Protokoll der Sitzung vom 24.01.2001

Als unser Kollege Eichelberg in seinen Unterlagen gekramt hat, ist er auf ein Gutachten gestoßen, was im Oktober des letzten Jahres vom Wirtschaftsminister in Auftrag gegeben wurde. Darin heißt es wie folgt:

„Das Gütesiegel Schleswig-Holstein steht für bessere Qualität, garantiert einwandfreie Erzeugnisse aus Schleswig-Holstein. Es wird auf Antrag der Landwirtschaftskammer verliehen. Es gibt Prüf- und Qualitätsbestimmungen bei 83 Produktgruppen. Diese reichen von Fleisch, Wurstwaren, Obst, Gemüseprodukten, Milchprodukten, Fischerzeugnissen, Getreide und so weiter bis hin zum Urlaub auf dem Bauernhof.“

In diesem Gutachten, das die Landesregierung in Auftrag gegeben hat, steht all das, was ich an dieser Stelle gar nicht besser sagen kann. Deshalb sollten wir das beherzigen, dann sind wir, glaube ich, auf dem richtigen Weg.

(Beifall bei der CDU)

Wir brauchen nichts Neues zu erfinden, sondern können auf diesem Weg weitergehen.

Jetzt komme ich, leider Gottes, lieber Kollege Rainder Steenblock, zum Thema. Der Kollege Claus Ehlers hat doch mit keinem Wort gesagt, dass er etwas gegen ökologischen Landbau habe. Ökologischen Landbau hat es auch in der Vergangenheit gegeben. Wer das in diesem Lande machen will, soll das in Gottes Namen weitermachen. Folgendes aber hat die Diskussion gestört: Als wir den ersten BSE-Fall hatten, ist die Diskussion direkt auf genveränderte Lebensmittel gekommen, und gleich hieß es, man müsse die ganze Agrarpolitik umkrempeln.

(Zurufe von der SPD: Genau!)

- Das ist doch nicht der richtige Weg!

(Widerspruch bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

- Hören Sie doch erst einmal zu! Vielleicht sind wir ja in unseren Positionen gar nicht so weit auseinander. Ich würde überhaupt begrüßen, wenn sich die Diskussion, die wir am vergangenen Samstag im Agrarausschuss gehabt haben, hier im Plenum fortsetzen würde.

(Beifall bei der CDU - Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da sollten Sie noch einmal nachdenken!)

- Sie waren doch gar nicht dabei, Frau Kollegin! Im Agrarausschuss hatten wir weitgehend Übereinstimmung. Ich glaube, daran sollten wir wieder anknüpfen.

Indirekt mag es richtig sein, dass - wie der Kollege Steenblock gesagt hat - die Landwirte in SchleswigHolstein Steuergelder bekommen. Aber dazu, lieber Rainder, muss ich einmal etwas aus eigener Situation schildern. Als ich vor 35 Jahren selbstständiger Landwirt wurde, bekam ich - und man vergisst nicht, wenn man den ersten Doppelzentner in seinem Leben verkauft - für den Doppelzentner Roggen 39,75 DM. Heute aber bekomme ich dafür nur 18 DM. Das ist der Unterschied. Diese Agrarpolitik haben aber nicht die Landwirte gewollt, die hat uns die EU so vorgeschrieben.

(Zurufe von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein!)

Deshalb kamen die Ausgleichszahlungen zustande. Das sind wohl Steuergelder, aber keine Subventionen. Das sind vielmehr die Mittel, die notwendig sind, damit Grund und Boden überhaupt noch bewirtschaftet werden können.

Meine Redezeit reicht leider nicht mehr lange und der Kollege Jensen-Nissen muss auch noch ein paar Minuten bekommen, deshalb an dieser Stelle meine herzliche Bitte: Lasst in diesem Zusammenhang mehr Fachleute zu Worte kommen! Nicht immer haben die, die viel geredet haben, wirklich eine Aussage getroffen. Manchmal haben die, die nichts gesagt haben, in diesem Zusammenhang mehr gesagt.

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Peter Jensen-Nissen.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich höre wohl die Rezepte in diesem Haus wohl feile! Der Bundeskanzler empfiehlt der Landwirtschaft nach der 99er-Konferenz in Berlin, zu Weltmarktpreisen zu produzieren. Heute wird so geredet, als wenn es Flächenbindung überhaupt nicht gebe. Für Mitglieder des Agrarausschusses ist das im Grunde genommen Hohn und Spott!

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Wir haben Flächenbindung, wir haben eine dichte Regelungsdichte. Fragen Sie doch einmal Ihre eigene Ministerin, mit welcher Administration sie sich herumquälen muss, um diese Dinge zu kontrollieren.

Die Frage ist doch auch, was diese Landesregierung eigentlich getan hat. Ohne eine Aufarbeitung der Vergangenheit sind bestimmte Dinge jetzt nicht darstellbar. Insbesondere geht es um die Frage, wie Sie - wozu Sie verpflichtet sind - die Landwirtschaft bei den Futtermittelkontrollen geschützt haben. 1994 standen dafür noch 378.000 DM zur Verfügung. Im Jahre 2000 sind es - ausweislich der Istliste dieser Landesregierung vom 15. November 2000 - nur noch 38.000 DM. Das ist in der Tat ein mittlerer Skandal, weil die Landesregierung ihre Aufgaben überhaupt nicht wahrnimmt.

