Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Schwarz, Ihren Ausführungen konnte ich eine ganze Menge an Gemeinsamkeiten abgewinnen. Insbesondere haben Sie interessante Vorschläge gemacht, wie wir in der Zukunft vorgehen können, um den Denkmalschutz zu stärken. Dass dies notwendig ist, hat Herr von Hielmcrone sehr deutlich gemacht.
Auch ich danke erst einmal für den sachkundigen Bericht und möchte an dieser Stelle unterstreichen, dass der Denkmalschutz als Mittel der Identifikation für die Bevölkerung, für uns alle, häufig unterschätzt wird. Als jemand, der in Städten in einem anderen Bundesland aufgewachsen ist, die durch den Krieg sehr gelitten haben, habe ich es als eine ausgesprochene Beheimatung empfunden, in Hamburg und später in Lübeck in Städten leben zu dürfen, deren Geschichte auf allen Spuren im Alltag sichtbar ist und von der Bevölkerung getragen wird.
Ich möchte dies an dieser Stelle unterstreichen, weil in unserer Gesellschaft unterschätzt wird, was es für die Jungen ausmacht, von welcher Umgebung und welcher Geschichte das Aufwachsen begleitet wird.
Nicht zuletzt ist die alte Baukultur unserer Dörfer und Städte ein Tourismusfaktor. Auch dies wurde hier unterstrichen. Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich dafür danken, dass eine Bürgerinitiative wie „Rettet Lübeck“ oder auch die Initiative für den Erhalt des inzwischen zerstörten U-Boot-Bunkers in Kiel es wert waren, in diesem Bericht aufzutauchen. Gerade diese Bürgerinitiativen haben mit ihrer Sachkunde dazu beigetragen, uns zu sensibilisieren. Sie haben viele Bauwerke vor Zerstörung bewahrt. Auch dort, wo Zerstörung unumgänglich war, haben sie eine vorherige Dokumentation offiziell angeregt und dann auch durchgeführt. Den zahlreichen Stiftungen und privaten Eigentümer von denkmalwürdigen Gebäuden ist neben den privaten Bürgerinitiativlern also hierzulande viel zu verdanken.
Ich möchte an dieser Stelle kritisch etwas zum Verständnis des Denkmalschutzes in Schleswig-Holstein sagen. Wir dürfen uns, auch wenn die Debatte schwierig ist, weil das Schöne aus der guten alten Zeit natürlich immer gern bewahrt ist, der Debatte nicht verschließen, Gebäude oder ganze Ensembles zu erhalten, die denkmalwürdig sind, nicht weil sie schön sind, sondern weil sie häufig auch an Schwieriges erinnern. Ich fand es deswegen sehr gut, dass sich der Bildungsausschuss in seiner letzten Sitzung einstimmig dafür eingesetzt hat, den ehemaligen Räumen des KZs Ah
rensbök einen hohen Denkmalschutzstatus zu erteilen und damit die Initiative, die hier eine würdige Gedenkstätte, einen sehr lebendigen Ort auch der Pädagogik schaffen will, zu unterstützen. Damit werden auch diejenigen in der Bevölkerung unterstützt, die den Mut haben, in ihren Dörfern zu dieser Geschichte zu stehen und sich damit kritisch auseinander zu setzen. So erhalten sie vom Denkmalschutz auch die Unterstützung, die sie brauchen, um Geldmittel, Stiftungsmittel und Ähnliches einzuwerben. Dies sollten wir auch im Hinblick auf andere Städte des Schreckens in SchleswigHolstein tun.
Ein Weiteres haben Sie, Frau Erdsiek-Rave, aufgezeigt. Auch die baulichen Zeitzeugen der Industriekultur sind wichtig und erhaltenswert. Wir müssen also beginnen, die neuere Geschichte aus historischer Perspektive zu sehen.
Ich möchte an vier Punkten deutlich machen, was aus unserer Sicht notwendig ist. So sehr sich der Denkmalschutz um Dialog bemühen muss - das ist sein Auftrag -, so sehr ist seine Unabhängigkeit entscheidend, und zwar auf Landes- und Kommunalebene. Es darf nicht sein, dass sich der Denkmalschutz Investoreninteressen beugen muss und gegen seine eigene Überzeugung Voten abzugeben hat. Es ist ein politischer Auftrag von uns, für diese Unabhängigkeit zu sorgen. Selbst wenn man sich gegen ein solches Votum entscheidet, ist es wichtig, dass es überhaupt erst einmal da ist.
