Wir mussten bereits in den Koalitionsverhandlungen akzeptieren, dass unser Koalitionspartner andere Prioritäten setzt. Ich glaube aber, dass die Debatte über Gesundheit und Verbraucherschutz, die in den letzten Wochen durch die BSE-Thematik angestoßen wurde, Anlass dafür ist, im nächsten Jahr darüber nachzudenken. Wir werden uns morgen ausführlicher darüber unterhalten.
Sparen ist kein Selbstzweck. Die Bürger zahlen keine Steuern, um mehr Beamte zu haben, aber sie wollen Sicherheit auf den Straßen, eine gesunde Umwelt, gesunde Nahrungsmittel, eine blühende Wirtschaft, Arbeitsplätze, gute Krankenhäuser und so weiter. Diese Dienstleistungen sind Grundlage für die Lebensqualität im Land.
In jedem einzelnen Fall muss die Regierung und müssen die die Regierung tragenden Parteien prüfen, ob die Dienstleistungen auch wirklich effizient genug erwirtschaftet werden.
Es gibt einen Bereich der Landespolitik, der aus dem Rahmen fällt. Das ist der Bereich Jugend und Bildung.
Während in allen anderen Bereichen erhebliche Einsparungen erzielt werden konnten, ist dieser Bereich im ständigen Wachstum begriffen. Seit 1998 hat sich die Zahl der Stellen für Lehrerinnen und Lehrer in Schleswig-Holstein um 1.200 Stellen erhöht. Die Zahl der Stellen an den Hochschulen ist von 3.100 auf 4.230 um mehr als ein Drittel gestiegen. An den Universitätskliniken sind 1.500 zusätzliche Stellen entstanden.
Keine dieser Stellen im Bildungssektor ist gegen den Widerstand der Opposition geschaffen worden. Im Gegenteil, es war so, dass die Opposition immer noch mehr gefordert hat.
Allein die Zuschüsse für die Kindertagesstätten an die Kommunen und Träger, die es vor zwölf Jahren noch gar nicht gab, betragen heute 100 Millionen DM im Jahr.
Ohne diese Mehrausgaben hätte das Land jährlich 600 Millionen DM weniger Ausgaben, 3,5 Milliarden DM weniger Schulden und allein 150 Millionen DM weniger Zinsbelastung.
Ich bin davon überzeugt, dass diese Gelder gut angelegt sind. Unsere Zukunft liegt in der guten Ausbildung unserer Kinder. Der Strukturwandel Schleswig-Holsteins von einem Land der Bauern und Werften hin zu einem Land des Informations- und Kommunikationszeitalters ist nur möglich mit einer exzellent ausgebildeten Jugend. Das hat seinen Preis.
Internationale Vergleiche zeigen uns, dass wir keineswegs am Ende des Weges angelangt sind. In den Schulen muss die pädagogische Qualität des Unterrichts weiterentwickelt werden, die Informationstechnologie stellt neue Herausforderungen an uns.
Ich freue mich, dass wir im Bereich der Schulen durch die Bereitstellung von 500 Millionen DM für Investitionen, für Baumaßnahmen endlich dazu kommen, den Investitionsstau zu beseitigen.
Genauso wichtig aber ist, dass wir in einer Zeit, in der in der Regel beide Eltern berufstätig sind, mehr Ganztagsschulen, mehr Schulen mit der Möglichkeit zum Mittagessen und mehr Schulen mit außerschulischen Freizeitangeboten und Betreuung bereitstellen. Deswegen haben wir für ein Programm gekämpft, mit dem in Zukunft die präventive Jugendhilfe verstärkt an die Schulen verlagert wird. Dort sind Probleme bekannt, dort können Freizeitangebote und Betreuung
direkt auf die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen zugeschnitten werden. Wir sind stolz, dass es uns gelungen ist, dafür in zwei Haushaltstiteln insgesamt zirka 3 Millionen DM bereitzustellen.
