Ich weise nur auf die erheblichen Probleme hin, die es dabei gibt. Die kann man nicht einfach vom Tisch wischen. Deswegen setzt sich die Kultusministerkonferenz - so auch in der letzten Sitzung - intensiv mit dieser Frage auseinander und versucht, bundesweit - was sinnvoll wäre - eine Lösung hinzubekommen, was die Frage der Ansprechbarkeit der islamischen Glaubensgemeinschaften angeht.
Sie sehen an diesen genannten Beispielen, dass wir wirklich auf dem Weg zu einer besseren Integration natürlich muss und kann in diesem Bereich noch vieles verbessert werden - ein gehöriges Stück vorangekommen sind.
Diese Anstrengung zu bündeln und noch effektiver zu gestalten, ist Ziel des Integrationskonzepts, das die Landesregierung als eines ihrer zentralen Regierungsvorhaben ansieht. Sie hat die Erarbeitung des Konzepts längst als Querschnittsaufgabe in ihr Arbeitsprogramm aufgenommen. Sie erarbeitet kein theoretisches Konzept am grünen Tisch. Wir haben im November des vergangenen Jahres eine Auftaktveranstaltung mit den beteiligten Ministerien, den Verbänden und dem Flüchtlingsbeauftragten gehabt, bei der wir gemeinsam einen Zeitrahmen und Schwerpunktthemen beschlossen haben.
Zudem haben wir eine wohl einmalige Form der Erarbeitung gewählt: Bis Juni werden Arbeitsgruppen zu den Schwerpunktthemen Bestandsaufnahmen vornehmen und Handlungsvorschläge erarbeiten. In diesen Arbeitsgruppen unter Leitung eines Ministeriums sind die Arbeitsverwaltung, die Kommunen, die Verbände sozusagen - von A bis Z vertreten und an der Arbeit beteiligt. - Ich sage das bewusst so, weil eine Aufzäh
lung im Einzelnen auch der Vielfalt der Teilnehmenden nicht gerecht werden würde. Durch diese Erarbeitung aus der Basis heraus, durch Menschen vor Ort, die unmittelbar mit den Problemen konfrontiert sind, werden wir ein maßgeschneidertes Konzept für Schleswig-Holstein entwickeln können.
In einer Lenkungsgruppe werden diese Ergebnisse zusammengetragen und im September wird es einen Vorschlag für ein Integrationskonzept der Landesregierung geben. Auch die Lenkungsgruppe ist mit Vertretern von Ministerien, kommunalen Landesverbänden, der Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände und mit dem Flüchtlingsbeauftragten sehr breit besetzt.
Bis Ende des Jahres wird die endgültige Fassung abgestimmt und das Konzept beschlossen werden. Aus Respekt vor dem hohen Einsatz aller Beteiligten, die dabei sind und die sich derzeit um dieses Thema intensiv kümmern, will und kann die Landesregierung von diesem Zeitplan auch nicht abweichen.
Die neuen Schwerpunktbereiche dieses Konzeptes sind Spracherwerb, interkulturelle Bildung und Erziehung, Jugend, Ausbildungs- und Arbeitswelt, Wohnen und soziales Umfeld, Gesundheit, soziale Dienste, Selbstorganisation und Partizipation und rechtliche Rahmenbedingungen. Die Zwischenergebnisse der Arbeitsgruppen bestätigen, dass in diesem Rahmen alle, aber auch wirklich alle für die Integration von Migrantinnen und Migranten wichtigen Punkte bearbeitet werden und sie bestätigen uns auch darin, dass unser Ansatz richtig ist, bei der Ausgestaltung einer modernen Integrationspolitik nicht den formalen Gesichtspunkt der Staatsangehörigkeit in den Vordergrund zu stellen. Es muss vielmehr darum gehen, die individuellen Bedürfnisse und Probleme der Menschen, die bei uns leben, zu berücksichtigen und nicht sozusagen formale Kriterien in den Vordergrund zu stellen.
