Da stimmt dieser Bericht hinten und vorne nicht. Wer wirklich etwas über die Leistungsfähigkeit der unterschiedlichen Schulangebote erfahren will, müsste hier präzise wissenschaftliche Vergleichsstudien anstellen, der müsste zumindest mit einbeziehen, wie sich in den Regionen, die ganz unterschiedliche Formen der Sprachheilförderung haben, jeweils der Anteil der Förderschüler entwickelt und in welchem Umfang Kinder mit Sprachstörungen dort am Ende in Förderschulen beschult werden.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Immer mehr Kinder lernen nicht mehr so einfach sprechen. Die Antwort kann nur heißen: Sprachheilgrundschulen allein sind keine Patentlösungen, sondern die Qualität von Kindertagesstätten und Grundschulen insgesamt ist gefordert.
Jedes vierte Kind im Kindergartenalter und immerhin noch jedes fünfte bei der Einschulung hat bundesweit so sagen die Fachleute aus Gesundheit und Pädagogik - im Sprechen Defizite, solche, die sie sogar beim Lernen behindern. Zunehmend stehen diese Probleme nicht mehr allein, sondern die Unterentwicklung des Riech-, Tast- und Gleichgewichtsinns, der Koordinationsfähigkeit und der Kommunikationsfähigkeit insgesamt beschäftigen inzwischen sogar die Krankenkassen.
Einhellige, aber zugegebenermaßen sehr grobschlächtige Ursachenanalyse der Fachleute: zu wenig Bewegung, zu seltene Nutzung der Nahsinne, zu wenig Gespräche, wahrscheinlich zu viel Medienkonsum und eine nicht immer zum Sprechen anregende Atmosphäre im Elternhaus. Schuldzuweisungen sollten wir hier lassen; es ist kein Einzelphänomen der jeweiligen Eltern, sondern es gibt auch Fragezeichen, wie kinderfreundlich das Zusammenleben der Menschen in der modernen Gesellschaft ist.
Was aber tun wir? Es ist richtig, dass in SchleswigHolstein die Konzeption der pädagogischen und thera
peutischen Wege zur Abhilfe in den letzten Jahren überarbeitet wurde. Schleswig-Holstein braucht sich nicht zu verstecken. Früh sind hier neue Wege gegangen worden. Die Einrichtung von Sprachheilgrundschulen allein ist nämlich zu wenig. Die Zusammenarbeit von Fachlehrern und Fachlehrerinnen und von Erzieherinnen an Kindertagesstätten, der Förderschulen und der Gesundheitsfachleute ist die Grundlage für ein sich in Schleswig-Holstein immer breiter und dichter ausweitendes Netz von Frühförderangeboten.
Der Bericht macht deutlich, wie weit die Arbeit regional und inhaltlich gediehen ist. Dafür sage ich den Pädagoginnen und Pädagogen, die sich immer wieder neuen Herausforderungen stellen, jedem Kind - egal wie schwer es ihm zunächst fällt - verständliches Sprechen und ein Verständnis des Sprechens beizubringen, herzlichen Dank. Ich begrüße es auch sehr, dass gerade in den letzten Tagen die neuen Anforderungen an Lehrerinnen und Lehrer der Sonderpädagogik vom Staatssekretär vorgestellt wurden und dass auch hier ein ganzheitliches neues Verständnis die Grundlage ist. Ich setze allerdings voraus, dass zukünftig allen Fachkräften der Pädagogik, egal, wo und wie sie mit Kindern zusammen sind, bestimmte Grundkenntnisse der Sprechhandicaps bekannt sein müssen. Damit können sie erste Diagnosen abgeben, um erste Abhilfe zu schaffen.
