(Zuruf des Abgeordneten Günter Neugebauer [SPD] - Genau, Herr Kollege Neugebauer. Deswegen brau- chen wir eine starke Landwirtschaftskammer. Es wäre gut, wenn sich die Landesregierung darauf besinnen würde, dass Schleswig-Holstein auch Agrar- land ist - nicht nur, aber auch - und dass diejenigen Unternehmen, die diese Agrarwirtschaft tragen, die Unterstützung des Landes verdienen. Das eingangs beschriebene Phänomen, dass die Land- wirtschaft so sehr in Misskredit geraten ist, ist auch auf Fehler und Versäumnisse der staatlichen Agrarpo- litik zurückzuführen. Das ist nicht nur ein Problem der Landwirte und ihrer Kommunikation. Damit muss Schluss sein. Die Bedingungen für die Landwirtschaft im Lande dürfen nicht immer weiter erschwert werden - im Interesse der Existenz unserer Landwirte und eines wichtigen Wirtschaftszweiges im Lande. Die Agrarministerin hat dies im Agrarreport 2001 zutref- fend dargestellt. (Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben durch diese Große Anfrage, für deren Beantwortung ich mich sehr herzlich bedanke,
eine Reihe von Informationen erhalten, die wir - Kollege Wodarz und die anderen Vorredner haben das schon erwähnt - auch in zukünftigen Debatten sehr gut verwenden können. Ich möchte aber gleich zu Anfang auch sagen, dass in dem Bericht eine Reihe von Zahlen enthalten sind, die aufgrund der unterschiedlichen Finanzstruktur der Länder nur schwer vergleichbar sind. Das gilt zum Beispiel für die Agrarverwaltung, für die Landwirtschaftskammern und für eine Reihe von anderen Punkten. Dennoch werden mit den zusammengetragenen Daten die Debatten um die Landwirtschaftspolitik in Schleswig-Holstein zukünftig sicherlich auf eine sachlichere Grundlage gestellt.
Aber, meine Damen und Herren von der CDU, der Titel der Großen Anfrage und die darin gestellten Fragen passen ausgesprochen schlecht zueinander.
Denn wenn man versucht, das Thema, das Sie sich selber gestellt haben, in den Fragen wiederzufinden, so kann man nur feststellen, dass Sie das Thema leider total verfehlt haben.
Bei Ihren Überlegungen zur Wettbewerbsfähigkeit der schleswig-holsteinischen Landwirtschaft zeigt sich am Ansatz Ihrer Fragen Ihr staatsfixiertes Interesse. Auch wird deutlich, welche Lobby sich in der CDU zusammenballt, wenn es darum geht, über eine zukunftsfähige Landwirtschaft nachzudenken.
Was Ihnen bei Wettbewerbsfähigkeit einfällt, ist nur die Höhe der staatlichen Subvention; darüber wollen Sie diskutieren, aber nicht darüber, wie man eine Landwirtschaft zukunftsfähig ausrichtet, sodass sie sich am Markt bewähren kann. Was Sie machen, ist kontraproduktiv.
Dieser Kritik müssen Sie sich ganz grundsätzlich stellen. In der Zukunft wollen und müssen wir über die Zukunft der Landwirtschaftspolitik unter den neuen Bedingungen, die die EU schaffen wird, sprechen. Dabei ist die Osterweiterung nur ein Thema. Allen, die sich mit Landwirtschaftspolitik beschäftigen, ist klar, dass wir die heute bestehende Förderstruktur in der Zukunft nicht mehr aufrechterhalten können. Wenn wir uns also über die Wettbewerbsfähigkeit der schleswigholsteinischen Landwirtschaft Gedanken machen, dann müssen wir uns fragen, wie wir unsere Landwirtschaft am Markt positionieren können, und nicht, wie wir die Staatssubventionen noch weiter erhöhen können, denn die wird es in Zukunft nicht mehr geben.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD - Martin Kayenburg [CDU]: Wir werden Ihre Position mal übernehmen, wenn wir über Arbeitsmarktpolitik reden!)
- Ja, Herr Kayenburg, Sie sind ja sonst als liberaler Wirtschaftsexperte Ihrer Fraktion durchaus akzeptiert. Ich glaube aber, dass Ihre Kompetenz an dieser Stelle
In der neuen Agrarpolitik geht es um drei Kernpunkte. Zunächst haben wir den vorbeugenden Verbraucherschutz, dann haben wir die Qualitätssicherung und schließlich geht es um die Implementierung, um die Einbeziehung von Nachhaltigkeitsstrategien in die Landwirtschaftspolitik. Diese drei Punkte geben die Richtung vor, in die es in der Zukunft gehen muss. Es muss ein Prozess in Gang gesetzt werden, der die Belastung von Böden und Gewässern durch Schadstoffeinträge drastisch reduziert, der die Natur insgesamt erhält, der gesunde Lebensmittel produziert und der die Tiere als Mitgeschöpfe akzeptiert. Wenn wir das in Zukunft ernst nehmen, dann wird klar, wo Förderpolitik in Zukunft noch eine Chance hat.
