Protokoll der Sitzung vom 18.10.2001

(Präsident Heinz-Werner Arens)

Fördermittel für Investitionen im Rahmen der Ländlichen Struktur- und Entwicklungsanalyse

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 15/1265

Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht; dann kann ich die Aussprache eröffnen. Ich erteile Herrn Abgeordneten Ehlers das Wort.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erst vor vier Wochen haben wir im Parlament im Rahmen des Nachtragshaushaltes über die Ländliche Struktur- und Entwicklungsanalyse diskutiert. Das Ergebnis der Debatte ist hinreichend bekannt. Die Sozialdemokraten haben nicht den Mut und die Kraft aufgebracht, ihren Fehler einzugestehen und die notwendigen Korrekturen vorzunehn.

(Beifall bei CDU und FDP)

Es war ein Fehler, die Förderung der Projekte zur Dorfentwicklung zu kürzen und kommunale wie private Antragsteller im Regen stehen zu lassen. Die Betroffenen erwarten von der Landesregierung die Einhaltung der Zusagen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Es ist nicht hinzunehmen, dass die Landesregierung sich jetzt auf die Unverbindlichkeit der in Aussicht gestellten Fördermittel zurückzieht und damit jegliches Vertrauen verspielt. Jahrelang konnten Antragsteller auf eine gängige Praxis vertrauen und die Projektfinanzierung darauf abstimmen. Von dieser Vertrauensbasis ist die Landesregierung mittlerweile gründlich abgerückt. Den bisherigen Gipfel ihrer förderpolitischen Irrfahrt - so möchte ich das einmal nennen - erklimmt sie mit ihrer Entscheidung, nachträglich Förderkürzungen vorzunehmen. Alle Antragsteller, kommunale wie auch private, die eine Genehmigung zum vorzeitigen Baubeginn erhalten haben, werden nun kräftig verschaukelt, indem ihnen nach erfolgtem Baubeginn erklärt wird, sie könnten nicht mit den erwarteten Mitteln rechnen. Dieser einmalige Vorgang darf nicht Bestand haben.

(Beifall bei CDU und FDP)

Eine derartige Förderpolitik, die sich insbesondere durch Unzuverlässigkeit und mangelnden Vertrauensschutz auszeichnet, trägt im höchsten Maße zur Verunsicherung und zur Enttäuschung der Investoren bei.

In vielen Gemeinden und Ämtern stellt sich jetzt die Frage, wie es weitergehen soll. Es wäre fatal, wenn das gute Entwicklungsinstrument LSE durch Fehlent

scheidungen der Landesregierung erheblichen Schaden nimmt und Investoren künftig nicht zur Beteiligung veranlasst, sondern abgeschreckt werden.

(Beifall der Abgeordneten Jost de Jager [CDU] und Heinz Maurus [CDU])

Ich kann mir vorstellen, dass einige Gemeinden bei künftigen Projektvorhaben mit geringeren Fördermitteln kalkulieren können. Ich kann mir jedoch überhaupt nicht vorstellen, dass dies für Projekte gelten kann, die auf der bisherigen Grundlage bereits durchfinanziert sind.

(Beifall bei CDU und FDP)

Privaten Investoren muss nahe gelegt werden, erst mit den Maßnahmen zu beginnen, wenn eine schriftliche und verbindliche Mittelzusage vorliegt.

Mir ist zu Ohren gekommen, dass ein privater Investor, der die Genehmigung für einen vorzeitigen Baubeginn erhalten hat, nunmehr keine öffentlichen Fördermittel erhält und das Vorhaben wegen der entstandenen Finanzierungslücke Not leidend geworden ist. So darf man mit Bürgerinnen und Bürgern hier im Land Schleswig-Holstein nicht umgehen!

(Beifall bei CDU und FDP)

Hier werden private Investoren nach erfolgtem Baubeginn in den finanziellen Ruin getrieben. Es stehen private Schicksale mit auf dem Spiel.

