Der Sprecher des Sparkassen- und Giroverbandes Schleswig-Holsteins, Joachim Heller, kommentierte den F.D.P.-Vorschlag wie folgt:
„Wenn es dazu kommt, dass Gewährträger einen großen Teil ihrer Sparkassen verkaufen und der Erlös nicht den Sparkassen zufließt, sondern den Gemeinden zur Sanierung ihrer Haushalte, dann wäre das der Tod der Sparkassen.“
Für meine Fraktion stehen bei den anstehenden Änderungen folgende Ziele im Vordergrund: Wir wollen die öffentlich-rechtlichen Sparkassen erhalten - und damit, wenn möglich, auch die Anstaltslast. Wir brauchen unsere Sparkassen weiterhin als öffentlich-rechtliche Institutionen mit dem klaren Auftrag, die kleinen und mittleren Unternehmen - gerade Schleswig-Holstein hat überproportional viele dieser Betriebe - bei der Kapitalaufnahme zu unterstützen und damit Arbeitsplätze und Innovation im Land zu sichern.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Das geht nicht! Dann werden sie kaputtgehen!)
Wir brauchen unsere Sparkassen, um allen Menschen die Möglichkeit zu geben, ein Konto zu eröffnen und am Kapitalmarkt teilzunehmen, unabhängig von der Höhe ihrer Einkünfte.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW - Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Das ist schlichter Unsinn!)
Wir haben außerdem ein großes Interesse daran, die mehr als 10.000 Arbeitsplätze bei den öffentlichrechtlichen Kreditinstituten in Schleswig-Holstein zu erhalten, und wir wissen es zu schätzen, dass die Sparkassen überdurchschnittlich viel ausbilden. Sie haben eine Ausbildungsquote von 9 %; das ist das Doppelte der Durchschnittsquote in der deutschen Wirtschaft.
Deshalb stehen wir nicht dafür zur Verfügung, das Sparkassenwesen zu zerschlagen. Eine solche Struktur, wie wir sie zurzeit haben - Kassen mit großen regionalen Kenntnissen und mit oft großzügiger Unterstützung für Kultur und Soziales in der Region -, werden wir kein zweites Mal aufbauen können. Ausgangslage ist für uns aber auch, dass die EUKommission zu Recht die zumindest teilweise bestehenden Wettbewerbsverzerrungen bemängelt:
Vielfach betätigen sich öffentliche Banken über ihren öffentlichen Auftrag hinaus. Sie spekulieren mit asiatischen Risikopapieren und machen so den Privatbanken Konkurrenz. Mit Sicherheit kann das nicht der öffentliche Auftrag sein. Für klassische finanzielle Transaktionen muss die öffentliche Hand nicht unbedingt zur Verfügung stehen; das können auch Privatbanken tun. Außerdem erfüllen die Sparkassen ihren öffentlichen Auftrag nicht immer wunschgemäß. So kommt es vor, dass Kunden in den Sparkassen um die Einrichtung eines Kontos betteln müssen oder dass kleine Unternehmen nicht beraten, sondern abgewiesen werden. Nicht umsonst - nämlich um zwischen Unternehmen und Hausbank zu vermitteln - haben wir bei der Investitionsbank das Existenzgründungsprogramm aufgelegt.
Hinzu kommt die technische Entwicklung. Automatisierung, Telefon- und Internet-Banking verändern das Kundenverhalten und die Bankenlandschaft; es werden in Zukunft nicht mehr so viele Filialen in der Fläche existieren können wie bisher.
Aber vor allem aufgrund der Diskussion um die Wettbewerbsverzerrung ist meine Fraktion für den Vorschlag des Bundesverbandes der Sparkassen offen, die Gewährträgerhaftung zur Disposition zu stellen und alternativ in einer Übergangszeit von zehn Jahren einen Sicherungsfonds zu schaffen, zumal - das betont der Sparkassenverband ja auch selbst - die Gewährträ
Das könnte zu einer Absicherung der Sparkassen führen, welche aus unserer Sicht gerade angesichts der finanzstarken Privatbanken notwendig sind.