Deswegen beschränken wir uns eben nicht auf dauerhaft hier lebende Ausländerinnen und Ausländer, sondern beziehen zum Beispiel auch Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler sowie Flüchtlinge in unsere Überlegungen mit ein. Ich bitte Sie, darüber noch einmal intensiv nachzudenken, ob Sie sich dem nicht auch nähern könnten.
Lassen Sie mich abschließend sagen: Das Ziel, eine verbesserte Integration zu erreichen, kann letztlich nur gemeinsam erreicht werden. Mit „gemeinsam“ meine ich nicht nur die betroffenen Verbände und Organi
sationen, sondern meine ich auch die politischen Gruppierungen und die Parteien. Ich wünsche mir sehr, dass Sie sich, meine Damen und Herren von der CDU, offen und konstruktiv mit dem Konzept der Landesregierung auseinander setzen werden und dass wir am Ende einen Konsens darin erreichen können, was Integration in Schleswig-Holstein bedeutet. Ich glaube, dass wir dabei auf einen guten Weg sind.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Während ich an Ihrem Antrag arbeitete, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ging mir unablässlich wie ein Refrain durch den Kopf: „Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.“
Ich habe es mir verkniffen, diesen Spruch hier aufzusagen, aber nachdem Sie jetzt kommen und versuchen, diese Leitkulturdebatte über diesen Antrag einzufädeln, wird mir noch einmal mehr klar, dass es noch sehr viel miteinander zu diskutieren und Missverständnisse auszuräumen gilt. So wird es nicht gehen, Herr Wadephul! Sie werden uns Ihr Konzept von dieser sehr zweifelhaften, trügerischen und anscheinend klaren Begrifflichkeit „Leitkultur“ nicht unterjubeln und aufdrücken können,
indem Sie diesen Antrag hier einbringen. Wir haben versucht, sehr deutlich darzustellen, wie aus unserer Sicht die Geschichte laufen kann. Frau Spoorendonk hat in sehr guter Weise - wie ich finde - gesagt,
dass Integration keine Einbahnstraße ist. Aber der Begriff von der Leitkultur scheint für mich genau dies auszudrücken.
Wir kommen mit diesem Begriff überhaupt nicht weiter und Sie kommen auch nicht weiter, Herr Wadephul, wenn Sie sich auf einem so rechthaberischen Pfad bewegen und uns nun nachweisen wollen, dass Sie es immer schon gewusst haben. So geht es nicht. Das ist verlogen und heuchlerisch. Das wollen wir hier nicht haben.
Wir kommen zur Abstimmung über das weitere Verfahren. Es ist die Überweisung an den Innen- und Rechtsausschuss beantragt worden. Wird eine Mitberatung gewünscht?
(Brita Schmitz-Hübsch [CDU]: Wirtschafts- ausschuss! - Zuruf von der SPD: Und an den Bildungsausschuss und den Sozialausschuss!)
- Wer der Überweisung federführend an den Innenund Rechtsausschuss, mitberatend an den Wirtschaftsausschuss, den Bildungsausschuss und den Sozialausschuss zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit haben wir das einstimmig so beschlossen.
Bevor wir zum nächsten Tagesordnungspunkt kommen, möchte ich gern Gäste begrüßen. Auf der Tribüne haben sich Mitglieder des Vereins „Zukunftsarbeit“ Geesthacht sowie des Berufsfortbildungswerkes Kaltenkirchen und der Verwaltungsakademie Bordesholm eingefunden. Allen sagen ich ein herzliches Willkommen!
Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ausführung von § 15 a des Gesetzes betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung (Landes- schlichtungsgesetz - LSchliG)
Das Wort zur Begründung erteile ich der Ministerin für Justiz, Frauen, Jugend und Familie, Frau Anne Lütkes.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jährlich gehen bei den schleswig-holsteinischen Gerichten zirka 50.000 zivilrechtliche Verfahren ein, von den
Strafverfahren gar nicht zu reden. Deshalb ist es höchste Zeit, dass sich eine funktionierende demokratische Gesellschaft die Frage stellt, wie ihre Konfliktmechanismen geregelt sind, wie ihre Fähigkeit, Konflikte außerhalb der Gerichte zu regeln, gestaltet ist. Damit stellt sich die Frage nach einer besseren, anderen Streitkultur.