Es ist nicht zu vermitteln, wenn das Land bei kommunalen Investitionen im Rahmen der LSE nicht mehr in der Lage ist, einen geringen Beitrag von 4 % aufzubringen, der notwendig ist, um die 6 % Bundesmittel zu binden. Mit bescheidenen 40.000 DM des Landes könnte eine Investition von 1 Million DM ausgelöst werden.

(Beifall des Abgeordneten Peter Jensen- Nissen [CDU])

Gerade unsere ländlichen Regionen mit ihren kleinen und mittelständischen Betrieben sind auf diese Investitionen angewiesen. Diese dürfen nicht durch eine kurzsichtige und falsche Förderpolitik des Landes infrage gestellt werden. Der erhebliche Mitteleinsatz im zweiten Arbeitsmarkt ist nur zu verantworten, wenn die Anstrengungen im ersten Arbeitsmarkt nicht zurückgefahren werden. Aber genau das geschieht hier. Gegen jede Vernunft werden Arbeitsplätze gefährdet und ländliche Regionen in ihrer Entwicklung behindert. Es ist wesentlich effizienter, hier öffentliche Mittel des Landes und des Bundes einzusetzen, als jede ABM-Stelle hier im Land Schleswig-Holstein zu finanzieren.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

(Claus Ehlers)

Allein die Mehrwertsteuer liegt deutlich höher als die gesamte Förderung des Landes und des Bundes zusammen - von anderen Steuern und Abgaben ganz zu schweigen.

Die Landesregierung greift in ihrer Geldnot zu Mitteln, die eindeutig kontraproduktiv sind und im Ergebnis die Situation im Land weiter verschlechtern. Das Ergebnis ist nämlich: Bürgerinnen und Bürger fühlen sich oder werden verprellt, Gemeinden und Gemeindeverbände werden demotiviert - ich denke nur daran, mit wie viel Engagement seitens der Vereine, der Kommunen die Handlungskonzepte entwickelt worden sind, die jetzt nicht realisiert werden können -, im ländlichen Raum geht das Restvertrauen in die Landesregierung verloren; Arbeitsplätze werden in einem erheblichen Umfang gerade im ländlichen Raum gefährdet; Strukturentwicklungen werden gebremst und verhindert. Das ist das Ergebnis einer desolaten Förderpolitik der Landesregierung, die wahrlich am Ende ist.

Ich beantrage für die CDU-Fraktion Ausschussüberweisung.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich erteile Frau Abgeordneter Schümann das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Ländlichen Struktur- und Entwicklungsanalysen sind zusammen mit den darauf aufbauenden Maßnahmen der Dorfentwicklung ein politischer Schwerpunkt unserer Politik für die ländlichen Räume in SchleswigHolstein.

(Zurufe von der CDU)

Diese Erfolge verdanken wir der aktiven Mitarbeit der haupt- und ehrenamtlichen Kräfte in den Kommunen, wir verdanken sie auch allen Bürgerinnen und Bürgern, die sich aktiv in den LSE-Prozess eingebracht haben. Deshalb nehmen wir die Proteste zu den Kürzungen auch sehr ernst.

(Beifall bei SPD, CDU, FDP und SSW - Heinz Maurus [CDU]: Sie müssen aber dar- aus auch Lehren ziehen!)

Im Zuge der äußerst angespannten Finanzlage des Landes - diese hat sich nach unseren gestrigen Beschlüssen zur inneren Sicherheit sicher weiter verschärft - hat die Landesregierung für alle Förderprogramme Kürzungen im Haushalt 2001 und für den Haushalt 2002 vorgeschlagen. Die derzeitigen Pläne der Landesregierung sehen nunmehr aufgrund der

erforderlichen Kürzung in der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstrukturen und Küstenschutz und der rechtlich eingegangenen Verpflichtung sowohl für die Förderung der LSE als auch ihrer Folgeprojekte nur noch eine Förderung von 40 % vor. Das ist inzwischen allen Beteiligten bekannt. Ich denke, dass diese neuen Fördersätze den Kommunen eine verlässliche Grundlagen für neue Maßnahmen bieten.

