Protokoll der Sitzung vom 18.10.2001

tens mehr Subventionen zahlen. Beides wird nicht klappen, das Erste nicht, weil man in Basel nicht auf die Landesregierung hören wird, und das Zweite nicht, weil das Land schon jetzt eigentlich pleite ist und die Landesregierung bei allen Förderprogrammen zurückrudert, ganz zu schweigen davon, dass Subventionen das Problem nicht lösen, sondern eher verschlimmern.

Es gibt nur zwei Wege, die Folgen von Basel II für unsere Wirtschaft abzumildern. Erstens muss die durchschnittliche Bonität unserer Unternehmen steigen. Zweitens brauchen die Banken besseren Zugang zu Eigenkapital. Bessere Bonität führt zu geringeren Kreditkosten für die Unternehmen. Besserer Zugang zu Eigenkapital senkt die Kosten der Kreditvergabe bei den Banken. Bessere Bonität erreichen wir durch mehr Markt und weniger Staat, weniger kostensteigernde Regulierungen, weniger leistungshemmende Subventionen und mehr wachstumsfördernde Investitionen in die Infrastruktur.

(Zuruf des Abgeordneten Günter Neugebauer [SPD])

- Kollege Neugebauer, das ist nicht von mir, sondern von der OECD.

Besseren Zugang zu Eigenkapital können wir vor allem den öffentlichen Banken verschaffen, indem wir den Weg zur Privatisierung von Landesbanken und Sparkassen öffnen. Denn wo sollen diese sonst das Eigenkapital herbekommen, das sie brauchen, um den Mittelstand zu finanzieren?

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Je früher wir das tun und damit alte FDP-Vorschläge umsetzen, desto schneller wird unser Land das Ende der Wachstumstabelle verlassen und umso weniger müssen wir uns Sorgen über Basel II machen.

Der Kollege Neugebauer wird mir erklären, woher die Sparkasse Rendsburg ihr Eigenkapital bekommt, wenn nicht vom privaten Kapitalmarkt.

(Beifall bei FDP und CDU - Günter Neuge- bauer [SPD]: Der Kollege Kubicki sollte wis- sen, dass die Sparkasse Rendsburg eine pri- vate Sparkasse ist!)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Fuß das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde, dass es bei einem solchen Thema sehr wohl angezeigt ist, aus der gegenseitigen Aufregung ein bisschen die

Luft herauszulassen. Denn als Erstes stelle ich fest: Bei der Einschätzung der möglichen Folgen und Wirkungen von Basel II sind wir sehr deckungsgleich. Da, wo wir uns über die möglichen Konsequenzen unseres Handelns oder über das Handeln selbst unterhalten, mag es im Einzelnen Unterschiede geben. Ich habe Verständnis, Kollegin Schmitz-Hübsch, dass man bei diesem Thema eine oppositionelle Pflichtübung abhält.

(Lothar Hay [SPD]: Kür ist besser!)

Ich würde nur dringend darum bitten, für das weitere Verfahren zu überlegen, ob wir nicht eine hohe gemeinsame Interessenlage in dem gesamten Verfahren haben.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Darstellung, die die Regierung in ihrem Bericht gegeben hat, möchte ich danken. Sie stellt in aller gebotenen Kürze den gegenwärtigen Stand des Verfahrens dar. Ich begrüße auch die ergänzenden Ausführungen, die der Minister gemacht hat.

(Heiterkeit bei der CDU)

- Ich verstehe ja Ihre Aufregung. Warten Sie einen Moment ab.

(Zurufe von der CDU)

- Kollege Jensen-Nissen, es ist in Ordnung, dass Sie heute Morgen endlich wach geworden sind. Das steigert den Unterhaltungswert dieser Veranstaltung sicherlich nicht unbeträchtlich.

Natürlich ist es zu begrüßen, wenn es gelungen ist, den Zeitraum des Konsultationsprozesses bis 2005 zu verlängern. Denn das gibt uns die Chance, nicht nur Einwendungen vorzutragen, sondern auch gemeinsam darüber nachzudenken, welche Konsequenzen, bezogen auf eventuelle negative Folgen für SchleswigHolstein, dort einzunehmen sind.

(Zuruf des Abgeordneten Peter Jensen-Nissen [CDU])

- Der Kollege Jensen-Nissen ist hoffentlich an meiner Seite, wenn ich sage, dass wir insbesondere die Konsequenzen für die mittelständische Wirtschaft zu beobachten und ihnen entgegenzuwirken haben. Kollegin Schmitz-Hübsch, vielleicht können Sie dem Kollegen Jensen-Nissen ein bisschen Nachhilfe geben. Denn das ist kein Thema zum Grinsen.

(Zurufe von der CDU)

Zweite Anmerkung. Ich möchte in diesem Zusammenhang den Hinweis geben, dass wir uns in den nächsten Monaten nicht nur mit der Frage von Basel II auseinander zu setzen haben, sondern dass wir uns aufgrund

(Wolfgang Fuß)

der Haltung der EU-Kommission und aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sehr wohl auch mit der Frage von Anstaltshaftung und Gewährträgerleistung auseinander zu setzen haben und wir dort in die gleiche Richtung gehen.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Ich habe sehr wohl die Hoffnung - ich hege diese Hoffnung noch, weil ich feststelle, dass aus den Reihen der Opposition diejenigen, die im Wirtschafts- oder im Finanzausschuss sind, bei diesem Prozess eine andere Ernsthaftigkeit an den Tag legen als andere Mitglieder dieses Hauses -,