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

Abweichend von meinem Redekonzept will ich noch einmal deutlich machen, was die Landesregierung denn getan hat. Diese Frage müssen wir uns doch stellen. Ich verweise einmal auf die Bundesratsdrucksache 991/97, in der die Entschließung des Europäischen Parlaments den Bundesländern zur Kenntnis gegeben wurde, und zwar bis in alle Details. Was haben Sie danach getan, um das Tiermehlverbot durchzusetzen und zu kontrollieren? Sie haben nur die Mittel gesenkt. Sie haben in diesem Jahr nur noch 268.000 DM in diesem Bereich ausgegeben.

Nächste spannende Frage ist doch, wer wann wen informiert hat.

(Zuruf von der CDU: So ist es!)

Es hat eine Konferenz am Dienstsitz des BML gegeben, in der die Spitzenvirologen dieses Landes und der Bundesrepublik und die Mitarbeiter des Bundesgesundheitsministeriums sowie des BML Folgendes festgestellt haben:

„Gerade angesichts dieser besonderen Ausgangslage und der häufig geäußerten Kritik aus dem Ausland sollten auch in Deutschland

umfangreiche epidemiologische Untersuchungen durchgeführt werden.“

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Es bestand die einhellige Meinung, dass von politischer Seite Vorbereitungen für den Ernstfall - BSE bei einheimischen Tieren - getroffen werden sollten. Datum dieser Konferenz war der 13. April des letzten Jahres. Da frage ich mich doch, wie denn diese Bundesregierung und diese Landesregierung miteinander kommuniziert haben. Offensichtlich haben sie in der Sprachlosigkeit verharrt; nicht einen Ton haben sie miteinander geredet, um bestimmte Dinge umzusetzen. Sie haben wiederholt keine Futtermittelkontrollen durchgeführt. Aus dem Haushaltstitel über jetzt nur noch 38.000 DM mussten auch noch Bodenproben gezahlt werden. Sie haben also nun wirklich überhaupt nichts getan. Zeigen Sie deshalb nicht nur auf die Landwirtschaft, sondern nehmen Sie auch Ihre eigene Verantwortung wahr.

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

Jetzt erhält die Regierung das Wort. Ich erteile zunächst der Frau Ministerpräsidentin das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich glaube, die Verbraucherinnen und Verbraucher wollen am wenigsten eine parteipolitische Auseinandersetzung nach dem Motto von Frau Happach-Kasan: „Rot-grüne Agrarminister: Igitt! - CDU-Agrarminister: Ein bisschen igitt! - F.D.P.Agrarminister: Wunderbar!“ Es kann doch wohl nicht Ihr Ernst sein, dass das Ihre Botschaft an die Verbraucher ist.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Ich will Ihnen gern sagen, was die Landesregierung bezüglich Tiermehlverfütterung gemacht hat. Ich habe ein Verbot in Bezug auf alle Tierarten gefordert. Daraufhin habe ich einen Brief von Herrn Sonnleitner erhalten, der sich gewaschen hatte. Ich sollte meinen Mund bei Sachen halten, von denen ich nichts verstehe.

Tun Sie doch nicht so, als ob es nicht auch auf Ihrer Seite - gerade im Bereich der Bauern - erheblichen Widerstand gegeben hat, wenn man auf Probleme

(Ministerpräsidentin Heide Simonis)

hingewiesen oder Verbote gefordert hat, damit bestimmte Sachen nicht mehr stattfinden können.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Man kann das seitenweise zitieren. Ich bin auch absolut nicht der Meinung von Herrn Abgeordneten Ehlers, dass diese so genannten „Autobahnveterinäre“, die den Bauern für ihre Schweineherden illegale Mittel verkauft haben, dies gegen den erbitterten Widerstand oder ohne Wissen der betroffenen Landwirte getan hätten. Sie können niemandem erzählen, dass das über sie gekommen sei wie ein Gottesurteil.

(Beifall des Abgeordneten Rainder Steen- block [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die haben das bewusst haben wollen, haben es gekauft und heimlich verfüttert. Damit müssen Sie sich auch auseinander setzen; denn Sie haben kein parteipolitisches Problem mit mir,

(Zuruf des Abgeordneten Claus Ehlers [CDU])

sondern Sie haben als Landwirte ein Problem mit den Verbrauchern. Dieses Problem müssen wir gemeinsam lösen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich weiß gar nicht, woher Sie den Mut nehmen, hinzugehen und bei den vielen Beispielen - Würmer in Fischen, mit Schwermetallen belastete Pilze, dioxinverseuchte Hühner und so weiter - zu sagen, das sei Parteipolitik; die SPD sei schuld. Das kann doch kein ernsthafter Diskussionsbeitrag sein, mit dem wir für ein Agrarland wie Schleswig-Holstein das Vertrauen wieder zurückgewinnen wollen.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Das ist doch Hickhack!)

- Die Verbraucher glauben das. Das ist der entscheidende Punkt. Nicht ich.

(Beifall bei der SPD)

Was ich weiß oder was ich glaube, ist überhaupt nicht wichtig. Wichtig ist, was die Verbraucher glauben. Und wichtig ist, das zu definieren, was wir ihnen zusichern können und was wir als Politiker machen können.