Protokoll der Sitzung vom 18.10.2001

Ein weiterer Punkt, den ich ansprechen möchte, ist folgender: Die Kollegin Schümann hat, glaube ich, etwas leichtfertig gesagt, dass wir, wenn der Kollege Ehlers einen Deckungsvorschlag hätte, sofort entsprechend verfahren könnten. Liebe Jutta, da zeigt sich der Unterschied zur Opposition. Der Kollege Ehlers wird natürlich sofort einen Deckungsvorschlag haben. Der Vorteil der Opposition besteht darin, dass sie durch Kürzungen bei einer Maßnahme Deckungsvorschläge für zehn andere Maßnahmen hat. Ich kenne das noch aus früheren Zeiten, als wir die Mittel für den Starfighter für alles Mögliche verwenden wollten. Wir als Regierung - glücklicherweise sind wir in diesem Land in der Regierung - sind in der Verantwortung, einen Deckungsvorschlag für den gesamten Haushalt und nicht nur für einzelne Maßnahmen vorlegen zu müssen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Da wir die politische Intention des CDU-Antrages durchaus unterstützen,

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

bieten wir Ihnen faire Gespräche an, damit wir hier zu einer Lösung kommen. Wir als Regierung werden das allerdings nur im Rahmen eines Deckungsvorschlages für den Gesamthaushalt umsetzen können. Darum bemühen wir uns und ich glaube, da kommen wir zusammen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile das Wort Herrn Abgeordneten Harms.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Da bleibt eigentlich gar nicht mehr viel zu sagen!)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau Heinold, selbstverständlich bleibt noch etwas zu sagen. Not und Elend kommen jetzt.

Als ich den Antrag zum ersten Mal sah, habe ich mich gefragt, was neu oder anders an diesem Antrag sei.

(Lothar Hay [SPD]: Das war ein Déjà-vu- Erlebnis!)

Um die Antwort vorwegzuschicken: Nichts ist neu an diesem Antrag.

(Heinz Maurus [CDU]: Aber es ist notwen- dig, dass Sie darüber noch einmal reden!)

- Das glaube ich noch nicht einmal!

Wir haben uns in der letzten Landtagstagung ausgiebig zum Thema LSE ausgetauscht und zum Teil sehr deutlich unsere Meinung gesagt. Wir als SSW haben gefordert, dass für betroffene Kommunen und für private Maßnahmenträger Vertrauensschutz gelten sollte und dass Lösungen durch alternative Finanzierungsmodelle gefunden werden sollten. Ich glaube, es ist nicht fair, jetzt wieder die verbale Keule zu schwingen und der Landesregierung Vertrauensbruch vorzuwerfen. Für meinen Geschmack macht es sich die CDU hierbei zu einfach.

Die Regierungsparteien und die Landesregierung haben in der letzten Landtagstagung zugesagt, sich noch einmal um eine Lösung bemühen zu wollen. Inzwischen scheint es Möglichkeiten unter Einbeziehung des Kommunalen Investitionsfonds zu geben. Somit sieht es so aus, dass den betroffenen Kommunen in diesem Jahr schnell und unbürokratisch geholfen werden kann.

(Lars Harms)

Vor diesem Hintergrund kann ich nicht akzeptieren, dass nun noch einmal mittels eines Antrages versucht wird, das Thema LSE hochzukochen. Damit ich nicht falsch verstanden werde: Die Kürzung der Mittel für die LSEn wurde von uns in der letzten Landtagstagung scharf kritisiert. Von dieser Kritik gibt es nichts zurückzunehmen. Aber wenn eine Landesregierung ihre Fehler erkennt und nach Lösungsmöglichkeiten sucht, sollte man nicht noch einmal nachkarten, sondern versuchen, diesen Prozess produktiv zu begleiten. Ich glaube, dies wäre auch im Interesse der Betroffenen.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Selbstverständlich, liebe Kollegen von der CDU, wollen wir diesen Prozess auch produktiv begleiten.

