- Lieber Kollege Nabel, ich sehe einen Umdruck des Landkreistages vor mir. Darin schlägt der Landkreistag vor, dass zum Beispiel das Landesarchivgesetz, das Gleichstellungsgesetz oder das Informationsfreiheitsgesetz wieder geändert werden sollen. Wenn das nicht bedenklich ist, dann weiß ich nicht, wie man das einschätzen soll.
Wenn aber in der Debatte darauf hingewiesen wird, dass viele Verordnungen gar nicht verändert werden können, weil sie vom Bund oder von der EU vorgegeben sind, dann sind wir wieder bei der Frage der Gestaltungsmöglichkeiten der Landespolitik. Ein wichtiger Ansatz ist hier die aktuelle Föderalismusdebatte, die auch vor dem Hintergrund der geplanten EUErweiterung und der EU-Konferenz in Nizza wieder neu aufgekommen ist. Wer auf der einen Seite von einem Europa der Regionen spricht, kann und darf auf der anderen Seite vorhandene regionale Strukturen - in Deutschland sind dies die Bundesländer - nicht weiter schwächen. Wir brauchen daher eine grundlegende Reform des Föderalismus, um die Bundesländer in ihren Kompetenzen gegenüber dem Bund und der EU zu stärken.
Es ist an der Zeit, die bundesstaatliche Aufgaben-, Ausgaben- und Einnahmenverteilung einschließlich der bestehenden Regelungen der Finanzverfassung und des Länderfinanzausgleichs zu überprüfen, wie es die Ministerpräsidenten 1998 gemeinsam beschlossen haben. Aus Sicht des SSW geht es darum, das föderale System wieder übersichtlicher, transparenter und einfacher zu gestalten. Dabei muss es das oberste Ziel
sein, den Ländern mehr Handlungs- und Gestaltungsspielräume zu verschaffen. Nicht zuletzt müssen die Länder finanziell gestärkt werden. Es ist gut, dass sich nun auch die Landesparlamente an dieser Diskussion beteiligen.
Der SSW unterstützt dabei die Position der Landesregierung, die einen solidarischen Föderalismus zum Ziel hat. Das heißt, dass der Kern des heutigen Länderfinanzausgleichs beibehalten werden sollte, um die großen regionalen und sektoralen Unterschiede in der Wirtschaftsstruktur zwischen den Ländern abzumildern. Der Finanzausgleich wird auch in Zukunft nicht in der Lage sein, die Ursachen unterschiedlicher Wirtschafts- und damit Steuerkraft zu beseitigen. Er kann nur die Folgen mildern.
Der finanzielle Spielraum für den Haushalt 2001 wurde insbesondere durch die Folgen der von der Bundesregierung beschlossenen Steuerreform beeinträchtigt. Die Landesregierung sah sich gezwungen, große Einschnitte in sensiblen Bereichen vorzunehmen, die vorher nicht so betroffen waren. Im Verlauf der ersten Lesung des Haushalts waren daher die geplanten Kürzungen im Sozial- und im Jugendbereich unsere Hauptkritikpunkte, die gerade vor dem Hintergrund der Debatte um den Rechtsextremismus und Fragen der sozialen Gerechtigkeit vom SSW als problematisch angesehen wurden.
Wir begrüßen daher, dass die regierungtragenden Fraktionen in Ihren Änderungsanträgen - insbesondere im Jugendbereich, aber auch im Sozialhaushalt Nachbesserungen vorgenommen haben. So wurden die Haushaltsansätze für das Programm „SchleswigHolstein - Land für Kinder“ und für die Förderung von Modellvorhaben in der Kinder- und Jugendhilfe - beispielsweise das Kinderschutzzentrum Westküste wieder erhöht. Auch die Zuschüsse für die Maßnahmen der außerschulischen Jugendbildung und der Jugendsozialarbeit sind erhöht worden. Im Sozialhaushalt haben die Bekämpfung von Aids und die Förderung von Migrantinnen und Migranten einen Nachschlag bekommen.