Im Hochschulbereich liegen wir mit unseren Studentenzahlen im internationalen Vergleich immer noch zurück. Deshalb wird der Ausbau der Hochschulen fortgesetzt werden müssen. Er wird allein mit den notwendigen Strukturreformen nicht zu bewältigen sein. Es wird auch über neue Finanzierungsinstrumente geredet werden müssen. Ich könnte mir vorstellen, eine neue Diskussion über Grundsteine im Bildungssystems zu führen. Ich kann mir auch vorstellen, dass wir in Zukunft die erfolgreichen Akademiker an der Finanzierung der Ausbildung ihres Nachwuchses beteiligen,
Was ich nicht will, sind Studiengebühren, weil unsere Studenten schon heute zu einem großen Teil der Zeit neben dem Studium arbeiten müssen.
Zu den Aufgaben, die wir lösen müssen, um unsere Kinder mit dem nötigen Rüstzeug für ihr Leben auszustatten, gehört auch die Qualität der Kindertagesstätten. Deshalb freue ich mich besonders, dass sich diese Koalition in dieser Frage seit gestern wieder einig ist.
Heute weiß jeder, dass man in neue Technologien investieren muss, um die Grundlagen für die Zukunft zu legen. So mancher hat auch erkannt, dass man in die Bildung investieren muss.
Dazu gehören aber auch die Kindertagesstätten. Die Grundlagen für einen erfolgreichen Universitätsbesuch, den Schulbesuch, eine erfolgreiche Lehre, für
Kinder, die bei ihrer Einschulung nicht einmal richtig sprechen können, sei es, weil sie aus sozial instabilen Familien kommen, oder weil ihre Eltern nicht richtig deutsch können, haben den denkbar schwersten Start. Deshalb sind Kindertagesstätten die erste Stufe. Sie sind der Grundstein unseres Bildungssystems.
Sie sind keine Aufbewahrungseinrichtungen, wie es offensichtlich von manchem Bürgermeister und einigen Herren der Opposition in diesem Land immer noch gesehen wird.
Wenn wir für die Berufsausübung als Fahrlehrer, Schornsteinfeger und andere Handwerker eine qualifizierte Ausbildung voraussetzen,
Nur wer bereit ist, unten in die Kindertagesstätten zu investieren, kann damit rechnen, dass oben genug Nobelpreisträger aus dem Bildungssystem herauskommen.
Deshalb erinnere ich immer gern daran, dass unsere Ministerpräsidentin in ihrer Regierungserklärung unmissverständlich klargemacht hat: Schleswig-Holstein ist ein Land für Kinder und - so füge ich hinzu - nicht für besser Verdienende vom Schlage Kubicki!
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Wohin soll ich denn nun gehen? - Zuruf des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU] - Wolfgang Ku- bicki [F.D.P.]: Das Schlimme ist, dass bei Ih- nen gelegentlich Ihre kommunistische Ver- gangenheit durchdringt!)
(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Sie haben seit- dem nichts dazugelernt! Nach wie vor die kommunistische Gesinnung!)
Wenn man Strukturpolitik betreiben will, muss man auch begreifen, dass sich dieses Land in einem rapiden Strukturwandel befindet - von der Landwirtschaft, von traditionellen Sektoren hin zu vielen Hightech-Betrieben, hin zu neuen Dienstleistungsbereichen, hin auch zum Wellness- und Gesundheitssektor, der immerhin das wissen Sie, wenn Sie die Studie gelesen haben bereits 15 % der Wirtschaft dieses Landes ausmacht. Das ist ein beträchtlicher Happen.
Wenn Sie weiter wissen, dass wir bereits heute für Werften mehr Geld ausgeben als für die gesamte Technologieförderung, ist festzustellen, dass das nicht gerade etwas ist, was dafür spricht, dass wir die Gewichte hundertprozentig richtig setzen. Es ist aber eine Notwendigkeit, zu der wir stehen. Wir wissen, dass auch die Werften sehr moderne Hightech-Betriebe sind.
Wenn es aber so ist, dass wir in diesem Jahr die Werftenhilfe, die Verpflichtungsermächtigungen, nochmals verdoppelt haben - das wissen Sie auch -, ist festzuhalten, dass es sich dabei um einen erheblichen Batzen für den Landeshaushalt handelt.