Protokoll der Sitzung vom 23.03.2001

(Dr. Heiner Garg [F.D.P.]: Wer ist denn da- für verantwortlich? - Zuruf des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU])

Es ist nun einmal so, dass die Werftenförderung in Schleswig-Holstein im Verhältnis zum Landeshaushalt immerhin das Vierfache von der in Niedersachsen ausmacht.

(Dr. Heiner Garg [F.D.P.]: Ist das in Meck- lenburg-Vorpommern anders?)

- Mecklenburg-Vorpommern lebt eh vom Bundestropf; machen wir uns doch nichts vor. Bremen lebt auch vom Bundestropf.

(Dr. Heiner Garg [F.D.P.]: Schleswig- Holstein nicht? - Zuruf der Abgeordneten Roswitha Strauß [CDU])

Schleswig-Holstein kann die Werftenförderung nicht ausschöpfen und dadurch kommen unsere Werften in eine ungleiche Wettbewerbssituation gegenüber anderen Ländern. Da habe ich gesagt: Es kann nicht so weitergehen, dass die Bundesregierung nur ein Drittel fördert, damit die Länder unter Zwang setzt, zwei Drittel draufzulegen, und so ungleiche Bedingungen zwischen den Bundesländern erzeugt.

Wenn Werftenhilfe notwendig wird - wir sollten erst einmal die Möglichkeiten auf europäischer Ebene, auf internationaler Ebene ausschöpfen, bevor wir wieder in einen Subventionswettlauf einsteigen -, muss sie so gestaltet werden, dass alle Länder die Möglichkeit haben, die Werftenhilfe auszuschöpfen. Nur das ist ein gerechtes Verfahren.

Ich warne davor, jetzt schnell als Erstes wieder die Wiederaufnahme der Werftenhilfe zu fordern;

(Dr. Heiner Garg [F.D.P.]: Haben sie Frau Kähler nicht zugehört?)

denn sie nützt uns nicht nur, sondern sie hat unseren Werften in den letzten Jahren auch erhebliche Nachteile gebracht. Das sollte uns bewusst sein.

(Dr. Heiner Garg [F.D.P.]: Sie erzählen Un- sinn da vorn!)

Das Wort für die Landesregierung erteile ich jetzt Herrn Wirtschaftsminister Dr. Rohwer.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Berichtsantrag von SPD, F.D.P., BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW ist nur zu begrüßen. Er kommt zur richtigen Zeit und unterstützt die Bemühungen der Landesregierung zur Sicherung des Schiffbaus und der maritimen Wirtschaft in Schleswig-Holstein.

Meine Damen und Herren von der CDU, wir beantworten auch gern alle Fragen zum Tiefwasserhafen. Noch gibt es keine Entscheidung über den Standort. Im Moment kommt es darauf an, dass wir versuchen, dass unsere schleswig-holsteinischen Interessen bei der Standortwahl berücksichtigt werden. Über die Auswirkungen können wir immer noch reden. Wir sollten uns auf die vorrangigen Aufgaben konzentrieren.

Der Schiffbau und die maritime Wirtschaft sind noch immer ein starkes Standbein der schleswig-holsteinischen Wirtschaft. Ein Viertel des deutschen Schiffbaus, ein Viertel der deutschen Reedereien haben ihren Sitz in Schleswig-Holstein. Wir haben einen breiten Mix von interessanten maritimen Unternehmen.

Dieses Bekenntnis ist gerade jetzt wichtig, denn die Zeiten für den Schiffbau sind noch immer schwierig.

(Unruhe)

Unfaire Wettbewerbspraktiken vor allem in Korea sorgen dafür, dass unsere Werften im Massengutschiffbau gerade die Niedrigpreise von Fernost nicht mehr parieren können. Das ist kein fairer Wettbewerb, das ist ein klarer Verstoß Koreas gegen die Prinzipien des internationalen Handels und Wettbewerbs.