Dazu hatte die Landesregierung bereits bei der Nachschiebeliste eine Aufstockung des Stellenpools für Schwerbehinderte angekündigt und 33 im Landesdienst unbesetzte Stellen zusätzlich in den Stellenpool eingestellt. Durch diese Änderungsvorschläge sind SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den Forderungen des SSW entgegengekommen und haben bewiesen, dass ihre innere Richtschnur im sozialen Bereich noch funktioniert.
Wir hatten weiterhin deutlich gemacht, dass wir unter keinen Umständen die vorgesehenen Kürzungen im Minderheitenbereich akzeptieren könnten. Dabei hatte der SSW aus zwei prinzipiellen Gründen die Rücknahme der Kürzungen bei den Zuschüssen für die Organisationen der Minderheiten gefordert.
Erstens sind wir dagegen, dass weitere Kürzungen in diesen Bereichen ausgesprochen werden, solange noch keine finanzielle Gleichstellung von Mehrheit und Minderheit erreicht ist. Stichwort ist hier beispielsweise die Schülerbeförderung bei den dänischen Schulen. Zweitens würde durch die von der Landesregierung vorgeschlagenen Kürzungen die Schieflage im Grenzland noch weiter vergrößert werden, da die Zuschüsse für die deutsche Minderheit im Großen und Ganzen überrollt werden, während die Zuschüsse für die dänische Minderheit um zirka 13 % gekürzt werden sollten. Damit kein falscher Zungenschlag entsteht: Wir sprechen uns nicht gegen die Zuschüsse für die deutsche Minderheit aus. Wir wollen aber darauf aufmerksam machen, dass das wachsende Ungleichgewicht in der Bezuschussung der Minderheiten ein ernst zu nehmendes Problem ist.
Wir hatten deshalb in unseren Haushaltsanträgen eine Überrollung der Zuschüsse beantragt. Eine Überrollung stellt wegen der Preis- und Lohnentwicklung der letzten Jahren faktisch dennoch eine Kürzung dar. Aufgrund der problematischen Haushaltslage des Landes sind wir aber bereit, dies zu akzeptieren.
Mit unseren Änderungsanträgen zeigen wir, dass wir in der Minderheitenpolitik immer auch von einer Kunst des Möglichen ausgehen.
Ich habe mich deshalb sehr darüber gefreut, dass SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN akzeptiert haben, dass die geplanten Kürzungen nicht mit der Minderheitenpolitik des Landes in Einklang zu bringen waren. Der SSW wertet die Rücknahme der Kürzungen trotz der sehr angespannten Haushaltslage des Landes als ein positives Signal der Mehrheitsfraktionen an die Minderheiten im Land.
Die Zuschüsse für die kulturelle Arbeit der Friesen und der Sinti und Roma werden jetzt im Haushalt 2001 überrollt. Dazu haben SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dem entsprechenden Antrag des SSW zur Rücknahme der Kürzungen bei der dänischen Zentralbibliothek und des dänischen Landwirtschaftlichen Vereins zugestimmt.
Die Baukostenzuschüsse für den Dänischen Schulverein werden ebenfalls erhöht. Der SSW hatte zwar eine Erhöhung auf 1,1 Millionen DM - wie im Haushaltsjahr 2000 - gefordert. Da der Dänische Schulverein in den Vorjahren jeweils durchschnittlich 1 Million DM an Baukostenzuschüssen bekommen hat, können wir aber mit dem Kompromiss leben. Wichtig ist für uns, dass die Finanzierungen der bereits geplanten Bauvorhaben abgesichert werden. Ich möchte in dieser Runde darauf hinweisen, dass gerade der Neubau der dänischen Schule in Handewitt ein echtes Modellvorhaben in dem Sinne ist, dass jetzt auch das Amt Handewitt eine gleichberechtigte Bezuschussung beschlossen hat. Auch da hat der Baukostenzuschuss des Landes Signalfunktion.
Wir wissen, dass viele gute Kräfte - sowohl in den Regierungsfraktionen als auch die Grenzlandbeauftragte, der ich persönlich dafür danken möchte - an diesem Beschluss mitgewirkt haben. Dafür bedanken wir uns. Obwohl es sich aus Sicht des SSW um eine berechtigte Forderung der finanziellen Gleichstellung von Mehrheit und Minderheit handelt, wissen wir, dass sehr viel Überzeugungsarbeit notwendig war.
