Man muss aber ehrlich sagen, welches die Beweggründe sind. Es sind nicht in erster Linie frauenpolitische oder gesellschaftspolitische, sondern es sind wirtschaftspolitische.
- Solche Interessenkoalitionen hat es aus Sicht der Frauenbewegung übrigens schon immer gegeben, dass man nämlich Einrichtungen aus wirtschaftspolitischen Gründen gefördert hat. Dies kam der Frauenbewegung zugute. Nutzen wir also die derzeitige Situation!
Statt der reinen Ganztagsschulkonzepte haben sich an vielen Stellen Angebote in der Regie der Schule, aber auch durch private und kommunale Initiativen entwikkelt, die in die Richtung von ganztägigen Betreuungsund Freizeitangeboten gehen. Es handelt sich um Angebote, die freiwillig angenommen werden, aber verlässlich organisiert werden müssen. Darüber wird die Landesregierung den Landtag in dem Bericht, den Sie gefordert haben, informieren. Zurzeit wird dazu an allen Schulen des Landes eine Befragung durchgeführt.
Die vorhandenen Ganztagsangebote in ihrer individuellen Ausgestaltung berücksichtigen die veränderten Lebensbedingungen von Kindern, Lebensbedingungen, die von veränderten Familienformen, von Ein-Kind
Familien und von einer Freizeitgestaltung gekennzeichnet sind, die leider zunehmend durch Medienkonsum bestimmt wird.
Sie berücksichtigen aber auch die gestärkte Eigenverantwortung der Schule, die Schulprogrammarbeit, die Öffnung von Schule und die Kooperation von Schule und Jugendhilfe. Die ersten Ergebnisse und Erkenntnisse, die wir aus unserer Befragung ziehen können, die wir auch bei unserer bundesweiten und europaweiten Beobachtung gewonnen haben, bestärken mich heute darin, den flächendeckenden Ausbau von Ganztagsschulen im vorhin beschriebenen Sinne nicht einseitig zu favorisieren, sondern dem Ausbau und der Systematisierung von Ganztagsangeboten an der Schule den Vorrang zu geben.
Ich halte es für unerlässlich, diesen Prozess der Weiterentwicklung unserer Schulen hin zu Schulen mit Ganztagsangeboten konsequent fortzusetzen und auszubauen und dafür verlässliche und geordnete Strukturen zu schaffen.
Sie mögen das als kleine Taten definieren. Aber schon diese Aufgabe kann nicht von den Schulen allein gelöst werden. Ein solches Angebot kann vielmehr nur dann geschaffen werden, wenn es eine intensive Zusammenarbeit von verschiedenen Institutionen, Verbänden und Initiativen vor Ort gibt. Natürlich geht es auch hier schon nicht ohne die Kommunen, die beispielsweise die räumlichen, sächlichen und organisatorischen Voraussetzungen schaffen müssen, etwa für das Mittagessen, das ein sehr wichtiger Bestandteil ist.
Anders als bei den reinen Ganztagsschulen gibt es hier allerdings keine gesetzliche Verpflichtung der Kommunen, sondern ihre Unterstützung ist freiwillig. Ich setze aber darauf, dass die Verantwortlichen vor Ort die Schulträger, die Schulen, die Eltern und die Träger der Jugendhilfe - ein für die Schule jeweils passendes Konzept entwickeln, das den Interessen und den Bedürfnissen der jungen Menschen gerecht wird.
Ob Ihre Botschaft wirklich bei allen Kommunalpolitikern angekommen ist - das muss ich einmal sagen, Herr de Jager, das meine ich nicht polemisch -, werden wir ja sehen. Die Diskussion um die Notwendigkeit betreuter Grundschulen auf dem Lande, die wir mancherorts noch führen müssen, lässt mich allerdings daran zweifeln, dass dies wirklich schon überall so gesehen wird. Wir werden gemeinschaftlich noch eine Menge Überzeugungsarbeit leisten müssen.
Jedenfalls bin ich dankbar - nun will ich nicht zu viel Lob an die FDP ausstreuen, sonst wird Herr Kubicki gleich wieder übermütig -
- Gut, er ist heute nicht hier. Dann kann ich sagen: Ich glaube, wir können hier sehr gut einen gemeinsamen Weg gehen. Wir sind dabei - meine beiden Kolleginnen aus dem Jugendministerium und aus dem Sozialministerium, Frau Lütkes und Frau Moser -, gemeinsam Rahmenbedingungen auf Landesebene zu entwickeln, die nicht nur die Kooperation vor Ort erleichtern. Unser Ziel ist vielmehr eine Vereinbarung zur finanziellen Förderung von Ganztagsangeboten. Wir wollen dadurch erreichen, dass die unterschiedlichen Formen der Ganztagsangebote, die es an den Schulen gibt, nicht nur weitergeführt und ausgeweitet werden können, sondern dass sie - wenn Sie es denn so nennen wollen - zu einer Ganztagsschule ganz neuen Stils führen.
Dies gilt auch für den Ganztagsunterricht an den speziellen Sonderschulen, die wir haben. Wir wollen und müssen die Angebote dort verstärken. Das ist unbestritten. Viele Eltern wünschen sich nicht nur eine zeitliche Ausweitung, sondern sie wünschen sich vor allem Verlässlichkeit dieser Angebote,
sie wollen aber auch - Herr Dr. Klug, da muss man genau hinhören - weniger die verpflichtende Teilnahme am Ganztagsunterricht für alle. Viele Eltern, gerade von behinderten Kindern wollen ihre Kinder nachmittags zu Hause haben. Sie wollen, dass sie auch mit nicht behinderten Kindern spielen können. Sie betrachten eine verpflichtende Beschulung am Nachmittag möglicherweise als antiintegrativ. Diese unterschiedlichen Bedürfnisse muss man berücksichtigen. Deshalb bin ich der Überzeugung, dass eine Verstärkung der offenen, der flexiblen, aber verlässlichen Angebote den Bedürfnissen der Eltern eher entspricht als eine punktuelle, höchst kostenintensive, verpflichtende Beschulung.