Vergleichen wir doch einmal die Landwirtschaft mit anderen Produktionssystemen! Es kann doch nicht sein - in der Automobil-, in der Handy- oder in welcher Industrie auch immer -, dass wir die Stückzahl der Produktion bezuschussen. In welchem Wirtschaftszweig ist so etwas denn Grundlage der Förderpolitik? Vielmehr hat der Staat die Aufgabe, Innovationen, Neuerungen oder sonstige, aus gesellschaftlichen Gründen nicht in die Kosten einrechenbare Faktoren zu bezahlen. Das ist Aufgabe staatlicher Wirtschaftsförderung; genau das gilt auch für die Landwirtschaft. Deshalb müssen wir von der Förderung bezüglich Produktionszahlen wegkommen;
stattdessen müssen wir erreichen, dass die gesellschaftlich gesetzten Ziele in der Landwirtschaftspolitik - also die Ziele, die der Landwirt alleine nicht erreichen kann, die die Gesellschaft aber erreicht sehen möchte - mit Steuergeldern gefördert werden. Das ist eine neue Förderpolitik, die mit den Vorgaben der EU in Einklang steht.
Deshalb glaube ich - und das ist ja auch unstrittig in diesem Hause -, dass die Grundlage der Förderpolitik in Deutschland ganz wesentlich durch die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ gelegt wird. Das ist das Zentrum, in dem Förderpolitik neu gedacht werden muss. Ich sage Ihnen ganz offen: Mich schmerzt es genauso wie Sie, dass wir in Schleswig-Holstein diesen Fördertopf
nicht voll ausnutzen können. Mir wäre es ausgesprochen lieb, wenn wir für sinnvolle Förderung von Landwirtschaftspolitik mehr Geld in der Hand hätten. Insofern nehme ich die Kritik von Ihnen durchaus an: Agrarumweltprogramme sind ein Punkt, an dem wir bisher nicht optimal gearbeitet haben.
Das hat aber eine Reihe von Gründen. Man muss sich einmal die Programme in Süddeutschland inhaltlich und von der Höhe her anschauen. Dann wird man feststellen, dass das relativ wenig mit Agrarumweltprogrammen zu tun hat. Vielmehr werden Mitnahmeeffekte der Landwirtschaft produziert - nichts anderes und nicht mehr. Solche Programme hatten wir in Schleswig-Holstein auch schon einmal, und zwar unter einem meiner damaligen Vorgänger. So etwas kann man aber - wenn man ernst genommen werden will nicht unter dem Thema Agrarumweltprogramme machen; das ist allenfalls noch eine, wie auch immer geartete Landwirtschaftsförderung.
Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition, haben in diesem Hause immer eine Politik gemacht, die einen Keil zwischen Landwirtschaft und Naturschutz getrieben hat.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD - Dr. Christel Happach-Kasan [FDP]: Nein! Das stimmt nicht!)
Sie haben immer dafür gesorgt, dass eine vernünftige Debatte zur Lösung genau dieser Frage aus ideologischen Gründen erschwert wurde.
(Beifall bei der SPD - Widerspruch bei der CDU - Peter Jensen-Nissen [CDU]: Ausge- machtes dummes Zeug, was Sie da sagen!)
Auch aus diesem Grund haben wir in SchleswigHolstein die aktuellen Probleme bei der Zusammenarbeit zwischen Naturschutzorganisationen auf der einen und den Landwirtschaftsorganisationen auf der anderen Seite.
(Zurufe von der CDU - Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das mögen sie nicht hören! - Dr. Johann Wade- phul [CDU]: Billige Polemik! - Weitere Zu- rufe von CDU und SPD)
- Ich freue mich, dass ich dazu beitragen kann, dass die Kommunikation zwischen den Fraktionen einen so hohen Unterhaltungswert hat,
Ich möchte nämlich nun noch an einem Beispiel deutlich machen, worum es in Zukunft geht und wo die Kampflinien der Vergangenheit für mich keine Berechtigung mehr haben. Ich meine die Frage der Modulation. Sie macht nämlich sehr deutlich, wo es in der Zukunft hingehen muss. Wir müssen aus der Produktforderung raus und in Agrarumweltprogramme rein, die das möglich machen, was wir im Grunde immer wollen, dass nämlich die Entwicklung im ländlichen Raum mit der Entwicklung der Landwirtschaft verknüpft wird. Es darf nicht nur um eine Produktionsförderung von Masse in der Landwirtschaft gehen, sondern um die Förderung des ländlichen Raums insgesamt.
Insofern bietet die Modulation Möglichkeiten, genau das zu machen. Deshalb unterstützen wir die Landwirtschaftsministerin sehr darin, diesen Weg weiterzugehen. Wir wissen um die Schwierigkeit der Kofinanzierung, was uns wieder treffen wird.