Zweitens ist mir aufgefallen, dass die Städtebauförderung - das wurde gesagt - einen wesentlichen Anteil an der Denkmalförderung hat, aber die Regionalprogramme des Landes „ziel“, „ZAL“ und so weiter habe ich nicht so häufig genannt gefunden, wie sie es eigentlich verdient hätten. Attraktive und sehr originelle Förderungen des eigenen Ortsbildes sind ein Tourismusfaktor und ein Wirtschaftsfaktor gerade auch für alte Gewerke des Handwerks, die sonst mit ihren Kenntnissen aussterben. Man müsste ökologische Interessen, Denkmalschutzinteressen und Tourismusinteressen bündeln und entsprechende Anträge, die dann auch EU-förderfähig sind, formulieren, jedenfalls mehr, als dies bisher geschieht.
Ein dritter Punkt ist, tatsächlich etwas zu tun, was vielleicht einer Kampagne ähnelt. Nach dem erfolgreichen Umweltranking des Umweltministers habe ich gedacht: Vielleicht müssen wir etwas Ähnliches bei der Denkmalpflege ausrufen.
Ein letzter Punkt, der uns sicher noch einmal extra beschäftigen wird! Mir ist aufgefallen, dass Schles
wig-Holstein, was den Schutz archäologischer Bodendenkmäler angeht, im Vergleich zu anderen Landesgesetzen das Verursacherprinzip nicht so eindeutig formuliert hat. Zwar werden, wie wir zum Beispiel jetzt beim Bau der A 20 sehen, vorher durchaus Schutzgrabungen durchgeführt. Wir vermeiden auf diese Weise, dass der Bagger wertvolle alte Denkmale im Boden zerstört.
Aber das Verursacherprinzip hat sich in anderen Ländern bewährt. Die Investoren haben in jedem Fall die Kosten für solche Schutzgrabungen zu tragen. Das würde auch Schleswig-Holstein gut anstehen. In den anderen Bundesländern hat sich das bewährt. Wir sollten auch hier dem Denkmalschutz die Unterstützung geben, die er verdient.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Jürgen Weber [SPD] - Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Verursacher sind doch diejenigen, die das dort hingetragen ha- ben!)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Bericht des Landesamtes für Denkmalpflege für die Jahre 1998/99 wird thematisiert, dass die Arbeit der Denkmalpflege im Vergleich zu den vergangenen Jahren schwieriger geworden ist. Konkret heißt es dazu:
„Denkmalschutz und Denkmalpflege gehören in alter Tradition zu den hoheitlichen kulturellen Aufgaben des Staates. Angesichts leerer Kassen und der aktuellen Diskussion über die Reform der öffentlichen Verwaltung eingeschlossen deren Umbau zu betriebswirtschaftlich geführten Dienstleistungsunternehmen muss die Frage diskutiert werden, in welchem Umfang die öffentlichen Hände zukünftig ihre finanzielle Mitverantwortung an der Erhaltung des kulturellen Erbes noch wahrnehmen wollen und können.“
Damit umreißt Dr. Paarmann, von dem dieses Zitat stammt, worum es auch im vorliegenden Bericht der Landesregierung geht.
Die andere Seite dieser Problemstellung wird von ihm auch angesprochen. Die Denkmalschützer müssen sich überlegen, ob sie „ihre Rolle als unbestechliche Wah
rer originaler Denkmälersubstanz gegenüber den kundenorientierten Kategorien der Marktwirtschaft zu überdenken und gegebenenfalls neu zu definieren haben, mit möglicherweise negativen Auswirkungen für einen Teil des schützenwerten Kulturerbes“.
Der Bericht der Landesregierung bestätigt, dass die Mittel für den Denkmalschutz in den letzten Jahren gekürzt wurden, mit den Konsequenzen, die daraus entstanden sind. Kollege von Hielmcrone hat das in seinem Redebeitrag ausführlich dargelegt. Das gilt zum Beispiel auch für die 3.500 Eintragungen in das Denkmalbuch, vornehmlich aus den 60er und 70erJahren, die sich „aufgrund der vergleichsweise frühen Denkmalschutzgesetzgebung in Schleswig-Holstein eingestellt haben und immer wieder für Differenzen zwischen Eigentümern und Denkmalschutzbehörden verantwortlich zu machen sind“.
Der Bericht führt weiter an, was gemacht werden sollte, um dieser Probleme Herr zu werden: Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit - das sagt auch Kollegin Schwarz - müssen davon überzeugt werden, dass die Erhaltung unrentabel gewordener Baudenkmäler nicht allein eine staatliche Kulturaufgabe darstellt. Diese Aufgabe sollte auch unter bauökologischen sowie wirtschaftsund arbeitsmarktpolitischen Aspekten einen hohen Stellenwert bei den staatlichen Förderaktivitäten eingeräumt werden. So geht es auch aus dem Bericht hervor. Das sieht der SSW genauso.
