Zu den Kosten aller Maßnahmen ist zu sagen, dass der Bundeslandwirtschaftsminister gesagt hat, dass die Landwirte Ausgleichszahlungen für „nicht verkäufliches“ Rindfleisch erhalten sollen. Er sprach von 70 % EU-Mitteln und 30 % Bundesmitteln, orientiert am Marktpreis. Dies würde nach Presseberichten bedeuten, dass die Bundesregierung ungefähr 150 Millionen DM und die EU zirka 350 Millionen DM einsetzen würden.
Für die Beseitigung des Tiermehls wäre weiterhin das Land zuständig. Es fehlt derzeit noch an einer Finanzierung für die notwendig werdenden Transportkosten und die Verbrennung beziehungsweise Entsorgung. Diese Kosten werden sich nach Schätzungen auf rund 300 Millionen DM belaufen. Gleichwohl werden Zahlungen und Leistungen erfolgen, die nicht nur den von BSE direkt betroffenen Landwirten zugute kommen, sondern allen Landwirten helfen, die derzeit unter dem Zusammenbruch des Marktes zu leiden haben. Ein eigener Entschädigungsfonds ist daher in dieser Form nicht notwendig.
Wichtiger ist nämlich, dass die zukünftigen Einkommen der Landwirte gesichert werden. Ich meine damit, dass sie ihr Fleisch in Zukunft wieder mit gutem Gewissen verkaufen können. Dies setzt eine Werbestrategie voraus, die durchaus auch unter dem Dach der Landwirtschaftskammer laufen könnte, wenn diese mit entsprechenden Mitteln ausgestattet wäre, und dies setzt voraus, dass sich die Produktpreise erhöhen, damit die Kosten für die BSE-Tests nicht vom Landwirt getragen werden müssen.
Zusammenfassend möchte ich Folgendes sagen. Ohne eine verstärkte Forschung in den Bereichen BSE und Creutzfeldt-Jakob-Krankheit haben wir keine Chance, des Problems Herr zu werden. Mit Investitionen in die Forschung sichern wir uns in Zukunft die Möglichkeit, weiter ohne Angst Rindfleisch essen zu können.
Ohne eine Veränderung der landwirtschaftlichen Produktion zusammen mit den Landwirten und ohne die schnelle Einführung von lückenlosen Untersuchungen von geschlachteten Tieren verschieben wir das BSEProblem auf den Sankt-Nimmerleins-Tag. Ohne ein Umdenken in unserem Konsumverhalten werden wir es nicht schaffen, von der industrialisierten Landwirtschaft wegzukommen. Ohne das rigorose Verbot von Tiermehl, sei es als Futtermittel, als Beimischungsmaterial, sei es für den heimischen Garten oder sei es für eine sonstige Nutzung außerhalb einer energetischen Verwertung, entschärfen wir nicht die geladene Waffe, die wir in der Hand halten. Deswegen sollten wir konsequent in unseren Maßnahmen sein, auch wenn dies am Anfang schmerzlich ist. Die Verbraucher, unsere Bürger und die Landwirtschaft werden es uns danken.
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Der 24. November wird mit Sicherheit als die Stunde null der deutschen Landwirtschaft in die Geschichtsbücher eingehen. Was viele befürchtet und wenige ernst genommen haben, ist eingetreten. Es gab nur wenige Auguren wie die nordrhein-westfälische Umweltministerin Bärbel Höhn, die sagen können, dass sie vorher darüber geredet haben.
Ich will nur drei kurze Ergänzungen zu den Punkten machen, die die Frau Ministerpräsidentin bereits ausgeführt hat.
Erstens. Wir haben uns unmittelbar nach Vorliegen des Ergebnisses des Tests an dem infizierten Rind daran begeben, die notwendigen Laborkapazitäten aufzubauen. Mein herzliches Dankeschön gilt allen privaten Kapazitäten, die sehr kurzfristig bereitgestellt wurden. Wir werden bis zum ersten Quartal des Jahres 2001 in der Lage sein, die gleiche Anzahl an geschlachteten Tieren zu testen, die in den vergangenen Jahren üblich waren, auch wenn zurzeit keiner ernsthaft prognostizieren kann, wie sich der Markt entwikkeln wird.
