In Ihrem Antrag dokumentieren Sie das Dilemma selbst, indem Sie sagen, dass in die Kraft-WärmeKopplung in den vergangenen Jahren 3 Milliarden DM investiert wurden dank entsprechender Förderung aus öffentlichen Haushalten. Im Grunde hat die Liberalisierung des Strommarktes gezeigt, dass die KraftWärme-Kopplung nicht wettbewerbsfähig ist. Genau vor dieser Situation stehen Sie. Darüber sollten wir hier auch einmal sehr sorgfältig reden. Insofern ist es gut, dass wir diese Debatte führen.
Der Notanker, den Sie mit diesem Antrag wie ein bockiges Kind nach dem Motto „Und wir wollen doch die Quote!“ auswerfen, macht natürlich deutlich, dass Sie kein anderes Gegenmittel wissen, wenn der Wettbewerb gute Resultate zeitigt, als Dirigismus. Der Dirigismus ist natürlich ein Markenzeichen Ihrer Energiepolitik, Herr Minister Möller, seit ich diese Energiepolitik begleite. Sie versuchen immer wieder, in das Marktgeschehen mit dirigistischen Mitteln einzugreifen. Es wird hier versucht, die Liberalisierung des Strommarktes mit ihren positiven Folgen für die Kostenstruktur von Unternehmen und die sich daraus ergebenden Möglichkeiten, Arbeitsplätze zu schaffen, rückgängig zu machen.
Man muss einfach zur Kenntnis nehmen, wie sich die Lage in Berlin tatsächlich verhält. Wirtschaftsminister Müller hat sich ganz klar gegen die Kraft-WärmeKopplungsquote ausgesprochen. Ich zitiere jetzt wörtlich eine Meldung aus der „FAZ“ vom 14. März 2001:
„Im Wirtschaftsministerium ist man nach dem bisher letzten Gespräch von Trittin, Müller und dem Staatssekretär im Bundeskanzleramt,“
„Frank-Walter Steinmeier, mehr denn je zuversichtlich, dass sich damit eine Quote für Strom aus der Kraft-Wärme-Kopplung vermeiden lässt.“
Offensichtlich streben das Bundeskanzleramt und Wirtschaftsminister Müller etwas völlig anderes an als die Landesregierung mit ihrer Bundesratsinitiative. Das macht ihre Außenseiterpolitik in der bundesweiten Energiepolitik sehr deutlich. Insofern wäre es natürlich interessant - der Herr glänzt aber wieder durch Abwesenheit -, einmal die Stellungnahme des Herrn Wirtschaftsministers zu diesen dirigistischen Ansätzen der Mehrheitsfraktionen des Landtages zu erfahren. Wir werden den Wirtschaftsminister dieses Landes aus seiner Verantwortung für eine wettbewerbsorientierte Wirtschaftspolitik nicht entlassen. Diese muss selbstverständlich auch die Energiepolitik einbeziehen und umfassen.
Meine Damen und Herren, auch Sie müssten ja eigentlich die Meldung in den „Lübecker Nachrichten“ vom 24. Februar dieses Jahres gelesen haben. In der war zu lesen, dass nur 10 % der Haushalte in Schleswig-Holstein mit Fernwärme heizen - trotz unglaublicher Förderung aus den öffentlichen Haushalten. Daran wird doch ganz deutlich, welch blasser Illusion man sich hingibt, wenn man glaubt, dass die Fernwärmenetze in kürzester Zeit in Schleswig-Holstein auch nur nennenswert ausgebaut werden könnten. Sie fordern damit vielmehr Investitionen in eine Technik, die eben keine nennenswerte energiepolitische Perspektive hat.
