden Schleswig-Holsteiner stolz machen, dass wir das als einziges Land bei uns haben und die Hamburger jetzt dazu einladen konnten, bei uns mitzumachen.

Der ehemalige BDI-Präsident Klaus Murmann sagte in einer Anzeigenkampagne eines bedeutenden Blattes hier bei uns in Schleswig-Holstein:

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Necker!)

- BDI-Präsident, Klaus Murmann; Sie müssen doch Ihre eigenen Leute kennen! - „Ich bin gerne und überzeugt Unternehmer in Schleswig-Holstein. Deshalb fällt es mir nicht schwer, für das Land zu werben.“ Ich danke ihm und allen anderen - Herr Necker hat ja auch

etwas zu dem Land gesagt und an derselben Aktion teilgenommen -, ich danke diesen Herren, den Künstlern und den Schülerinnen und Schülern, dass sie gesagt haben: „Wir sind gern Schleswig-Holsteiner, wir leben gern hier, wir fühlen uns hier gut aufgehoben.“ Sie haben es nicht getan, um der SPD-Regierung einen Gefallen zu tun, sondern sie haben viel klüger gedacht. Sie wollen dieses Land nach vorn bringen, groß reden, nicht klein reden, bekannt machen, nicht unbekannt machen, international bekannt machen, es nicht international verstecken.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Weil das so ist, fällt es auch dem DGBLandesgruppenvorsitzenden Peter Deutschland nicht schwer zu sagen: „Wir wollen eine Branche in ihrer Entstehung mitgestalten, die in Schleswig-Holstein bereits 800 Beschäftigte hat“, nämlich die Biotechnologie, zumal man normalerweise immer sagt, vor neuen Technologien hätten die Gewerkschaften Angst, weil all die Arbeitsplätze verloren gingen. Nein, sie haben keine Angst; sie haben Vertrauen in ihr Können und sie haben Vertrauen in die Haltbarkeit des Tarifbündnisses zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

Wir, die Grünen und die SPD, haben von den Wählerinnen und Wählern einen Auftrag bekommen. Wir werden diesen Auftrag so gut wir können abarbeiten und in fünf Jahren dafür Rechenschaft ablegen, ob wir es geschafft haben oder nicht.

Die Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen selbstbewusst mit diesem Haushalt die in der Regierungserklärung formulierten Ziele um. Sie unterstützen die Regierung. Dafür darf ich mich bedanken.

Ich darf mich bei der Opposition bedanken, dass sie uns immer so nett kritisiert. Das hilft dann ja auch manchmal weiter.

Im Übrigen denke ich: Es gibt noch viel zu tun - pakken wir’s an!

(Anhaltender lebhafter Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Abgeordneter Lothar Hay [SPD] begibt sich zu dem Platz der Ministerpräsidentin, um ihr zu gratulieren - Anhaltender Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Lachen und Heiterkeit bei CDU und F.D.P.)

Meine Damen und Herren, wenn wir in einem Konzert wären, würde ich die Zugabe gern zulassen, aber wir befinden uns hier im Plenum.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Jetzt können wir abstimmen!)

Zunächst möchte ich auf der Tribüne die Besuchergruppe der Kurt-Tucholsky-Schule Flensburg begrüßen.

(Beifall)

In der Loge begrüße ich unsere frühere Kollegin und heutige Bundestagsabgeordnete, Frau Volquartz.

(Beifall im ganzen Haus)

In der Presseloge schließlich begrüße ich die Minderheitenbeauftragte, Frau Schnack.

Nach § 52 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich jetzt nach der Rede der Frau Ministerpräsidentin dem Herrn Oppositionsführer das Wort.

Herr Abgeordneter Kayenburg, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Simonis, ich verstehe ja, dass Sie um Ihr Amt kämpfen.

(Buh-Rufe von der SPD - Beifall bei der CDU)

Aber Ihre Reaktion und Ihr Applaus auf die Albernheiten, die hier eben abgelaufen sind, und den Ton der Rede zeichnen doch wirklich das Niveau in diesem Hause aus.

(Anhaltende Buh-Rufe bei der SPD - Beifall bei der CDU)

Wenn wir hier so Politik machen wollen, können wir uns getrost von einer ordnungsgemäßen Politik verabschieden.

Dass die Fakten Ihrer Rede nicht ordnungsgemäß recherchiert waren, haben Sie ja schon an den Zwischenrufen gemerkt. Wir haben konkrete Vorschläge gemacht, haben Vorschläge zum Haushalt gemacht; Sie erwähnen in Ihrer Rede Zahlen von 30 Millionen DM, die wir bei der Sozialhilfe kürzen wollten. Offenbar hat Ihnen der Haushaltsantrag des Vorjahres vorgelegen. Das beweist doch, dass Sie sich mit unseren Anträgen, mit der Finanzierung und mit der konkreten Politik, wie wir sie vorschlagen, überhaupt nicht befasst haben.

Sie müssen mir auch noch einmal klar machen, warum eigentlich die LEG erforderlich ist und die Wohnungen erforderlich sind, um eine Landesentwicklung zu betreiben. Sie hätten das auch getrost weiter mit der Schleswig-Holsteinischen Landgesellschaft machen können.

Wenn Sie hier schon Herrn Driftmann zitieren, Frau Simonis, dann sollten Sie ihn auch richtig zitieren. Natürlich hat er gesagt, dass es Teilen des Landes gut geht. Unstreitig geht es der Exportwirtschaft gut; aber genauso unstreitig geht es dem Einzelhandel, der Bauwirtschaft, den Werften und der Landwirtschaft schlecht. Dies haben Sie in großen Teilen mit zu vertreten, Frau Simonis.

(Beifall bei der CDU)

Der Hauptgrund, warum ich mich zu Wort gemeldet habe, ist ein anderer Grund.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Denn mal los!)

Frau Ministerpräsidentin, Sie können den Oppositionsführer und den, der hier redet, in jeder Form kritisieren, wie immer Sie wollen. Ich halte es aber für einen unglaublichen Vorgang, wenn Sie einen Abgeordneten meiner Fraktion, den Kollegen Kalinka, lächerlich zu machen versuchen, indem Sie hier Fragen, die er als Abgeordneter nach seinem eigenem Recht gestellt hat, so bewerten.