Protokoll der Sitzung vom 16.11.2001

Wir können die Waldfragen selbstverständlich nicht auf Kostenfragen reduzieren. Aber wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass wir uns einen Landeswald nur leisten können, wenn wir dort auch eine Kosten- und Leistungsrechnung mit berücksichtigen.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Das ist Ziel der FDP-Fraktion. Dies muss berücksichtigt werden. Wir wollen es den Privatwaldbesitzern ermöglichen, ihre Aufgaben in der Weise fortzusetzen, wie sie diese angefangen haben und wie wir es alle in diesem Hause auch für richtig halten.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es ist beantragt worden, die Drucksachen 15/1149, 15/1206 und insbesondere den Bericht der Landesregierung in der Drucksache 15/1321 zur weiteren Beratung an die zuständigen Ausschüsse zu überweisen, und zwar zur federführenden Beratung an den Umweltausschuss und zur Mitberatung an den Agrarausschuss. Wer diesem Vorschlag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein deutliches Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist vom Haus einstimmig so beschlossen. Damit ist Tagesordnungspunkt 35 erledigt.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 11:

Wettbewerbsfähigkeit der schleswig-holsteinischen Landwirtschaft

Große Anfrage der Fraktion der CDU Drucksache 15/1004

Antwort der Landesregierung Drucksache 15/1331

Wird das Wort zur Begründung der Großen Anfrage gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann erteile ich zunächst zur Beantwortung der Großen Anfrage der Ministerin für ländliche Räume, Landesplanung, Landwirtschaft und Tourismus, Frau Franzen, das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In diesen Tagen jährt sich der erste BSE-Fall in Schleswig-Holstein und damit in Deutschland. Ich hoffe, dass die Große Anfrage der CDU mit dem Titel „Wettbewerbsfähigkeit der schleswig-holsteinischen Landwirtschaft“ dazu kein Beitrag sein soll. Denn das wäre meines Erachtens der falsche Ansatz. Dafür haben wir bessere Quellen: den jährlichen Agrarbericht von Bundes- und Landesregierung und den Rinderreport der Landwirtschaftskammer auf der Basis der Zahlen der Beratungsringe. Die Leistung der schleswig-holsteinischen Landwirtschaft liegt danach im Spitzenbereich. Sie wissen das. Sie können es jederzeit nachlesen.

Der Rinderbereich nach BSE ist im Agrarbericht 2000 noch nicht erfasst. Das ist keine Schönfärberei, wie der Bauernverband zu sagen pflegte, sondern das liegt am Wirtschaftsjahr. Das wissen Sie. Aber richtig ist auch, dass zumindest in der Viehhaltung die erhöhten Preise, die an die Landwirte weitergereicht wurden, vieles auffangen konnten.

Sorgen bereiten die reinen Rinderzuchtbetriebe. Die Landwirtschaftskammer hat darauf am Mittwoch dankenswerterweise hingewiesen. Das ist in allen Bundesländern gleichermaßen so. Deshalb gibt es einen entsprechenden AMK-Beschluss, der schon im September dieses Jahres in Prenzlau gefasst wurde, und zwar auf Initiative von Bayern hin, der ich mich gern angeschlossen habe. Dies ist ein harscher Beschluss Richtung Berlin und Brüssel. Keine Landessubvention hat hier helfen können. Hier muss massiv gestützt werden. Insbesondere muss der erhöhte Marktpreis endlich entsprechend der Kosten an die Landwirte weitergegeben werden, - siehe Milch. Die Rinderzüchter sind nicht die Letzten in der Kette der Produktion, sondern sie sind die Ersten in der Kette; sonst hätten wir nämlich gar kein Fleisch.

(Beifall des Abgeordneten Holger Astrup [SPD])

Zurück zur Großen Anfrage der CDU, die wir, auch mithilfe der anderen Bundesländer, gern beantwortet haben. Zahlenvergleiche sind trotzdem grundsätzlich problematisch, weil vieles nicht direkt vergleichbar ist. Aber Ihre Fragen haben sich ja auf den Landeshaushalt und auf die Fördermittel im Vergleich zu den anderen Bundesländern konzentriert. Gestatten Sie mir zunächst, bevor ich gern auf einzelne Themen eingehe, eine zusammenfassende Bewertung.

Ganz eindeutig kann ein finanzschwaches Land wie Schleswig-Holstein nicht mit Geld um sich werfen,

(Ministerin Ingrid Franzen)

und zwar für niemanden, wie ja auch die zahlreichen Demonstrationen zum Haushalt 2002 vor dem Landeshaus zum eindrucksvoll beweisen.

(Beifall des Abgeordneten Friedrich-Carl Wodarz [SPD])

Deshalb verwundert es mich nicht - Sie wahrscheinlich auch nicht -, dass bei zahlreichen Maßnahmen Schleswig-Holstein nicht oder nur mit einem geringen Anteil finanziell beteiligt ist, soweit es sich ausschließlich um Landesprogramme handelt. Wenn es darum geht, europäische Gelder zu greifen, sind wir dann aber teilweise deutlich vorn.

