Protokoll der Sitzung vom 01.06.2001

Im Haushaltsgesetz 2001 erhielt der Finanzminister die Ermächtigung, LEG-Anteile zu verkaufen; 210 Millionen DM Einnahmen stellte er schon vorsorglich in den Haushalt ein und die Insolvenzbilanz 2001 war damit schöngerechnet.

Mitte Mai sah sich der Finanzminister zu einer Haushaltssperre gezwungen, weil die Steuerschätzung seine Schönrechnerei zur Makulatur machte. Just eine Woche später zaubert das Finanzministerium 216 Millionen DM aus dem Verkauf der LEG-Anteile hervor, 6 Millionen DM mehr, als in den Haushalt eingestellt wurden. Welch ein finanzpolitisches Husarenstück!

Bei bis Montag angenommenen 62 Millionen DM Mindereinnahmen für 2001 hätte man nur noch etwa 56 Millionen DM im Nachtragshaushalt erwirtschaften müssen. Es stört natürlich ein wenig, dass am Dienstag ein neues 35-Millionen-DM-Loch aufgetaucht ist. Aber was soll’s!

(Lachen der Abgeordneten Roswitha Strauß [CDU])

Wenigstens wissen wir jetzt, wie der Finanzminister zu seiner Schätzung von ungefähr 100 Millionen DM Fehlbetrag für 2001 gekommen ist, von denen er dankenswerterweise schon frühzeitig gesprochen hat.

Um ein Haushaltsloch von knapp 100 Millionen DM zu stopfen, verschenkt die Landesregierung schnell einmal über 860 Millionen DM. Wenn das für Sie nachhaltige Finanzpolitik ist, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, dann sollten Sie sich an Ihren Amtseid halten und Schaden vom deutschen Volke abwenden, indem Sie den Saal verlassen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie können wir den Verkauf der LEG-Anteile noch zum Guten wenden? Ich bitte die Regierungsfraktionen einfach nur, mir wirklich zuzuhören, weil es mir darum geht, wie man möglicherweise Schaden abwenden kann. Deshalb ist

die Frage außerordentlich wichtig, was in den Verträgen steht. Wie gesagt, meine Kritik richtet sich nicht an B&L. Man kann B&L nichts vorwerfen, im Gegenteil, jeder rational denkende Mensch hätte sich entsprechend verhalten.

Es gibt zwei Möglichkeiten. Erstens. Wenn auch schwer darstellbar - man rollt das Verfahren neu auf und versteigert die Anteile, um den Erlös an den Verkehrswert heranzuführen. Eine saubere Möglichkeit hierzu wäre es, die LEG zunächst in eine AG umzuwandeln und anschließend ganz oder teilweise auf dem Kapitalmarkt zu veräußern. Interessenten - das sage ich Ihnen definitiv - wird es in ausreichendem Maße geben, um die stillen Reserven zu heben.

Zweitens. Falls dies nicht mehr möglich sein sollte, muss in den Verträgen mit B&L zumindest sichergestellt werden - das bitte ich ausdrücklich festzuhalten -, dass das Land die verkauften 49,9 % mit Vorkaufsrecht zum Verkaufspreis von 216 Millionen DM plus marktüblicher Verzinsung zurückkaufen kann. Ansonsten wäre ein Vorkaufsrecht wenig wert. Denn wenn das Land diese Anteile nur zum Verkehrswert zurückkaufen könnte, bliebe es bei dem Geschenk von 860 Millionen DM, entweder weil das Land 1,1 Milliarden DM für ein Vermögen zahlen müsste, das es vorher für 216 Millionen DM verkauft hat, oder weil das Land wegen fehlender Mittel auf sein Vorkaufsrecht verzichten müsste. Außerdem müsste ein Vorkaufsrecht alle Möglichkeiten abdecken, mit denen man die stillen Reserven der LEG in Erträge umwandeln kann.

Ich biete ausdrücklich an, dass ich im Finanzausschuss in vertraulicher Sitzung darauf hinweisen werde, wie man das gestalten kann, und zwar ohne dass es zu einem Honorar kommt, Kollege Neugebauer. Denn ich fühle mich diesem Land gegenüber wirklich verpflichtet.

