Dabei habe ich eine wichtige Erfahrung gemacht. Bei den Themen Motivation und berufliche Zufriedenheit gibt es offenbar eine tiefe Kluft zwischen der tatsächlichen Befindlichkeit der Beamtinnen und Beamten einerseits und der öffentlichen Rhetorik darüber andererseits. Gleichwohl ist das für mich kein Ruhekissen, denn der Wunsch vieler Beamtinnen und Beamter besonders im mittleren Dienst -, schneller befördert zu werden, ist aus meiner Sicht berechtigt, aber zurzeit nicht zu erfüllen. Niemand sollte sich hier Hoffnung auf kurzfristige Besserung machen. Die Beförderungssituation bleibt auf absehbare Zeit äußerst schwierig. Wenn es gelingt, im nächsten Jahr den Laufbahnverlauf im mittleren Dienst der Schutzpolizei mit Beförderungen zum Polizeiobermeister und zum Polizeihauptmeister zu erhalten, hätten wir schon viel erreicht.
Die jährlich über 1.000 Beförderungen und Höhergruppierungen, wie wir sie zwischen 1996 und 2000 erlebt haben, werden wir nicht wiederholen können. Allerdings zeigen die Zahlen auch deutlich, welche Kraftanstrengungen in den vergangenen Jahren geleistet wurden.
(Beifall bei der SPD sowie der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN] und Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Große Sorgen bereitet mir die Belastung der Beamtinnen und Beamten durch so genannte Sondereinsätze.
(Beifall bei SPD und CDU und der Abgeord- neten Anke Spoorendonk [SSW] - Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])
Es gibt Kolleginnen und Kollegen im Wechselschichtdienst, die in diesem Jahr noch kein freies Wochenende hatten, weil sie immer wieder zu Sondereinsätzen herangezogen werden mussten. In den meisten Fällen handelte es sich um Umzüge und Kundgebungen von Rechtsextremisten. Die Situation ist doch absurd: Eine Hand voll dumpfer Wirrköpfe zieht über das Land und meldet munter Demonstrationen an, mal in Oldenburg, mal in Elmshorn, mal hier, mal dort. Jedes Mal formiert sich berechtigterweise der Widerstand der Demokraten. Gegendemonstrationen werden organisiert.
Für die Polizei wird die Lage jetzt schwierig, weil schwer kalkulierbar. Für die Rechtsextremisten jedoch ist das Kalkül aufgegangen. Sie haben ihre Öffentlichkeit. Sie haben ihr Forum, um ihre Agitation wirkungsvoll in Szene zu setzen. Was würde zum Beispiel passieren, wenn wir die Rechtsextremisten einfach rechts liegen ließen,
eine öffentliche Reaktion nicht erfolgen und damit das nationalistische Gedröhne im Nichts verhallen würde? Es lohnte sich - so meine ich -, einmal gemeinsam darüber nachzudenken.
Für mich gibt es keinen Zweifel: Wir müssen den Feinden der Freiheit Paroli bieten. Wir können und dürfen ihnen das Feld nicht überlassen. Doch wir müssen uns auch fragen, ob wir in diesem Kampf bisher immer die richtige Strategie angewandt haben.
Zurück zum Polizeihaushalt! Bei der Sachausstattung und Unterbringung gibt es noch die größten Probleme. Es hat immer wieder Einsparverpflichtungen gegeben, die es nicht zugelassen haben, die technische Ausstattung grundlegend zu erneuern und notwendige Neu
bauten und Sanierungen von Dienstgebäuden vorzunehmen. Das betrifft zum Beispiel den Fuhrpark der Polizei, die persönliche Ausstattung der Einsatzkräfte und auch die Modernisierung polizeilicher Liegenschaften.
Einen ersten Erfolg haben wir mit der Kabinettsentscheidung zur Verjüngung des Fuhrparks durch Leasing und Kauf erzielt.
Noch in diesem Jahr werden wir rund 300 neue Fahrzeuge beschaffen können. Ich hoffe auch, dass wir noch in diesem Jahr damit beginnen können, unsere Beamtinnen und Beamten mit persönlichen Schutzwesten ausstatten zu können.
Fortschritte werden wir auch im Bekleidungswesen machen. Ich möchte erreichen, dass die Polizeibeamtinnen und -beamten ihre Bekleidung von der Dienststelle aus online bei einem zentralen Anbieter bestellen. Das spart Kosten und Zeit; niemand muss dann mehr Monate warten.
(Vereinzelter Beifall bei der SPD - Wolfgang Kubicki [FDP]: Dann muss die Polizei auch online sein! - Klaus Schlie [CDU]: Sonst wird es schwierig, online zu bestellen! - Hei- terkeit)
- Vielleicht lachen Sie, wenn Sie mir geneigterweise weiter zuhören würden, später nicht mehr so laut. Noch einmal: Wenn man das erreicht, muss man also nicht mehr Monate warten. Spätestens in zwei Wochen - so ist die Vorgabe - ist die Bekleidung am Mann und an der Frau.