Wir erleben derzeit, dass die großen Banken zu Global Players werden, die immer stärker auf internationaler Ebene und immer mehr auf spekulativen Finanzmärkten agieren. Kleine und mittlere Unternehmen und Sparer mit einem Vermögen von weniger als 200.000 DM werden - wie zum Beispiel von der Deutschen Bank - an Töchter verwiesen, die ausgelagert und vermutlich bald verkauft werden. Die großen Banken widmen sich mehr und mehr der Vermögensverwaltung und Vermögensmehrung, aber immer weniger der Sicherung der Liquidität der Unternehmen und der Finanzierung der Investitionen, aus denen die größte Zahl der Arbeitsplätze entsteht, nämlich der Investitionen in kleinen und mittelständischen Unternehmen.
Hinzu kommt das Problem der Verbriefung: Immer seltener werden an Firmen Kredite vergeben, immer häufiger der Geldfluss als Beteiligung verbrieft. Die Banken werden selber immer mehr zu Anbietern und Nachfragern im Kapitalmarkt. Damit verlassen sie ihre bisherige Position eines Dienstleisters am Kapitalmarkt. Daraus wiederum ergeben sich Interessenkollisionen für die kleinen und mittleren Unternehmen, was Nachteile mit sich bringen kann. Deutschland ist von dieser Entwicklung besonders stark betroffen, da der große Wohlstand unseres Landes auf der breiten Basis unserer Marktwirtschaft mit einem starken Mittelstand beruht.
Ihr Modell, Herr Kubicki, würde die großen Privatbanken stärken. Das ist zwar das, was Sie wollen, aber genau da melden wir unsere Bedenken an.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Können Sie ein- mal logisch denken, statt nur zu unterstellen?)
Die von mir skizzierten Gefahren werden von allen Bundesländern gesehen. Egal, welche Parteien die Regierung stellen, alle deutschen Landesregierungen wehren sich gegen eine Zerschlagung des Systems öffentlicher Banken. Denn sie wissen, was wir diesem System zu verdanken haben.
Der Landtag NRW hat sich zwar dafür entschieden, die WestLB zu teilen, und zwar in einen öffentlichen und einen privaten Teil, aber gleichzeitig eine Warnung ausgesprochen - ich zitiere noch einmal; diesmal aus der „Frankfurter Rundschau“ vom 9. Dezember -:
„Steinbrück warnte vor einem solchen Schritt. Dies würde auch die Sparkassen unter Druck setzen und nur den großen Geschäftsbanken nutzen. Wie der Finanzminister halten es auch SPD, CDU und Grüne für unabdingbar, dass den Sparkassen die Gewährträgerhaftung und die Anstaltslasten erhalten bleiben“.
(Martin Kayenburg [CDU]: Der Frankfurter Beschluss war einstimmig! Wir müssen schon ehrlich bleiben!)
Wir in Schleswig-Holstein werden diese Diskussion führen müssen. Aus meiner Sicht ist die Frage hinsichtlich der Zukunft der Landesbank sehr viel spannender. Denn wir sollten uns eigentlich einig sein, dass wir alle dazu beitragen müssen, dass die Sparkassen in den Regionen für die Bürgerinnen und Bürger, für die kleinen und mittleren Unternehmen erhalten bleiben.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hintergrund der Initiative der F.D.P. ist die Privatisierungsdiskussion bei den öffentlichen Banken und der Konflikt mit der EU-Kommission darüber, ob der Kapitalzuschuss der Länder an die Landesbanken und die Gewährträgerhaftung der öffentlichen Hand Wettbewerbsvorteile für die Landesbanken und Sparkassen sind oder nicht.
Bisher gibt es noch kein abschließendes Urteil in der Sache, sodass ich erst einmal feststelle, dass wir genügend Zeit haben, um mögliche Schritte genau zu überlegen. Ich glaube, das ist das, was Sie sagen wollten, Herr Kubicki.
Die Vor- und Nachteile einer bestimmten Rechtsform gegenüber einer Trägerschaft der öffentlichen Hand sind schon bei vielen Gelegenheiten hier und anderswo diskutiert worden und wir haben auch eben schon sehr
viel darüber gehört. Daher möchte ich eher auf grundlegende Problemstellungen des Gesetzentwurfs der F.D.P. eingehen.