(Beifall bei FDP und CDU)

Ansonsten geht es dem Land wie beim Verkauf der Preussag-Wohnungen und der geplanten Umwandlung der Provinzial. Dort hat die Landesregierung schon genug Geld verschenkt, weil die Verträge - das wissen wir heute - nicht ausreichend wasserfest verhandelt waren. Die Ministerpräsidentin hat uns leider mitteilen müssen, dass der an sich untersagte Weiterverkauf der HDW-Wohnungen bedauerlicherweise nicht vertragsfest gemacht worden sei, weil man dem Vorstandsvorsitzenden vertraut habe. Sie sehen, wie weit Vertrauen tragen kann.

Ein solches weiteres Versagen sollten wir den Menschen in Schleswig-Holstein ersparen, denn die müs

(Wolfgang Kubicki)

sen letztlich die Zeche der MöchtegernFinanzjongleure in der Landesregierung bezahlen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat jetzt Frau Abgeordnete Monika Heinold.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kubicki, es ist schon etwas schwierig, nach dieser Schaumschlägerei wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzukommen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sie verstehen da- von auch sehr viel!)

Wenn Sie sagen, jeder rational denkende Mensch hätte so gehandelt, und heute hier mündlich mal eben ein Kaufangebot machen und sagen: „250 Millionen DM biete ich auch“, frage ich mich, warum Sie sich nicht am Ausschreibungsverfahren beteiligt haben.

(Vereinzelter Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD - Zuruf des Abgeordne- ten Wolfgang Kubicki [FDP])

Wo waren Sie denn, als das Bieterverfahren lief, wenn dies denn so ein günstiges Angebot ist, bei dem man hätte zugreifen müssen?

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Ich wünsche mir für das nächste Mal, dass Sie sich nicht mündlich und im Nachhinein äußern, sondern sich rechtzeitig am Ausschreibungsverfahren, das seine Ordnung hat, beteiligen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zuruf der Abgeordneten Brita Schmitz- Hübsch [CDU])

Ich lese zu Beginn den ersten Satz der Pressemitteilung des Bundes der Steuerzahler vor, den ich hier sonst nicht allzu oft zitiere: „Der Bund der Steuerzahler begrüßt die Teilprivatisierung des LEG-Konzerns.“ Diese Aussage spricht für sich und meine Fraktion freut sich, dass es dem Finanzministerium und der Landesregierung gelungen ist, das, was wir gemeinsam - nicht Sie, sondern wir, Rot-Grün im Parlament - mit der Verabschiedung des Haushalts 2001 beschlossen haben, umzusetzen, LEG-Anteile zu verkaufen und die Einnahmen, die wir kalkuliert haben, tatsächlich zu erwirtschaften.

Ich möchte ein Weiteres vorweg sagen. Es scheint hier ja heute üblich zu sein, aus nicht öffentlichen Sitzun

gen zu plaudern. Ich werde sehr vorsichtig formulieren. Diejenigen, die meinen geschätzten Kollegen Neugebauer hier immer kritisieren, sollten sich einmal überlegen, wer im Finanzausschuss und in der Haushaltsprüfgruppe überhaupt alle Vorlagen liest und am allerkritischsten nachfragt. Das ist Herr Neugebauer mit Sach- und Fachverstand und es ist allzu oft die Opposition, die überhaupt keine Ahnung hat, worüber wir diskutieren, und sich vor allem in der Haushaltsprüfgruppe an keiner einzigen Diskussion beteiligt, geschweige denn die Regierung kontrolliert.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

In der Haushaltsprüfgruppe hat es doch Rot-Grün übernommen, die Regierung zu kontrollieren, weil Sie scheinbar keinen Bock haben, die Unterlagen zu lesen oder sich an der Diskussion zu beteiligen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD - Glocke des Präsidenten)

Frau Kollegin, ich darf darauf hinweisen, dass der letzte Ausdruck nicht zur Gewohnheit werden sollte.

