Protokoll der Sitzung vom 11.05.2001

Frau Schmitz-Hübsch, der Grund, weshalb ich mich noch einmal zu Wort gemeldet habe ist folgender: Ich habe bei dem Hinweis der beabsichtigen Veräußerung der Aktien die Hamburger Sparkasse genannt. Ich habe mich auf eine Pressemitteilung bezogen, die auch Ihnen zugegangen sein müsste. Es handelt sich um eine Pressemitteilung des Sparkassen- und Giroverbandes vom 16. März 2001. Mir liegt daran, das hier deutlich zu machen, damit Sie nicht den Eindruck haben, ich hätte aus irgendwelchen vertraulichen Unterlagen zitiert.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Jetzt liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe die Beratung. Es erfolgt Abstimmung in der Sache. Wer dem Antrag der Fraktionen von SPD, CDU, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten des SSW, Drucksache 15/922, seine Zustimmung in der Sache geben will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? Damit ist der Antrag einstimmig vom hohen Haus angenommen worden. Tagesordnungspunkt 24 ist damit erledigt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 36 auf:

Privatfinanzierung der Elbquerung

Landtagsbeschluss vom 23. März 2001 Drucksache 15/790

Bericht der Landesregierung Drucksache 15/907

Für den Bericht der Landesregierung erteile ich dem Wirtschaftsminister, Herrn Dr. Bernd Rohwer, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! SchleswigHolstein gehört zu den Vorreitern der Privatfinanzierung von Straßen. Wir haben 1994 im Bundesrat das Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz maßgeblich unterstützt. Wir haben bereits damals die Elbquerung im Zuge der A 20 als einen typischen Anwendungsfall vorgeschlagen. Die feste Fehmarnbelt-Querung haben wir ebenfalls als ein Projekt für die Privatfinanzierung forciert. Jetzt haben wir in Schleswig-Holstein ein praktisches Beispiel, das sich auch sehr erfolgreich entwickelt. Es handelt sich um die private Querung der Trave bei Lübeck.

Die Privatfinanzierung ist ein Modell, mit dem bestimmte Infrastrukturvorhaben schneller realisiert

(Minister Dr. Bernd Rohwer)

werden können. Mit Privatfinanzierung meine ich nicht die Vorfinanzierung nach dem alten Modell, sondern eine echte Privatfinanzierung mit einer entsprechenden Maut. Gerade bei Großprojekten müssten wir häufig bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag warten, bis die Ausfinanzierung aller Verkehrsprojekte durch öffentliche Mittel erfolgen kann. Wir brauchen die westliche Elbquerung im Zuge der A 20 aber nicht irgendwann, sondern so schnell wie möglich. Ich weiß, dass wir uns in diesem Punkt in diesem hohen Haus einig sind.

(Beifall bei SPD, CDU, FDP und SSW)

Damit wir sie so schnell wie möglich bekommen, planen wir sie schnell und - wie Sie wissen - vor Ort sehr konfliktreich. Die Entscheidung soll möglichst im März nächsten Jahres fallen. Das ist eine schwierige Linienentscheidung. Wir wollen diese Entscheidung dadurch beschleunigen, dass wir gesagt haben, sie soll als ein Privatfinanzierungsobjekt mit einer möglichst hohen privaten Anschubfinanzierung durchgeführt werden. Wie hoch diese private Anschubfinanzierung sein muss, können wir im Moment logischerweise nicht sagen, weil wir nicht genau wissen, auf welcher Linie diese Querung erfolgen wird, wie lang der Tunnel aus naturschutzrechtlichen Gründen sein muss und wie er genau ausgestaltet sein muss. Sie wissen, diese Entscheidung soll im März nächsten Jahres getroffen werden.

Alle Gutachten, die wir zu diesem Thema haben machen lassen, haben die privatwirtschaftliche Finanzierbarkeit einer festen Elbquerung bejaht. Egal, wo sie verläuft, es wird eine staatliche Anschubfinanzierung nötig sein. Die Bandbreite mag sich zwischen 20 % und 50 % bewegen. Genau können wir es erst wissen, wenn wir die endgültigen Varianten kennen. Es sind bereits sehr viele Gespräche mit Banken und privaten Investoren geführt worden, um das Projekt insgesamt vorzustellen und das Interesse der Beteiligten zu wekken. Das ist mit Erfolg geschehen. Wir haben eine positive Resonanz bekommen. Diese Gespräche zeigen: Bei entsprechenden Rahmenbedingungen ist eine Realisierung der Elbquerung nach dem Betreibermodell für die Privatwirtschaft interessant.