Um nun einen solchen produktiven Beitrag zu leisten, möchte ich noch einmal auf die Bedeutung der LSEn für den ländlichen Raum eingehen. Ich tue dies vor allem im Hinblick auf die kommenden Haushaltsberatungen; denn die 50-prozentige Förderung für 2002 ist ja noch in keinster Weise gesichert. In vielen Kommunen sind die erarbeiteten Projekte aber auf der Basis einer 50-prozentigen Förderung geplant. Aufgrund der Kassenlage wird es möglicherweise dazu kommen, dass eine große Anzahl von bisher geplanten Projekten nicht umgesetzt wird. Über die Effekte für die regionale Wirtschaft, insbesondere für die gebeutelte Bauwirtschaft, brauche ich nichts weiter auszuführen; das habe ich schon in der letzten Landtagsstagung getan. Nur so viel: Sie helfen der Bauwirtschaft in Schleswig-Holstein enorm, wenn Sie an der bisherigen Förderung auch im kommenden Jahr festhalten, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün.

Wir haben vor kurzem einen Bericht zum Abbau öffentlicher Arbeitsplätze diskutiert. In diesem Bericht wird festgestellt, dass vor allem der ländlich strukturierte nördliche Landesteil vom Abbau öffentlicher Arbeitsplätze betroffen wurde. Ich vermute, dass auch andere ländliche Regionen hiervon hart getroffen worden sind. Die Landesregierung hat in der damaligen Debatte deutlich gemacht, dass sie keine besondere Rücksicht auf diese Regionen nehmen will, wenn weitere öffentliche Arbeitsplätze abgebaut werden sollen. Wir haben dies kritisiert. Aber ich gehe davon aus, dass die Landesregierung von dieser Haltung leider nicht abweicht.

Gleichzeitig haben wir auch erfahren müssen, dass die ländlichen Räume mit den städtischen Zentren im Wettbewerb um die Fördermittel aus dem Regionalprogramm stehen. Auch hierzu hat die Landesregierung deutlich gemacht, dass die ländlichen Regionen nicht auf eine besondere, wohl wollende Beachtung zählen können. Auch das haben wir natürlich kritisiert.

Beides, der Abbau von öffentlichen Arbeitsplätzen und der ungleiche Wettbewerb bei der Regionalförderung, hat, um es einmal nett zu formulieren, nicht zum Ansehen der Landesregierung in den betroffenen Regionen beigetragen. Die Leute sind ziemlich sauer und fühlen sich benachteiligt. Wenn man nun auch noch das letzte Instrument einer breiten und anerkannten Förderung des ländlichen Raumes aufgibt und die damit verbundenen Aktivitäten im ländlichen Raum einschränkt, schadet man dem Land SchleswigHolstein.

Von Norbert Gansels Kiel und Bernd Saxes Lübeck allein kann die rot-grüne Regierung aber nicht leben. Sie brauchen auch den ländlichen Raum, liebe Kollegen von der SPD und von den Grünen, wenn Sie das Land Schleswig-Holstein wirklich voranbringen wollen.

(Beifall bei SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten Brita Schmitz-Hübsch [CDU])

Das Wort zu einem Kurzbeitrag hat Herr Abgeordneter Feddersen.

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Als das LSE-Programm verkündet wurde, waren wir alle der Meinung, das sei ein gutes Programm für den ländlichen Raum. Es wurde eine solide Finanzierung verkündet: 50 % Eigenanteil, 40 % EU-Förderung, 6 % Bundesmittel und 4 % Landesmittel im Rahmen der GA war eine gute Finanzierung. Das heißt, mit nur 4 DM Landesmitteln konnten Investitionen in Höhe von 100 DM ausgelöst werden.

(Martin Kayenburg [CDU]: Hört, hört!)