Dennoch ist es jetzt an der Zeit, in der Minderheitenpolitik des Landes neue Perspektiven zu erarbeiten. Zum einen stehen wir konkret vor dem Problem, dass nächstes Jahr der Kompromiss zwischen der Landesregierung und dem SSW zur Berechnung der Schülerkostensätze für Schulen der dänischen Minderheit und der deutschen Privatschulen ausläuft.
Es darf nach Auslaufen der geltenden Regelung ab 2002 keine Verschlechterung geben. Wir müssen gemeinsam eine langfristige, nachvollziehbare und transparente Lösung für die Schulen in freier Trägerschaft erreichen. Bei den übrigen Zuschüssen für die Organisationen der Minderheiten sollten wir überlegen, ob es möglich ist, durch Zielvereinbarungen mehr Planungssicherheit zu schaffen.
Dazu muss man sich vor Augen halten, dass es am Ende der Legislaturperiode 2005 50 Jahre her sein wird, dass mit den Bonn-Kopenhagener-Erklärungen die Wende in der Minderheitenpolitik des Landes eingeleitet wurde. Es sollte daher aus Sicht des SSW ein übergeordnetes Ziel sein, bis 2005 eine neue Qualität in der Minderheitenpolitik zu definieren.
Wir haben immer gesagt, dass wir dem Haushalt erst zustimmen werden, wenn wir unsere Forderungen dort
wiederfinden können. Dass man dabei Kompromisse eingehen muss, ist von einem skandinavischen Politikverständnis her die normalste Sache der Welt. Ich habe im Verlauf meiner Rede versucht darzustellen, dass nicht alle Initiativen und Zielsetzungen der Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen unsere Unterstützung finden. Da aber die Mehrheitsfraktionen dem SSW nicht zuletzt in der Frage der Minderheitenzuschüsse entscheidend entgegengekommen sind und durch ihre Änderungsanträge im Jugend- und Sozialbereich den Haushaltsentwurf nachgebessert haben, werden wir - wie bereits angekündigt - in der Schlussabstimmung dem Haushalt 2001 zustimmen.
Wir treten jetzt in die Mittagspause ein und werden um 15 Uhr mit der Rede der Ministerpräsidentin fortsetzen.
Ich eröffne die Nachmittagssitzung und bitte Sie, Ihre Plätze einzunehmen. Ehe ich der Frau Ministerpräsidentin das Wort erteile,
möchte ich gern - vielleicht hören Sie einen Moment zu; es könnte für den einen oder anderen interessant sein - darauf aufmerksam machen, dass sich die Fraktionen darauf verständigt haben, dass nach der Rede der Frau Ministerpräsidentin die Runde der finanzpolitischen Sprecher folgt; dann werden das FAG und anschließend die Oberflächenwasserabgabe beraten.
Frau Präsidentin! Meine verehrten Damen und Herren! Ich habe mir heute Morgen wirklich jede Mühe gegeben, dem Herrn Oppositionsführer zu folgen, und muss Ihnen sagen, ich kann ihm nicht folgen, es hat sich nicht gelohnt; denn wenn ich es unter dem Strich zusammenfasse, dann haben Sie gesagt: Die Unternehmer sind schlecht, die Menschen sind schlecht, das Land ist schlecht.
Es hätte nur noch gefehlt, dass Sie gesagt hätten, das Wetter ist auch schlecht. Da allerdings hätten Sie als einziges Recht gehabt.
Im vergangenen Jahr machte die Opposition gar keine Vorschläge zum Haushalt. Es ist immer gut, sich im Wahljahr zu verstecken.
In diesem Jahr kramen Sie nun in Ihrer Schublade herum und suchen sich Vorschläge heraus, die Ihnen ein gewisser Volker Rühe vor kurzer Zeit diktiert hat. Nachdem er damals mit genau jenen Vorschlägen die Wahl verloren hatte, hat er sich verdünnisiert.
Im Gegenteil! Damals waren Sie Rühes Megafon, heute sind Sie die Flüstertüte von Herrn Wadephul geworden.