„Schlichten statt richten“, das ist der Grundsatz, von dem wir ausgehen, wenn wir Ihnen heute diesen Gesetzentwurf zum neuen Landesschlichtungsgesetz vorlegen. Es handelt sich um ein Gesetz zur Ausführung des neuen § 15 a der ZPO. Ich denke, wir sind uns darin einig, dass keine vernünftigen Zweifel daran bestehen können, dass ein außergerichtlicher Vergleich häufig besser und mehr zum Rechtsfrieden beiträgt als die streitige Entscheidung eines Gerichtes. Der außergerichtliche Vergleich ist darüber hinaus schneller, billiger, aber auch weniger risikoreich, denn das Prozessrisiko wird sehr häufig unterschätzt.
Sie wissen, dass sich die Kritik der kommunalen Landesverbände an dem vorliegenden Gesetzentwurf zunächst auf die bisherige Gebührenordnung bezog und dass sich die Verbände in diesem Rahmen benachteiligt gesehen haben. Wir sind auf die Kritik eingegangen und haben mit dem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf einen Vorschlag gemacht, der - so denke ich - für alle Beteiligten akzeptabel ist. Der Gesetzentwurf schlägt vor, dass unsere Schiedsstellen verpflichtet werden, künftig die von den Parteien zu entrichtenden Gebühren in voller Höhe mit den Gemeinden zu teilen. Diese zunächst nachteilige Regelung für die Schiedsleute wird durch die zusätzliche Einführung einer Vergleichsgebühr kompensiert, sodass letztlich keine Einbußen entstehen, sondern im Gegenteil auch die Gemeinden unter dem Strich besser dastehen. Das gilt insbesondere deshalb, weil wir wissen, dass die Schiedsleute mehr als 60 % aller zivilrechtlichen Verfahren mit einem Vergleich zum Abschluss bringen und damit auch die Einnahmen der Kommunen erhöht werden können.
Alles spricht für eine außergerichtliche Streitschlichtung, für einen Ausbau der außergerichtlichen Streitschlichtung. Die Landesregierung hat deshalb dafür Sorge getragen, dass es - immer Ihre Zustimmung vorausgesetzt - in Schleswig-Holstein bis zum Ende des Jahres, also noch in diesem Jahr, ein neues Landesschlichtungsgesetz geben kann.
Bei den so genannten kleineren zivilrechtlichen Streitigkeiten wie Nachbarschaftsstreitigkeiten, Streitigkeiten vermögensrechtlicher Art bis 1.500 DM, aber auch bei Streitigkeiten im Bereich der Ehrverletzung soll künftig der Gang zum Gericht nur dann zulässig sein, wenn ein außergerichtliches Güteverfahren vor
geschaltet und der Konflikt dort nicht lösbar war. Natürlich ist die Rettung ins Mahnverfahren nicht durch Landesgesetz aufzufangen; das hat der Bundesgesetzgeber so vorgesehen. Diese Güteverfahren können bei unseren Schiedsleuten, bei Gütestellen, auf die sich die Parteien geeinigt haben, oder auch bei einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt erfolgen.
Der jetzt vorliegende Gesetzentwurf sieht auch diese anwaltlichen Gütestellen neu vor. Diese Lösung wurde insbesondere deshalb gewählt, weil zwischen uns unstreitig sein sollte, dass es im Rahmen der Güteverhandlung immer Gegenstände geben kann, die eine ganz besondere Professionalität und fundierte Rechtskenntnisse erfordern; das gilt gerade dann, wenn es um vermögensrechtliche Streitigkeiten geht.
Aber auch die neu in die ZPO einzuführende Güteverhandlung soll dazu beitragen, dass allen zivilrechtlichen Streitigkeiten unabhängig von ihrem Wert einer streitigen Gerichtsbarkeit eine gerichtliche Güteverhandlung, also der Versuch des Gerichts, einen friedlichen vergleichsweisen Abschluss des Verfahrens zu erlangen, vorgeschaltet wird. Das ist ein Verfahren, das von vielen Richterinnen und Richtern in unserem Land heute schon praktiziert wird, aber dennoch festgeschrieben sein sollte.