In Schleswig-Holstein wurden LSEn fast flächendekkend durchgeführt. Es wurde sogar dazu aufgefordert, eine LSE durchzuführen; sonst würden keine Fördermittel gewährt.

Es wurden sogar LSEn amtsübergreifend durchgeführt. Das führte zu einer guten Zusammenarbeit über die verschiedenen Ämter hinweg.

(Martin Kayenburg [CDU]: Das geht nun al- les kaputt!)

Vor allem wurden viele Bürger in Workshops mit eingebunden. Endlich konnten die Bürger die Arbeit in der Gemeinde aktiv mitgestalten.

(Jürgen Feddersen)

Liebe Frau Schümann, der vorzeitige Maßnahmebeginn war seit Jahr und Tag gängige Praxis.

(Beifall bei der CDU)

Wenn die Mitarbeiter im Haus - fragen Sie die Mitarbeiter - verkündet haben: „Ihr könnt mit den Maßnahmen vorzeitig beginnen“, dann hat sich die Gemeinde darauf verlassen und investiert. Etwas anderes hat es noch nie gegeben.

(Beifall bei der CDU)

Die meiste Kritik bekommen im Moment die Mitarbeiter ab. Aber wir passen schon auf. Wir wissen, dass nicht die Mitarbeiter schuld sind. Vielmehr hat hier die Landesregierung versagt.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Wenn Sie fragen: Welche Gemeinde hat sich schon aus der LSE zurückgezogen?, so kann ich Ihnen im Moment nur aus dem Kopf antworten. Die Gemeinde Sörup hat sich zurückgezogen. Aber wir werden das vom Gemeindetag aus für Nordfriesland noch zusammenstellen; Sie kriegen das genau zu wissen.

(Jutta Schümann [SPD]: Das ist schade!)

- Das ist schade. Aber wenn eine Gemeinde den Eigenanteil nicht mehr aufbringen kann, muss sie leider auf die Investition verzichten. LSE heißt: Landesregierung stoppt Entwicklung. Das passt genau mit den Buchstaben zusammen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Ich möchte Ihnen zwei Beispiele geben. Das Missionszentrum in Breklum ist vielen bekannt. Es will 10 Millionen DM investieren. 5 Millionen DM Barmittel liegen bereit, die investiert werden können. Die Landesregierung hat sich das Projekt angeguckt. Man hat es für förderungsfähig anerkannt. Leider ist es jetzt so: Wenn die 10 % fehlen, ist das Missionszentrum nicht in der Lage, diese Investition durchzuführen. Wegen nur 400.000 DM Eigenanteil der Landesregierung werden 10 Millionen DM Investitionen verhindert.

Das zweite Beispiel. Die Gemeinde Oster-Ohrstedt baut ein Gemeinschaftshaus. Die Investitionen betragen 800.000 DM. Jetzt kommt es: Die Gemeinde hat schon einen Bewilligungsbescheid. Trotzdem hat man die Gemeinde gefragt, ob sie nicht auf die 10 % verzichten wolle. Dann könne sie die 40 % EU-Mittel noch dieses Jahr bekommen. Wenn sie auf den 10 % bestehe, könnte es Jahre dauern, ehe ausgezahlt würde.

(Martin Kayenburg [CDU]: Das ist eine Un- verfrorenheit! Das ist, mit Verlaub gesagt, nicht in Ordnung. (Beifall bei der CDU)

Die Gemeinde Oster-Ohrstedt - so hat mir der Bürgermeister gesagt - hat sich für die 40 % entschieden. „Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach“, ist ein altes Sprichwort.

(Martin Kayenburg [CDU]: Das ist bei dieser Regierung auch besser!)

Sie wollte nicht darauf vertrauen, dass sie die 10 % Förderung noch erhält.

Ich fordere die Landesregierung auf, klare Verhältnisse zu schaffen. Halten Sie Ihre Versprechen und zahlen Sie das Geld aus.