Sowohl Dr. Paarmann als auch die Landesregierung sprechen in ihren Berichten die Verwaltungsstrukturen an. Ich teile die Auffassung der Landesregierung, dass die obere Denkmalschutzbehörde keine Mittelbehörde im klassischen Sinne ist. Sie ist eine Fachbehörde - eine kleine, aber effizient arbeitende -, deren Aufgabe insbesondere die Führung der Denkmalbücher und die wissenschaftliche Begründung des Denkmalwerts von Objekten ist.
Vor diesem Hintergrund wäre es aber interessant zu erfahren, mit welcher Begründung das Ministerium als oberste Denkmalschutzbehörde seit 1958 - wenn ich es richtig gelesen habe - in vier Fällen sein Weisungsrecht dem Landesamt gegenüber in Anspruch genommen hat. Ich will nicht verhehlen, dass ich dabei in erster Linie an den Abbruch der U-Boot-Bunkerruine Kilian denke. Ich will auch nicht verhehlen, dass ich gegen diesen Abbruch gewesen bin und immer noch bin.
(Beifall der Abgeordneten Lars Harms [SSW], Dr. Ulf von Hielmcrone [SPD] und Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])
Mich würde die Antwort interessieren und ich hoffe, dass wir das im Ausschuss noch einmal diskutieren können.
Wichtig ist grundsätzlich auch, sich zu vergegenwärtigen, dass Denkmalschutz nicht nur unter ästhetischen Gesichtspunkten betrachtet werden darf, dass es beim Denkmalschutz auch immer um die Grundlagen unserer heutigen Gesellschaft geht. Industriedenkmäler zum Beispiel sind ein ganz wichtiger Punkt. Aber Denkmalschutz lebt auch immer vom Dialog. Anders geht es nicht. Denn mit absoluten Ansprüchen sind immer wieder Konflikte vorprogrammiert. Das zeigt die Unterschutzstellung des Dorfes Sieseby. Die Gratwanderung, die da zum Ausdruck kommt, hat etwas mit der Platzierung des Denkmalschutzes heute zu tun. Interessant ist zu lesen, dass es sich dabei anscheinend vielmehr um Psychologie gehandelt hat. Denn als es zu konkreten Bescheiden kam, hat es praktisch keine Widersprüche gegeben. Auch das war interessant zu lesen.
Als gelungene Kommunikation ist das zu betrachten, was von der Stiftung Denkmalschutz ausgeht, nämlich der Tag des offenen Denkmals. Es war beeindruckend zu lesen, dass es dazu über 30.000 Besucher gegeben hat.
Die Denkmalschutzpolitik wird in den kommenden Jahren noch die Frage beantworten müssen, wie sie sich in diesem Spannungsfeld von regem aktuellen Interesse und leeren öffentlichen Kassen bewegen will. Dass dieser Spagat irgendwann auch nach neuen Antworten verlangt, ist klar und das habe ich mit den genannten Zitaten deutlich zu machen versucht.
Die Landesregierung trifft im vorliegenden Bericht Aussagen darüber, dass auch andere gesellschaftliche Bereiche Verantwortung übernehmen müssen. Das entlässt aber nicht die Politik aus der Verantwortung, wirklich realistische und tragfähige Lösungen für knappe Zeiten zu finden.
Ich freue mich auf die Diskussion im Ausschuss, weil es noch einige Fragen gibt, die nachgearbeitet werden sollten.
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, den Bericht der Landesregierung dem Bildungsausschuss zur abschließenden Beratung zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen.
Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Herr Abgeordneter Neugebauer.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bevor ich Ihnen für die SPD-Fraktion unsere Forderung nach Aufhebung des Bankgeheimnisses begründe, will ich um der Opposition das Geschäft zu erschweren - mit einer Klarstellung beginnen: Die Bürgerinnen und Bürger werden sich auch weiterhin darauf verlassen können, dass ihre Kontostände, Geldvermögen oder Habenzinsen ein Geheimnis der Bankmitarbeiter bleiben.
Auch Nachbarn, Journalisten oder neugierigen Politikern wie Herrn Kayenburg wird der Blick in solche Datenmaterialien künftig versperrt bleiben. Das ist auch gut so, Herr Kubicki.
Insbesondere die ehrlichen Steuerzahler, zu denen wir in diesem Hause ja hoffentlich alle gehören, können völlig unbesorgt sein, wenn unsere Forderung im Deutschen Bundestag und Bundesrat eine Mehrheit findet.