Wir wollen gemeinsam zu einem Ganztagsangebot, das man Ganztagsschule neuen Stils nennen kann, kommen. Ich setze angesichts der großen Übereinstimmung, die in den Zielen da ist - obwohl es bei diesen Vorstellungen zu finanziellen Kraftakten kommen muss -, auf eine große gemeinsame Kraftanstrengung und bitte Sie dabei um Ihre Unterstützung.
Ich habe mehrere Anmeldungen zu Kurzbeiträgen nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung. Ich erlaube mir den Hinweis, bevor ich sie aufrufe, dass wir uns am Beginn der Debatte und nicht an ihrem Schluss befinden.
Nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung hat Herr Abgeordneter Weber um das Wort gebeten. - Er verzichtet. Nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung hat Herr Abgeordneter Dr. Wadephul ums Wort gebeten. Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser etwas verklärte sozialdemokratische Blick zurück in die Vergangenheit und der Ruf, der uns entgegenscholl: „Willkommen im Boot!“, veranlasst mich doch noch einmal zur Feststellung: Wir haben Mai 2001! Im Mai 1988 haben Sozialdemokraten Regierungsverantwortung in diesem Land übernommen und in Sachen Ganztagsschule konnten wir sie in den vergangenen 13 Jahren parlamentarisch leider wenig hindern. Sie haben in 13 Jahren überhaupt nichts bewegt! Es war nur die CDU,
die durch den Parteitagsbeschluss und den Antrag in diesem Landtag das Thema Ganztagsschule auf die Tagesordnung gesetzt hat, was dazu führt, dass in Schleswig-Holstein jetzt endlich mit Blick auf dieses Thema etwas passiert.
Erklären Sie mir doch einmal, warum Sie in den vergangenen 13 Jahren nichts auf diesem Themengebiet gemacht haben, Frau Erdsiek-Rave! Sie gehörten ja dem Parlament in verschiedenen Positionen an. Ich will ganz deutlich dazu sagen: Es gibt mehrere Gründe, warum wir uns für die Ganztagsschule einsetzen. Ein wesentlicher Grund ist, dass wir für die Frauen insbesondere - aber natürlich auch für die Männer die freie Entscheidung sicherstellen wollen, ob sie ins Berufsleben einsteigen, ob sie im Beruf bleiben
oder ob sie sich um die Familie und um die Kinder kümmern. Für mich ist das eine gleichwertige Tätigkeit. Das sage ich auch mit Blick auf alle weiteren Diskussionen. Es ist genauso wichtig, in den Beruf einzusteigen wie sich in Zukunft um Kinder zu kümmern.
In diesem Zusammenhang ist es doch überhaupt nicht ehrenrührig, sich unter anderem auch auf die Arbeitgeberverbände in Deutschland zu berufen. Ich mache nur darauf aufmerksam; der Kollege Beck in Rheinland-Pfalz hat das bei der Vorstellung seines Ganztagsschulkonzeptes auch ausdrücklich gemacht.
Wenn wir miteinander über die Grundschule reden, Frau Erdsiek-Rave, sage ich Ihnen an dieser Stelle: Hamburg hat die garantierte Halbtagsgrundschule mittlerweile umgesetzt. Hessen spricht eine Unterrichtsgarantie aus, die dazu führt, dass es nach drei Tagen Unterrichtsausfall wegen eines erkrankten Lehrers Ersatz gibt. In Schleswig-Holstein findet nach wie vor erschreckend wenig Unterricht in den Grundschulen statt, der die Eltern daran hindert, diese freie Entscheidung zwischen Familie und Beruf zu treffen.
Sorgen Sie genauso dafür, dass wir endlich eine garantierte Halbtagsgrundschule haben! Das ist ein genauso wichtiger Beitrag für Familien und Kinder wie die Ganztagsschule.
Zum Schluss möchte ich auf Folgendes aufmerksam machen. Ich weiß gar nicht, warum Sie, Herr Kollege Höppner, das Beispiel Rheinland-Pfalz hier so negativ an die Wand malen und einen Gleichklang in der Bildungspolitik in diesem Bereich fordern. Wir befinden uns in der Bildungspolitik im Wettbewerb. Es geht darum, welches Bundesland seine Kinder am besten für die Zukunft ausbildet.
Ich komme zum Schluss, Herr Präsident! Hier wird es große Auseinandersetzungen mit uns geben, wenn Sie - und das war nicht ganz klar, Frau Bildungsministerin - Ganztagsbetreuung in dem Sinne formulieren, weil Sie für Kinder Spiele-Nachmittage organisieren wollen. Wir wollen am Nachmittag auch Unterricht und Wissensvermittlung für die Kinder. Wir wollen eine wirkliche Ganztagsschule und keine Ganztagsbetreuung, die die Kinder nur aufbewahrt. In diesem Sinne werden wir uns im Landtag für unser Konzept weiter einsetzen.
Ebenfalls zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung hat Herr Abgeordneter Schlie das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zwar nicht Bildungspolitiker, Herr Kollege Astrup, aber politisch Verantwortlicher in diesem Lande und Vater von drei schulpflichtigen Kindern