(Beifall bei SPD und SSW)

dass wir im Interesse des Mittelstandes, im Interesse der Verbraucher, aber auch im Interesse der Kommunen, die betroffen sein werden, zu einer konsensfähigen Beratung kommen werden. Deshalb beantrage ich in Ergänzung zu Ihnen, Kollegin Schmitz-Hübsch, auch Überweisung an den Finanzausschuss, neben der Überweisung zur federführenden Beratung an den Wirtschaftsausschuss.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ich erteile dem Abgeordneten Steenblock das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das, was der Kollege Kubicki am Anfang seiner Rede gesagt hat, ist völlig richtig. Dieses Problem hat eine ausgesprochen ernsthafte Dimension, gerade vor dem Hintergrund dessen, was der Kollege Fuß gesagt hat. Die Situation des Mittelstandes insgesamt, was die Kreditvergabe angeht, ist kritisch. Es ist nicht so, dass wir im Augenblick eine ideale Situation haben. Vielmehr wird der Mittelstand zurzeit von den Banken ausgesprochen schlecht behandelt:

(Vereinzelt Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

aufgrund der hohen Kapitalkosten, des Risikos und des hohen Verwaltungsaufwands. Man muss ehrlicherweise sagen, die Renditen sind in diesem Bereich der Kredite nicht besonders hoch. Deshalb haben die Banken kein originäres Interesse daran. Die großen Banken haben sich aus diesem Bereich verabschiedet. Vor diesem Hintergrund kommt jetzt Basel II, kommt Gewährträgerhaftung. All das wird dazu führen, dass wir gerade in einem mittelständisch orientierten Land ausgesprochen problematische Situationen vor uns haben.

Das müssen wir uns mit großem Ernst deutlich machen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, CDU und FDP)

Liebe Kollegin Frau Schmitz-Hübsch, so richtig ich Ihre Analyse finde und so einig ich mit Ihnen bin, so ist dies doch nicht die Stunde einer Generalabrechnung mit der Regierung. Sie kennen sicherlich den Antrag, den alle Bundestagsfraktionen gemeinsam beschlossen haben, in dem die Forderungen, hinter die wir uns stellen müssen, deutlich gemacht worden sind. Dies ist die Stunde, in der wir mit ganzer Kraft dafür sorgen müssen, dass uns der Bereich der mittelständischen Wirtschaft hier in Schleswig-Holstein nicht wegbricht.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Was dazu kommen muss, ist der Bereich der Existenzgründungen. Der gehört dazu. Er wird von diesen Entwicklungen massiv negativ beeinflusst. Hier ist das Land in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass etwas geschieht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Wir beschreiten in einem Zusammenschluss von Bundesregierung und dem öffentlichen Kreditgewerbe, den Banken, einen gemeinsamen Weg. Ich finde den Vorwurf an den Minister nicht richtig, dass SchleswigHolstein nicht auch noch einen Antrag gestellt hat. Diese Debatte verdanken wir nicht einem CDUAntrag, sondern einem FDP-Antrag. Es muss nicht jeder das Gleiche per Antrag fordern, wenn deutlich ist, dass wir hier einer Meinung sind.

(Beifall der Abgeordneten Ursula Kähler [SPD])

Herr Rohwer hat, finde ich, sehr richtig den Prozess beschrieben, in dem wir sind. Es gibt eine Reihe von positiven Entwicklungen. Was ich ausgesprochen positiv finde, ist, dass wir es geschafft haben, die Kreditsicherungsinstrumente der kleinen und mittelständischen Unternehmen in diesem Prozess zu implementieren. Das geht von Grundpfandrechten bis zur Anerkennung von Lebensversicherungen, was gerade für Personengesellschaften wichtig ist. Das ist in diesen Prozess implementiert worden und muss gefestigt werden, um gerade für diesen Bereich vernünftige Kreditsicherungssysteme zu schaffen. Das hat etwas mit den Bonitätskriterien zu tun, Herr Kubicki. Da habe ich eine etwas andere Auffassung als die, die Sie gerade dargestellt haben. Es geht darum, die Kriterien für Bonität so zu fassen, dass die mittelständischen

(Rainder Steenblock)

Unternehmen ihre Stärken in diesen Prozess einbringen können. Was Sie gesagt haben, ist zusätzlich richtig. Aber es geht dabei auch um diesen Prozess.

Was mich sehr gefreut hat - auch das sollte man deutlich machen -, ist, dass die Bedingungen für gewerbliche Realkredite in diesem Prozess verbessert werden können. Auch das führt dazu, dass wirtschaftende Unternehmen gestärkt werden.

Eines möchte ich in dieser Debatte noch ansprechen, weil es mich besonders besorgt. Natürlich ist der Grundansatz von Basel, die Eigenkapitalstärkung, richtig. Das heißt, dass wir das, was in der Asienkrise deutlich geworden ist, als Gefahr erkennen und darauf reagieren: Kredite werden mit Eigenkapital vernünftig gegengewichtet.

Das Problem liegt aber auch darin, dass wir in den vergangenen Jahren im Bankenbereich massiv ein Weg vom traditionellen Kreditgeschäft haben. Die Banken verdienen ihr Geld mit ganz anderen Sachen. Dass sie Mittelständler häufig noch Kredite geben, hat eher damit zu tun, dass sie über diesen Weg die Kunden binden, um mit ihnen profitable Provisionsgeschäfte zu machen. An den Krediten, die sie an die Unternehmen vergeben, verdienen sie kaum. Das ist ein Problem, das wir nur dann in den Griff bekommen, wenn wir eine vernünftige Gewichtung zwischen den unterschiedlichen Geschäftsbereichen machen. Was im spekulativen Bereich häufig verdient wird, was es dort an Gewinnmargen gibt, können wir eigentlich nicht akzeptieren, weil das die klassischen Geschäftsfelder verdrängt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und des Abgeordneten Werner Kalinka [CDU])