(Beifall)

Wir können darauf nur mit einer Doppelstrategie antworten. Erstens: Massiver Druck über die EU und über die WTO auf Korea. Zweitens: Unterstützung unserer Werften für die Übergangsphase, bis die Wettbewerbsverzerrungen abgebaut sind und sich die Weltschiffbaupreise wieder auf ein verträgliches Niveau eingependelt haben.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Zum ersten Punkt! Nachdem sowohl das OECDAbkommen als auch das Abkommen über „Agreed Minutes“ gescheitert sind, liegt nun die Beschwerde des Europäischen Schiffbauverbandes bei der EUKommission. Das Untersuchungsverfahren läuft. Mit dem Ergebnis ist bis Mitte Mai zu rechnen. Dann wird die Kommission über eine Klage vor der Welthandelsorganisation WTO entscheiden, bis zu deren Ent

scheidung allerdings weitere zwei Jahre vergehen können. Das dauert alles sehr lange, zu lange. Deshalb fordern wir im Einklang mit den anderen norddeutschen Ländern eine schnelle Entscheidung der EU, wie angesichts der fortdauernden Wettbewerbsverzerrungen die Schiffbauhilfen fortgesetzt werden können.

(Beifall bei der CDU)

Zu Punkt 2! Die schleswig-holsteinischen Werften haben nicht viel Zeit, sie haben nicht so viel Zeit, bis vielleicht in zwei oder drei Jahren mit Korea eine Einigung erzielt wird. Sie brauchen jetzt Unterstützung, damit sie die Durststrecke überstehen.

(Beifall der Abgeordneten Ursula Kähler [SPD], Uwe Eichelberg [CDU] und Roswitha Strauß [CDU])

Wir unterstützen deshalb die Werften in SchleswigHolstein mit insgesamt 132 Millionen DM in der achten Fortsetzung. Diesen Betrag muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen, meine Damen und Herren!

(Unruhe)

Natürlich wäre es schön, wenn wir es uns leisten könnten, auf alle Aufträge die volle Wettbewerbshilfe zu geben, aber schon mit dem jetzigen Plafond sind wir an die Grenze des finanziell Machbaren gegangen. Es gibt auch andere Branchen in Schleswig-Holstein, die Wettbewerbsprobleme haben. Wir können nicht alle so bedienen wie die Schiffbauindustrie.

(Vereinzelter Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dazu kommt noch ein Bürgschaftsrahmen von etwa 1 Milliarde DM. Ich bin aber sicher, dass wir die Aufträge der schleswig-holsteinischen Werften so weit sichern können, dass die Auslastung bis 2002 und teilweise bis 2003 gesichert werden kann. Das ist schon etwas und darauf sollten wir uns im Moment konzentrieren.

Ein etwas anderes Ziel verfolgt der Antrag im Punkt 2, Zukunft der maritimen Wirtschaft. Wir werden darauf im Bericht im Einzelnen eingehen. Es ist gut, dass wir einen solchen Bericht erstellen können, denn dann wird sich zeigen, was in Schleswig-Holstein alles an Potenzialen vorhanden ist. Der Zeitpunkt ist günstig, denn die Bundesregierung hat nicht nur einen sehr engagierten Koordinator eingesetzt, Staatssekretär Gerlach, sondern sie hat auch in vielen Gesprächen unterstützende Maßnahmen auf den Weg gebracht.

Meine Damen und Herren, es gibt in Berlin endlich

(Minister Dr. Bernd Rohwer)

wieder eine starke politische Unterstützung für die maritime Wirtschaft. Das war nicht immer so.

(Beifall bei SPD und SSW)

Da ist es umso sinnvoller, dass wir die Interessen und Potenziale in Schleswig-Holstein zusammenfassen. Wir werden dies tun. Wir werden die Perspektiven der Schiffbau- und Zulieferindustrie, der Energie- und Rohstoffgewinnung, der maritimen Dienstleistungen, der Schifffahrt, der Nahrungsmittelgewinnung aus dem Meer und anderer Bereiche in diesem Bericht zusammenfassen.