Nach derzeitigen Planungen wollen wir bis Ende des nächsten Jahres zusätzlich 1.500 neue Computer an die Dienststellen ausliefern. Die EDV-Arbeitsplätze werden mit dem neuen Vorgangs-Bearbeitungssystem „COMPAS-neu“ ausgestattet, das den Zugriff auf „INPOL-neu“ ermöglichen soll. Ich bedauere und bin sehr ärgerlich, dass es bei „INPOL-neu“ zu gravierenden Verzögerungen gekommen ist, die jedoch nicht wir in Schleswig-Holstein zu verantworten haben.
Hingegen trage ich ganz persönlich Verantwortung für die Entscheidung, die Polizei in das Landessystemkonzept zu integrieren. Das ist überall in der Polizei auf Zustimmung gestoßen, weil es die Kommunikationsmöglichkeiten durch den Einsatz einheitlicher Technik verbessert. Wie Sie alle wissen, bin ich seit gut einem Jahr im Amt. In dieser relativ kurzen Zeit ist auf meine Initiative hin ein Modernisierungskurs abgesteckt und begonnen worden, der die Polizei auf wichtigen Gebieten entscheidend nach vorn bringt. Dafür stehen folgende Stichwörter: Fahrzeugleasing, persönliche Ausstattung mit Schutzwesten, effizientes und kundenfreundliches Bekleidungswesen sowie Sicherstellung und Versorgung der Landespolizei mit moderner Informationstechnik. Ich glaube, dass das in der Polizei Anerkennung gefunden hat.
Im Übrigen bin ich recht optimistisch, dass auch die Modernisierung der Dienstgebäude in Zukunft zügiger als in der Vergangenheit vorangehen wird. Ich vertraue auf die Zusage der GMSH, dass der dringendste Sanierungsbedarf innerhalb von drei Jahren nach der Übertragung auf die Investitionsbank beseitigt wird.
Apropos drei Jahre: Nach dem Wiedervorlagesystem der FDP-Landtagsfraktion dürfte dann die nächste Große Anfrage zur inneren Sicherheit fällig sein.
Ich freue mich schon darauf, werde ich doch dann wieder Gelegenheit haben, über weitere Fortschritte und neue Erfolge unserer Politik für die Polizei berichten zu können!
Ich möchte nun Gäste in der Loge begrüßen: den Vorsitzenden des DGB-Nord und Vertreter der GdP unter Vorsitz von Oliver Malchow.
Frau Präsidentin! Meine Damen! Meine Herren! Ich möchte mich gleich zu Anfang im Namen meiner Fraktion beim Innenminister, den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Ministeriums und auch bei den Polizeibeamtinnen und -beamten im Land, die an der Beantwortung unserer Fragen mitgewirkt haben, recht herzlich für die Antwort auf unsere Große Anfrage bedanken.
Die Große Anfrage war sehr umfangreich und hat mit Sicherheit eine Menge Recherchen erforderlich gemacht. In diesem Zusammenhang begrüße ich von der GdP die Herren Malchow und Rehr, die dieser Diskussion beiwohnen.
Herr Minister Buß, im Vergleich zu früheren Großen Anfragen ist dies die ehrlichste Antwort, die uns bisher vorgelegt wurde: Auch wenn wir über die eine oder andere Antwort unterschiedlicher Meinung sein können, so werden insgesamt doch viele Mängel überraschend klar und offen aufgedeckt und zugegeben. Einige Passagen sind ein regelrechter Hilferuf an das Parlament, endlich die erforderlichen Mittel bereitzustellen.
Seien Sie sich sicher, Herr Minister: Wir haben diesen Hilferuf vernommen - wenn auch nicht erst heute. Ich hoffe - wenngleich mir der Glaube fehlt -, Ihre Kolleginnen und Kollegen im Kabinett und in der Koalition haben ihn ebenso verstanden.
Die Bilanz der Antworten auf die Fragen ist kurz zusammengefasst: Erstens. Die Landespolizei leidet unter zu großem Personalmangel, um der steigenden Kriminalität Herr zu werden.
Drittens. Eine Verschlechterung der Personal- und Sachausstattung der Landespolizei ist zu erwarten, da Haushaltsmittel nicht in ausreichendem Maß zur Verfügung stehen oder gestellt werden.
Viertens. Trotz der widrigen Umstände sind die Moral und das Engagement bei den Polizistinnen und Polizisten im Lande hoch. Die Grenzen des Zumutbaren sind allerdings schon überschritten.