Ich will aber auch darauf hinweisen - so richtig und notwendig eine Übergangskooperation mit privaten Labors ist -: Wenn wir die Tests kostengünstig und effizient durchführen können, dann haben wir als Staat eine Pflicht, für amtliche Tests und deren Überwachung zu garantieren. Deshalb ist es richtig und notwendig, die staatlichen Kapazitäten im Landeslabor in Neumünster aufzubauen. Zurzeit können wir auf werktäglich 400 Tests des privaten Labors in Hamburg zurückgreifen. In Neumünster können werktäglich in der 51. Kalenderwoche 100, in der 52. Kalenderwoche 180 Tests durchgeführt werden. Diese Zahlen werden wir weiter steigern. Ich glaube, das ist auch richtig so.
Ich begrüße auch alle Initiativen, die sagen: Ja, es ist richtig, auch die Rinder, die jünger als 30 Monate sind, sind zu testen - wohl wissend, dass wir in einem Spagat stehen, dass wir nicht in die Versuchung tappen dürfen, eine Sicherheit zu suggerieren, die wir nicht garantieren können.
Trotzdem ist jede Entscheidung richtig, die dazu beiträgt, dass ein infiziertes Rind nicht auf den Markt kommt, weil wir es vorher getestet haben. Insofern wäre auch dies eine richtige Entscheidung, die der Priorität des Verbraucherschutzes entspricht. Frau Franzen und ich werden noch vor Weihnachten Gespräche führen, um mit der Fleischindustrie auf freiwilliger Basis eine gemeinsame Vereinbarung zu erreichen.
Was auch richtig ist: Natürlich muss der Einzelhandel, der freiwillige Tests durchführt, dies auch sagen können dürfen. Er muss dies den Verbrauchern, den Kunden, deutlich machen dürfen. Deshalb haben wir vorgestern - ohne Kameras - mit den Einzelhandelsverbänden, zum Beispiel auch mit Edeka, Gespräche geführt, um dieses Problem schnell und unkonventionell zu lösen.
Zweitens zur Entsorgung! Ich will hier nur die Prioritäten deutlich machen: Erste und wichtigste Kriterien für die Entsorgung sind die Sicherheit und der Verbraucherschutz. Das muss das Nonplusultra bei der Entsorgung des Tiermehls sein. Darüber hinaus geht es natürlich auch um Fragen der Akzeptanz und der Kosten. Es gibt Angebote von Müllverbrennungsanlagen - aus der Zementindustrie -, es gibt eine Reihe von sehr interessanten innovativen Angeboten aus dem Bereich der Biogase. Das werden wir sehr sorgfältig prüfen.
Lieber Kollege Wodarz, eine Bemerkung, wo ich etwas kritischer bin - das ist mein dritter Punkt -: Wir müssen aufpassen, dass wir keine neue Verunsicherung dadurch schaffen, dass wir gentechnisch veränderte Futtermittel zulassen. Ich glaube, das ist ein Bereich, in dem wir nach BSE noch sorgfältiger sein sollten.
Ich will sehr sorgfältig differenzieren, Frau HappachKasan! Sie haben vorhin, als Sie über Gentechnik gesprochen haben, pauschale Urteile gefällt. Das will ich explizit nicht machen. Wir werden zwischen den verschiedenen Einsatzbereichen unterscheiden müssen.
Jetzt habe ich mir noch ein paar Minuten aufgespart für die Punkte, die Herr Kayenburg gebracht hat. Sie haben gesagt, der Verbraucherschutz habe Priorität. Bis dahin konnte ich Ihnen in Ihrer Rede ja noch folgen. Nur, was kam danach? Dass es einer Opposition nicht passt, dass diese Regierung gestanden hat wie eine Eins, dass die Landwirtschaftsministerin, die Ministerpräsidentin und das Umweltministerium ohne Reibungsverluste zusammengearbeitet haben, kann ich verstehen.