Wir werden auch die Forschungspotenziale aufzeigen. Übrigens ist von unserem Ministerium hierzu jüngst einiges angestoßen worden: Ein Arbeitskreis Meeresforschung unter Leitung von Professor Potthoff arbeitet bereits; ein Zentrum für angewandte Meeresforschung (ZAM) ist in der Planung; im August wird bei GEOMAR ein Meeresforschungs- und -techniksymposium mit Ausstellung, mit internationaler Präsenz stattfinden.

Das zeigt, wie wichtig der Bericht ist, wie chancenreich dieser Bereich ist, wenn wir die richtigen Maßnahmen treffen. Der Aufwand wird sich lohnen. Damit geben wir der Schiffbauindustrie und der maritimen Wirtschaft im Lande ein klares gemeinsames Signal: Wir erkennen die Chancen und fördern sie in einer gemeinsamen Kraftanstrengung.

(Beifall bei SPD, F.D.P., BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir treten in die Abstimmung ein. Wenn ich es richtig verstanden habe, ist einvernehmlich Ausschussüberweisung beider Anträge beantragt. Ist das so? - Dann darf ich fragen, wer dem Antrag der Fraktionen von SPD, F.D.P., BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW, Drucksache 15/739 (neu), sowie dem Antrag der Fraktion der CDU, Drucksache 15/840, seine Zustimmung dahin gehend geben will, dass beide in den zuständigen Wirtschaftsausschuss überwiesen werden.

(Zuruf: In den Finanzausschuss auch!)

- Und in den Finanzausschuss auch, in beide Ausschüsse. Die beiden eben aufgerufenen Anträge sollen also federführend in den Wirtschaftsausschuss und mitberatend in den Finanzausschuss zur weiteren Beratung überwiesen werden. Wer möchte dem so zustimmen? - Gegenprobe! - Stimmenthaltung? - Dann haben wir das einstimmig so beschlossen. Damit ist dieser Tagesordnungspunkt erledigt.

Bevor ich den in der Tagesordnung vorgesehenen Punkt 18 aufrufe, möchte ich mit Ihnen gemeinsam über das weitere Vorgehen hinsichtlich des vorliegenden Dringlichkeitsantrags beraten. Ich rufe auf:

Impfung gegen die Maulund Klauenseuche (MKS)

Dringlichkeitsantrag der Fraktion der CDU Drucksache 15/845

Zunächst müssen wir über die Dringlichkeit entscheiden. Nach unserer Geschäftsordnung ist es so, dass die Dringlichkeit mit einer Zweidrittelmehrheit der Stimmen bejaht werden muss, sonst ist sie nicht gegeben. Wird vom Antragsteller das Wort zur Begründung der Dringlichkeit gewünscht? - Das ist der Fall. Dann hat der Abgeordnete Peter Jensen-Nissen das Wort zur Begründung der Dringlichkeit.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben Ihnen heute einen Dringlichkeitsantrag auf den Tisch gelegt. Er beschäftigt sich mit dem aktuellen Seuchengeschehen in Europa. Das Überspringen der Maul- und Klauenseuche von Großbritannien auf Holland, die dortige rasante Verbreitung und der bekannte Viehverkehr, der zwischen Holland und weiten Teilen der Bundesrepublik Deutschland stattgefunden hat, zeigen die dramatische Entwicklung. Der holländische Landwirtschaftsminister hat das mit sehr drastischen Worten beschrieben. Wir wollen anhand dieses Antrags mit Ihnen gemeinsam darüber diskutieren, auch vor dem Hintergrund der Agrarministerkonferenz heute in Cottbus und der Beratung des Veterinärausschusses in Brüssel. Wir wollen ein Signal setzen und der Ministerin bei aller Wertigkeit dessen, was Wissenschaftler und Virologen dazu sagen, in dieser Diskussion den Rücken stärken, damit sie mit einer klaren Meinung des Schleswig-Holsteinischen Parlamentes Politik machen kann. Deshalb bitte ich Sie, der Dringlichkeit zuzustimmen. In der Sache können wir dann später noch diskutieren.

(Beifall bei CDU und F.D.P. sowie der Ab- geordneten Anke Spoorendonk [SSW])

Damit ist die Dringlichkeit begründet worden. Ich darf fragen, ob jemand gegen die Dringlichkeit sprechen möchte.