Herr Präsident, ich werde mich bemühen, das nicht wieder vorkommen zu lassen. Uns als grüner Fraktion ist es wichtig, dass das Land nicht direkt Wohnungen verkauft.

(Glocke des Präsidenten)

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Wiegard?

Bitte sehr, Herr Wiegard.

Wären Sie bereit, noch einmal zur Kenntnis zu nehmen, dass es sehr wohl möglich ist, dass die Abgeordneten in der Opposition in der Arbeitsgruppe „Haushaltprüfung“ die Kritik des Landesrechnungshofs teilen und dass sie dies nicht jedes Mal wiederholen müssen?

(Lachen bei der SPD)

(Monika Heinold)

- Herr Wiegard, ich nehme Ihre Aussage mit Freude zur Kenntnis.

(Heiterkeit bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD - Beifall der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Der Grünen-Fraktion ist es wichtig, dass das Land nicht direkt Wohnungen verkauft. Wir wollen auch weiterhin eine starke LEG, eine LEG, die mit zirka 18.000 Wohnungen in der öffentlichen Hand dazu beiträgt, dass auch und vor allem der soziale Wohnungsbestand hier in Schleswig-Holstein erhalten bleibt. Meine Fraktion ist davon überzeugt, dass es wichtig ist, dass der Wohnungsmarkt nicht ganz dem freien Spiel wirtschaftlicher Kräfte überlassen bleibt. Der Staat muss regulierend eingreifen, indem er günstige Wohnungen baut oder auch Kontingente kauft und diese zur Verfügung stellt. Wohnungsknappheit kommt und geht wie Ebbe und Flut. Deshalb muss das Land auch in Zeiten eines entspannten Wohnungsmarktes auf ein bestimmtes Kontingent an Wohnungen zugreifen können und dieses langfristig sichern.

Die Landesregierung hat, soweit sie es uns berichtet hat und wir es beurteilen können, gut verhandelt. Natürlich werden wir in die Verträge hineinsehen und auch das Kleingedruckte lesen. Erst dann können wir uns ein endgültiges Urteil bilden. Danach, Herr Kubicki, kommt die Pressemitteilung, auf die Sie gewartet haben, die besagt: Alles klasse! - Erst lesen, dann beurteilen, trotzdem die heutige Debatte bereichern.

Es ist nicht nur das vom Landtag festgesetzte Finanzvolumen erreicht worden. Auch ist mit dem jetzigen Käufer der Anteile der LEG gewährleistet, dass der Wohnungsbestand zumindest überwiegend unberührt bleibt. Außerdem - dies darf nicht vergessen werden - wird die LEG wie bisher eine aktive Rolle bei der Landesentwicklung spielen.

(Lothar Hay [SPD]: Genau das ist es!)

Dies ist mindestens genauso viel wert wie der Erhalt der Wohnungen, wenn nicht noch mehr. Das sage ich an dieser Stelle einmal sehr deutlich. Denn die LEG gestaltet beispielsweise die Konversionsprojekte in Schleswig-Holstein, bei denen die betreffenden Liegenschaften in Wohn- oder Gewerbeparks umgestaltet werden müssen, zumindest zum großen Teil ausgesprochen gut mit.

Die Hamburger B&L Immobilien AG und die Hamburgische Landesbank haben - so wurde es uns berichtet - als Bietergemeinschaft vertraglich zugesichert, den Konzern in seiner jetzigen Struktur zu erhalten und weiterzuentwickeln. Ein separater Verkauf von Wohnungen findet nicht oder nur in sehr geringem

Umfang statt. So bleiben die strategischen Ziele der Landesplanung gewahrt.

Dass die CDU mit ihrem heute vorgelegten Antrag, 100 % der LEG-Anteile zu verkaufen, sehr kurzsichtig denkt und die strategischen Ziele der Landesplanung und der Flächenentwicklung einfach opfern will, wundert uns nicht. Kurzfristige Wahlversprechen der CDU kennen wir. Ich erinnere nur an das Familiengeld.

Der Erlös aus dem LEG-Verkauf fließt in den Landeshaushalt 2001 ein und reduziert natürlich so die Nettoneuverschuldung. Sie wäre sonst höher ausgefallen.