Ein neuer Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven - oder auch möglicherweise in Cuxhaven - würde die Rentabilität einer solchen Elbquerung weiter erhöhen und die Anschubfinanzierung entsprechend senken können. Die Gespräche mit der Wirtschaft werden konkretisiert, sobald wir im nächsten Jahr wissen, welche Linie wir nehmen und welches Bauwerk dort vorgesehen ist. Wir werden dann entscheiden, ob wir ein Interessenbekundungsverfahren durchführen werden oder ob ein anderes Verfahren zum Zuge kommt.

Der Fahrplan ist bekannt. Ich habe ihn in den Ausschüssen vorgetragen. Für die Nordwestumfahrung von Hamburg im Zuge der A 20 läuft zurzeit die so genannte Voruntersuchung zur Linienführung. Dabei werden drei Varianten miteinander verglichen und bewertet. Schleswig-Holstein will - wie gesagt - zusammen und zeitgleich mit Niedersachsen im Frühjahr 2002 ein gemeinsames Votum für einen Linienverlauf vorlegen und diesen dann mit dem Bund entsprechend abstimmen. Die förmliche Linienbestimmung durch den Bund soll dann 2003 erfolgen. Der Planfeststellungsbeschluss wird für 2006 oder 2007 erwartet.

Herr Eichelberg, heute Morgen fragten Sie, wann ich zuletzt darauf hingewiesen hätte, dass wir 2011 fertig sein wollen. Das ist in der Tat in dem Bericht ausnahmsweise nicht enthalten. Ich habe es aber vor wenigen Wochen wieder in einer Pressemitteilung gesagt: Es bleibt dabei, das Ziel ist, 2011 fertig zu sein. Es ist erreichbar, wenn wir die Finanzierung sicherstellen können und wenn wir insbesondere die Privatfinanzierungen für dieses Projekt realisieren können. Ich bitte Sie weiter um Ihre Unterstützung für dieses Projekt und bin - auch in diesem Falle - optimistisch.

(Beifall bei SPD und SSW sowie der Abge- ordneten Gero Storjohann [CDU] und Joa- chim Behm [FDP])

Für die Fraktion der FDP erteile ich Frau Abgeordneter Aschmoneit-Lücke das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie wir wissen, ist die A 20 das wegweisende Infrastrukturprojekt überhaupt. Gleichzeitig wird mit der geplanten privaten Finanzierung der Elbquerung aber ein relativ neuer Weg der Finanzierung eines Großprojektes bestritten. Daher rührt unser Interesse am Stand des Verfahrens. Herr Minister, vielen Dank für Ihren mündlichen Bericht, den Sie uns eben gegeben haben. Ich danke Ihnen und Ihren Mitarbeitern aber vor allen Dingen herzlich für den sehr guten, komprimierten und kurzen Bericht, den Sie uns vorher schriftlich gegeben haben. Ich habe mich ganz besonders darüber gefreut, dass es diesmal ein Bericht ist, in dem die 20 % wichtigen Dinge eines Berichts auch tatsächlich nur 20 % eines normalen Berichts ausmachen. Die letzten 80 %, die normalerweise drum herum gewebt werden, haben Sie weggelassen. Dafür herzlichen Dank an Sie und Ihre Mitarbeiter.

(Beifall bei der FDP und der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW])

(Christel Aschmoneit-Lücke)

Sie haben uns eben klar gesagt, wie Ihr Zeitplan ist. Wir freuen uns natürlich darüber. Sie erlauben mir die Bemerkung, dass wir angesichts der Dinge, die wir von den Grünen in diesem Zusammenhang immer wieder hören, doch Zweifel haben, ob es bei dem Zeitrahmen bleibt, den Sie uns immer wieder zugesichert haben. Sie wissen, dass Sie unsere Unterstützung haben.

