Protokoll der Sitzung vom 16.11.2001

Insbesondere die ehrlichen Steuerzahler, zu denen wir in diesem Hause ja hoffentlich alle gehören, können völlig unbesorgt sein, wenn unsere Forderung im Deutschen Bundestag und Bundesrat eine Mehrheit findet.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW - Wolfgang Kubicki [FDP]: Findet sie nicht! So ein Quatsch!)

Worum geht es uns? - Wir wollen rückgängig machen, was die vormalige CDU/FDP-Bundesregierung 1988 gemacht hat,

(Martin Kayenburg [CDU]: Im Sinne des Bundesverfassungsgerichts!)

nämlich indem sie mit der Neuschaffung des § 30 a dem Schutz der Bankkunden Vorrang vor den Ermittlungsmöglichkeiten der Steuerverwaltung eingeräumt hat.

(Widerspruch bei CDU und FDP)

Die jetzige Regelung - im Gegensatz zu Ihnen, Herr Kubicki, weiß ich, worüber ich rede -,

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Nein, mit Sicher- heit nicht! - Beifall bei der SPD)

behindert die Aufklärung von Steuerhinterziehung und die Verfolgung von nationalen und internationalen Kriminellen und terroristischen Finanzströmen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das ist Unsinn!)

- Herr Kubicki, nehmen Sie sich doch einmal etwas Zeit zuzuhören. Auch sie können noch klüger werden und gewinnen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gerade in diesen Zeiten - Stichwort 11. September gilt es, darauf hinzuweisen,

(Martin Kayenburg [CDU]: Das ist unglaub- lich! So einen Quatsch habe ich noch nie ge- hört!)

Herr Kayenburg, dass der Kampf gegen den Terrorismus auf Dauer am wirkungsvollsten ist, wenn die finanziellen Quellen des Terrorismus offen gelegt werden.

Der jetzige § 30 a Abgabenordnung begünstigt Steuerhinterziehung. Er schützt nicht die Bankkunden, sondern er schützt die Steuerhinterziehung, also die unehrlichen Bankkunden.

Herr Kollege Kayenburg, ich habe es fast aufgegeben, Sie überzeugen zu wollen, aber Sie sollten zumindest zuhören.

(Beifall der Abgeordneten Holger Astrup [SPD] und Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Diese von mir eben geschilderte Praxis hat mit Steuergerechtigkeit nichts zu tun. Herr Kollege Kayenburg, es mutet schon seltsam an, dass Sie im Hinblick auf die Maßnahmen zur Verfolgung terroristischer Praktiken mit der Rasterfahndung - ich überspitze das jetzt ganz bewusst ein bisschen - praktisch jeden Hühnerdieb verfolgen und zur Strecke bringen wollen, aber den Finanzämtern nicht die Möglichkeiten geben wollen, zur Vermeidung von Steuerhinterziehung in die Bücher zu gucken.

(Beifall des Abgeordneten Holger Astrup [SPD] - Wolfgang Kubicki [FDP]: Alles Un- sinn! - Martin Kayenburg [CDU]: Sie haben keine Ahnung!)

Hier führt praktisch der Datenschutz zum Tatenschutz, und zwar nur hier. Das wollen wir verhindern!

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das kann doch nicht wahr sein!)

(Günter Neugebauer)

Weil in diesem Zusammenhang sehr viel von der Handlungsfähigkeit des Staates gesprochen wird, sage ich: Zur Handlungsfähigkeit gehört auch die Finanzierbarkeit des Staates.

(Beifall bei der SPD - Martin Kayenburg [CDU]: Dann müssen Sie sparen!)

Deswegen müssen wir uns anstrengen, alle Steuerquellen auszuschöpfen und den Steueranspruch des Staates durchzusetzen.

Im Übrigen sind wir mit unseren Forderungen zur Aufhebung des Bankgeheimnisses in guter Gemeinschaft.

(Thorsten Geißler [CDU]: In welcher?)

