man ist vor Überraschungen ja nie sicher: Die erste war Ihr Antrag und die zweite war für mich die Tatsache, dass es zwischen uns, lieber Herr Nabel, selten so viel Übereinstimmung gegeben hat wie heute.
ernst zu nehmende Gründe für Ihren Vorstoß gibt, Herr Harms! Aber ich habe nicht sehr viel gefunden.
Wir alle wissen - und Sie selber haben es auch gesagt -, dass das Bundesnaturschutzgesetz vor einer Novellierung steht. Die Klage von CDU und FDP gegen das Landesnaturschutzgesetz ist immer noch vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe anhängig. Beides wird dazu führen, dass wir, vermutlich im nächsten Jahr, in intensive und dann sicherlich nicht immer so einvernehmliche Debatten und Diskussionen darüber einsteigen werden, wie das Naturschutzrecht für Schleswig-Holstein neu auszurichten und zu gestalten ist. Von daher finde ich - das will ich einmal vorneweg sagen - den Zeitpunkt schlichtweg für nicht sehr hilfreich, auch wenn Sie insofern vorhin eine etwas andere Begründung gegeben haben.
Wir haben vergleichbare Einzelanträge schon in Zusammenhang mit früheren Debatten nicht positiv bewertet, weil wir der Meinung sind, dass so etwas - und gerade die Eingriffs-/Ausgleichsregelung - ganzheitlich betrachtet werden muss. Wir werden also auch bei der Vorbereitung des Bundesnaturschutzgesetzes und bei der Novellierung des Landesnaturschutzgesetzes eine intensive Beratung über Eingriffs-/Ausgleichsregelungen führen müssen. In diesem Zusammenhang kann und muss man sicherlich darüber reden, wie man - das war immer erklärtes Ziel der CDU; vielleicht gibt es insofern ja eine Gemeinsamkeit - den Vorrang für Küstenschutzmaßnahmen im Gesetz verankern kann.
Es bleibt aber die Frage, wo und in welcher Art und Weise man das tut. Dem Küstenschutz Vorrang einzuräumen, bedeutet noch lange nicht, die Bewertung als Eingriff und die Verpflichtung zum Ausgleich vom Tisch zu wischen, so wie Sie es in Ihrem Antrag machen. Genau das aber ist für mich das eigentlich Empörende an Ihrem Antrag, weil Sie sich - insbesondere in der Begründung, die eigentlich das Schlimmste an dem ganzen Vorstoß ist - schlankweg hinstellen und sagen, Küstenschutzmaßnahmen seien keine Veränderung des Landschaftsbildes und seien kein Eingriff in den Naturhaushalt. Wenn ich so etwas höre, frage ich mich, worüber wir alle - dazu zähle ich bewusst die ehrenamtlichen Naturschützer - in den vergangenen Jahren eigentlich geredet und gerungen haben. Als habe es die Diskussionen zum Beispiel um die Meldorfer Bucht oder den Beltringharder Koog nicht gegeben!
Ich denke, es hätte für Sie ganz andere Möglichkeiten gegeben, sich um diese Fragen zu kümmern. Ich meine Sie persönlich, aber auch den SSW insgesamt, liebe Frau Spoorendonk. Ich erinnere mich an die heftigen Debatten um das Nationalparkgesetz. Ich habe mir Ihre Redebeiträge noch einmal angeschaut. Wir hatten das erklärte Ziel, in § 2 Abs. 2 dieses Gesetzes einen Vorrang für den Küstenschutz zu verankern.
- Wenn Sie den Text lesen, dann werden Sie feststellen, dass genau dieser Vorrang so nicht verankert worden ist.
- Nein, es ist ein deutlicher Qualitätsunterschied zu der früheren Rechtslage. In § 2 Abs. 2 des angesprochenen Gesetzes heißt es ausdrücklich:
„Die Maßnahmen des Küstenschutzes einschließlich der Vorlandsicherung und Vorlandgewinnung sowie der Binnenlandentwässerung werden nicht eingeschränkt.“
Aber „nicht eingeschränkt“ bedeutet noch lange keinen Vorrang. Weil Sie schon damals eine andere Sichtweise hatten, haben Sie das in Ihrem Debattenbeitrag fälschlicherweise so interpretiert, als ob das ein Vorrang sei. Ich könnte Ihnen Ihren Beitrag vorlesen, aber ich will das angesichts der Zeit nicht machen.
Das war eine verpasste Chance. Wenn Sie aber heute ankommen und versuchen, das, was Sie damals stehen gelassen haben, zu Lasten des Naturschutzes einzukassieren, dann muss ich Ihnen sagen, dass ich das nicht mitmache - und meine Fraktion zum Glück auch nicht.