Herr Minister Möller, ich war am 16. Februar bei dem Workshop der Energiestiftung über Kraft-WärmeKopplung. Da habe ich Ihren Grußworten gelauscht und dabei festgestellt, dass Ihnen ein bemerkenswerter Irrtum unterlaufen ist. Ihr Irrtum war, dass Sie die Kraft-Wärme-Kopplung offensichtlich für ein marktwirtschaftliches Instrument halten. Da wurde sehr viel über Zertifikatslösungen und ähnliche Dinge geredet. Das sind wirklich marktwirtschaftliche Instrumente, die wir bei der Entschwefelung von Kohlekraftwerken in den 70er- und 80er-Jahren intensiv diskutiert haben. Indem Sie aber die Quote für die Kraft-WärmeKopplung als marktwirtschaftliches Instrument verkauft haben, haben Sie ihr schlicht ein falsches Etikett aufgeklebt; die Quote hat mit marktwirtschaftlichen Instrumenten absolut nichts zu tun. Es handelt sich möglicherweise um den Versuch einer Manipulation, wenn man sich als besonders marktwirtschaftsfreundlich gibt, aber tatsächlich das Gegenteil davon will.
Die Quote verfestigt, Herr Kollege Hentschel, eine veraltete und nicht zukunftsfähige Technologiestruktur für viele Jahrzehnte, indem sie eine Förderung für eine ganz bestimmte Struktur weiter aufrechterhält, die schlicht nicht wettbewerbsfähig ist. Der Weg, den Sie
Daher ist es nicht verwunderlich, dass das Klimaschutzprogramm der großen Energieversorger, das diese vor einigen Wochen in Berlin vorgelegt haben wir sind, wie ich glaube, sogar gemeinsam dorthin geflogen, als es vorgestellt wurde -, ganz eindeutig zu bevorzugen ist.
Die Energieversorger haben den ganz klaren Vorschlag gemacht, 12 Millionen t CO2 durch den Bau neuer Anlagen, 5 Millionen t CO2 durch den Ausbau erneuerbarer Energien, 9 Millionen t CO2 durch neue KWK-Anlagen - durch neue, die dann wettbewerbsfähig sind, und nicht durch Subventionierung der alten und
7 Millionen t CO2 durch den Einsatz verbesserter Heizungs- und Warmwassertechnik einzusparen. Insgesamt ergibt das eine Einsparung von 33 Millionen t CO2 gegenüber 23 Millionen t, die durch die Quote erreicht werden sollen. Die Aufgabe lautet ja, 170 Millionen t CO2 einzusparen. Diese Aufgabe ist zu bewältigen, wenn die Kernkraftwerke, die Sie abschalten wollen, mit ihrer sozusagen CO2-freien Produktion nicht mehr zur Verfügung stehen. Die Ersatztechnologien führen nämlich zu einem um 170 Millionen t CO2 erhöhten Energieausstoß,
Nehmen wir noch einmal das Interview von Herrn Müller in der „Berliner Zeitung“ vom 12. März 2001. Ich zitiere wörtlich: „Ich habe aber überhaupt keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass sich die Stromwirtschaft an ihre Zusage halten wird.“
So sprach Minister Müller, der ja etwas davon verstehen muss, weil er aus dieser Branche kommt, und dieser Zusage Glauben schenkt.
In jedem Fall wäre es sehr viel sinnvoller, wenn auch Sie zu einer ernsthaften Modernisierungsstrategie aufrufen und dabei mithelfen würden und nicht einer „Veraltungsstrategie“ verhaftet blieben, indem Sie veraltete Strukturen in Form der Einführung einer Quote weiter subventionieren. Eine Modernisierungsstrategie bringt nur etwas bei noch nicht wettbewerbsfähigen Energien, die aber die Aussicht haben,
einmal wettbewerbsfähig zu werden. Ich nenne als Beispiel Energiewandlungsanlagen oder Brennstoffzellen, über die Sie, Frau Kockmann-Schadendorf, ja auch gesprochen haben.
In Deutschland haben wir ein riesiges Potenzial zur Minderung von CO2 - technisch gesehen. Gleichwohl steigt gegenwärtig und in den kommenden Jahren der CO2-Ausstoß in Deutschland, da Sie aufgrund ideologischer Verbohrtheit an Ihrer falschen Energiepolitik festhalten. Die KWK-Quote ist ein untaugliches Instrument und blockiert technische Neuerungen selbst auch im KWK-Bereich. Hier werden noch nicht einmal neue Anlagen gefördert, sondern die alten am Leben erhalten, obwohl sie nicht wettbewerbsfähig sind. Dies führte dazu, dass die Quote der Energieerzeugung von KWK-Anlagen im Rahmen der Liberalisierung des europäischen Strommarktes so dramatisch zurückgegangen ist. Das sollten Sie sich einmal überlegen: Trotzdem wollen Sie eine Quote zur Stabilisierung dieser überholten, nicht wettbewerbsfähigen Strukturen einführen.