Aber auch ich habe einige Fragen an den Bericht. Welche Sicht der Kinder und der Schulform schwingt in dem Urteil, wenn gesagt wird, dass die Kinder in den Sprachheilgrundschulen nicht so gut vorankommen wie an den anderen Schulen? Ich glaube nicht, dass es richtig ist zu sagen, hier werden Äpfel mit Birnen verglichen. Das hat Herr Klug gerade gemacht. Dem kann man nachgehen, aber ich glaube, dass ein anderes Problem dahinter ist. Ich glaube, dass wir folgendes Phänomen haben: Wie auch der Bericht aufzeigt, finden sich an den Sprachheilschulen inzwischen häufig mehrfach behinderte Kinder wieder. Das heißt, dass die Sprachheilgrundschulen unter der Hand zu einer Institution geworden sind, die im Grunde genommen eine sehr umfassende Förderaufgabe haben, die weit über die Förderung der Sprache hinausgeht. Das ist auch das, was wir aus dem eingangs genannten umfassenden Problemfeld erkennen müssen, nämlich, dass Sprachschwierigkeiten nicht isoliert auftreten.
Natürlich ist dann die Frage: Sind diese Schulen für diese Kinder sachgerecht ausgestattet? Was wären die Alternativen? Weiterhin besteht die Frage: Wie funktioniert die Integration in der Grundschule und in der Kindertagesstätte angesichts unserer sehr knap
Meine letzten Sekunden möchte ich nutzen, um das Sprechproblem von Kindern in unsere aktuelle bildungspolitische und sozialpolitische Debatte einzubetten: Uns steht die Diskussion über Ganztagsschulen, Ganztagsangebote, Integration von Jugendhilfe und Schule und auch die Diskussion über das Gesundheitsdienstgesetz, in dem es um die Leistungsfähigkeit der kommunalen Gesundheitsvorsorge geht, bevor. Das Gesundheitsamt ist eine Einrichtung, die sehr eng mit dem Thema Sprachheilkunde zu tun hat. Das wird auch in dem Bericht deutlich. Wenn wir über diese Berichte und Gesetze diskutieren, sollten wir uns immer vor Augen halten, dass es darum geht, in die Breite zu wirken. Unser Maßstab für die Beurteilung der in den kommenden Wochen auf uns zu kommenden Entscheidungen ist nicht zuletzt, ob wir mit unseren Entschließungen die Möglichkeit schaffen, dass Kinder sich tatsächlich die Lust erhalten, mit anderen wirklich sprechen zu lernen.
Bevor ich das Wort weitergebe, will ich Gäste begrüßen. Auf der Tribüne haben sich Mitglieder der CDUOrtsverbände Ascheffel und Quarnbek eingefunden. Herzlich Willkommen!
Weiterhin begrüße ich Mitglieder des Verbandes Politischer Jugend, Kreis Rendsburg-Eckernförde. Ebenfalls herzlich Willkommen!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht der Landesregierung zur Sprachheilförderung bestätigt, was bereits in der Debatte im Mai angesprochen wurde: Die Wirklichkeit ist komplexer und vielfältiger, als im ursprünglichen CDU-Antrag zum Erhalt der Spracheilgrundschulen zum Ausdruck kam.
- Trotzdem ist es gut, das manchmal festzustellen. Der Bericht macht deutlich, dass die Sprachheilgrundschulen ein Element eines vielfältigen Systems der Hilfen für Kinder mit Sprachstörungen sind. Es geht deshalb nicht an, diesen Einrichtungstyp getrennt zu betrachten. Die Schulen müssen im Rahmen dieses
Netzwerks bewertet werden. Es macht ohnehin wenig Sinn, bei der Erörterung der sprachheilpädagogischen Hilfen von Einrichtungen auszugehen. In einer modernen und humanen Bildungspolitik muss der individuelle Bedarf der Kinder im Vordergrund stehen und nicht ein bestimmter Einrichtungstyp. Alles andere ist die Zementierung bestehender Strukturen ohne Sinn und Verstand. Die können wir uns heutzutage schon aus finanzpolitischen Gründen gar nicht mehr leisten.