(Zuruf von der CDU: Aber nur teilweise!)

- Ja, teilweise. Wir können dies im Ausschuss sicherlich differenzieren.

Sie werden mir erlauben, dass ich den Schwerpunkt auf Bereiche setze, von denen ich finde, dass wir in ihnen wirklich gut sind. Die Opposition hat genauso das Recht, den Finger dort in die Wunde zu legen, wo wir nicht so gut sind.

Ich nenne die Agrarinvestitionsförderung, das berühmte AFP. Hier hat Schleswig-Holstein 1996 22,5 Millionen DM ausgeschüttet - nicht alles unsere Gelder, aber gut gegriffen -, im Jahre 1999 stieg dieser Betrag auf 24 Millionen und im Jahr 2000 war er wahrscheinlich ähnlich hoch. Die endgültigen Zahlen liegen noch nicht vor. Wenn man die Förderhöhe in das Verhältnis zu den Betrieben im Lande setzt, dann liegt Schleswig-Holstein deutlich vor Niedersachsen und noch viel deutlicher vor Bayern. Das ist eine gute Leistung und das ist auch genau das, was wir machen müssen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Einen zweiten positiven Punkt möchte ich vorstellen, der für mich ebenfalls eindrucksvoll ist. -Insofern ist man einer Großen Anfrage auch wirklich dankbar. Damit meine ich die Qualitätssicherungssysteme. Dies ist ein für uns sehr wichtiges Thema. Ich verweise diesbezüglich auf die Regierungserklärung der Ministerpräsidentin im März dieses Jahres. Das ist nach Auffassung der Landesregierung - gemeinsam mit den Qualitätstoren - d e r Weg aus der Krise in SchleswigHolstein, und zwar gemeinsam mit der Wirtschaft. Dort liegen wir auf Platz 3.

Viele investieren hier überhaupt nichts, Bayern allerdings 30 Millionen DM. Da staunt man wieder einmal. Aber dann muss man einmal darüber nachdenken, warum Bayern einen solchen Aufstand in diesem Bereich macht. Bayern hat sein Qualitätssiegel weggeworfen. Das ist allerdings auch kein Wunder. 50 % der

BSE-Fälle treten, auch bei steigender Anzahl, nach wie vor in Bayern auf. Schleswig-Holstein hat das Siegel „Hergestellt und geprüft in Schleswig-Holstein“ kritisch analysiert und fortentwickelt.

(Beifall bei der SPD und der Abgeordneten Dr. Christel Happach-Kasan [FDP])

Das, meine Damen und Herren, ist der richtige Weg. Ich bin der Landwirtschaftskammer sehr dankbar, dass es auf der NORLA gelungen ist, gemeinsam ein Qualitätstor mit dem Gütesiegel zum Thema Gemüse darzustellen.

Das Festhalten und Fortentwickeln des schleswigholsteinischen Siegels spart uns Geld, denn die Neueinführung eines Siegels würde 20 bis 30 Millionen DM kosten. Das ist eine kluge und sparsame Politik, das ist vor allem eine Politik, die die Menschen mitnimmt. Unser Gütesiegel ist 35 Jahre alt. Wir haben hier richtig gehandelt. Bayern kann strunzen mit 30 Millionen DM. Bayern hat es nötig, wir nicht.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Lassen Sie mich jetzt noch - soweit die Zeit reicht einige konkrete Fragen meiner Bewertung unterziehen. Ich werde das gern im Ausschuss vertiefen. Dafür eignen sich große Anfragen ganz besonders gut.

Sie haben die Testkosten für die Schnelltests und die Landesbeteiligungen an diesen Kosten abgefragt. Auch hier haben wir eine andere Strategie. Wir haben 6,4 Millionen DM Geld für den Neubau des BSELabors in die Hand genommen. Dort können wir auf MKS, BHV 1 - den berühmten Rinderschnupfen - und anderes mehr testen. Wir haben die niedrigsten Testkosten. Ab 1. Dezember dieses Jahres kostet ein Test 22,50 DM pro Test für Rinder ab einem Alter von 30 Monaten. Das ist ein Minus von über 50 %, obwohl wir bisher auch schon gut waren. Man kann sagen, andere Länder fangen das durch Subventionen auf. Das tun wir nicht. Wir sorgen für dauerhaft niedrige Testkosten durch geschickte Verhandlungen und durch Investitionen. Das ist die Hilfe, die Schleswig-Holstein vernünftigerweise anbietet.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Ich will und werde dafür sorgen, dass die Bezuschussung der EU - bis zu einem Alter von 30 Monaten wird der Test ja bezuschusst - auch bei den Landwirten ankommt. Es ist mir ein Dorn im Auge, dass das noch nicht klappt. Da dürfen Sie mich gern beim Wort nehmen.