Wenn Sie sich mit einer seriösen Wirtschaftspresse befassen würden, wüssten Sie,

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Welche lesen Sie denn?)

dass der Bundesbankpräsident Welteke das unterstützt, dann wüssten Sie, dass die OECD das von Deutschland fordert und dann wüssten Sie auch, dass das eine alte Forderung der deutschen Steuergewerkschaft ist,

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

dann wüssten Sie, dass der von Ihnen sehr hoch angesehene Professor Kirchhof, ehemaliger Richter am Bundesverfassungsgericht, diese Forderung unterstützt,

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sie müssen lesen, was er geschrieben hat! - Martin Kayenburg [CDU]: Sie haben nicht verstanden, was er geschrieben hat!)

dann wüssten Sie auch, dass das Bundesverfassungsgericht 1991 in seinem Urteil kritisiert hat, dass der Staat im Bereich der Banken seinen Steueranspruch mittels Kontrollmitteilungen nicht durchsetzen kann. Das heißt wörtlich, dass § 30 a Abgabenordnung nicht als verfassungsrechtlich geboten bezeichnet worden ist. Wenn Sie mir schon nicht glauben wollen, lassen Sie sich wenigstens von dieser Gemeinschaft der die Initiative von SPD und Grünen Unterstützenden überzeugen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weil von Ihnen insbesondere immer das Steuerwunderland USA angeführt wird, weise ich darauf hin: Auch in den USA gibt es kein Bankgeheimnis. Uns ist nicht bekannt, dass die Menschen in den USA das als eine Gefährdung ihrer Bürgerrechte ansehen. Auch in Deutschland wären die Bürgerrechte dadurch nicht

gefährdet. Deshalb sage ich zum Schluss: Wir wollen, dass der ehrliche Steuerzahler nicht der Dumme ist und dass er den Wettbewerb mit den unehrlichen Steuerzahlern nicht verliert. Wir wollen, dass die heilige Kuh Bankgeheimnis endlich vom Eis kommt.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Das Wort hat der Herr Oppositionsführer.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich kann mir nur wünschen, dass der ehrliche Steuerzahler nicht so viele dumme Politiker zu ertragen hat.

(Beifall bei CDU und FDP - Wolfgang Ku- bicki [FDP]: Das stimmt!)

Unsere wohlbegründete Antwort auf Ihren scheinheiligen Antrag heißt klar und eindeutig Nein, Herr Neugebauer! Diese erneut von Ihnen losgetretene Diskussion führen Sie unter völlig falschen Vorzeichen. Sie vermischen nämlich die Bekämpfung von Terror und Geldwäsche auf der einen Seite mit Steuerhinterziehung auf der anderen Seite. Das finde ich schon nahezu peinlich.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: So ist es!)

Offenbar wollen Sie alles ausnutzen, um unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung den ehrlichen Bankkunden hinterher zu schnüffeln. Das ist doch Ihr Ansinnen.

(Beifall bei der CDU)

Dabei behindert das so genannte Bankgeheimnis eine wirksame Terrorismusbekämpfung in keiner Weise. Der durch Ihre Aktion gestörte Vertrauensschutz ist nämlich das eigentliche Problem. Sie haben den Vertrauensschutz zwischen Bank und Kunde im Visier. Wenn sie einmal ernsthaft nachdenken würden, Herr Neugebauer, würden sie feststellen: Das können Sie doch nicht wirklich wollen, wenn Sie die Zukunft unseres Landes sichern wollen. Sie belasten nämlich damit das Wirtschaftsklima. Ich sage Ihnen: Zur Bekämpfung des Terrorismus müssten die Strafverfolgungsbehörden mehr Personal haben und es müsste dort ein reibungsloser Datenaustausch gewährleistet sein.

(Beifall bei der CDU)

Beantworten Sie mir aber doch einmal ernsthaft die

(Martin Kayenburg)

Frage, seit wann es Aufgabe eines Finanzbeamten ist, einen Terroristen dingfest zu machen?