Ich möchte noch auf einen Aspekt im Zusammenhang mit der Privatfinanzierung, die wir hier zum ersten Mal in Schleswig-Holstein vornehmen werden, eingehen. Ich glaube, wir sollten alle zusammen darüber nachdenken, wie diese großen Verkehrsinfrastrukturprojekte in der Zukunft überhaupt noch angepackt werden können, wenn es keine privaten Finanzierungen gibt. Ich denke, wir müssen alle zusammen darauf hinarbeiten, dass diese Investitionen in Zukunft privat finanziert werden können und dass es weit über den Rahmen hinausgehen muss, der bisher im Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz vorgesehen ist. Ich habe von den Veranstaltungen - auch von einer Veranstaltung, die Sie neulich angestoßen haben - den Eindruck, dass wir durchaus in die gleiche Richtung denken. In diesem Zusammenhang möchte ich von uns aus klar sagen: Es kann bei einer nutzerfinanzierten Verkehrsinfrastruktur, die wir anstreben, nicht darum gehen, die Nutzer zusätzlich in Anspruch zu nehmen; diese Struktur muss vielmehr mit einer entsprechenden Zurückführung der Belastungen einhergehen, die Nutzer und Wirtschaft zurzeit haben. Anders kann es aus Sicht der FDP keinesfalls gehen.

Lassen Sie mich noch einmal auf unsere Bedenken hinsichtlich des Zeitplans und der Dinge, die insbesondere Frau Heinold und Herr Steenblock immer wieder sagen, zurückkommen. Ich sehe schon, dass es Sie heute Nachmittag eigentlich nicht mehr so sehr interessiert. Uns interessiert es, weil uns in persönlichen Gesprächen - auch mit der Wirtschaft dieses Landes immer wieder gesagt wird: Wir warten darauf, dass diese Projekte endlich kommen. Das Signal des Sperrfeuers, das insbesondere von der linken Seite des Hauses immer wieder gegeben wird, ist verheerend für die schleswig-holsteinische Wirtschaft. Es gibt genügend Bedenken. Glauben Sie mir, es ist nicht einfach nur so dahergesagt. Die schleswig-holsteinische Wirtschaft fühlt sich durch ein solches Sperrfeuer verunsichert. Sie ist auf dem Sprung, Schleswig-Holstein zu verlassen. Wir haben heute Morgen über den Jahreswirtschaftsbericht gesprochen. Das können wir uns als Land nicht leisten. Deswegen bitte ich insbesondere Sie vonseiten der SPD, noch einmal klarzumachen, dass Sie das Sperrfeuer auf keinen Fall zulassen werden und dass es bei dem Zeitplan bleibt, der vom Minister vorgestellt worden ist.

(Beifall bei FDP und CDU)

Das Wort für die Fraktion der SPD hat jetzt Herr Abgeordneter Bernd Schröder.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Aschmoneit-Lücke, selbst wenn es dieses Sperrfeuer durch einzelne Äußerungen in der Öffentlichkeit einmal geben sollte, ändert das nichts an dem Verfahren, das vom Wirtschaftsminister und von den Planern vorangetrieben wird, und an der eindeutigen Äußerung, die wir immer wieder öffentlich gemacht haben, welche Bedeutung die A 20 für Schleswig-Holstein als wichtigstes Infrastrukturvorhaben insgesamt hat.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Sie schon, Sie ja!)

Das ist so und das wird auch so bleiben.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Beim gegenwärtigen Planungsstand der A 20 ist es wichtig zu wissen, dass alle drei Querungen der Elbe, für die die Voruntersuchungen zurzeit laufen, grundsätzlich privat finanziert werden können. Das Bundesverkehrsministerium ist derzeit dabei, die rechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen. Dem „Handelsblatt“ vom 7. Mai ist zu entnehmen, dass Verkehrsminister Bodewig Pläne vorantreibt, Verkehrswege in Deutschland über eine privatrechtlich organisierte, aber staatseigene Gesellschaft zu finanzieren. Vorgesehen sei die Gründung einer Verkehrsinfrastruktur-Finanzierungsgesellschaft, über die künftig der Aus- und Neubau zum Beispiel der bundeseigenen Straßen laufen solle. - Das ist deshalb wichtig zu wissen, weil damit feststeht, dass also auch eine Querung bei Glückstadt, die von uns favorisiert wird, privat finanzierbar ist.

