Notwendige humanitäre Ausnahmen von eventuell durchzuführenden Zwangsrückführungen gibt es und wird es auch in Zukunft geben - mit oder ohne Landtagsbeschluss. Eine Aufforderung an die Landesregierung, völlig von Zwangsrückführungen in den Kosovo abzusehen, halten wir aber für falsch.
Wir sind deshalb in der Sache nicht der Auffassung, dass der SSW-Antrag unsere Unterstützung finden sollte. Wir halten es aber für richtig, dass wir uns darüber auch gemeinsam mit dem Innenminister in dem zuständigen Fachausschuss noch einmal unterhalten. Das ist vor allem mit Blick auf die betroffenen Personen und die humanitäre Situation dort angemessen.
Der Antrag der Grünen - ich erlaube mir einfach einmal, das hier so zu sagen - ist im Kern unverfroren, Frau Fröhlich! Wenn Sie fordern, dass die Gelder für den Wiederaufbau schneller fließen sollen, frage ich: Wer reagiert eigentlich in Berlin?
Ich zitiere hier noch einmal den sozialdemokratischen Innenminister aus Niedersachsen, Heiner Bartling, der - wörtlich - die „dringende Bitte“ an die Bundesregierung richtet, dass die bereits seit langem zugesagten hohen finanziellen Mittel für den Wiederaufbau des Kosovo so schnell wie möglich fließen mögen.
Wer ist eigentlich Bundesaußenminister? Wer stellt eigentlich den Sonderbeauftragten für das Kosovo?
Natürlich kann man beklagen, dass es vor Ort nicht schnell genug vorangeht, dass vor allem der Wohnraum fehlt. Das sagen alle, die dort in den letzten Tagen und Wochen zu Besuch waren. Aber dann darf man natürlich nicht nur schöne Reden halten, dann muss man auch ganz präzise - dazu kann die Bundesregierung ja insbesondere den Ihnen nahe stehenden Herrn Hombach auch auffordern - tätig werden und die entsprechenden Maßnahmen vor Ort durchführen.
Ich denke - das ist ein wichtiger Punkt, den wir nicht aus den Augen verlieren sollten -, wir brauchen auch in Zukunft in der Bundesrepublik Deutschland eine große Toleranz in der Bevölkerung, auch bei zukünftigen möglichen und leider ja nicht auszuschließenden kriegerischen Auseinandersetzungen in dieser Welt in Deutschland Bürgerkriegsflüchtlinge aufzunehmen. Das wird nötig sein. Um diese Toleranz und die Liberalität in unserer Bevölkerung zu erhalten, ist es nötig, dass wir dann diejenigen in die Gebiete, die sicher sind, zurückführen, wenn dort die kriegerischen Auseinandersetzungen vorbei sind. Ich denke,
diese Geschichte eignet sich wirklich sehr gut zu einer sachlichen - nicht von der Presse begleiteten - Diskussion im Fachausschuss. Ich begrüße das außerordentlich.
(Beifall bei der CDU sowie der Abgeordneten Christel Aschmoneit-Lücke [F.D.P.] und Dr. Heiner Garg [F.D.P.])
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Ein Blick auf die Auswertungen des Wissenschafts- und Dokumentationsdienstes des Landtages fördert unter dem Suchpunkt „Flüchtling“ 32 Einträge zutage. Dies zeigt, dass das Problem des Umgangs mit Flüchtlingen in Schleswig-Holstein, nicht zuletzt ausgelöst durch den Krieg auf dem Balkan, ein Thema von großem und andauerndem Interesse ist.
Als größtes Problem hat sich dabei stets die fehlende Kompetenz des Landes zum Erlass einer wie auch immer gearteten Härtefallregelung für Flüchtlinge erwiesen.
Das Ausländergesetz ist ein Bundesgesetz. Die Ausführungsbestimmungen werden vom Bund mit Zustimmung des Bundesrates erlassen. Zusätzlich wird die Ausländerpolitik auf der Ebene der Innenministerkonferenz koordiniert. Viele Köche verderben bekanntlich den Brei und so ist es auch in diesem Fall.
Ausländerpolitik wird aufgrund des Zwangs zur Einigung zwischen Bund und den Ländern und den Ländern untereinander auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner betrieben. Das Ausländergesetz schert alle über einen Kamm und wird den vielen, sehr unterschiedlich gelagerten Einzelfällen nicht oder nur sehr ungenau gerecht.
Aus diesem Grund erfüllt der Antrag des SSW auch nur eine Alibifunktion. Unter den Nummern 3 und 4 spricht der Antrag davon, dass das Land „im Rahmen seiner Kompetenzen“ Voraussetzungen schaffen soll. Aber genau hier liegt doch das Problem, verehrte Kolleginnen und Kollegen des SSW. Das Land kann selbstständig eben gerade nicht die Voraussetzungen
schaffen, bestimmte Personengruppen nicht zurückzuführen oder eigenständig einen gesicherten Aufenthaltsstatus zu gewährleisten.
Das sollte der SSW eigentlich auch wissen, denn zumindest die Kollegin Spoorendonk war in der letzten Legislaturperiode bei der Debatte um die von der F.D.P. geforderte Altfallregelung für Asylbewerber anwesend, die aus den gleichen Gründen wie eine Härtefallregelung über viele Jahre nicht zustande kam.
Die Diskussion damals hat aber auch gezeigt, dass zwischen Flüchtlingen und Asylbewerbern ein gravierender Unterschied besteht. Flüchtlinge suchen, ganz im Gegensatz zu Asylbewerbern, nur auf Zeit Zuflucht in einem Staat, um zu einem späteren Zeitpunkt wieder zurückkehren zu können. Auch Herr Innenminister Buß hat in seiner Presseerklärung vom 8. Mai völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass zwischen Zuwanderung, Asyl und dem vorübergehenden Schutz von Bürgerkriegsflüchtlingen sehr genau unterschieden werden muss.