Ziel des Gesetzentwurfs soll es unter anderem sein, Anteile an den 25 Sparkassen verkaufen zu können, um hohe Einnahmen für die Kommunen erzielen zu können. Mehrere 100 Millionen DM werden dabei als mögliche Erlöse genannt. Dies ist auch durchaus realistisch und schlüssig. Gleichwohl stellt sich für mich die Frage, welche weiteren Auswirkungen eine Privatisierung haben könnte. Zuerst einmal unterliegt die Geschäftsführung der Sparkassen dem Aktienrecht, wenn sie denn privatisiert werden. Das heißt, Entscheidungen werden vor diesem Hintergrund gefällt. Strukturpolitische Erwägungen werden in Entscheidungen nicht mehr einbezogen, da dies die Gewinnaussichten schmälern würde. Kein Aktionär sieht dies gern und würde dies dulden. Da die Geschäftsführung für ihre Entscheidungen haftet, wird sie sich hüten, sachfremde Elemente in die Entscheidung mit einfließen zu lassen.
Wer also aus der öffentlich-rechtlichen Sparkasse eine Sparkassen-AG machen will, der verzichtet bewusst auf ein Instrument der Strukturförderung in den Regionen. Existenzgründer und mittelständische Unternehmer hätten es dann mit Sicherheit schwerer in Schleswig-Holstein.
Was könnte auf die einzelnen Kunden zukommen? Die Sparkassen sind mit all ihren Diensten breit in der Fläche präsent. Die Geschäftsbanken hingegen ziehen sich immer mehr aus der Fläche zurück. Man pickt sich nur noch die Rosinen heraus und die Brotkrumen bleiben liegen. In den nächsten zehn Jahren soll die Hälfte aller Bankfilialen in Deutschland geschlossen werden; das wären rund 20.000 Filialen.
Die Begründung hierfür ist, dass die gängigen Dienstleistungen auch auf elektronischem Wege abgewickelt werden können. Die, die aufgrund ihres Alters der Entwicklung nicht mehr folgen konnten, oder die, die es nicht gelernt haben, mit PC und Internet umzugehen, oder auch die, die einfach kein Geld haben, sich eine entsprechende elektronische Ausrüstung zu leisten, fallen bei einer Privatisierung höchstwahrscheinlich durch das Raster. Für all diese Menschen sind die Sparkassen heute noch da.
Eine weitere wichtige Funktion der heutigen Sparkassen ist auch die, dass manch einer nur noch hier überhaupt ein Konto zur Verfügung gestellt bekommt. Es gibt nun einmal Menschen, die einerseits Bankleistungen brauchen, aber andererseits aufgrund ihrer Lebenssituation nicht gerade zum Reichtum einer Privatbank beitragen würden. Sie sind schlichtweg zu arm dafür.
- Wir beide, genau. - Auch hier haben die öffentlichrechtlichen Sparkassen eine besondere Funktion, die gefährdet wäre, würde man sie privatisieren. Ich sagte gerade eben schon einmal, dass die Privatisierung zwangsläufig dazu führt, dass man Gewinne maximieren will. Das Aktienrecht sieht nichts anderes vor. Dies ist auch unabhängig von der Höhe einer möglichen Beteiligung anderer. Auch eine AG in hundertprozentiger öffentlicher Hand und dessen Geschäftsführung würden diesen Zwängen unterliegen. Das sollte uns klar sein. Es hat nichts damit zu tun, ob der Anteil der öffentlichen Hand 51 oder 75 % beträgt. AG ist AG und die Handlungsweisen der AG sind im Aktienrecht vorgeschrieben. Daran führt kein Weg vorbei.
Somit würde sich zwangsläufig die Schließung von Filialen, wie bei den anderen Geschäftsbanken, aus ökonomischen Erwägungen heraus auch auf die Sparkassen ausdehnen.
Dies wird schon kurzfristig mehrere 100, wenn nicht sogar über 1.000 regionale Arbeitsplätze kosten, und dies vor allem in den Regionen, in denen die Infrastruktur ohnehin schon schlechter ist als im Rest des Landes.
Ein weiterer Punkt, den ich ansprechen möchte, ist die Funktion der Sparkassen als Sponsorinstitution. Das gemeinnützige Engagement der Sparkassen ließe sich bei einer AG-Lösung sicherlich nicht mehr auf dem bisherigen hohen Niveau halten. Die gesamte Unternehmensphilosophie einer AG würde dem entgegenstehen. Das wäre ein hoher Verlust für das ehrenamtliche Engagement in Schleswig-Holstein.