Auch hier sage ich noch einmal mein Dankeschön an die Kabinettskollegen. - Es hat Ihnen nicht gepasst, dass ich mich im Zusammenhang mit den Testkapazitäten in Neumünster schlau gemacht habe, dass ich mit den Menschen gesprochen habe,
dass ich auf dem Marktplatz gewesen bin. Es hat Ihnen nicht gepasst, dass die Regierung Bürgernähe demonstriert hat. Das kann ich verstehen.
Ich freue mich ja, dass Sie es dem Umweltminister zutrauen, dass er die Macht hat zu entscheiden, wohin Kameras folgen und wohin nicht. Ich wünsche mir, das wäre bei allen Themen so.
(Vereinzelter Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD - Lachen bei der CDU - Martin Kayenburg [CDU]: Genauso sind Sie!)
Natürlich herrscht bei diesem Thema ein besonderes öffentliches Interesse. Das ist richtig. Es liegt in der Verantwortung der Landesregierung, die Gespräche mit der Fleischwirtschaft, die Gespräche mit den Entsorgern, die Gespräche zum Beispiel mit Herrn Lorenzen im stillen Kämmerlein zu führen. Deshalb haben wir gehandelt, lückenlos, schnell und zuverlässig.
Genauso richtig ist es, dass wir der Öffentlichkeit die Informationen haben zukommen lassen, die die Öffentlichkeit braucht.
Noch ein Satz zum Thema Bodenproben! Ich weiß nicht, ob wir alle zusammen in ein, zwei Jahren klüger sein werden, was die Übertragungswege von BSE betrifft. Ich weiß das nicht. Deswegen habe ich mich nicht hingestellt und gesagt: Eine Übertragung ist auch über den Boden möglich. Ich weiß es nicht. Aber es ist unsere Pflicht gewesen - Sie hätten uns kritisiert, wenn wir es nicht getan hätten -, diese Proben zu nehmen. In diesem Sinne war der Schritt richtig. Wir werden das sorgfältig prüfen.
Ein letzter Satz: Fritz Wodarz, ich sage dir nachher, wo man Puten aus ökologischer und artgerechter Tierhaltung kaufen kann. - Das war mein letzter Satz, weil ich glaube, dass auch Frau Franzen noch drankommen muss, auch wenn sie vielleicht überziehen muss.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Seit dem 24. November dieses Jahres hat sich viel verändert. Die Nachricht, ein BSE-erkranktes Rind ist in Schleswig-Holstein entdeckt worden, hat in Deutschland zu einer BSE-Krise geführt, die teilweise hysterische Ausmaße angenommen hat. Bis zum 24. November sind wir davon ausgegangen, dass deutsche Rinderherden BSE-frei sind und Tiermehl aus unserer Herstellung absolut unbedenklich ist. Mit dieser Sicherheit im Rücken haben wir mit Sorge die Entwicklung, insbesondere in Großbritannien, verfolgt und gehofft, von dem Problem nicht unmittelbar betroffen zu sein. Die Situation hat sich jedoch grundlegend verändert. Jetzt hat uns die Krise erreicht und die Politik war und ist gezwungen, umgehend zu handeln.
Der Verbraucherschutz hat Vorrang. Daher muss alles getan werden, um den Gesundheitsschutz zu gewährleisten. Fehler können wir uns nicht leisten, sonst werden wir das Vertrauen der Menschen nicht zurückgewinnen. Deshalb müssen auch überzogene Maßnahmen akzeptiert werden, die in letzter Konsequenz einer sachlichen Prüfung nicht unbedingt standhalten müssen.
Um die Sicherheit zu erhöhen, ist die Einführung einer offenen Deklaration für Futtermittel notwendig, genauso wie eine vorgezogene Tierkennzeichnung in anderen EU-Staaten.