Probleme bestehen zugegebenermaßen bei den LSEMaßnahmen der Kommunen, die bereits vor längerer Zeit geplant oder schon begonnen wurden, für die jedoch noch kein formaler Bewilligungsbescheid mit konkreter Förderhöhe erteilt wurde. Ich muss mich wiederholen: Die Zustimmung zum vorzeitigen Baubeginn ist nun einmal keine verbindliche Förderzusage. Es gibt Kommunen, die angefangen haben, es gibt aber auch Kommunen, die gesagt haben, wir begeben uns auf die sichere Seite und warten ab. Insofern muss man der Redlichkeit halber darauf auch einmal hinweisen.

(Martin Kayenburg [CDU]: Die waren nur misstrauisch gegenüber dieser Landesregie- rung! - Zuruf des Abgeordneten Claus Ehlers [CDU])

Kolleginnen und Kollegen, wir können die Probleme der Kommunen und auch privater Investoren durchaus nachvollziehen, die ihre Planungen auf einen höheren Zuschuss ausgerichtet haben. Die jetzt möglicherweise notwendige Nachfinanzierung - das sehen wir auch der Kostenlücke ist problematisch und manchmal vielleicht auch nicht möglich. Wir sind uns fraktionsintern einig und werden dieses Problem bei der Beratung des Haushalts 2002 berücksichtigen, und zwar anhand folgender Eckwerte - ich wiederhole mich da, aber ich muss es tun, weil sich die Eckwerte innerhalb von vier Wochen nicht beliebig verändern -:

Erstens. Grundsätzlich gilt wie bei allen Fördermaßnahmen eine maximale Zuschusshöhe von 50 % der Kosten.

Zweitens. Unabhängig von der rechtlichen Bedeutung aufgrund der bisherigen Förderpraxis und der ergangenen Zustimmungen zum vorläufigen Maßnahmebeginn ist ein Vertrauensschutz bei den der Landesregierung bereits länger bekannten Maßnahmen und Projekten - das sind circa 400 - zu berücksichtigen.

Drittens. Der von Anfang an geforderte Qualitätswettbewerb bei der Förderung der Maßnahmen muss noch stärker als bisher erfolgen. Deshalb erwarten wir, dass zukünftig folgende Kriterien den Förderentscheidungen zugrunde gelegt werden: Sicherung und Ausbau der regionalen Infrastruktur, Arbeitsplatzwirkung,

(Jutta Schümann)

Sicherung der Grundversorgung in den ländlichen Regionen sowie Ökologisierung der Landwirtschaft.

Viertens. Die finanzielle Leistungskraft der Kommunen muss sich in der Förderquote auch bei den LSEProjekten - wie schon im Regionalprogramm geschehen - widerspiegeln.

Wir werden bei den Beratungen zum Haushalt 2002 in den parlamentarischen Gremien prüfen und diskutieren, wie LSE-Projekte durch einen „Fördermix“ auch aus anderen Bereichen wie zum Beispiel dem KIF im Fördervolumen erhöht werden können. Wenn Sie, Herr Kollege Ehlers, einen überzeugenden Deckungsvorschlag haben, sind wir gern bereit, diesen in unsere Beratungen mit aufzunehmen. Diesen Vorschlag nämlich habe ich eben in Ihrem Beitrag vermisst.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zuruf des Abgeordneten Claus Ehlers [CDU])

Kolleginnen und Kollegen, unser gemeinsames Ziel sollte sein, das Instrument der LSE mit den europäischen Fördertöpfen, die nur noch bis 2006 zur Verfügung stehen, nicht zu zerreden - hier nicht und erst recht nicht vor Ort -, sondern es bei angespannter Haushaltslage optimal zur Vitalisierung der ländlichen Räume in Schleswig-Holstein einzusetzen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile der Frau Abgeordneten Dr. Happach-Kasan das Wort.