Die BSE-Fälle auf Biohöfen in der Schweiz und anderswo werden locker beiseite gedrängt, um keinen Bruch in der eigenen Argumentation hinnehmen zu müssen.
Im Zuge der Agenda 2000 hat Bundeskanzler Schröder die Landwirtschaft aufgefordert, sich verstärkt dem globalisierten Wettbewerb zu stellen und landwirtschaftliche Produkte zu marktfähigen Preisen anzubieten. Diese Einstellung haben Politiker der rotgrünen Koalition hier im Lande willfährig aufgegriffen, um unsere Landwirtschaft für einen Preiskampf fit machen zu wollen, den sie kaum bestehen kann.
Jetzt hören wir das Gegenteil. Jetzt werden von denselben Personen alle Register gezogen, um die Verbraucherpreise drastisch anzuheben, weil sie wissen, dass nur so ihre ideologisch einseitig ausgerichtete Politik bezahlbar ist. Ich habe noch die Diskussion über die Drittel-Gesellschaft im Ohr. Die konventio
nelle Landwirtschaft ist in der Lage, alle notwendigen Auflagen zu erfüllen und dennoch Lebensmittel zu bezahlbaren Preisen anzubieten.
Dies hat sie in den vergangenen Jahrzehnten - trotz des enormen Drucks der Handelsriesen - unter Beweis gestellt.
Man kann die Schraube weiter anziehen und zusätzliche Auflagen fordern. Die Landwirtschaft wird sich diesen Herausforderungen stellen und sie meistern. Unsere Landwirtschaft muss aber weiterhin die Entscheidung selbst treffen können, welcher Bewirtschaftungsweise sie den Vorzug gibt. Unsere Gesellschaft verlangt zu Recht gesunde Nahrungsmittel. Unsere Lebensmittelgesetze sind einzuhalten und die Einhaltung ist zu kontrollieren. Gerade an dieser Stelle wird die Verlogenheit deutlich.
Die Landwirtschaft produziert unter erheblichen Anstrengungen Lebensmittel, die allen Anforderungen genügen. Dann behauptet ein Landespolitiker, dies sei teilweise Sondermüll.
Nicht alle Politiker haben die nötige Reife für ihr Amt. Dies bezieht sich auch auf Kenntnisse über Zusammenhänge.
Ökobetriebe erhalten nicht nur eine Umstellungs- und Anschlussprämie je Hektar, sie erhalten außerdem wie alle anderen Betriebe auch - den Preisausgleich. Dieser wäre auf den Ökohöfen jedoch wesentlich niedriger, wenn die Ernteerträge der konventionellen Landwirtschaft nicht die Berechnungsbasis bilden würden. Das „Tal der Ahnungslosen“ war früher im Raum Dresden, weil man dort das Westfernsehen nicht empfangen konnte. Heute scheint es in Kiel zu sein.
Pauschale Urteile helfen in dieser Zeit nicht weiter. Eine differenzierte Betrachtungsweise befreit allerdings auch die CDU nicht von der Erkenntnis, in der Vergangenheit in der politischen Verantwortung in Bonn Fehler gemacht zu haben.
(Beifall der Abgeordneten Konrad Nabel [SPD], Helmut Plüschau [SPD] und Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Es ist auch richtig, dass es in der Nahrungsmittelwirtschaft - ebenso wie in der Futtermittelherstellung - schwarze Schafe gibt. Ich lehne es jedoch rundheraus ab, pauschale Diffamierungen hinzunehmen.
- Da haben Sie nicht richtig zugehört. Lebensmittelskandale sind oftmals auch ein Beweis für Defizite in der Kontrolle. Es ist einfach zu billig, die gesamte Landwirtschaft mit dem Hinweis auf Lebensmittelskandale in ein rot-grünes Korsett zwängen zu wollen. Dieser Logik folgend müssten die meisten staatlichen Kontrolleure und Kontrollbehörden in die Wüste geschickt werden. Das Versagen des Staates hat jedoch nicht das Geringste mit den Produktionsweisen der Landwirtschaft zu tun.
(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist unglaublich! - Zuruf des Abgeordneten Lars Harms [SSW])
Wieder einmal versuchen Politiker, die Gunst der Stunde schamlos auszunutzen. Statt koordiniert die BSE-Krise anzugehen und konsequent das Notwendige zu tun, werden Wahlkampfprogramme hochgezogen und lang ersehnte politische Ziele der Erfüllung einen Schritt näher gebracht; zum Teil auch gegen jede Vernunft.