Ich kann mich nur dem anschließen, was Herr Nabel gesagt hat: Ihr Vorgehen ist für mich insofern Populismus pur. Die Eingriffsausgleichsregelung ist neben der Landschaftsplanung und neben dem Flächen- und Artenschutz eine der zentralen Säulen in unserem Naturschutzrecht. Sie ist nicht zuletzt dafür geschaffen, dass wir uns bei dem, was wir Menschen in der Natur und in der Landschaft tun, zurückhalten. Es geht eben darum, Eingriffe auszugleichen beziehungsweise
Aus dieser Verpflichtung wollen Sie sich jetzt ohne jede Not einfach herausstehlen. Herr Harms, das begründen Sie dann sogar noch damit, dass wir im Land kein Geld haben. Das schlägt dann ein weiteres Mal dem Fass den Boden aus. Über die Frage, ob wir kein Geld haben beziehungsweise ob das Geld, das wir haben, falsch eingesetzt ist, können wir eine lange weitere Diskussion führen.
Ich kann aber überhaupt nicht nachvollziehen, wie man die Verpflichtung, die Eingriffe in unsere Lebensgrundlagen und damit auch in die Zukunft auch Ihrer Kinder auszugleichen, einfach so beiseite schieben kann. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der Einlassungen, die Sie früher zu diesem Thema gemacht haben. Vorhin haben Sie von Sensibilität gesprochen. Die vermisse ich heute bei Ihnen leider total.
Ich kann nicht nachvollziehen, wie jemand so etwas nur wegen eines populistischen Antrages macht, der Ihnen - da bin ich sicher und das hoffe ich auch im Interesse der Sache - nicht nützen wird.
Mit einem Ausgleich versucht man, zumindest die Nachhaltigkeit weiterhin sicherzustellen. Das ist das, worum wir alle ringen, wenn wir über Agenda 21 und Nachhaltigkeitsprozesse reden. Das kann man nicht einfach opfern, indem man für den Küstenschutz einen Persilschein ausstellt und so tut, als sei das alles kein Eingriff. Das hätte ich - ehrlich gestanden - von Ihnen nicht erwartet.
Dass wir gerade in einer Zeit, in der das Naturschutzrecht wieder angefasst, novelliert wird, von Ihnen eine solche Debatte beschert bekommen, die bei dem einen oder anderen womöglich wieder irgendwelche Gedanken und Hintertürchen im Kopfe öffnet - es gibt vielleicht noch andere, denen der Naturschutz eigentlich zu teuer ist -, das ist es, was mich mit Sorge erfüllt und was ich außerordentlich bedauerlich finde.
Sehen Sie sich einmal Eingriffs/Ausgleichsregelungen an. Ich bin immer dafür eingetreten, dass Eingriff und Ausgleich in einer vernünftigen Relation zueinander stehen, dass Ausgleichsmaßnahmen nicht maßlos seien dürfen - da sind wir uns einig - und dass sie, was den Kostenrahmen anbelangt, vernünftig sein müssen. Das alles ist nicht die Frage. Wenn Sie sich aber hier hinstellen und sagen, das alles sei nicht so, kann ich Ihnen nur bescheinigen: Sie haben von diesem Thema keinerlei Ahnung. Das finde ich außerordentlich bedauerlich.
Ein letztes Wort noch. Es ist auch die Frage, ob das ganze Thema Küstenschutz tatsächlich in einem eigenen Küstenschutzgesetz geregelt werden muss. Auch da kann man die Frage stellen, inwieweit das populistisch ist und inwieweit wir das wirklich brauchen. Die Diskussion werden wir in Zukunft vielleicht noch führen.
Ich hoffe sehr - darum kommen wir wohl nicht herum -, dass wir das Thema im Ausschuss weiter beraten. Vielleicht können wir Ihnen, Herr Harms, dann mit vereinten Kräften deutlich machen, dass Sie auf einem Holzweg sind. Wir sollten uns viel mehr gemeinsam um einen vernünftigen Küstenschutz mit Vorrang, aber auch um vernünftige Ausgleichsmaßnahmen kümmern.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist außerordentlich selten, dass zwei Vorredner, der Sprecher der SPD genauso wie die Sprecherin der CDU, genau das sagen, was Position der FDP ist und ich beides voll inhaltlich teilen kann.
Herr Kollege Nabel, Sie haben mit Ihrem Beispiel recht gut deutlich gemacht, dass es nicht angehen kann, dass wir bei der Eingriffsausgleichsregelung dahergehen, das, was wir uns wünschen, qua Gesetz als naturnah und naturgemäß definieren und sagen, dass das ohne irgendwelche Einschränkungen erfolgen kann. Das kann es nicht sein. Das haben Sie mit Ihrem Beispiel hoffentlich auch dem Kollegen Harms deutlich gemacht.
Frau Todsen-Reese hat sehr klar herausgearbeitet, dass die Eingriffsausgleichsregelung Kernstück des Bundesnaturschutzgesetzes, Kernstück unseres Naturschutzes ist und sich als außerordentlich erfolgreiches Instrument erwiesen hat. Es ist das Instrument, mit dem ein jeder Eingriff in die Natur überprüft wird zum Ersten, ob er überhaupt notwendig ist, zum Zweiten, ob er ausgleichbar ist; wenn er notwendig ist, muss er ausgeglichen werden. Dadurch werden Mittel für Naturschutzmaßnahmen bereitgestellt.