Der Bericht macht vor allem deutlich, dass als inhaltliche Vorgabe für diesen Bereich zuerst die Devise Prävention gelten muss. Ich könnte das auch wiederholen und dreimal Prävention sagen. Die Strukturen haben sich diesem unterzuordnen. Es muss vorbeugend gearbeitet werden, um durch frühzeitige Förderung im Kindergartenalter die Probleme von vornherein zu vermeiden und alle Kinder sprachlich zu stärken.
Es muss vorbeugend gearbeitet werden, um bestehende Sprachprobleme frühzeitig zu erkennen und fachgerecht damit umzugehen, um spätere Probleme zu vermeiden. Es muss durch Integration möglichen Folgeproblemen im schulischen Bereich und anderen Lebensbereichen vorgebeugt werden. Erst dann stellt sich die Frage des Besuchs einer Sprachheilgrundschulklasse.
Das heißt bestimmt nicht, dass die Arbeit der Schulen überflüssig oder wertlos ist. Die pädagogische präventive Arbeit in den Sprachheilgrundschulen ist erfolgreich und unverzichtbar. Wir müssen aber auch erkennen, dass sich die Hilfen für Menschen mit sprachlichen Behinderungen weiterentwickelt haben. Methoden der Frühförderung und der integrativen Pädagogik machen die stationäre Arbeit teilweise ersetzbar. Es ist aber weder möglich noch sinnvoll, die neuen integrativen, frühzeitig präventiven Zielsetzungen zu verfolgen und gleichzeitig die Sprachheilgrundschulen in vollem Umfang aufrechtzuerhalten. Dass diese Entwicklung nicht alle erfreut, ist klar. Letztlich geht es hier auch darum, dass in der Bildungspolitik - wie überall - ein Kampf um die begrenzten Steuermittel stattfindet und dass die Sprachheilgrundschulen hier in die Klemme kommen. Ich bin aber davon überzeugt, dass es der richtige Weg ist, den Besuch der Sprachheilgrundschulen möglichst zu vermeiden.
Wir teilen also die Einschätzung und die Priorität der Landesregierung: Prävention vor Integration vor stationärer Förderung. Deshalb können wir uns auch immer noch nicht dem von der CDU vorgeschlagenen Denkmalschutz für die Sprachheilgrundschulen anschließen.
(Beifall der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Zuruf der Abgeordneten Sylvia Eisenberg [CDU])
Die Ausstellung von Blankoschecks, wie es die Kollegin Eisenberg gern gesehen hätte, ist nicht gerechtfertigt. Liebe Kollegin Eisenberg, es mag sein, dass das ein wenig polemisch ist. Trotzdem klingt das an. Ich lasse das so stehen.
Diese Schulen müssen im Gesamtkontext der Hilfen bewertet werden. Es ist richtig, auch das hervorzuheben. Daher muss die Verteilung der Ressourcen auch durch eine Stelle erfolgen, die regional das gesamte Geschehen im Blick hat. Dafür sind immer noch die Schulämter gut geeignet.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, den Bericht an den Bildungsausschuss und den Sozialausschuss zur abschließenden Beratung zu überweisen. Wer so verfahren will, den bitte ich um das Handzeichen! - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Wir haben einstimmig so beschlossen.
Modellversuch zur Nutzung der Standspur der A 7 in Verkehrsstoßzeiten als Fahrgemeinschaftsfahrstreifen
Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Ich eröffne die Aussprache. Herr Abgeordneter Stritzl hat das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die ersten Reaktionen machen die Betroffenheit deutlich.
Jeder, der morgens oder abends Radio hört, weiß, dass die Meldungen über Verkehrsstaus zu den meistgehörten Beiträgen von Hörfunkveranstaltern geworden sind, und zwar nicht deshalb, weil die Menschen etwa einen zunehmenden Hang zu Science-Fiction-Beiträgen hätten, sondern weil diese Beiträge der Hörfunkveranstalter eine bei ihnen stetig stärker werdende Belastung widerspiegeln. Zehntausende von Menschen müssen bei uns täglich Stunden im Stau verbringen, wenn sie auf dem Weg zur Arbeit oder von der Arbeit nach Hause sind.