Meine Damen und Herren, es kommt darauf an, dass wir in Zukunft marktverträgliche und technologieoffene Instrumente nutzen. Dazu gehören auch Zertifikatslösungen, die noch sehr in den Kinderschuhen stecken und bei denen wir noch lange nicht da sind, wohin wir wollen, aber möglicherweise finden wir gemeinsam einen Weg zur Umsetzung. Dieses Ziel sollten wir uns vielleicht gemeinsam vornehmen.
Das Wort erhält der Fraktionsvorsitzende Karl-Martin Hentschel für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kerssenbrock, Sie haben natürlich Recht, wenn Sie sagen, der aktuelle Anlass der Debatte sei, dass die Umsetzung eines Gesetzes zur Regelung der Kraft-Wärme-Kopplung in Berlin ins Stocken geraten ist. Da wir das Bundesland sind, das mit einem Anteil von 20 % am stärksten in der Kraft-Wärme-Kopplung engagiert ist und in dem die Stadt Flensburg mit dem höchsten Anteil europaweit als Vorreiter für diese Technologie gilt, ist dieses Thema landespolitisch von höchster Bedeutung und muss hier unbedingt diskutiert werden.
Kraft-Wärme-Kopplung bedeutet - relativ einfach -, dass die Wärme, die bei der Stromerzeugung ein Ab
fallprodukt ist, zusätzlich zum Heizen und für Warmwasser genutzt wird. So nutzt man die gesamte Energie des Energieträgers, während in herkömmlichen Kraftwerken die Hälfte - bis zu zwei Dritteln der Energie - als Abwärme „weggeworfen“ wird. Daher ist Kraft-Wärme-Kopplung, Herr Kerssenbrock, schon aufgrund der ihr zugrunde liegenden Technologie keineswegs teurer, sondern günstiger als herkömmliche Anlagen. Angesichts dessen ist es geradezu unsinnig, getrennt Heizungsanlagen, in denen Erdöl, Kohle oder sonstige Brennträger verbrannt werden, und Stromkraftwerke zu bauen und von beiden die Abwärme in die Luft zu blasen.
Der Grund dafür, dass der Anteil der Kraft-WärmeKopplung zurückgegangen ist, liegt nicht an mangelnder Effizienz, sondern daran, dass in Zeiten eines Monopolmarktes riesige Überkapazitäten im Strombereich aufgebaut wurden. Diese Überkapazitäten drükken nun auf den Markt. Zudem ist mehr als die Hälfte des Kraftwerkparkes abgeschrieben. Diese Anlagen produzieren nicht mehr zu realen Preisen, in die die Abschreibung eingerechnet wird, sondern kalkulieren auf Grenzkostenbasis. Diese Anlagen wurden den Konzernen praktisch vom Gebührenzahler geschenkt - zwangsweise, weil wir eben ein Monopol gehabt haben.
Mit dem in diesen Anlagen produziertem Strom drükken die Anbieter jetzt auf den Markt und bieten Strom zu Dumpingpreisen. Angesichts der Tatsache, dass die Industrie zu Dumpingpreisen von teilweise deutlich weniger als 5 Pf pro kWh anbietet - dafür kann man, wie Sie ganz genau wissen, keine Anlage betreiben -, ist es ganz natürlich, dass die Industrie sagt: Dann bauen wir keine neuen Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, dann nutzen wir Prozesswärme, die zum Beispiel in der Stahlindustrie zuhauf anfällt, nicht, sondern nehmen den billigen Strom. Das aber ist eine kurzfristige Strategie, die sich relativ bald nicht mehr halten lassen wird.