Deshalb kann die Gewährung eines gesicherten Aufenthaltsstatus für Flüchtlinge nach Meinung der F.D.P.-Fraktion nur die absolute Ausnahme bilden und sollte sich auf wirkliche Härtefälle beschränken. Der Katalog des SSW, der vom Land - wie bereits gesagt sowieso nicht eigenständig umzusetzen ist, ist zudem viel zu weit gefasst. Die Frage ist nicht, wer von dieser Aufzählung erfasst wird, sondern wohl eher, wer nicht. Ein so weit gehender Katalog wie der des SSW führt noch zu einem weiteren Problem: Je größer die Gruppe derjenigen, die nicht ausreisen müssen, desto stärker ist der Druck, weitere, noch nicht erfasste Flüchtlingsgruppen ebenfalls von der Ausreisepflicht zu befreien. Ein solches „Schneeballsystem“ ist weder im Sinne des Landes noch der Flüchtlinge.
Es kann nicht sein, dass die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr auf dem Balkan versuchen, den Frieden in der Region zu sichern, und die Menschen, die in dieser Region leben, nicht zurückkehren. Diese Rückkehr ist mit Strapazen und Belastungen verbunden gar keine Frage -, aber sie sind nicht unzumutbar oder gar vonseiten des Landes nicht zu verantworten.
Für sachgerechte Lösungen brauchen wir endlich eine Einigung zwischen Bund und den Ländern über die Einführung einer am Einzelfall orientierten Prüfung von Härtefällen. Das kann aber nur mit einer Bundesratsinitiative erreicht werden und nicht mit wohlmei
Der Änderungsantrag der Grünen „verschlimmbessert“ den Ursprungsantrag weiter. Das Land soll eine Anhörung durchführen. Wozu? - Wie bereits gesagt: Der Schlüssel zur Lösung des Problems liegt nicht auf Landesebene. Eine Anhörung erweckt nur weitere, nicht einlösbare Erwartungen.
Den erwerbsfähigen Personen - wie in Nummer 6 des Änderungsantrages gefordert - eine Arbeitsgenehmigung hier im Land auszustellen, ist widersinnig. Genau diese Menschen werden nämlich dringend zum Wiederaufbau ihres eigenen Landes gebraucht - in ihrer Heimat, nicht in Schleswig-Holstein.
Die F.D.P. wird dem Antrag auf Überweisung an den Ausschuss zustimmen, sieht den Beratungen aber kritisch entgegen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will einmal versuchen, Sie vielleicht doch noch für dieses Anliegen zu gewinnen. Ich gebe nämlich nicht auf, in der Politik das bisschen zu tun, was man vielleicht noch tun kann. Wer sagt uns denn, dass eine Anhörung in Schleswig-Holstein beispielsweise unter Beteiligung von Menschenrechtsorganisationen - Nichtregierungsorganisationen! -, von Menschen, die das Kosovo besser kennen als wir alle, weil sie ganz eigene Kontakte, Hilfskontakte dorthin haben, dass eine solche Debatte, die auch ihre Kreise zieht und nicht im stillen Kämmerlein stattfindet, nicht auch ihre Auswirkungen in die Herzen und Köpfe der Menschen findet bis hin zu den verantwortlichen Bundespolitikerinnen und Bundespolitikern?
(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Welche denn? - Martin Kayenburg [CDU]: Wer sagt Ihnen denn, dass die Recht haben? - Dr. Ekkehard Klug [F.D.P.]: Nimmt Herr Schröder daran teil?)
Jedenfalls haben mich die Meldungen der Innenministerkonferenz der vergangenen Woche ziemlich aufgeschreckt. Die „Frankfurter Rundschau“ fasst in der Wochenendausgabe die Ergebnisse der Konferenz unter der Überschrift „Innenminister wollen Abschiebungen beschleunigen“ zusammen. Und in der Unterzeile heißt es - noch einen draufsetzend -: „Schily soll Rückführungshindernisse beseitigen“.
Ich verkneife mir jetzt jede Emotionalität. Die Rückführungshindernisse sind nach Meinung der Innenminister und Senatoren fehlende Papiere.
Kein Wort ist in der Meldung von den Innenministern zu entnehmen über den nach wie vor hohen Zerstörungsgrad der Wohnhäuser oder der Schulen sowie der nicht wieder voll funktionsfähigen Zivilverwaltung oder des Justizwesens, wie es der UNHCR im Dezember und März meldet. Das wissen wir seit langem.
Kein Wort über die Minensituation und die fehlende Existenzmöglichkeit für Personen und ihre Familien, wie beispielsweise fraktionsübergreifend hundert Abgeordnete in einem Appell an die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Bundesländer zu Ostern angemahnt haben! Frau Spoorendonk hat ja schon darauf hingewiesen.
Auch ist von den Innenministern kein Wort über den erheblichen Vertreibungsdruck der Kosovo-Albaner in den südserbischen Provinzen zu hören, wie die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung nach einer Begleitung eines Rückkehrfluges im März feststellen musste.
Stattdessen fordern die Innenminister, Rückführungshindernisse aufgrund fehlender Papiere zu beseitigen, wo wir doch wissen, dass gerade Pässe und andere Papiere von den Serben bewusst verbrannt worden sind. Gerade dies hat doch den Landtag im April letzten Jahres dazu veranlasst zu fordern, dass in Schleswig-Holstein eine unbürokratische und humanitäre Handhabe vollzogen werden muss - was dann ja auch passierte. Darüber kann man nur froh sein.