(Zuruf des Abgeordneten Peter Jensen-Nissen [CDU])

(Ministerin Ingrid Franzen)

Die Tierkörperbeseitigung ist natürlich ein Riesenproblem, nachdem die Deklarierung als Risikomaterial so enorm ausgedehnt worden ist - übrigens viel zu spät zum September letzten Jahres. Dadurch sind die Defizite von 2,5 Millionen auf 9 Millionen DM angestiegen. Das ist kein Vorwurf, sondern das entspricht einfach den Folgen unserer Beschlussfassung. Ich war nicht bereit, die Kosten entsprechend bei den Landwirten zu erhöhen, die bei uns allein diese Kosten tragen müssen. Ich war nicht bereit, sie damit allein sitzen zu lassen. Wir haben also versucht, eine Drittelung hinzubekommen. Ein Drittel zahlen wir mit 3,1 Millionen DM, entsprechend dem Haushalt für dieses Jahr und für das nächste Jahr, ein Drittel zahlt die kommunale Ebene, die das natürlich nicht will das wissen Sie auch -, und ein Drittel zahlen die Landwirte. Das Notifizierungsverfahren in Brüssel läuft. Wahrscheinlich werden wir aber von Brüssel ich weiß nicht ob links, rechts oder geradeaus - überholt, weil Brüssel europaweit eine dauerhafte Lösung zur Tierkörperbeseitigung ab Mitte 2002 anstrebt. Wir müssen schauen und werden erst dann sehen, ob wir unsere Linie durchbekommen oder nicht. Jedenfalls haben wir es in die Hand genommen.

Ich möchte noch auf die MKS-Impfstoffbank hinweisen. Auch da haben wir eine neue Entwicklung. Wie dramatisch nah uns dieses Thema berühren kann, haben wir leidvoll erfahren müssen. Bisher mussten 1,2 Millionen DM für die Landwirte über den Tierseuchenfonds gezahlt werden, weil wir einen kostenträchtigen Vertrag mit der Firma Bayer hatten. Dieser läuft jetzt aus. Wir positionieren uns neu. Anstelle von Impfstoffen werden wir Antigene vorrätig halten. Das senkt die Kosten auf ein Zehntel. Ich denke, das zeigt, wie man vernünftig die Landwirtschaft unterstützen kann. Dazu braucht man nicht immer Subventionen, weil man es ja so reichlich hat.

(Vereinzelter Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lassen Sie mich den Bereich Tierzuchtverbände nur kurz ansprechen. Sie haben - wenn ich das zur Opposition sagen darf - schon 1960 das Landesgestüt in Traventhal aufgelöst. Wir setzen auf Privatinitiative. Wir sind Weltspitze bei den Zuchtpferden mit unseren drei Zuchtverbänden. Das wird niemand bestreiten.

(Beifall der Abgeordneten Dr. Gabriele Köt- schau [SPD])

Man kann außerdem dem Bericht zur Großen Anfrage entnehmen, dass die ökologische Landwirtschaft durchaus - so klein wie sie bei uns auch ist - gut zunimmt. Im Bereich der produzierenden Bauernhöfe haben wir eine Zunahme von 8,2 %. In diesem Jahr ist sie vielleicht noch höher. Wichtiger noch ist, dass auch

die Ökovermarktungsunternehmen zunehmen. Diese nehmen sogar noch viel stärker zu, nämlich mit 38 %. Da heißt es für die Landwirte aufzupassen, dass dieser Markt nicht mit Importen besetzt wird, sondern dass sie selbst produzieren. Ich plädiere für das Biosiegel von Frau Künast. Das hat sie gut gemacht. Wir müssen in die Supermärkte rein, dann werden wir da auch besser werden, die Marktanteile werden wachsen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lassen sie mich einige Schlussbemerkungen machen. Die Große Anfrage der CDU bietet interessantes Material - auch für die Ministerin. Sie ist aber nicht für die Aufarbeitung der BSE-Krise geeignet. Sie ist auch nicht aussagefähig genug, um die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft zu bewerten. Denn diese hängt von europäischen und weltweiten Bedingungen und nur zu einem ganz kleinen Bruchteil von Landessubventionen ab. Das beweist uns die Landwirtschaft. Schleswig-Holstein muss angesichts knapper Finanzen die Wirtschaftlichkeit der landwirtschaftlichen Betriebe sowie des vor- und nachgelagerten Bereiches ganz nach vorn stellen. Stärken durch Hilfe zur Selbsthilfe, dem fühle ich mich gemeinsam mit der Wirtschaft verpflichtet. Ich freue mich auf eine vertiefende Beratung mit Ihnen im Agrarausschuss.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die Fraktion der CDU hat Herr Abgeordneter Peter Jensen-Nissen.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen! Frau Ministerin, zunächst einmal möchte ich sagen, ich finde es schön, dass wir heute Morgen hier zusammen die Debatte führen können und dass Sie auf dem Weg der Genesung sind. Wir wünschen Ihnen auf diesem Weg weiterhin alles Gute!

(Beifall im ganzen Haus)