Bisher sind wir von der neuen Variante der Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung verschont geblieben. Ich hoffe sehr, dass dies auch so bleibt. Die wirklich Leidtragenden sind zurzeit unsere landwirtschaftlichen Betriebe und die vorgelagerten - wie auch die nachgelagerten - Unternehmen. Auch dies möchte ich unmissverständlich sagen: Wir können es uns nicht leisten, untätig zuzusehen, wie eine Reihe von Unternehmen vor die Hunde geht und damit Wertschöpfung in unserem eigenen Land verloren geht.
Es geht auch um Arbeitsplätze, die es zu erhalten gilt. Unsere landwirtschaftlichen Betriebe brauchen die beschlossenen ebenso wie weitere entlastende Maßnahmen. Sich hier zu verweigern oder die Dinge zu verschleppen, heißt, eine sehr große Verantwortung für die Folgen zu übernehmen. Die Folgen haben letztlich auch Biobetriebe zu tragen.
Mir bleibt zum Schluss die Feststellung, dass wir den Antrag der rot-grünen Fraktionen in dieser Form nicht mittragen werden. Der Antrag sieht - wie wir auch einen Vorrang für den Verbraucherschutz. Um diesen Vorrang sicherzustellen, gibt es jedoch nicht nur einen Weg. Dem Antrag der F.D.P.-Fraktion stimmen wir dagegen zu.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Claus Ehlers, es ist schade, dass in diese Debatte ein Zungenschlag gekommen ist, der Gemeinsamkeiten aus den fachlichen Beratungen im Agrarausschuss und aus vielen Gesprächen, die wir zwischenzeitlich geführt haben, überdeckt. Diese Gemeinsamkeit kommt aufgrund der Polarisierung, die völlig unnötigerweise - von CDU und F.D.P. in die Debatte eingebracht wurde, zu kurz.
Am Anfang haben Sie völlig richtig behauptet, dass alle - EU, Bundesregierung, Landesregierung und alle Fraktionen - ihren Beitrag dazu leisten müssen, um das zu bewältigen, was sich in der Landwirtschaft als Krise offenbart. Diese Krise der Landwirtschaft ist eben nicht nur eine Krise, in der die Landwirte die Leidtragenden sind. Leidtragende sind zuhauf auch Verbraucherinnen und Verbraucher, die sich jeden Tag überlegen müssen, was sie denn noch essen können. Die Frage ist nicht, ob das immer eine rationale Grundlage hat. Diese Betroffenheit und emotionale Unsicherheit der Verbraucherinnen und Verbraucher, die ihre Lebensqualität zutiefst einschränkt, ist ein Zustand, den wir als Politiker nicht ertragen können und dürfen. Gegen diesen Zustand der Verbraucherverunsicherung müssen wir unsere Politik setzen.
Frau Happach-Kasan, da kann man sich auch nicht hier hinstellen wie die Heilige Johanna der Schlachthöfe -
Frau Happach-Kasan, Sie stellen hier alle Politikerinnen und Politiker - insbesondere natürlich die von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - in ein negatives Licht, weil wir in der Vergangenheit noch nicht alles gewusst haben, was wir heute wissen.
Frau Happach-Kasan, wenn ich richtig informiert bin, haben Sie ganz kurz vor Ausbruch der BSE-Krise in Schleswig-Holstein eine Anfrage an die Landesregierung gestellt, aus der ich zitieren möchte. In Frage 9 der Kleinen Anfrage von Frau Dr. Happach-Kasan heißt es:
„Teilt die Landesregierung die Einschätzung, dass angesichts der Tatsache, dass SchleswigHolstein BSE-frei ist und die Tiermehlproduktion sachgerecht erfolgt, die Verfütterung dieses Tiermehls eine sinnvolle Verwertung darstellt?“
Frau Happach-Kasan, das war kurz vor Ausbruch der BSE-Krise. Die Landesregierung musste dann leider antworten, dass die Beantwortung dieser Frage entfällt, weil mittlerweile ein BSE-Fall in SchleswigHolstein bekannt geworden war. Frau HappachKasan, Sie kennen die Redensart über den Finger, mit dem man auf andere zeigt.
Ich stelle mich nicht hier hin und sage, dass die Grünen es schon immer besser gewusst hätten. Diese Krise der Landwirtschaft ist keine Stunde der Besserwisser.