Jetzt zu den einzelnen Modellen! Die Kraft-WärmeKopplung ist neben den regenerativen Energien wie Wind und Biomasse und dem Energiesparen durch Niedrigenergiehäuser sowie Passivhäuser die dritte Säule der zukünftigen umweltfreundlichen Energieversorgung in Schleswig-Holstein. Wir gehen davon aus, dass Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung in dem zukünftigen Szenario der regenerativen Energieversorgung mindestens ein Drittel der Stromproduktion Schleswig-Holsteins liefern werden.
Es gibt zwei Modelle, um die Kraft-Wärme-Kopplung zu sichern und auszubauen, die zurzeit in der Diskussion sind. Das eine Modell ist das Zertifikatsmodell; das andere Modell ist das Bonusmodell. Wenn Sie
drüben das Institut für Weltwirtschaft fragen, welches der beiden Modelle eher marktkonform ist, dann werden Ihnen alle sagen: Das Zertifikatsmodell - das heißt die Quote - ist marktkonform.
Dieses Konzept wird in sämtlichen Diskussionen von allen Volkswirtschaften gefordert. Wir als Fraktion haben im Herbst ein Hearing abgehalten, bei dem 100 Fachleute vertreten waren. Alle Volkswirte haben eindeutig gesagt: Das ist das zu bevorzugende Modell.
Die Praktiker aus der Energiewirtschaft haben allerdings eine andere Meinung vertreten. Sie haben gesagt: Lasst uns an die guten Erfahrungen des Energieeinspeisegesetzes anknüpfen und wieder ein Bonusmodell realisieren. Dieses Bonusmodell hat den Vorteil, dass die einzelnen Produktionsstätten unterschiedlich bewertet werden können. Zum Beispiel kann man wie jetzt mit den in Rede stehenden 10 Pf geplant ist für die Brennstoffzelle Sonderbedingungen schaffen. So, wie dies beim Energieeinspeisegesetz der Fall ist, kann man also unterschiedliche Produktionsarten je nach ihren Gestehungskosten unterschiedlich bewerten. Die Praktiker haben deswegen gesagt: Wir plädieren für ein Bonusmodell, weil dies günstiger ist, weil man damit schneller die Ziele erreicht und weil es sich europaweit bewährt hat.
Überall, wo regenerative Energien durch Bonusmodelle gefördert werden - sowohl bei uns als auch in anderen Ländern -, ist dies ein Erfolg gewesen, während die Zertifikatsmodelle von der Ausgestaltung her noch Probleme bereiten. Allerdings bin ich der Meinung, dass diese Schwierigkeiten überwindbar sind. Ich persönlich bin Anhänger des Zertifikatsmodell, aber für mich ist das nicht entscheidend. Entscheidend ist für mich, dass eine vernünftige Regelung zustande kommt, die den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung in Deutschland sicherstellt und die garantiert, dass die Einsparziele, die sich die Bundesrepublik selber gesetzt hat, erreicht werden.
Wenn Sie, Herr Kerssenbrock, jetzt sagen, unter RotGrün steige der CO2-Ausstoß, so müssen Sie wissen: Der CO2-Ausstoß ist in Westdeutschland in den letzten Jahren immer gestiegen. Dass wir in Deutschland einen Rückgang zu verzeichnen gehabt haben, lag einzig und allein am Zusammenbruch der Wirtschaft und am Umbau uneffizienter Anlagen in der ehemaligen DDR. Jetzt sind wir an einem Punkt angekommen, an dem wir, um die Einsparziele zu erreichen, auch Schritte darüber hinaus machen müssen. Dazu werden auf Bundesebene Konzepte erstellt und diese Konzepte müssen umgesetzt werden. Ich plädiere dafür, dass wir als Landtag eine Resolution treffen, in der wir der
Bundesebene ganz deutlich sagen, dass wir das wollen, und in der wir Wirtschaftsminister Müller eindeutig auffordern, seine Blockade aufzugeben.
Sie sind auch noch auf die Frage der künftigen Wirtschaftlichkeit eingegangen. Alle Verfechter der Zertifikatslösung, also der Quote -
Sie kennen das Modell nicht; tut mir Leid. Sie müssen sich erst einmal mit den Grundlagen beschäftigen.