(Beifall beim SSW)

Bislang hieß es gelegentlich, das sei ausgeschlossen, nur eine hamburgnahe Querung würde das Interesse privater Investoren finden.

Die Möglichkeit einer privaten Finanzierung aller drei Varianten hat bei der Entscheidung über den Trassenverlauf den großen Vorteil, dass damit weiterhin auch die Option einer strukturpolitischen Entscheidung erhalten bleibt.

(Zurufe vom SSW: Sehr gut!)

Mit „strukturpolitisch“ meine ich eine Trassenführung, die nicht nur eine Umfahrung und damit Entlastung der

(Bernd Schröder)

Metropolregion Hamburg bedeutet, sondern eine schnellere Erschließung und Anbindung der schleswigholsteinischen Westküste.

(Beifall beim SSW sowie vereinzelt bei SPD und CDU)

Das bedeutet auch, dass damit der Vorteil genutzt werden kann, den die private Finanzierung von Großprojekten wie die Elbquerung oder auch die Querung des Fehmarnbelts gegenüber einer öffentlichen Finanzierung ganz allgemein hat: Eine private Finanzierung lässt sich in der Regel schneller realisieren, wobei dies unter Umständen auch die Gründung eines Konsortiums unter öffentlicher Beteiligung bedeuten kann. Ich möchte den Staat nicht unbedingt ausschließen. Sie alle wissen, dass uns die frühere CDU/CSU/FDPBundesregierung - das kann ich Ihnen leider nicht ersparen - einen drastisch unterfinanzierten Bundesverkehrswegeplan hinterlassen hat.

(Günter Neugebauer [SPD]: Leider wahr!)

Schon aus diesem Grund wird daher eine Privatfinanzierung unumgänglich werden. Natürlich ist jede private Finanzierung mit konkreten Renditeerwartungen verbunden. Das liegt in der Natur der Sache, das ist legitim. Jemand, der sein Geld dafür hergibt, erwartet eine angemessene Verzinsung. Dazu müssen auch Gelder für Tilgung, Unterhalt und Rücklagen aufgebracht werden. Deshalb bedarf es bei allen Großprojekten auch immer des öffentlichen finanziellen Engagements in Form einer Anschubfinanzierung, beispielsweise auch als Bürgschaft.

Nun gibt es zurzeit für die Elbquerungen, von denen hier die Rede ist, nicht mehr als Modellrechnungen über die private Finanzierbarkeit. Es gibt also noch keine aufschlussreicheren oder gar konkreten Angebote von privaten Investoren für die eine oder andere Variante. Das wäre wohl auch etwas früh, da bislang niemand weiß, welche Variante schließlich realisiert werden soll und kann, wie sie aussehen wird und wo sie im Einzelnen entlang führen wird. Zudem ist jede Variante auch noch mit unseren Nachbarländern abzustimmen.

Nun ist es natürlich nicht schwer, sich vorzustellen, dass die Renditeerwartungen und damit die Angebote von privaten Investoren vom Aufwand und den Kosten der jeweiligen Variante, aber zweifelslos auch vom Umfang der öffentlichen Beteiligung an den Kosten abhängen, während die Einnahmen von der Höhe der Maut und der Anzahl der nutzenden Fahrzeuge abhängen. Es bleibt einstweilen dabei, die Ergebnisse der laufenden Voruntersuchungen abzuwarten. Dann erst wäre der Zeitpunkt da, die Modelle einer privaten Finanzierung der Elbquerung mit öffentlicher Beteili

gung zu konkretisieren und damit eine tragfähige Entscheidungsgrundlage zu schaffen.

(Martin Kayenburg [CDU]: Parallel, nicht nacheinander!)

Wie eingangs erwähnt, ist es wichtig zu wissen, dass es die Option einer privaten Finanzierung für alle drei Varianten einer Elbquerung gibt und damit auch die Option einer politischen Entscheidung über den Standort der Querung. Ebenso wichtig ist in diesem Zusammenhang die Gewissheit, dass es bei dem vorgesehenen Ablauf der Planungen der A 20 bleibt. Denn - um es noch einmal zu sagen - die A 20 ist nun einmal das wichtigste strukturpolitische Projekt, das wir bei uns in Schleswig-Holstein zu realisieren haben.

(Beifall bei SPD, CDU, FDP und SSW)